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Benutzername: 
dorli
Wohnort: 
Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 19.08.2014
Lieb oder stirb
Winschek, Jana

Lieb oder stirb


ausgezeichnet

Nachdem Kurt sich als riesiger Fehlschlag erwiesen hat, hat Hanna hat die Nase gestrichen voll von Männern. Doch plötzlich steht Toddy der Tod vor ihrer Tür und stellt ihr ein Ultimatum: Ein Mann muss her! Bis zu ihrem 35. Geburtstag hat Hanna Zeit, den Richtigen zu finden, ansonsten muss sie sterben…

Jana Winschek hat diese Geschichte durchweg mit ganz viel Wortwitz und reichlich Situationskomik gespickt, der fröhlich-lockere Schreibstil und die erfrischende Ausdrucksweise der Autorin machen das Lesen zu einem großen Vergnügen.

Jana Winschek hat kein Mitleid mit ihrer Protagonistin und hetzt ihr nicht nur den ungeduldigen Toddy auf den Hals, sondern hält für Hanna auch einige recht putzige Exemplare der Spezies „Mann“ bereit:
Von der fürsorglichen Schrankwand auf zwei Beinen über einen Star-Wars–Freak, der Hanna Spockohren verpasst und sie auf eine Sci-Fi-Convention schleppt bis hin zu einem Fisch-Liebhaber, dessen Hering „dieses kleine blaue Fischfutter aus der Apotheke“ (S.143) nötig hat, ist alles dabei. Diese und noch viele weitere Kuriositäten aus der Männerwelt warten auf Hanna. Sie hat die Qual der Wahl – wer wird am Ende ihr Herzblatt sein?

Es hat mir großen Spaß gemacht, Hanna auf dieser mit vielen Überraschungen garnierten Suche nach Mr. Right zu begleiten – „Lieb oder stirb“ ist ein witziger Roman, der wunderbar kurzweilige Unterhaltung bietet.

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Bewertung vom 18.08.2014
Zertrennlich
Sarginson, Saskia

Zertrennlich


gut

Die Zwillingsschwestern Viola und Isolte wachsen unbekümmert und fröhlich in den Kiefernwäldern Suffolks auf, bis etwas geschieht, dass nicht nur diese Unbeschwertheit beendet, sondern auch die enge Bindung der Schwestern zerstört.
Nach den Tod ihrer Mutter Rose leben die Mädchen bei Tante Hetti in London - während Isolte sich mit dem Leben in London arrangiert, kann sich Viola nicht an die neue Situation gewöhnen – sie wird aufsässig, hungert sich fast zu Tode, sehnt sich zurück in die Wälder…

Saskia Sarginson lässt „Zertrennlich“ auf 3 unterschiedlichen Zeitebenen spielen.
Die Zwillinge als 12-jährige - sie leben mit ihrer Mutter im Wald, ihre Welt ist noch in Ordnung.
Dann als Jugendliche bei Tante Hetti in London - man merkt deutlich, dass die vorangegangenen Ereignisse eine unterschiedliche Entwicklung der Mädchen hervorrufen.
Und schließlich das aktuelle Geschehen - Isolte und Violas Lebenswege haben sich getrennt, die beiden haben kaum noch etwas gemeinsam.

Die Autorin erzählt die Geschichte nicht chronologisch, sie springt ständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her. Mal berichtet Viola, dann wieder ist es Isolte, die die Geschehnisse schildert. Er war für mich nicht einfach, immer den Überblick zu behalten. In jedem neuen Abschnitt zunächst einmal das Wer und Wann herauszufinden, hemmt den Lesefluss doch sehr.

Isolte liebt Ben und ist als Moderedakteurin erfolgreich. Sie scheint ihren Platz im Leben gefunden zu haben, doch wirklich glücklich wirkt sie nicht auf mich.
Viola liegt im Krankenhaus, wird künstlich ernährt, möchte sich am liebsten auflösen. Sie hat kein Interesse mehr an der Welt um sich herum.
Auch die Zwillinge John und Michael, Spielkameraden der Mädchen während der unbeschwerten Zeit in Suffolks Wäldern, sind an den schrecklichen Ereignisse beteiligt, auch ihr Leben ist völlig aus dem Tritt geraten.

Als Leser möchte man natürlich unbedingt wissen, was die anfänglich unzertrennliche Zweisamkeit von Viola und Isolte so nachhaltig zerrüttet hat. Häppchenweise werden die Schatten der Vergangenheit aufdeckt. Der Auslöser des Dramas ist letztendlich etwas Dummes, Gedankenloses, ganz und gar nicht böse Gemeintes, das aber eine so tiefgreifende Zerstörungskraft im Gepäck hat, dass das Leben aller Beteiligten aus den Fugen gerät.

Saskia Sarginson kann sowohl die fröhliche Kindheit wie auch die dunklen Wolken, die nach den schrecklichen Ereignissen über Isolte und Viola schweben, sehr gut vermitteln. Insgesamt war mir die Geschichte aber zu weitläufig, besonders die Erlebnisse in Suffolk vor der Katastrophe werden sehr in die Länge gezogen.

Bewertung vom 14.08.2014
Gefährlicher Rausch
Rodeit, Katrin

Gefährlicher Rausch


sehr gut

Ulm. Privatdetektivin Jule Flemming muss ihren Urlaub für einen heiklen Fall abbrechen. Der Tochter von Bürgermeisterkandidat Harald Becker wurde die Vergewaltigungsdroge GHB ins Getränk gemischt. Becker befürchtet, dass diese Geschichte sich negativ auf seinen Wahlkampf auswirken könnte, wenn die Öffentlichkeit davon erfährt und möchte daher die Polizei nicht einschalten. Er verhält sich auch Jule gegenüber sehr distanziert, so dass die Privatdetektivin ohne hilfreiche Hinweise ihre Spurensuche beginnen muss…

„Gefährlicher Rausch“ ist bereits der zweite Fall für Jule Flemming - für mich dies der erste Einsatz, den ich mit der sympathischen Privatdetektivin erleben durfte. Auch wenn es einige Bezüge und Anspielungen auf den ersten Band gibt und es sicherlich sehr interessant ist, die Vorgeschichte zu diesem Krimi zu kennen, hatte ich nicht das Gefühl, dass mir für das Verständnis dieses Jule-Flemming-Abenteuers Informationen fehlten. Schnell war ich mittendrin im Geschehen und dank des angehängten Glossars ruckzuck mit den handelnden Figuren vertraut.

Es hat mir sehr gut gefallen, dass Katrin Rodeit für diesen Krimi die Ich-Perspektive gewählt hat. So erlebt man die Geschehnisse aus Jules Sicht und kann ihren Gedanken und Überlegungen prima folgen und ihre Gefühle bestens nachvollziehen.

Die Ermittlungen gestalten sich für Jule als überaus knifflig, denn sie stößt überall auf wenig auskunftsfreudige Menschen. Gemeinsam mit Jule tappt man als Leser lange im Dunklen, so dass man prima miträtseln und mitgrübeln kann.
Mit den kleinen Schritten, die Jule bei ihren Nachforschungen vorankommt, muss sie jemandem gewaltig auf die Füße getreten sein, denn plötzlich überschlagen sich die Ereignisse, ein Mord geschieht und auch Jule selbst gerät in das Visier des Täters.

Neben der spannenden Spurensuche nimmt man auch sehr ausgiebig an Jules turbulenten Privatleben teil. Jules Mutter nervt sie, ihr Bruder Sebastian hat Probleme, im „Jazz-Keller“ ist Jule für einen größeren Auftritt als Sängerin eingeplant, der kleine Nachbarsjunge Leon will selbst Detektiv werden und hat viele Fragen und mit Kriminalkommissar Mark Heilig kommt auch ein wenig Romantik ins Spiel.
Für meinen Geschmack rückt der private Part etwas zu intensiv in den Vordergrund der Geschichte, auch wenn es Katrin Rodeit sehr gut gelungen ist, ein paar Verbindungen zwischen Jules beruflichen und persönlichen Bereich zu schaffen.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Es hat Spaß gemacht, gemeinsam mit Jule auf Verbrecherjagd zu gehen.

Bewertung vom 13.08.2014
Die seltsame Berufung des Mr Heming
Hogan, Phil

Die seltsame Berufung des Mr Heming


ausgezeichnet

Mr. William Heming ist Immobilienmakler mit einer außergewöhnlichen Leidenschaft: Hat er eine Wohnung verkauft, behält er eine Kopie des Schlüssels. Das macht er, damit er seine Kunden jederzeit besuchen kann - am liebsten natürlich, wenn gerade niemand zuhause ist…

Mr. Heming ist höflich, galant und zuvorkommend – ein netter, freundlicher Mann, dieser Immobilienmakler. Soweit der äußere Schein. Doch Mr. Heming ist anders. Ganz anders. Er ist ein Schurke, ein heimlicher Beobachter und Lauscher, ein Blender, ein Bösewicht durch und durch – und doch ist es Phil Hogan gelungen, mir seine Hauptfigur sympathisch zu machen.

William Heming hat mich fasziniert. Ich bin von ihm begeistert und entsetzt zugleich. Ich habe über ihn gelacht und über seine Angewohnheiten und Machenschaften den Kopf geschüttelt. Ich bin ihm gespannt auf Schritt und Tritt gefolgt, begierig darauf zu erfahren, was er als nächstes anstellt. Heming wird immer dreister, am Ende sogar kriminell. Mal habe ich mir gewünscht, man möge ihn endlich erwischen. Dann wieder habe ich um ihn gebangt und gehofft, dass er ein weiteres Mal den Kopf aus der Schlinge zieht.

Sprachlich sehr ausgefeilt, mit einer wunderbaren Ausdrucksweise lässt Phil Hogan Mr. Heming in einem ruhigen, fast sachlichen Ton aus seinem Leben erzählen. Man hat das Gefühl, mit Heming in einem Raum zu sitzen und sich seine Lebensgeschichte anzuhören.

Die Geschehnisse werden nicht chronologisch geschildert. Zu den aktuellen Ereignissen gesellen sich zahlreiche Rückblenden in die nahe Vergangenheit, aber auch in die Kindheit und Jugend von Willliam Heming. Alles wird kapitel- bzw. abschnittsweise munter durcheinandergewirbelt. Dennoch habe ich zu keiner Zeit den Faden verloren und konnte der Erzählung von Heming sehr gut folgen.

Eine grandiose Geschichte! „Die seltsame Berufung des Mr. Heming“ ist britischer Humor der schwärzesten Art – einfach herrlich!

Bewertung vom 13.08.2014
Alles eine Frage der Technik
Morgowski, Mia

Alles eine Frage der Technik


ausgezeichnet

Es kriselt in der Beziehung zwischen Nella Johannsen und Dr. Paul Rosen. Paul arbeitet nur noch, der Umbau und die Modernisierung der Praxis, der neue Anti-Aging-Bereich und der abzuzahlende Kredit beherrschen seine Gedanken. Da bleibt wenig Zeit für Nella. Eigentlich gar keine Zeit. Sogar ihren Geburtstag hat Paul vergessen. Klar, dass Nella unglücklich ist.
Hinzu kommt, dass Nellas Secondhand-Boutique mit Cafébereich zwar gut läuft, sie sich aber eine Veränderung wünscht und gerne etwas Neues ausprobieren möchte. Sie weiß nur nicht, was dies sein könnte.
Als Paul dann überraschenderweise eine Woche Urlaub in Portugal bucht, sieht Nella Licht am Ende des Tunnels. Sie freut sich auf herrlich romantische Tage voller Zweisamkeit – doch dann kommt alles anders. Denn Paul hat ihr verschwiegen, dass es sich bei diesem Urlaub um einen Golfkurs handelt und er eigentlich doch wieder nur seine Praxis im Sinn hat…

„Alles eine Frage der Technik“ ist das erste Buch, dass ich von Mia Morgowski gelesen habe und ich wurde bestens unterhalten. Der frisch-fröhliche Schreibstil der Autorin macht das Lesen zu einem großen Vergnügen.

Mia Morgowski lässt Nella und Paul die laufende Geschichte abwechselnd erzählen. Sehr interessant, weil man so zu den Ereignissen die jeweiligen Gedanken und Meinungen der beiden Hauptdarsteller präsentiert bekommt. Diese Gedanken und Meinungen befinden sich allerdings irgendwie auf ganz verschiedenen Umlaufbahnen. Eine Annäherung scheint ausgeschlossen. Gar nicht schön für Nella, aber sehr amüsant für den Leser.

Paul ist ein Workaholic. Außerdem ist er nicht nur stur und von sich und seinem Standpunkt überzeugt, er ist auch feige. Um einer Diskussion mit Nella aus dem Weg zu gehen, gaukelt er ihr vor, einen romantischen Urlaub gebucht zu haben und stellt sie dann mit dem Golfkurs vor vollendete Tatsachen. Damit nicht genug, er wundert sich dann auch noch, dass Nella nicht vor Freude platzt.

Mit jeder Seite habe ich mehr mit Nella mitgelitten und mich ein ums andere Mal gefragt, was sie eigentlich mit diesem Kerl will.
Auf alle Fälle ist klar: Damit diese Beziehung wieder glücklich wird, muss jemand Paul wachrütteln, damit er Nella als die liebenswerte Frau wahrnimmt, die sie ist. Nur ist das leider leichter gesagt, als getan und bis es endlich passiert, ist es für ein Happy End fast zu spät.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich habe mich prima amüsiert und konnte mich herrlich über Paul und seine Ansichten aufregen.

Bewertung vom 12.08.2014
Welfengold
Aderhold, Rolf

Welfengold


sehr gut

Hannover 1966. Der Kunsthistoriker und Abenteurer Jarre Behrend organisiert Schatzsuchen. Da es ihm bereits gelungen ist, gestohlene bzw. im Zweiten Weltkrieg verschwundene Kunstwerke wiederzufinden, ist der britische Colonel Daniel Kendrick-Wales auf ihn aufmerksam geworden und hat ihn engagiert. Der Vater des Colonels wurde kurz nach dem Krieg ermordet, nachdem er als verschollen geltende Teile des Welfenschatzes entdeckt hatte. Anhand der privaten Aufzeichnungen des toten Majors machen sich Jarre und der Colonel auf, den Schatz zu finden. Doch die beiden sind nicht die Einzigen, die Interesse an den kostbaren Stücken haben…

„Welfengold“ lässt sich angenehm zügig lesen. Dank der guten Beschreibungen von Zeit und Orten war ich ruckzuck mittendrin im Geschehen.
Es sind besonders die Schauplätze, die mich in diesem Krimi begeistert haben. Rolf Aderhold nimmt den Leser mit in den Harz und führt ihn an Orte, die mit dem Zweiten Weltkrieg in Zusammenhang standen. Vor allem die Ruinen des Werks Tanne, eine ehemalige Sprengstofffabrik am östlichen Stadtrand von Clausthal-Zellerfeld, wird zur Bühne für die Akteure.

Der Autor schickt sympathische Protagonisten ins Rennen. Jarre Behrend hat Freude an seinem Beruf und kann andere mit seinem Wissen und seiner Art begeistern – es hat mir großen Spaß gemacht, ihn bei diesem Abenteuer zu begleiten. Anna Winter hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Sie lässt sich nicht in eine vorbestimmte Rolle pressen, ist gewieft, voller Tatendrang und unterstützt Jarre ausgezeichnet. Allein ihr familiärer Hintergrund wirkte auf mich ein wenig zu konstruiert.

Auch die auf Jarre & Co. angesetzten Bösen werden von dem Autor sehr gut und vor allen Dingen glaubwürdig dargestellt. Sie sind skrupellos und kaltblütig und folgen den Anweisungen ihres Auftraggebers blind. Während Oberst Leonid Leonow jedoch nur von seiner Wut gelenkt wird und meist unbeherrscht reagiert, ist Leutnant Lew Tzarkas sehr kontrolliert in seinem Handeln und plant jeden Schritt genau.

Rolf Aderhold lässt zahlreiche geschichtliche Begebenheiten und interessante Hintergründe rund um den Welfenschatz und zum Werk Tanne in die laufende Handlung einfließen – Historie, spannend verpackt und durchweg kurzweilig erzählt.

Mir hat dieser Ausflug in die 1960er Jahre sehr gut gefallen. Ich habe von Orten und Ereignissen erfahren, die mir noch nicht bekannt waren und wurde dabei sehr gut unterhalten.

Bewertung vom 25.07.2014
Das Heilige Blut
Grießer, Anne

Das Heilige Blut


ausgezeichnet

Mainz/Dürn 1391. Die zu Unrecht des Diebstahls bezichtigte Fronika Rißenbach kann dank der Hilfe eines Unbekannten aus dem Kerker fliehen und macht sich auf zu ihrem Großonkel Heinrich Otto nach Dürn. Heinrich Otto ist Leutpriester der Stadt und Fronika hofft bei ihm eine Anstellung als Magd zu bekommen. Das Mädchen kann im Pfarrhaus bleiben. Doch der Priester ist krank und bevor er wenige Tage nach Fronikas Ankunft stirbt, erleichtert er sein Gewissen und erzählt ihr von einem versteckten Altartuch…

Anne Grießer hat in „Das Heilige Blut“ die historischen Ereignisse rund um das Blutwunder von Walldürn mit einer lebhaften fiktiven Handlung zu einer spannenden Geschichte verwoben.

Der fesselnde Erzählstil von Anne Grießer hat mich sofort in das Geschehen hineingezogen, schnell bin ich mittendrin in einer Welt aus Glaube und Aberglaube, Habgier, Missgunst und Mord. Mit ihren detailreichen Beschreibungen und ausführlichen Schilderungen hat die Autorin ein interessantes Bild des späten 14. Jahrhunderts geschaffen, und es hat mir großen Spaß gemacht, Fronika durch diese für sie aufregende und gefährliche Zeit zu begleiten.

Die junge Küchenmagd ist anfangs von den Dingen, die um sie herum geschehen, ziemlich eingeschüchtert, tritt aber im Verlauf der Handlung immer energischer auf, stellt Fragen und beharrt auf Antworten. Eine Entwicklung, die mir gut gefallen hat, weil sie sehr glaubwürdig dargestellt wird.
Fronika begegnet ganz unterschiedlichen Menschen und merkt schnell, dass sie nicht jedem trauen kann, der ihr über den Weg läuft. Nicht nur einmal muss das Mädchen erleben, dass der erste Eindruck von einem Menschen durchaus täuschen kann.
Den fahrenden Reliquienhändler Kuntz lernt Fronika als dreckigen Halunken kennen, der freundliche Jakob von Fulda rettet ihr das Leben, Pfarrer Philipp Eugen präsentiert sich als sehr unangenehmer Zeitgenosse, Boppo ist ein lustiger Kerl, die Nonne Anna reagiert garstig, als Fronika ihr helfen will. Wer meint es ehrlich? Wer ist gefährlich?
Anne Grießer versteht es sehr geschickt, auch den Leser in dieses Verwirrspiel miteinzubeziehen. Man weiß irgendwann nicht mehr, wer vertrauenswürdig ist und wer nicht.

Die Geschichte bleibt bis zum Schluss fesselnd, zahlreiche Überraschungen und Wendungen lassen zu keiner Zeit Langeweile aufkommen. Ein großartiger historischer Roman, der für spannende Lesestunden sorgt.

Bewertung vom 24.07.2014
Leichentuch
Sturm, Andreas M.

Leichentuch


ausgezeichnet

Dresden. Burkhard Eichler wird an Heiligabend in seinem Auto ermordet. Einsetzender Schneefall legt sich wie ein Tuch über den Wagen und nimmt die Sicht auf die Leiche. Erst mehrere Tage später wird der Tote entdeckt.
Noch bevor Hauptkommissarin Karin Wolf von diesem Mordfall erfährt, bekommt sie es mit einem ganz anderen Problem zu tun: René Witkowski, ein Schwerverbrecher, den Karin vor anderthalb Jahren verhaftet hat, ist die Flucht aus der JVA gelungen. Und Karin weiß: Witkowski sinnt auf Rache…

Andreas M. Sturm versteht es ausgezeichnet, den Leser einzufangen und die Spannung schon nach wenigen Seiten auf ein hohes Level zu katapultieren. Dabei hat es mir außerordentlich gut gefallen, dass es dem Autor gelingt, grausame Szenen zu beschreiben, ohne ins blutige Detail zu gehen.

„Leichentuch“ ist für mich nach „Albträume“ der zweite Fall, den ich mit den Kommissarinnen Karin Wolf und Sandra König erlebt habe und wieder hat mich der Autor mit seinem Dresdner Ermittlerduo begeistert.

Karin ist sachlich, routiniert, manchmal impulsiv und aufbrausend, gerne auch mal biestig. Mit ihrer guten Menschenkenntnis kann sie ihr Gegenüber hervorragend einschätzen, sie beobachtet ihre Umgebung immer genauestens und kann ihren Instinkten vertrauen. Eine äußerst toughe Frau. Umso mehr hat es mich fasziniert, dass der Autor es schafft, Karins Furcht vor Witkowski so glaubwürdig zu vermitteln. Obwohl Karin für sich selbst beschließt, sich von einem Kriminellen nicht unterkriegen zu lassen, spürt man neben ihrer Wut auf Witkowski ganz deutlich ihre Angst. Eine Angst, die durch einen Verräter in den eigenen Reihen noch gesteigert wird.
Sandra ist ein Technik-Freak und eigentlich immer hungrig. Sie lässt sich von niemandem etwas sagen und hat auf alles eine Antwort.
Die Zusammenarbeit der beiden Ermittlerinnen funktioniert prima – ein richtiges Team. Es macht Spaß, Karin und Sandra bei ihren Nachforschungen zu begleiten. Besonders, weil der Autor ihnen einen trockenen Humor in den Mund gelegt hat, es wird gefeixt, gefrotzelt, geflachst.
Tatkräftige Unterstützung bekommen Karin und Sandra von Heidelinde Grün. Heidelinde ist freundlich, pflichtbewusst und anfangs sehr zurückhaltend. Mit ihrer ruhigen Art ergänzt sie das Team vortrefflich.

Der Spurensuche im Mordfall Eichler ist knifflig. Die Ermittlungen gestalten sich als schwierig, weitere Morde geschehen. Der Autor lässt die Kommissarinnen und damit auch den Leser lange Zeit im Dunklen tappen. Man kann prima über Täter, Motive und Hintergründe miträtseln und mitgrübeln. Besonders das Spekulieren über die undichte Stelle bei der Polizei ist spannend, weil Andreas M. Sturm ganz geschickt mal den einen mal den anderen Kollegen von Karin in den Fokus rückt.

„Leichentuch“ ist ein fesselnder Krimi, der sich angenehm zügig lesen lässt und mich von der ersten bis zur letzten Seite bestens unterhalten hat.

Bewertung vom 23.07.2014
Wer braucht schon einen Mann?
Hodgson, Mona

Wer braucht schon einen Mann?


ausgezeichnet

Cripple Creek 1896. Der Wanderprediger Tucker Raines ist nach Cripple Creek gekommen, um die Eishandlung seines schwer erkrankten Vaters zu übernehmen. Nicht Tuckers einzige Sorge, denn er musste seine psychisch kranke Schwester in einer Klinik in Kalifornien zurücklassen.
Nach dem unmoralischen Angebot eines Dozenten verlässt Ida Sinclair die Handelsschule in Portland und macht sich früher als geplant auf den Weg nach Colorado, um sich wie ihre Schwestern Kat und Nell in Cripple Creek niederzulassen. Dort hofft Ida auf eine Anstellung im Büro von Mollie O’Bryan, einer forschen, zielbewussten Frau, die sich in der von Männern beherrschten Welt der Börsenmakler und Investoren etabliert hat. Ida ist fest entschlossen, es Mollie nachzutun und will eine erfolgreiche Geschäftsfrau werden.
Auf der letzten Etappe ihrer Reise lernt Ida den charmanten Anwalt Colin Wagner kennen, der sie aus einer unangenehmen Situation befreit. Gerade an ihrem Ziel aus dem Zug gestiegen, spießt Ida Tucker Raines fast mit einer Hutnadel auf. Doch da Ida nur ihr berufliches Vorankommen im Sinn hat, hat sie weder für den einen noch für den anderen Mann einen Blick übrig… oder?

Mona Hodgson wartet in „Wer braucht schon einen Mann“ mit einer tollen Wildwest-Atmosphäre auf. Der Roman kommt sehr heiter und liebenswürdig daher und hat eine große Portion Romantik im Gepäck. Doch die Autorin hat auch einige ernste Themen geschickt in die Handlung eingeflochten.
Zentrales Thema ist die Rolle der Frau in der Arbeitswelt. Die Menschen begegnen sich in dieser Geschichte meist mit großem Respekt und mit schon fast übertriebener Höflichkeit. Doch Ida muss auch eine andere Seite kennenlernen. Sie und Mollie werden mit abschätzigen Blicken bedacht und müssen mit Anfeindungen zurechtkommen, denn nach damaliger Auffassung hatte eine Frau an der Börse der Minengesellschaften nichts zu suchen. Die ehrgeizige Ida versucht dennoch, sich zu behaupten und muss erleben, wie skrupellos die Geschäftswelt sein kann.
Die Autorin macht im Verlauf der Handlung auch deutlich, wie sehr die Schere zwischen arm und reich in der Goldgräberstadt auseinander klafft und zeigt nebenbei auf, dass die reichen nicht unbedingt auch die glücklichsten Menschen in der Stadt sind.

Mona Hodgson spricht die Themen nicht nur an, sondern wirft auch aus christlicher Sicht einen Blick auf die Probleme und lässt Tucker Raines der Frage nachgehen, wie Gott die Dinge wohl sehen würde.

Die Autorin schickt wunderbare Charaktere ins Rennen. Sie kann deren Wesen und Eigenheiten sehr gut vermitteln, so dass ich alle Akteure schnell kennengelernt habe und bestens mit ihnen mitfühlen konnte.
Ida packt ihr Leben mit einer gewissenhaften, enthusiastischen Entschlossenheit an, dass man sie einfach gern haben muss.
Tucker, der seine eigenen Wünsche zurückstellt, um seine Familie zu unterstützen, ist mir schnell ans Herz gewachsen. Die zeitweilige Verzweiflung über seine schwierige Lage konnte ich gut nachvollziehen.
Colin, von dem erfolgreichen, geschäftstüchtigen, adretten Anwalt konnte ich mir schnell ein Bild machen.
Mollie, die mir imponiert hat, auch wenn sie mit ihrem Tun weit über das Ziel hinausschießt.
Kat und Nell, die ihren Platz als achtbare Bürgersfrauen in Cripple Creek gefunden haben und ihre große Schwester unterstützen, auch wenn sie nicht alles gutheißen, was Ida macht.
Otis Bernard, einfach nur gutherzig, ein wundervoller Mensch.
Und natürlich die spitzbübische Vermieterin Hattie Adams, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, jedes unverheiratete Mädel unter die Haube zu bringen.

Auch wenn ich frechere Dialoge und mehr Wortwitz erwartet hatte, hat mir „Wer braucht schon einen Mann“ sehr gut gefallen - ein herrlicher Liebesroman.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.