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Frankfurt

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Insgesamt 713 Bewertungen
Bewertung vom 19.08.2019
Otto
Suffrin, Dana von

Otto


sehr gut

Ein Thema das uns alle betrifft, denn die Gesellschaft wird immer älter und unsere Eltern werden in der Regel nicht flexibler mit steigenden Lebensjahren. Daher eine gute Perspektive sich diesem Thema überspitzt fiktiv zu nähern!
Dana von Suffrin legt mit ihrem Debüt “Otto” eine Familiengeschichte vor die sich um den patriarchischen Vater kreist: Otto.
Otto hat zwei unglückliche Töchter, ist Ingenieur, gebürtiger Rumäne und „Herr über ein Reihenhaus“. Die Geschichte wird aus der Sicht seiner Lieblingstochter Timna erzählt. Otto landet im Krankenhaus und besteht auf familiärer Betreuung. Nach dem Aufenthalt wird er nicht sanftmütiger, nein, es wird noch schlimmer! Der störrische Alte bekommt eine „Mitbewohnerin“, die sich um den Haushalt kümmern soll. Organisiert natürlich von den eigenen Kindern, damit das Leben für sie wieder in normale Bahnen gelenkt wird. Valli heißt die Invasion! Da sind die Gewitter vorprogrammiert. Herrlich liest sich dieser Text. Diesen Roman muss man mit einer saftigen Portion Galgenhumor nehmen! Der patzige Alte wird herrlich portraitiert. Wahrlich ein alter Dickkopf, der seine Gedanken unreflektiert herausposaunt. Das Otto einmal ein weitsichtiger Mann war, scheint verloren gegangen. Oder ist er doch noch tief in seinem Kern vorhanden?
Der Schreibstil von Dana von Suffrin ist erfrischend und leicht zu lesen.

Fazit: Ein Thema das uns alle betrifft, denn die Gesellschaft wird immer älter und unsere Eltern werden in der Regel nicht flexibler mit steigenden Lebensjahren. Daher eine gute Perspektive sich diesem Thema überspitzt fiktiv zu nähern!

Bewertung vom 16.08.2019
Auf Erden sind wir kurz grandios
Vuong, Ocean

Auf Erden sind wir kurz grandios


sehr gut

Was für einen Schatz ich geborgen habe, merke ich bei Büchern erst, wenn ich es zuklappe und eine Wehmut sich in mir breit macht, dass es leider schon wieder zu Ende ist. Und einen solchen Schatz habe ich mit dem Debüt von Ocean Vuong geborgen! Sein Roman "Auf Erden sind wir kurz grandios“ ist eine Perle in diesem Bücherjahr. Vor allem weil es so anders ist als viele andere Romane. Übrigens ist der Romantitel, den ich grandios finde, auch der Titel eines seiner Gedichte.
Er schreibt klar- leise Töne mit hohem Einschlag. Die poetische Prosa trifft einen mit voller Wucht, wie eine Welle die man kaum abwarten kann und dann haut sie einen doch um und man sitzt im Sand. So fühlt sich dieser Text an.
Ocean Vuong verarbeitet seine eigenen Erfahrungen als Einwanderungskind aus Vietnam in die USA mit diesem Roman. Ein fiktiver Charakter schreibt seiner Mutter, die nicht lesen kann, einen Brief um seine Erlebnisse zu verarbeiten. Die Kombination aus Liebe und Leid, diese Gradwanderung beschreibt er sehr gut. Die Geschichte wird erzählt, aber Ocean Vuong behält viel Raum für eigene Gedanken des Lesers bereit. Auch merkt man dem Roman sehr stark an, dass Ocean Vuong in erster Linie Lyriker ist und dann erst Schriftsteller – oder macht er eine neue Dimension auf mit diesem Roman?
Mich hat der Roman überzeugt, daher wünsche ich dem Roman viele Leser! Aber ich rate nur zum Roman, wer auch gerne Lyrik liest.

Bewertung vom 16.08.2019
Die geheime Mission des Kardinals
Schami, Rafik

Die geheime Mission des Kardinals


ausgezeichnet

Für mich einer DER Autoren unserer Zeit, ein Kosmopolit, ein Weltbürger, ein Erzählkünstler mit Meinung und Haltung: Rafik Schami!
Ich habe ihn einmal live erleben dürfen und habe seitdem seine Stimme von dieser Lesung und dem daran angeknüpften Interview im Ohr. Ich erwähne es nur, da es meine Art seine Romane zu lesen massiv beeinflusst hat. Ich lese seine Roman förmlich mit seiner Stimme im Kopf. Seine sehr spezielle ruhige Taktung und sein Akzent, wunderbar!
Zum Roman, der neuste Roman „Die geheime Mission des Kardinals“ verbindet seine reiche Erzählkunst wieder einmal mit einer überzeugend guten Geschichte.
Wir werden nur ein paar Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt, Damaskus 2010, Vorkriegszeit. Die Leiche eine Kardinals wird in einem Ölfass an die italienische Botschaft geliefert –der Schreck ist groß. Wir lernen den syrischen Kommissar Barudi vor Ort kennen, der bald unterstützt wird von Mancini aus Rom. Die beiden gehen auf die Suche warum der Kardinal sein Leben lassen musste.
„Die geheime Mission des Kardinals“ ist spannend, geheimnisvoll und mit so viel Menschenkenntnis geschrieben, dass ich als Leser immer das Gefühl hatte die Charaktere förmlich vor Augen zu haben.
Klar, dieser Roman von Rafik Schami ist kein schmaler Roman und auch mit ausführlichen Beschreibungen geschmückt. Das führt zu diesem Schwergewicht mit über 400 engbedruckten Seiten. Daher rate ich nur zu diesem fast märchenhaft erzähltem Roman nur, wenn man als Leser gerne in eine andere Welt eintauchen und sich gerne vom dem Text tragen lassen. Es ist schon ein Roman zu dem man sich Zeit nehmen sollte um viele Seiten am Stück zu lesen, sonst kommt man nicht in den Lesefluss und in der Geschichte an.

Fazit: Ein spannender Roman der die Welten verbindet und zugleich unterhaltsam ist!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.08.2019
Das Kochbuch zum Intervallfasten
Bracht, Petra;Flatt, Mira

Das Kochbuch zum Intervallfasten


sehr gut

Der Selbsttest gleich zu Beginn hat ergeben, dass ich Intervallfasten sollte, da alle Fragen ausnahmelos mit JA beantwortet wurden! Klar, mein Bauchgefühl hat mir das auch schon gezeigt. Nun ran an den Speck!
Es erscheint mir auch als einer der sinnvollsten Methoden den Körper zu reinigen und es ist zudem noch Alltagstauglich. Was mich bisher vom „richtigen Fasten“ abgehalten hat.
Besonders interessant fand ich den Abschnitt zu den natürlichen Hungerphasen, die früher sehr natürlich waren und die heute selten sind, wenn man sie nicht aktiv anstößt und auch mal nicht isst. Es ist ja hierbei eher wichtig mal was zu lassen anstatt aktiv zu sein, so widersprüchlich sich das auch anhört. So simpel wie es erst einmal klingt, so unerhört anstrengend ist es zum Start es durchzuziehen.
Da dieses Buch das Folgebuch zum Erfolgsseller um das Thema als solches ist und den Fokus auf den Rezepten liegt, wird das Prinzip ausführlich erklärt, aber nicht in epischer Breite.
Der Rezeptteil ist wunderbar! Ich habe schon einiges leichtes ausprobiert und finde beim Blättern immer wieder Gerichte, die ich gerne bald ausprobieren würde!
Nach den Rezepten kommen zum Teil Variationsmöglichkeiten, Tipps und eine Box mit Gesundheitswissen.
Diese Gesundheitswissensboxen fand ich besonders interessant und passend. Denn habe ich mir ein Rezept ausgewählt und auch zu bereitet und die Box gelesen, bleibt die Information nachhaltig hängen.
Mir haben es momentan die Cashew-Kokos-Balls angetan...ja, obwohl Zwischenmahlzeit nicht ideal sind.

Insgesamt überzeugt, dass die Autorin keine Fitness-Expertin ist und sich schnell mal mit einem Thema beschäftigt hat, nein, hier kommt eine erfahrene Ärztin zu Wort die den Menschen als holistisches Ganzes sieht und hier mit uns ihr praktisches Wissen teilt.

Fazit: Mich hat das Buch überzeugt, aber für die Umsetzung muss man selbst sorgen. Es kann aber einfach sein!

Bewertung vom 05.08.2019
Deutschland verdummt
Winterhoff, Michael

Deutschland verdummt


ausgezeichnet

Auf die Barrikaden!
Wie kann es sein, dass in einem so reichen und demokratischen Land wie es Deutschland der Bildungszustand unserer Kinder und Jugendlichen stätig schlechter wird?
Das Sachbuch „Deutschland verdummt“ von Michael Winterhoff stellt auf knappen 200 Seiten in einfacher Sprache die momentane Situation dar und welche Fehlentwicklungen in den letzten 20 Jahren stattgefunden haben.
Da Michael Winterhoff Kinder- und Jugendpsychater ist, hat er durch seine tägliche Arbeit einen etwas anderen Blickwinkel auf die Schüler und stellt die unentwickelte Psyche vieler Kinder in den Fokus und die dadurch entstehende Unfähigkeit sich zu einem selbstbestimmten Erwachsenen zu entwickeln. Daraus entwickelte sich eine Abwärtsspirale. Denn anstatt die Kinder in ihrer psychischen Entwicklung durch echte Lehrer- bzw. Erzieherbindungen noch zu entwickeln werden sie durch offene Konzepte eher alleine gelassen. Schüler vermissen die Beziehung, Aussagen haben keinen Affekt und die Kinder sind letztendlich orientierungslos.
Michael Winterhoff gibt uns einen Einblick in die Bildungspolitik und dem täglichen Arbeiten in den Schulen. Zeigt zugleich aber auch Lösungsansätze auf wie man der Entwicklung entgegenwirken könnte. Gut strukturierte Kapitel beleuchten einzelne Aspekte aufgelockerte mit ehrlichen Interviews.
Mich hat besonders die aktuelle Bildungspolitik sprachlos gemacht. Er deckt widersprüchliche Anforderungen und Vorgaben auf. Er prangert an, dass die Bildung in Deutschland ideologischen Ideen folgt und nicht wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Zielgruppe? Alle! Eltern, Lehrer, Erzieher, Politiker. Alle, die auch weiterhin an einer funktionierenden Gesellschaft in Deutschland interessiert sind.

Fazit: Mein elterliches Bauchgefühl wurde mit diesem Buch bestätigt. Ich werde mich wo es mir möglich ist einbringen und mich nicht abspeisen lassen. Es geht um die Zukunft aller Kinder in diesem Land, die uns ALLEN eine Weiterentwicklung ermöglicht. Leistung muss wieder ein positiver Begriff werden und keine Last.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.08.2019
All das zu verlieren
Slimani, Leïla

All das zu verlieren


sehr gut

Macron, derzeitiger Präsident der Grand Nation Frankreich, hat die Schriftstellerin Leïla Slimani zu seiner Botschafterin der Frankofonie auserkoren. Dann hat sie noch mit ihrem zweiten Roman den Prix Goncourt abgeräumt. Spricht für diese Frau, marokkanischer Herkunft, geboren 1981 in Rabat, die in Paris studierte. Und nicht nur das, als Verfechterin der Gleichberechtigung tritt sie öffentlich meinungsstark auf.
Ihr Debüt ist, im Original bereits 2015, nun auch auf Deutsch erschienen mit dem Titel „All das zu verlieren“. Diesen Roman kann man mit diesem Vorwissen kaum unbedarft in die Hand nehmen.
Der Inhalt ist schnell zusammengefasst: Die Protagonistin, eine Pariser Journalistin, versucht ihre innere Leere mit Sex zu füllen. Zudem ist sie verheiratet und hat einen Sohn im Kleinkindalter. Sie plagt nun erwischt zu werden und hat eben Angst „all das zu verlieren“. Nun kann man sich natürlich die naheliegende Fragen stellen warum Madame sich nicht scheiden lässt in einer modernen Gesellschaft wie Frankreich. Aber das ist zu kurz gegriffen, denn aus meiner Sicht will die Autorin mittels dieser drastischen Konstellation und einer sehr plastischen Sucht das gängige Glücksmodell in Frage stellen und fordert den Leser heraus: Macht jeden die Ehe mit Kindern gleichermaßen glücklich? Die herkömmliche Norm wird ausgehebelt.
Natürlich provoziert die maghrebinische Autorin auch in dem das Thema Fremdgehen/Ehebruch seitens einer Frau im Fokus steht. Der Roman war ein Bestseller in Marokko und führe zu hitzigen Debatten. Eine weitere Ebene der Auseinandersetzung im lokalen kulturellen Kontext.

Hervorragend übersetzt von Amelie Thoma, liest sich dieses sehr französische Werk trotz teils harter Kost sehr gut. Nur sollte der Leser darauf eingestellt sein, dass es auch verstörende Passgen gibt.

In der Härte liegt zugleich auch sprachlich die Stärke des Romans. Selten finde ich ein solch emotional aufgeladenes Thema so nüchtern und zugleich poetisch in Szene gesetzt. Leïla Slimani kann wunderbar schreiben.
Mir fällt in der Tat keine andere so moderne wie richtungsweisende Schriftsteller*in ein, die Frankofonie-Botschafter*in sein sollte!

Fazit: Lesen und wirken lassen. Nicht bewerten.

Bewertung vom 30.07.2019
Edition Piepmatz: Wenn der Bauernhof erwacht
Grimm, Sandra

Edition Piepmatz: Wenn der Bauernhof erwacht


ausgezeichnet

Ein neuer Klassiker!

Ein Thema das die Allerkleinsten alle begeistert ist: Bauernhof mit all seinen Tieren. Schön, dass es passend dazu ein weiteres Pappbilderbuch auf dem Markt gibt. “Wenn der Bauernhof erwacht” von Sandra Grimm und Kathrin Wessel aus der
Edition Piepmatz aus dem Ravensburger Verlag greift das altbekannte Thema auf, aber stilistisch frischer. Denn die Bilder sind einfach strukturiert und schon für sehr kleine Kinder ansprechend. Und als Vorleserin muss ich gestehen, dass ich es angenehm finde auch mal wieder ein Pappbilderbuch ohne Reime vorzulesen! Apropos Text, er hält sich in Grenzen und das ist auch gut so, denn die Illustrationen laden zum ersten eigenen erzählen ein was alles entdeckt werden kann.
Da ist zwar die einfach strukturierte Geschichte, aber die kann man bei den ersten Malen getrost links liegen lassen und wird erst später interessant. Daher ein Buch für die Allerkleinsten zum “lange-was-von-haben”! Daher gerne schon ab 12 Monate und ab 2 Jahren dann mit Geschichte.

Mir gefallen die übersichtlichen Seiten und das stabile Format!

Bewertung vom 28.07.2019
Dschungel
Karig, Friedemann

Dschungel


ausgezeichnet

In der Literatur gibt es unzählige Beispiele von beschriebenen Frauenfreundschaften. Aber eine moderne Geschichte, deren Kern eine Männerfreundschaft darstellt? Mir ist lange keine Gute in die Hände gefallen. „Dschungel“ von Friedemann Karig ist eine Hommage an dieselbige verpackt in einer Abenteurgeschichte. Karig versteht es Spannung zu erzeugen und zugleich die Großen Themen wie nebenbei abzuhandeln. Wahrheit und Realitäten werden Lügen und Verdrängung entgegengesetzt. Selbstverständnis des Einzelnen wird der Fremdwahrnehmung anderen gegenüber gestellt. Und dazu noch sprachlich ausgefeilt. Genial erzählt! Mich hat dieser Roman unterhalten auf hohem literarischen Niveau.
Es klingt abgedroschen und ist sicher allen feministischen Verfechtern zuwider, aber dieser Roman ist das perfekte Geschenk für Männer zwischen 18 und 30 für die Backpacking ein Thema ist bzw war. Denn einer der Protagonisten verschwindet auf einem Backpacking Trip in Südostasien und sein bester Kumpel folgt ihm um ihn zu suchen - oder macht er sich auf Felix zu finden? Durch solchen sprachlichen Nuancen sticht diese letztendlich schlichte Geschichte aus der herkömmlichen Backpacker-Literatur hervor.

Wie schon erwähnt geht es auch mehr um die Freundschaft der beiden auch wenn das Fernweh stark beleuchtet wird. Es wechseln sich Kapitel über die Suche nach Felix ab mit Rückblenden in die Kindheit und Jugend der beiden. Beides aber immer nur aus der Sicht des einen - das Suchenden.
Die doch sehr ambivalente Bindung der beiden wird präzise sezierte.

Wird Felix gefunden? Findet es heraus und lest diesen gelungenen Roman.

Bewertung vom 23.07.2019
Die Tage mit Bumerang
Sahm, Nina

Die Tage mit Bumerang


ausgezeichnet

Schaf gehabt!

Annu, die Protagonistin dieses tollen Romans kann in der Tat von Glück sprechen, dass ihr das Schaf Bumerang zugelaufen ist.
Dieses Buch erzählt einem wie heilend die Wirkungen eines Tiers auf die eigene Seele sein kann.
Die schon erwähnte Protagonistin lebt in einem abgeschiedenen Dorf genau wie ihr bester Freund Lars aus Kindertagen. Das Leben hat ihr erst kürzlich übel mitgespielt und nun passiert auch noch ein Unfall an dem sie die Schuld trägt. Sie igelt sich ein und entzieht sich der Welt. Bis eben dieses stoische Schaf im Garten steht.
Viel der Handlung ist schon erwähnt, aber die entscheidenden Details verrate ich natürlich nicht.
Und wenn macht es bei diesem großartigen Roman auch nichts. Denn der neue Roman von Nina Sahm „Die Tage mit Bumerang“ ist einfach lesenswert durch die skurrilen Charaktere, die ich schrecklich vermisse seid das Buch leider zu Ende ist.
Es macht auch nichts viel über die Handlung zu wissen, denn der Roman lebt von den ausgefeilten Beziehungen, die einfach Spaß bringen zu lesen, obwohl das Geschehen schwer im Magen liegt. Und mein persönliches Highlight waren die vielen Dialoge, die dem Buch eine Page-Turner Dynamik gibt!

Zugegeben zu Beginn dachte ich..mhhhh, ein Buch wo ein Schaf auf dem Lande die zentrale Rolle spielt?... mhhhh, ich weiß ja nicht...Und ich bin soooooo froh es gelesen zu haben! Dadurch habe ich Nina Sahm für mich entdeckt. Ihre Vorgängerromane liegen nun alle auf meinem SUB.

Fazit: Ein federleichter Roman, obwohl sein Inhalt erdrückend sein könnte!

Bewertung vom 14.07.2019
Die Frauen von Salaga
Attah, Ayesha Harruna

Die Frauen von Salaga


ausgezeichnet

Weibliche afrikanische Sicht auf die europäische Kolonialzeit

Ich war zunächst verwirrt, vor lauter ungewohnten Namen und unbekannten Speisen und Orten schwirrte mir der Kopf. Aber als die ersten Seiten „überwunden“ waren, bin ich abgetaucht in eine andere Welt. Nicht nur geografisch, auch die Historie der lokalen Geschehnissen inkl. Bräuche in Westafrika waren mir bisher nicht bekannt. Es spielt im späten 19. Jahrhundert im heutigen Ghana. Ein Roman der mich sehr bereichert hat, denn nicht nur habe ich eine spannende Geschichte gelesen, ich bin vor allem, neben der Lektüre, durch das Internet gesurft und von Begriff zu Begriff gesprungen. Am Ende habe ich doch mein Wissen erheblich ausgebaut. Oder wisst ihr auf Anhieb welche Europäer sich in Westafrika welche Landesteile gesichert haben? Wer welche Allianzen schloss? Und wie war das mit dem Sklavenhandel? Nach meiner Minirecherche haben sich die beschriebenen Orte und Geschehnisse als historisch wahr bestätigt.
Aber keine Sorge hier wird nicht ein Schlacht nach der anderen skizziert sondern es wird auf einer sehr persönlichen weiblichen Ebene erzählt, aus der Sicht zweier lokaler Frauen. Wurche, eine Königstochter, die gedanklich ihrer Zeit weit voraus ist und mehr Mitspracherecht einfordert in der Politik ihres Vaters. Und die andere, Aminah, die als Sklavin verschleppt wird und ihre Familie verloren hat. Beide erzählen ihre Geschichte im Wechsel. Mich hat vor allem die Ohnmacht und das Ausgeliefertsein der beiden Frauen sehr erschüttert und der Menschenhandel als übergeordnetes Thema.
Ayesha Harruna Attah schreibt packend und reißt einen mit. Brutal, aber realistisch ist das beschriebene. Die Geschichte ist lose eine Verarbeitung ihrer Familiengeschichte. Ihre eigene Ururgroßmutter wurde nur „die Sklavin“ genannt und mit diesem Roman gibt sie ihr eine Stimme.
Fazit: Lest mehr afrikanische Autor*innen um gute Bücher zu entdecken! Im wahrsten Sinne des Wortes tut sich da ein ganzer Kontinent auf.