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Benutzername: 
Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 20.12.2022
Die Wilderin
Reyer, Sophie

Die Wilderin


ausgezeichnet

Sophie Reyer entführt uns mit ihrem historischen Roman in sie karge und schroffe Bergwelt Tirols von 1900.

Um ihre Familie zu erhalten, muss Theres, die einen kleinen Bergbauernhof betreibt, wie weiland schon ihr Vater zur Bockbüchse greifen und das eine oder andere Stück Wild zu erlegen.

Als dann ein Mann erschossen aufgefunden wird, gerät Theres unter Verdacht, da man bei ihm ein rotes Tuch findet, das Theres gehört.

Die Dorfbewohner wollen es schon immer gewusst haben, denn wer wildert, schießt auch auf Menschen. Und so scheint das Urteil bereits festzustehen, denn auch für den Postenkommandanten ist Theres schuldig. Nur Inspektor Andreas Schmidt hat so seine Zweifel und sucht nach Beweisen für Theres‘ Unschuld.

Meine Meinung:

Wie wir es von Sophie Reyer gewöhnt sind, begibt sie sich mit ihren Romanen in eine mystische Ebene. Im Fall der „Wilderin“ sind die Tiroler Sagengestalten der Saligen sehr präsent. Die saligen Frauen werden als scheue, aber hilfsbereite und weise Frauen beschrieben, die in Not geratenen Menschen helfen. Das zeigt sich letztlich auch beim Prozess gegen die Theres. Es scheint als ob die Saligen der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen, denn nun werden alte Konflikte aufgelöst und der wahre Täter meldet sich.

Obwohl das Leben auf der Alm mehr als karg ist und Theres zahlreiche Schicksalsschläge hinnehmen muss, verzagt sie nicht. Sie nimmt das Schicksal so an, wie es ist.

Sophie Reyer zeichnet ein Sittenbild des Tirols zu Beginn des 20. Jahrhunderts, das diesen Roman zu etwas Besonderem macht. Wir erleben Theres in ihrer ganz eigene Welt, die abgeschottet vom übrigen Weltgeschehen auf ihrer Alm ums Überleben kämpft. Theres lebt im Einklang mit der Natur und entnimmt nur das, was sie für das Überleben braucht. Diese Eigenständigkeit, dieses Anders sein ist den Dorfbewohnern ein Dorn im Auge.

Fazit:

Ein historischer Krimi nach einer wahren Begebenheit, der mehr Sittenbild einer Region als Kriminalroman ist, aber durch seine bildhafte Sprache besticht. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 19.12.2022
Ich werde nicht hassen
Abuelaish, Izzeldin

Ich werde nicht hassen


ausgezeichnet

„Ich weiß, was Leid bedeutet. Ich bin Palästinenser!“

Diese Autobiografie ist an Dramatik kaum zu überbieten.

Warum?

Izzeldin Abuelaish ist in einem palästinensischen Flüchtlingslager aufgewachsen, hat Medizin studiert und ist der erste Palästinenser, der in einem israelischen Krankenhaus arbeitet. Das Leben als Pendler zwischen zwei Welten ist für den Gynäkologen, der nichts anderes will, als Frauen zu helfen ist an sich schon schwierig genug, lässt sich aber durch Beharrlichkeit und ein Übermaß an stoischem Verhalten ertragen.

Doch dann bringt eine versehentlich abgefeuerte Rakete eines israelischen Panzers sein Weltbild gehörig ins Wanken: Die Rakete trifft sein Haus, obwohl klar sein muss, dass hier ein Arzt wohnt, und tötet drei seiner Töchter und eine Nichte.

Sein Bericht im israelischen Fernsehen am 16. Januar 2009 geht um die Welt: Aufgelöst berichtet er live: „Unser Haus wurde bombardiert, meine Töchter sind tot. Oh Gott, was haben wir getan?“

Izzeldin Abuelaish hätte nun jeden Grund, Israel zu hassen. Im Gedenken an seine toten Töchter kämpft er für eine Versöhnung und Verständigung zwischen Israelis und Palästinensern. Es ist ihm aus ganzem Herzen zu wünschen, dass seine Appelle und Bemühungen endlich Erfolge zeigen und eine nachhaltige Lösung in diesem Konflikt bringen, der keinen Gewinner sondern nur Verlierer kennt.

Fazit:

Dieser beeindruckenden Autobiografie, die Politiker aufrütteln soll, gebe ich gerne eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Bewertung vom 14.12.2022
Dein Schweigen, Vater
Benda, Susanne

Dein Schweigen, Vater


gut

Als im Mai 1945 Nazi-Deutschland besiegt ist, beginnt für die deutschstämmigen Bewohner Brünns erst der Krieg. Sie werden, wie hinlänglich bekannt, enteignet, verprügelt und auf den sogenannten „Brünner Todesmarsch“ getrieben. Wer nicht mehr weiterkonnte, wurde rücksichtslos ermordet.

Der zwölfjährige Paul ist einer der wenigen von ihnen, die überlebt haben. Er musste zahlreiche Familienangehörige sterben sehen und Freunde zurücklassen.

Dass aus ihm ein schweigsamer Mann wurde, ist verständlich. Nach seinem Tod begeben sich seine Kinder, Maria und Ulrich, auf Spurensuche. Vor allem Maria will die Familiengeschichte erkunden. Sie geht die rund 37 km von der österreichischen Staatsgrenze nach Pohořelice, dem Heimatort seines Vaters, zu Fuß, um den Vertriebenen nahe zu sein.

Meine Meinung:

Wer Sabine Bodes Bücher rund um die Kriegskinder bzw. Kriegsenkel kennt, wird sich mit Epigenetik schon auseinandergesetzt haben. Auch dieser Debütroman von Susanne Benda beschäftigt sich mit diesem Thema. Wie beeinflussen solche traumatische Erlebnisse die Nachkommen? Wir erhalten einen Einblick in das Leben von Pauls Kindern, Maria und Uli, das auch nicht ganz geradlinig verläuft.

Der Rückblick in die dramatischen Tage sind penibel recherchiert und eindrucksvoll beschrieben. Das weitere Leben Pauls ist durch sein Schweigen geprägt, das oft durch Albträume durchbrochen wird. Leider fällt dieser Teil der Erzählung in seiner Spannung ab. Die nimmt erst wieder ein wenig zu, als Maria den Todesmarsch in umgekehrter Richtung also von Österreich nach Pohořelice

Der Schreibstil wirkt bei der Spurensuche nach der Herkunftsfamilie des Vaters stellenweise ein wenig langatmig. Dieses Eintauchen in die Vergangenheit hätte durchaus Potenzial gehabt. Leider ist die Chance dazu nicht genützt worden. Allerdings muss man der Autorin zugute halten, dass sie sich für ihren Debütroman ein schwieriges Thema ausgesucht hat.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem interessanten Thema 3 Sterne.

Bewertung vom 14.12.2022
Winterzeit in Kärnten
Arneitz, Anita

Winterzeit in Kärnten


ausgezeichnet

Anita Arneitz, Reisejournalistin und Schreibberaterin entführt uns in diesem Buch in das winterliche Kärnten.

Sie teilt Österreichs südlichstes Bundesland in fünf Gebiete:

Rund um den Wörthersee
Süden
Norden
Westen
Osten

Mit viel Liebe zum Detail werden hier Möglichkeiten zum Winterurlaub abseits überfüllter Pisten und alkoholschwangerer Hüttengaudi beschrieben.

Hier ist für jeden etwas dabei. Ob Schifahren auf dem Nassfeld, Eislaufen auf dem Weißensee, Eisschwimmen im Wörthersee (Brrrrrrrrrrr) oder gemütliche Wanderungen sowie Eintauchen in historische Rundgänge von Villach, Klagenfurt oder Friesach - jeder kommt hier auf seine Kosten. Kinder freuen sich auf eine Wanderung mit den Alpakas.

Anita Arneitz gibt Tipps für gutes Essen, Bewegung und Entspannung.

Als Wienerin mit Villacher Wurzeln, die die väterliche Heimat eher im Sommer und Herbst besucht, haben sich auch einige Tipps für einen Kurzurlaub im Winter eröffnet.

Fazit:

Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 14.12.2022
Amsel, Drossel, tot und starr / Manne Nowak ermittelt Bd.2
Nikolay, Mona

Amsel, Drossel, tot und starr / Manne Nowak ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

In diesem zweiten Krimi rund um den Ex-Polizisten Manne und Caro, die nun ganz offizielle eine Detektei betreiben, bekommen es die beiden mit einer Brandstiftung in der Schrebergartensiedlung zu tun. Während die Nachbarn versuchen das Feuer mit allen möglichen Flüssigkeiten zu löschen, entdeckt Caro im Inneren der Hütte eine Leiche. Schnell stellt sich heraus, dass dies der Eigentümer ist.

Diesmal dürfen die beiden beinahe fast ganz offiziell recherchieren, denn die verschworene Gemeinschaft der Schrebergärtner lässt die Polizei ziemlich auflaufen und beauftragt die Detektei mit zusätzlichen Ermittlungen. Das muss nun auch der verärgerte Kriminalkommissar Lohmeyer zur Kenntnis nehmen.

Meine Meinung:

Uns Leser erwartet auch diesmal wieder ein humorvoller und turbulenter Kriminalroman, der die Eigenheiten der Schrebergartenbewohner ziemlich gute beschreibt. Man ist eine eingeschworene Gemeinschaft, in der Fremde nichts verloren haben. Das gilt auch für die polizeilichen Ermittler. Den Detektiven, die ja im Auftrag des Vereins arbeiten, erzählt man da schon ein bisschen mehr.

Natürlich lebt dieser Krimi wie sein Vorgänger von den Charakteren Manne, Caro und deren Widerpart Lohmeyer.

Der Krimi lässt sich wieder leicht und locker lesen.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 14.12.2022
Perchtoldsdorfer Punsch
Schleifer, Christian

Perchtoldsdorfer Punsch


gut

In seinem dritten Krimi rund um Charlotte Nöhrer nimmt uns Autor Christian Schleifer in das vorweihnachtliche Perchtoldsdorf mit.

Doch die Stimmung mit Punsch und Schnee wird jäh durch den Tod von Pfarrer Kraus gestört. Er ist vom Kirchturm gestürzt. Schnell ist klar, dass da jemand nachgeholfen hat. Als dann noch kryptische Bekennerschreiben, die auf einen möglichen weiteren Anschlag hinweisen, auftauchen, wird die Gruppe Asylwerber, die im Kulturzentrum untergebracht ist, verdächtigt.

Die stramm rechtsgerichtete Partei des Gemeinderates Adefris macht weiter Stimmung gegen alles was fremd und, ihrer Meinung nach, widernatürlich ist. Dazu zählt auch Charlotte (bitte ohne „e“), die mit ihrer Freundin Andrea zusammenlebt und kein Hehl aus ihrer lesbischen Beziehung macht, sehr zum Leidwesen ihrer Mutter, die gerne Enkelkinder hätte.

Meine Meinung:

Die Aufklärung des Mordes an Pfarrer Kraus wird über Punsch und Glühwein sowie den Auftritten der rechten Burschenschafter fast zur Nebensache. Natürlich braucht es bei einem möglicherweise politisch motivierten Mord andere Polizeieinheiten als den Dorfpolizisten. Da ist mir persönlich zu wenig Krimi.

Allerdings ist mir einiges anderes zu viel: Während der vierzehn Tage, in der dieser Fall spielt, wird sehr viel Alkohol konsumiert. Vor allem Charlotte ist auf dem besten Weg eine Schnapsdrossel zu werden. Von der (eigenen) Punschhütte in die Bar und ziemlich betrunken wieder zurück. Mit Kater und Restalkohol Auto fahren - nein das geht für mich gar nicht, zumal Charlotte früher eine Polizistin war. Das dauernde Betonen der lesbischen Liebesbeziehung zu Andrea, mehrfaches Erwähnen von deren Vorliebe für neckische Unterwäsche oder die Unschlüssigkeit der kleinen Schwester Flora in Liebesdingen. Lieber Herr Autor, wir Leser können uns solche Inhalte merken. Da braucht es keine permanenten Wiederholungen.

Den Themen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus wird sehr viel Raum gegeben. Beides zieht sich seit dem ersten Band durch die Reihe. Diesmal erhalten wir auch Einblick in das Wesen der Burschen- bzw. Mädelschaften. Dazu muss aber gesagt werden, dass nicht alle Studentenverbindungen rechtsgerichtet sind, sonst könnte hier ein falscher Eindruck entstehen.

Gut gelungen ist die Beschreibung der Winzerarbeit rund um das Lesen des Eisweins. Davon haben die wenigsten Leser eine Ahnung.

Fazit:

Dieser Krimi ist leider schwächer als seine Vorgänger. Deshalb kann ich nur 3 Sterne vergeben.

Bewertung vom 14.12.2022
Kaltbad
Götschi, Silvia

Kaltbad


ausgezeichnet

„Kaltbad“ ist der 8. Fall der Reihe rund um Oberleutnant Valérie Lehmann und ihrem Team.

Als man den Juristen Justus Maibach erfroren auf der Rigi Scheidegg findet, geht man von einem bedauerlichen Unfall unter Alkoholeinfluss aus. Doch als seine schwanger Geliebte wenig später von einem Auto angefahren und tödlich verletzt wird, glaubt Valérie Lehmann nicht an einen Zufall.

Schwebt die Familie Maibach in Gefahr? Und warum reagieren die Familienmitglieder so eigenartig? Hier ist nicht, wie es scheint.

Der Fall verlangt nicht nur Valérie Lehmann sondern auch ihrem Team alles ab, denn die Familie ist alles andere als kooperativ.


Meine Meinung:

Nach „Tod an der Goldküste“ ist dieser Krimi mein zweiter von Silvia Götschi in diesem Jahr. „Kaltbad“ finde ich sehr fesselnd.

Die Autorin hat den Brand im Hotel Kaltbad von 1961 mit elf toten Hotelgästen zum Anlass genommen, einen fesselnden Kriminalroman rundherum zu schreiben.

Der aufmerksame Leser kann bald einen Verdacht haben, dennoch ist es spannend zu lesen, ob die Polizei ähnliche Schlüsse zieht.

Die Ermittler haben alle ihre Ecken und Kanten und sind nicht immer vom bisherigen Leben verwöhnt worden.

Ich glaube, ich muss mir die Vorgänger besorgen.

Fazit:

Ein fesselnder Krimi bei dem wenig so ist, wie es scheint. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 14.12.2022
Die Henkerstochter und die Schwarze Madonna / Die Henkerstochter-Saga Bd.9 (eBook, ePUB)
Pötzsch, Oliver

Die Henkerstochter und die Schwarze Madonna / Die Henkerstochter-Saga Bd.9 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In seinem 9. Band rund um die Henkersfamilie Kuisl zieht Autor Oliver Pötzsch wieder alle Register.

Seit Beginn der Reihe hat sich die Familie von Jakob Kuisl natürlich vergrößert. So ist die aufmüpfige (und Titel gebende) Henkerstochter Magdalena nun die ehrbare Ehefrau von Medicus Fronwieser und hat drei Kinder. Peter, Paul und Sophia, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Peter studiert in INgolstadt Medizin und Paul ist Lehrling bei Onkel Georg. Nesthäkchen Sophia wegen ihres Klumpfußes gehänselt und steht ihrer Mutter in Sachen Aufmüpfigkeit nur wenig nach. Einzig Jakobs Sohn Georg lebt als Henker in Schongau.

Max Emanuel, der machtbesessene Kurfürst von Bayern, will in Altötting mit Kaiser Leopold I. eine Heilige Allianz gegen die Türken schmieden. Allerdings fürchtet der misstrauische Max Emanuel den einen oder anderen Anschlag. Um solches zu verhindern, wird Peter samt Familie inklusive Großvater - als Wallfahrer getarnt - nach Altötting beordert.

Wenig später sieht man sich einem Meuchelmörder gegenüber, der wie ein Phantom auftaucht, zuschlägt und in der Menge verschwindet. Gleichzeitig verfolgt der Kurfürst noch andere Ziele als das Bündnis mit dem Kaiser. Um diese zu erreichen, spielt er mit den Mitgliedern der Familie Kuisl-Fronwieser ein intrigantes Spiel.

Inzwischen sind die Mitglieder der Familien Kuisl und Fronwieser in die Jahre gekommen. Besonders Jakob geht es gesundheitlich nicht wirklich gut, was er aber geflissentlich zu verbergen versucht. Selbst sein Scharfsinn leidet ein wenig und so weiß man nicht genau, wer Freund oder Feind ist.

Meine Meinung:

Wie gewohnt ist dieser historische Roman penibel recherchiert und opulent erzählt. Natürlich gibt es jede Menge bekannte Charaktere und einige neue, die nur hier eine Rolle spielen und getrost ermordet werden oder im Kampf sterben. Um den Überblick zu behalten gibt es zu Beginn eine Übersicht der dramatis personae.

Oliver Pötzsch gelingt es wieder, seine Leser durch mehrfache Perspektivenwechsel in den Bann zu ziehen. Die Spannung steigt langsam aber stetig, um ab der Hälfte des Buches die Leser nicht mehr loszulassen. Immer wieder tauchen neue Gestalten auf, die durchaus Potenzial zum Attentäter haben. Doch dieser ist gerissen und kann regelmäßig entwischen. Doch dann kommt Hilfe von gänzlich unerwarteter Seite.

Wie schon in den Vorgängern enthält das Nachwort interessante Informationen zu den realen historischen Ereignissen. Dort, wo Oliver Pötzsch das eine oder andere zu Gunsten der Dramaturgie geglättet hat, wird dies erwähnt.

Fazit:

Ein penibel recherchierter historischer Roman, der opulent erzählt wird. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung. Allerdings sollte bei Band 1 begonnen werden.

Bewertung vom 14.12.2022
Leicht wie Blei
Elfrath, Lena

Leicht wie Blei


sehr gut

Dieses Buch ist nicht einfach zu lesen. Manche Abschnitte wiegen schwer wie Blei.

„Die letzte Kugel höre ich immer noch. Und nur ich. Das meine ich, wenn ich denke, dass ich Blei hören kann.“

Worum geht’s?

Die jugendliche Emma hat ihren Vater mit acht Kugeln aus einer Pistole getötet, um dem jahrelangen sexuellen Missbrauch an ihr zu beenden. Das Gericht billigt ihr keine Notwehr zu, das sie eben acht Mal geschossen und zudem noch einmal nachgeladen hat. Emma erhält auf Grund ihres jugendlichen Alters drei Jahre Haft.

Im Gefängnis erfährt sie zum ersten Mal, was es heißt, beschützt und sicher zu sein. Sie fügt sich in den Gefängnisalltag ein. Doch als ihre Tat im Gefängnis bekannt wird, wird sie zu einer Ikone der Emanzipation von sexueller Gewalt. Diese „Berühmtheit“, die in der Außenwelt unter #Emmanismnow ein kontrovers diskutiertes Thema ist, lässt sie ihre Tat Revue passieren und hat Zweifel an der Richtigkeit ihres Tuns.

Das Buch endet mit der vorzeitigen Entlassung aus der Haft an der auch die Internetkampagne einen großen Anteil hat.

Meine Meinung:

Wir begleiten Emma rund 300 Tage ihrer Haft und erleben den Gefängnisalltag, in dem Gewalt und Sehnsucht nach Liebe eine Rolle spielen.

Der Roman, dem eine wahre Begebenheit zu Grunde liegt, beleuchtet die Frage nach Täter und Opfer. Ist Emma eine eiskalte Täterin? Oder ist sie ein Opfer, das endlich seine Ruhe haben will? Die Details zu Emmas Martyrium werden so nach und nach in kursiver Schrift eingeflochten.

Fazit:

Ein Roman, der nachdenklich macht. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 14.12.2022
Ich, Ariadne (eBook, ePUB)
Saint, Jennifer

Ich, Ariadne (eBook, ePUB)


sehr gut

Wer kennt sie nicht, die Geschichte der Ariadne, Tochter von König Minos, Schwester des Minotaurus und der Phädra? Ariadne, die sich in Theseus verliebt und ihm das Wollknäuel in die Hand drückt, damit er, nachdem er den Minotauraus unschädlich gemacht hat, aus dem Labyrinth fliehen kann? Ariadne, die eine Entscheidung zwischen Gewissen und Liebe treffen muss? Die von Theseus verlassen, einsam auf der Insel Naxos lebt?

Meine Meinung:

Anders als in den griechischen Sagen wird der Minotaurus nicht ausschließlich als Monster dargestellt, sondern als bedauernswertes Produkt des rachsüchtigen Gottes Poseidon und somit Spielball der Götter. Sein eigentlicher Name Asterion wird nur von Ariadne und ihrer Schwester genannt.

Die Autorin hat die Geschichte rund um die kretischen Königskinder in eine moderne Fassung gebracht. Das gelingt mit der feministischen Betrachtungsweise durch Ariadne und Phädra. Wie so häufig in der griechischen Mythologie, müssen auch hier sterbliche Frauen (und Göttinen) die intriganten Allmachts- und Rachefantasien der Männer/Götter ausbaden.

Theseus, der Retter, erweist sich als ebenso machtgierig, kocht sein eigenes Süppchen und überlässt Ariadne, nachdem er sie in vielerlei Hinsicht benutzt hat, ihrem Schicksal auf Naxos.

Der Schreibstil ist - auch wegen der guten Übersetzung - leicht und locker.

Fazit:

Eine interessante Modernisierung des alten Stoffes, der mir gut gefallen hat und 4 Sterne erhält.