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melange
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Bonn
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 867 Bewertungen
Bewertung vom 28.05.2016
Mörderische Wahrheiten / Carlotta Fiore Bd.2
Prammer, Theresa

Mörderische Wahrheiten / Carlotta Fiore Bd.2


ausgezeichnet

Gelungener zweiter Streich

Zum Inhalt:
In Wien werden einige Jugendliche mit 21 Messerstichen ermordet. Diese Serie ähnelt Fällen vor mehren Jahren. Der damalige Mörder, dessen DNA bei den Leichen gefunden wird, ist jedoch vor kurzer Zeit im Gefängnis verstorben. Da er damals von Konrad Fürst überführt wurde, hofft die Wiener Polizei auf dessen Mithilfe. Er ist zwar gerade aus dem Koma erwacht, leidet aber an einer Amnesie, die ihn selbst sein Umfeld nicht erkennen lässt. Da die Zeit drängt, spannt der Chef der Polizei Carlotta Fiore ein.

Mein Eindruck:
Nein, Frau Prammer hat ihr Pulver nicht bei ihrem sehr guten Debütkrimi verschossen. Ganz im Gegenteil: Sie legt noch eine Schippe zu. Dabei halten sich humorvolle Teile, spannende Abschnitte und dramatische Stücke bravourös die Waage. Zu den liebgewonnenen Personen aus dem ersten Buch gesellen sich eine ganze Menge anderer Charaktere, welche den Lesern die Sicht auf den Täter lange und gekonnt vernebeln. Trotzdem wird es weder unübersichtlich noch fehlt der Geschichte der Tiefgang. Mit der Ich-Erzählerin Carlotta geht man auf der einen Seite auf die Jagd nach dem Mörder, auf der anderen Seite fiebert man mit ihr bei ihren privaten Belangen. Diese sind zwar nicht ohne Schwere, stören jedoch weder den Fortlauf des Krimis noch sind sie reiner Selbstzweck, um die Seiten zu füllen. Teilweise wird die Erzählung in Kursivschrift mit den Morden an den Jugendlichen unterbrochen. Deren Gedanken und Gefühle werden dabei sehr einfühlsam geschildert - ein großes Plus des Schreibstils von Frau Prammer, die ihren Figuren Farbe und Tiefe verleiht. Das Ende ist überraschend, einige Hauptprotagonisten zeigen neue Facetten, Carlottas und Fürsts Verhältnis wird klarer und die Personen bieten noch viele Entwicklungsmöglichkeiten. Beste Voraussetzungen für einen dritten Fall.

Mein Fazit:
Noch besser als „Wiener Totenlieder“

Bewertung vom 27.04.2016
Wenn du mich tötest
Winter, Karen

Wenn du mich tötest


gut

Mir fehlt der Thrill beim Thriller

Zum Inhalt:
In Schottland meldet der deutsche Tourist Julian seine Frau als vermisst. Da er von einem Fischer bei einem Streit mit ihr beobachtet wurde, steht der Verdacht eines Gewaltverbrechens im Raum. Deshalb wird John Gills aus Inverness zurück in seine Heimat gerufen, um die dortige Polizei zu unterstützen. Mit seinen eigenen privaten Problemen kämpfend beginnt er, die Beziehung von Julian und seiner Frau zu hinterfragen, um das Rätsel um deren Verschwinden zu lösen.

Mein Eindruck:
Das skandinavische Gefühl erreicht die schottische Küste: In diesem Roman tummeln sich mehr oder weniger kaputte Typen mit mehr oder weniger kaputten Beziehungen, Sorgen um das Geld, Problemen mit Alkohol und wenig Verständnis beim Partner. Wenn jetzt noch die ein oder andere übel zugerichtete Leiche auftauchen täte, könnte auch ein schwedischer Name auf dem Titel stehen. Sprachlich ist dieser Roman wirklich gut, die Landschaftsbeschreibungen machen Lust auf Großbritanniens Norden und ein ordentlicher Schuss Übersinnliches lässt ein gewisses Kribbeln aufkommen. Aber dann… passiert so gut wie nichts. Dadurch verflüchtigt sich das Kribbeln und man schlägt Seite um Seite in wohlgeformter Sprache um, erfährt aber immer weniger und das Wenige interessiert dann irgendwann auch nicht mehr wirklich. Möglicherweise ist das dem Umstand geschuldet, dass es keine echte Hauptperson gibt, mit der man lieben und leiden könnte und dass die Quasi-Hauptfiguren nicht besonders sympathisch agieren. Nein, eigentlich sind sie sogar alle eher unangenehm, um „Alice im Wunderland“ zu zitieren. Leider sind einem nicht nur die Personen gleichgültig, es kommt auch – nach wirklich gutem, mysteriösen Beginn – keine wirkliche Spannung auf,- das absolute No Go für einen auf dem Cover versprochenen Thriller. Am Ende klappt man das Buch zu, nicht ganz enttäuscht, weil die sprachliche Kunst überzeugt, aber eben doch eher gelangweilt.

Mein Fazit:
Ein schöner Schreibstil für einen guten Plot, der durch zu viele Einzelschicksale zerfasert

3 Sterne

Bewertung vom 27.04.2016
Der Herr des Turmes / Rabenschatten-Trilogie Bd.2
Ryan, Anthony

Der Herr des Turmes / Rabenschatten-Trilogie Bd.2


gut

Es ist Krieg!

Zum Inhalt:
Im zweiten Teil der Rabenschattentrilogie ist ihr Hauptprotagonist Vaelin al Sorna aus dem Orden ausgetreten. Er wird vom amtierenden König zum Herrn des Turms der Nordlande ernannt. Kurze Zeit später bricht das Chaos aus, - die Volarianer greifen an. Mit neuen und alten Verbündeten zieht Vaelin in den Krieg gegen sie.

Mein Eindruck:
Schlachten, Morde, Attentate, Blut, Tränen, Sklaverei: So in etwa lässt sich das zweite Buch zusammenfassen, welches – im Gegensatz zu „Das Lied des Blutes“ – nicht nur eine, sondern vier Hauptpersonen aus ihren Perspektiven begleitet. Neben Vaelin sind das die schon bekannten Prinzessin Lyrna und sein Bruder Frentis, dazu taucht mit der Tochter eines toten Feindes, Reva, eine neue Figur auf. In fünf Kapiteln wird geschildert, wie sich die einzelnen Wege manchmal kreuzen und letzthin immer weiter annähern. Diese Vorgehensweise des Autors lässt die Leser bei der Stange bleiben, da man wissen möchte, wie es mit den Vieren weitergeht. Das ist ein kluger Schachzug, denn die Story an sich ist leider trotz allen Gemetzels langweilig und scheint sich insbesondere im zweiten Teil – wenn das große Schlachten beginnt – nur noch zu wiederholen und um sich selbst zu kreisen. Der Beschreibung eines Angriffs folgt der nächste, das Morden wird in allen Einzelheiten geschildert. Jede Speerspitze durch den Kopf, jeder Pfeil im Oberschenkel, jeder blutige Zahn findet Erwähnung. Die wunderbaren und märchenhaften Einfälle des ersten Buchs, die interessanten Charakterzeichnungen und die malerischen Umgebungen werden dafür fast vollständig auf dem Feld der Ehre geopfert.
Möglicherweise wäre meine Enttäuschung nicht so groß, wenn ich nicht vom ersten Teil überaus begeistert gewesen wäre, aber dieses Buch ist nur eine nicht besonders herausragende Geschichte des Genres „Mittelalter-Fantasy“. Das Ende irritiert zusätzlich: Das Schicksal einer Person ist völlig unklar, das der zweiten unverständlich und mündet in einen riesigen Cliffhanger, der mehr verärgert als Spannung erzeugt.

Fazit:
Kein Vergleich mit dem ersten Teil, ich hoffe auf den Abschluss der Trilogie

3 Sterne

Bewertung vom 14.04.2016
Die Prinzessin von Arborio
Balàka, Bettina

Die Prinzessin von Arborio


sehr gut

Eine unaufgeregte Geschichte

Zum Inhalt:
Zorzi verliebt sich gerne. Wenn die Liebe jedoch erkaltet und die Männer ihren Ansprüchen nicht mehr genügen, findet sie nur einen Weg sich aus der Beziehung zu befreien: Mord. Nach ihrer Verhaftung befasst sich der Psychologe Körber mit ihrer Überführung und verliebt sich bei den folgenden Gesprächen in sie. Trotz der Gefahr, die von der "Schwarzen Witwe" ausgeht, erklärt er sich und seine Gefühle und stellt zu seinem Erstaunen und Freude fest, dass auch Zorzi nicht abgeneigt ist.

Mein Eindruck:
Die Autorin zeigt ein großes Einfühlungsvermögen in ihre Hauptfiguren. Egal, ob sie aus Zorzis oder aus Körbers Sicht schreibt, - dem Lesenden ist völlig klar, warum eine Handlung so und nicht anders erfolgt und wie sich die Person bei diesen ihren Handlungen fühlt. Kurioserweise wirkt das alles völlig beiläufig, die Morde sind so erzählt, wie andere Autoren ihre Kochrezepte präsentieren würden. Kühl und unnahbar, völlig effizient und leidenschaftslos. Normalerweise sollte man denken, dass dadurch eine gewisse Langeweile eintreten könnte, aber Frau Balàkas guter Stil und ihr feiner Sinn für Humor führen dazu, dass genau das nicht passiert. Ganz im Gegenteil möchte man wissen, wie sich die Liebesgeschichte zwischen Täterin und Psychologen entwickelt, ob sie eine Zukunft hat und - falls dem so ist - wie diese aussieht. Ein bisschen hat das von Nachbarschaftsvoyeurismus: Es erscheint logisch, dass nicht besonders viel passieren kann, aber dieses Bisschen interessiert ungemein. Wie die Autorin ihre Leser aus der gemütlichen Lethargie aufschreckt, sollte man selbst lesen. Denn der Weg zum Ziel ist ein Genuss und die Schlusspointe das Sahnehäubchen auf einem leckeren Kuchen.... oder der Tomatenklecks auf der Pasta....

Mein Fazit:
Man sieht förmlich das Augenzwinkern der Autorin, - in jedem einzelnen Gang des Risottos
Und von diesem Risotto ist man gerührt, nicht geschüttelt!

Bewertung vom 14.04.2016
Das Apfelblütenfest
Henn, Carsten Sebastian

Das Apfelblütenfest


weniger gut

Sprungschanze

Zum Inhalt:
Jules ritzt im Alter von 9 Jahren ein Stellenangebot für eine Haushaltshilfe in einen Baum. Über zwanzig Jahre später meldet sich Lilou und eine bittersüße Liebesgeschichte beginnt, überschattet von dem Wissen um finanzielle Probleme und eine schwere Krankheit.

Mein Eindruck:
Bei dieser Geschichte fühlte ich mich an eine Sprungschanze erinnert. Ein toller Start ganz weit oben, aber von da an ging es bergab. Nur ganz zum Schluss - im Auslauf - fand sich eine kleine Steigung, die jedoch bei weitem nicht auf die Höhe des Ausgangspunktes führte.
Der Plot klingt verheißungsvoll: Ein Weingut, ein armer kleiner Junge, der zu einem liebenswerten Mann wird, welcher sich für seine Angestellten und Freunde interessiert. Eine schöne, junge Frau, Heilpraktikerin mit großem Herzen, Hund und Katze und ein schweres Schicksal.
Und Herr Henn kann sehr bildhaft beschreiben, so dass man Wein und Meer förmlich schmecken und riechen kann. Er erfindet wundervolle, kauzige Figuren, mit denen man lieben und leiden könnte, der Verlag sorgt für ein traumhaftes Cover und dann... folgt eine Enttäuschung, die möglicherweise deshalb so groß ist, weil die Erwartungshaltung durch die guten Zutaten ins Unermessliche steigt und der Autor bei dem Versuch, diese zu bedienen, für meinen Geschmack überdreht.
Die Geschichte wird zu "zu". Zu spektakulär, zu dramatisch, zu übertrieben, die Protagonisten zu egoistisch, zu sprunghaft und damit zu unsympathisch und das Ende mit Ansage zu kitschig.
Am absoluten Ende schließt sich zwar der Kreis zum guten Beginn und ich wurde ein bisschen versöhnt. Leider reicht das aber nicht, um den großen Mittelteil vergessen zu lassen.

Mein Fazit:
Tränendrüsenstory vom Reißbrett

2 Sterne für den Anfang und das Ende

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.03.2016
In der ersten Reihe sieht man Meer
Klüpfel, Volker; Kobr, Michael

In der ersten Reihe sieht man Meer


ausgezeichnet

Diese Rezension behandelt das Hörbuch

Zum Inhalt:
Alex, Mitte Vierzig, verheiratet und Vater zweier pubertierender Kinder, schläft am Abend vor der Abreise in den Urlaub ein und erwacht als pickliger Jüngling in den 80er Jahren, - mit dem Wissen von heute. Unsicher, ob er zurück in sein altes Leben findet, fügt er sich wohl oder übel in sein Schicksal und fährt mit Eltern, Oma und Schwester nach Italien.

Mein Eindruck:
Bastian Pastewka ist das Beste, was der vergnüglichen Geschichte passieren konnte. Genial haucht, röchelt, brüllt, säuselt und spricht er der Geschichte Leben ein, großartig, wie er die unterschiedlichen Personen interpretiert. Aber selbst ein großer Künstler könnte nicht aus Mist Bonbons machen. Deshalb gerät es Herrn Pastewka und den Hörern zu einem großen Glück, dass die Vorlage für seine Sprecherbegabung nahezu perfekt ist.
Die beiden Autoren beweisen, dass sie jenseits von Kluftinger sehr humorvolle Stories erdenken können. Dabei fangen sie den Zeitgeist der 80er ebenso gut ein, wie sie sich in die Sorgen und Nöte der Familienväter in der heutigen Zeit einfühlen. Das größte Pfund für das Zwerchfell-Training liegt jedoch in vielen kleinen Dingen, die mit großer Detailgenauigkeit als Spiegel der Zeit vor Schengen und Multi-Kulti dienen: Dazu gehören nicht nur die Angst vor schlecht gelaunten Grenzern, die Notwendigkeit des Kartenlesens und das Fehlen von Klimaanlagen, sondern vor allem die in den letzten 30 Jahren antrainierte politische Korrektheit, die Alex in Fleisch und Blut steckt, bei seiner Familie jedoch noch keinerlei Anwendung findet und ihn ein ums andere Mal innerlich erbeben lässt.
Das Ende ist zwar für die Hörerschaft vergnüglich, wie es der Hauptperson in allen Konsequenzen damit gehen würde, sei dahingestellt.

Fazit:
Selbst an einem Montagmorgen auf dem Weg zur Arbeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln musste ich lachen (und brachte die muffeligen Mitfahrer garantiert zum Nachdenken über meinen Zustand).
Eine klare Hörempfehlung!