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Havers
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Insgesamt 1378 Bewertungen
Bewertung vom 01.08.2018
Zuletzt gesehen in Kidlington / Ein Fall für Inspector Morse Bd.2
Dexter, Colin

Zuletzt gesehen in Kidlington / Ein Fall für Inspector Morse Bd.2


ausgezeichnet

Die beiden TV-Serien „Lewis – Der Oxfordkrimi“ und „Endeavour – Der junge Inspektor Morse“ nach Motiven der Kriminalromane des leider im Vorjahr verstorbenen Colin Dexter, haben mit Sicherheit bei einigen Zuschauern das Interesse an den zwischen 1985 und 1999 erschienenen literarischen Vorlagen geweckt (in der deutschen Übersetzung), die in der Zwischenzeit aber leider nur noch zu horrenden Preisen antiquarisch zu haben waren. Umso erfreulicher ist es, dass der Unionsverlag sich entschieden hat, die Inspector Morse-Reihe neu aufzulegen und so ein Lesen bzw. Wiederlesen zu ermöglichen.

Gestartet wird mit „Zuletzt gesehen in Kidlington“ (erstmals 1985 unter dem Titel „…wurde sie zuletzt gesehen“ veröffentlicht), dem zweite Band der Reihe, in dem sich Morse und sein Sidekick Lewis mit einem alten ungelösten Fall auseinandersetzen müssen. Die siebzehnjährige Valerie Taylor verschwand vor zwei Jahren spurlos, und noch immer gibt es keine Spur von ihr. Gemeinsam mit DS Lewis macht sich Morse an die Aufklärung des Falls und kann nach einigen Umwegen die Verschwundene ausfindig machen und die Lösung des Rätsels präsentieren.

Morse ist (und war) eine willkommene Abwechslung nach all den schießwütigen Ermittlern mit Superman-Qualitäten und Hobby-Detektiv/innen, denn hier betritt ein Polizeibeamter die Bühne, der über eine umfassende geisteswissenschaftliche Bildung verfügt und mit einem scharfen Verstand gesegnet ist (ja natürlich, der Bezug zu Sherlock Holmes muss sein). Er denkt um die Ecke und stellt Verbindungen her, die seinen Kollegen entgehen, und genau das ist es, was ihn so erfolgreich in seinem Beruf macht. Aber neben diesen Stärken hat er auch jede Menge Schwächen: als Single ist er sehr empfänglich für die Flirtversuche seiner „Klientinnen“, von denen er sich ablenken lässt, er raucht zu viel und spricht auch dem Alkohol in größeren Maßen zu. Aber all das macht ihn nur menschlicher, sympathischer.

Dexter lässt den Leser hautnah an der Ermittlungsarbeit teilhaben. Das macht er gut, obwohl es manchmal etwas ermüdend ist, wenn Morse die zigste mögliche Auflösung präsentiert. Aber durch diese unterschiedlichen Möglichkeiten beleuchtet er gleichzeitig sämtliche Aspekte des Falls und führt uns tief in die Gedankenwelt seines Protagonisten.

„Zuletzt gesehen in Kidlington“ ist ein intelligent komponierter Kriminalroman mit einem unorthodoxen Ermittler, der neben der Aufklärung eines spannenden Vermisstenfalls jede Menge Atmosphäre transportiert. Ich freue mich bereits auf die nächsten Bände der Reihe!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.07.2018
Endstation Tokio
Buckler, James

Endstation Tokio


gut

Die verschiedenen Länder Europas sowie die Vereinigten Staaten bildeten jahrzehntelang den geografischen Hintergrund für Kriminalromane und Thriller. Dann erweiterte sich das Spektrum um Südafrika, in den vergangenen Jahren kam noch Australien dazu. Die asiatischen Länder waren bisher eher schwach vertreten. Seit einiger Zeit nun kann man beobachten, dass Japan der neueste Trend ist. Vermehrt tauchen japanische Autoren in diesem Genre auf und rücken Japan samt seiner kulturellen Eigenheiten in den Fokus. Im Gegensatz dazu gibt es die englischsprachigen Autoren, die ihre Protagonisten im „Land der aufgehenden Sonne“ mit der Gewalt der organisierten Kriminalität konfrontieren, ansonsten aber Land und Leuten, und noch weniger dieser Kultur, Beachtung schenken.

Zu dieser Gruppe gehört auch der englische Autor James Buckler, der für seinen Erstling „Endstation Tokio“ die japanische Hauptstadt als Kulisse verwendet: nach einem tragischen Ereignis kehrt Alex Malloy seinem Heimatland den Rücken und versucht einen Neuanfang in Japan. Dort lernt er die ehrgeizige Kuratorin Naoko kennen, verliebt sich in sie und geht mit ihr eine unheilvolle Beziehung ein, denn Naoko hat ihre eigenen Pläne, die Alex das Leben kosten könnten.

Buckler hat nicht nur für Film und Fernsehen sondern auch einige Zeit als Englischlehrer in Japan gearbeitet. Ersteres schlägt sich in seinen bildhaften Schilderungen sowie seiner gut lesbaren Art des Schreibens nieder. Welche Eindrücke seine japanischen Jahre bei ihm hinterlassen haben, kann nur vermutet werden. Er zeigt uns in seinem Roman das Land und die Menschen durch die Brille des Europäers, der sich einigermaßen verunsichert, wenn nicht sogar verstört in einer für ihn fremden Kultur zurechtfinden muss. Auf mich hat das leider eher emotionslos und distanziert gewirkt, obwohl die Story an sich eigentlich nicht schlecht war. Schade!

Bewertung vom 31.07.2018
Im Visier / Jack Reacher Bd.19
Child, Lee

Im Visier / Jack Reacher Bd.19


sehr gut

Jack Reacher ist auf dem Weg nach Seattle. In einem Bus. Von Langeweile geplagt, greift er nach einer Armypostille, die jemand auf einem Sitz liegengelassen hat und findet darin eine an ihn gerichtete Kleinanzeige, in der er zur Kontaktaufnahme aufgefordert wird. Der französische Präsident ist nur knapp dem Anschlag eines Snipers entgangen. Aber was hat Reacher damit zu tun? Nun, da auch er ein ausgebildeter Scharfschütze ist, kann er die Verdächtigen beurteilen. Und zu allem Überfluss ist unter ihnen auch ein alter Bekannter, John Kott, den er vor Jahren verhaftet hat und der mittlerweile wieder auf freiem Fuß ist. Und man kann davon ausgehen, dass der Attentäter den französischen Präsidenten noch immer im Visier hat. Die nächste gute Gelegenheit würde der G8-Gipfel in London bieten. Schnelles Handeln ist angezeigt. Und so macht sich Reacher mit der noch recht unerfahrenen CIA-Agentin Casey Nice auf den Weg, um seine Mission zu erfüllen.

„Im Visier“, Band 19 der Reihe, verlegt Lee Child den Schwerpunkt der Handlung nach Europa, England und Frankreich. Quasi ein Heimspiel für ihn, den gebürtigen Engländer und Teilzeit-Franzosen. Aber eigentlich ist der Handlungsort ja auch egal. Und auch in Europa funktioniert die Reacher-Story einwandfrei, da Child nicht auf die aus den Vorgängern bewährten Zutaten verzichtet. Ein Mann auf einer Mission, eine hübsche Frau an seiner Seite, zahlreiche Bösewichte, die dem Protagonisten und seiner Begleitung an die Wäsche wollen, Schießereien, Prügeleien, ein Plot, der konsequent auf den Showdown hin ausgerichtet ist - wo Reacher draufsteht, ist Reacher drin. Man liebt ihn, oder man hasst ihn.

Philosophischen Tiefgang sucht man hier vergebens, dafür bekommt man eine unterhaltsame Superman-Geschichte geboten. Und nichts anderes habe ich erwartet.

Bewertung vom 31.07.2018
Toskana
Caldesi, Katie;Caldesi, Giancarlo

Toskana


ausgezeichnet

Katie und Giancarlo Caldesi sind Profis. Neben der Leitung zweier Restaurants betreiben sie in London eine Kochschule, sind Kochbuchautoren und veröffentlichen ihre Rezepte in englischen Tageszeitungen. Kurz gesagt, sie sind engagierte Botschafter der italienischen Küche. Giancarlo Caldesi stammt aus der Toskana und ist somit prädestiniert dafür, diese Region den genussfreudigen italophilen Hobbyköchen näherzubringen.

„Toskana. Authentische Rezepte aus Italien“ nimmt uns mit in den toskanischen Alltag. Angelehnt an die Tageszeiten führen die beiden Autoren durch die Küchengeheimnisse dieser Sehnsuchtsregion. Dabei beschränken sie sich aber nicht nur auf die klassischen Rezepte, sondern liefern noch jede Menge grundlegende und äußerst Interessante Küchentipps und Informationen, nicht nur zu den Gerichten sondern auch zu Land und Leuten.

Wie bereits erwähnt, richtet sich die Einteilung des Rezeptteils grob nach der Abfolge der täglichen Mahlzeiten. Zum Frühstück gibt es einen Sprach- und Crashkurs zum Thema Kaffee, dem überwiegend süße Frühstücksideen folgen. Unter den wenigen herzhaften Vorschlägen stechen für mich „Babbos Eier“ heraus, schnell zu realisieren (so man die hausgemachte Tomatensoße auf Vorrat hat) für das späte Frühstück am Wochenende.

Es folgen die Rubriken Mittagessen, Aperitivo, Hauptgerichte (Primo und Secondi), Beilagen und Desserts. Lobend zu erwähnen ist hierbei die Bodenständigkeit der Gerichte. Kein Schnickschnack, sondern eine ehrliche, einfache, bäuerlich geprägte Küche, die Wert auf die Qualität der Ausgangsprodukte und das Zusammenspiel der Aromen legt: „Pasta mit gerösteten Tomaten, Chili und Knoblauch“, ein wunderbares Essen, bei dem man den Geschmack der Toskana auf der Zunge hat. Oder, wenn es etwas mit Fleisch sein soll, „Giancarlos toskanisches Hähnchen mit Rosmarin und Knoblauch“, ohne großen Aufwand zu realisieren. Bei den Beilagen dominieren die verschiedenen Gemüse, wobei deren Zubereitung sich im Wesentlichen auf die Verwendung von gutem Olivenöl und einem Hauch von Salz konzentriert. Die Dolci sind schwach vertreten, listen aber die bei uns bekannten Klassiker wie Pannacotta und Panforte auf und überraschen mit Pfannkuchen aus Maroni-Mehl.

Die Rezepte sind durchgängig einfach zuzubereiten, sodass auch Kochanfänger nicht vor große Herausforderungen gestellt werden. Die Zutaten werden genau aufgelistet, die Zubereitung im Detail beschrieben und erklärt, und das zu erwartende Endergebnis auf schönen Fotografien entsprechend veranschaulicht.

Ein wunderbares Kochbuch für die italienischen Sehnsuchtsmomente!

Bewertung vom 23.07.2018
Alexander von Humboldt
Schaper, Rüdiger

Alexander von Humboldt


ausgezeichnet

2019 wird sich der Geburtstag des Alexander von Humboldt zum 250. Mal jähren, ein Grund mehr, sich mit diesem außergewöhnlich facettenreichen Universalgelehrten mit Hilfe von Rüdiger Schapers neuer Biografie „Alexander von Humboldt. Der Preuße und die neuen Welten“ eingehender zu beschäftigen. Im Unterschied zu Andrea Wolf (Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur, 2016) nähert sich Schaper von Humboldt nicht über dessen Forschungsgegenstände, sondern schaut sich den Menschen von Humboldt in einer Retrospektive genauer an.

Ausgangspunkt ist dessen ungewollte Rückkehr in die ungeliebte Heimatstadt Berlin. Da ihm die finanziellen Mittel fehlen, ist sein Leben in Paris passé, wo er sich erstmals nach seiner großen Amerika-Reise zur Aufarbeitung und Niederschrift der Ergebnisse niedergelassen hat. Paris, das ist die Metropole, in der er sich zuhause fühlt und in die er immer wieder zurückkehren wird. Er ist ein unruhiger Geist, den es nicht lange an einem Ort hält. Er braucht neue Anregungen, schmiedet Pläne und realisiert sie – zumindest solange, bis sein Vermögen gänzlich aufgebraucht ist.

Unermüdlich in seinem Bestreben, die Welt in ihren ganzen Facetten zu begreifen, saugt er Eindrücke auf, interessiert sich neben der Natur aber auch für Themen, die wir heute sozialpolitisch nennen würden. Ein Freigeist, ein Vordenker, einer, der sich nicht einengen lässt, ein Universalgelehrter im besten Sinn des Wortes, für den es keine Beschränkungen gibt, auch nicht im zwischenmenschlichen Bereich.

Schapers Humboldt-Biografie ist sehr informativ und äußerst unterhaltsam geschrieben. Bestens geeignet, um einen ersten Überblick über Leben und Wirken dieser schillernden Persönlichkeit zu bekommen. Und für den Fall, dass man Alexander von Humboldt und sein Wirken besser kennenlernen möchte, hat der Autor im Anhang eine ausführliche Literaturliste mit Quellentexten, Sekundärliteratur sowie belletristischen Werken, in denen dieser auftaucht, angefügt.

Bewertung vom 23.07.2018
High Dive
Lee, Jonathan

High Dive


ausgezeichnet

Am 12. Oktober 1984 detoniert im Grand, einem Hotel in Brighton, mitten in der Nacht eine Bombe. 5 Menschen werden getötet, 31 Personen verletzt. Zum Zeitpunkt des Anschlags befinden sich sowohl die Premierministerin Margaret Thatcher als auch die Mitglieder des Kabinetts in diesem Hotel, da dort der Parteitag der Konservativen abgehalten werden soll. Deren Politik der Ungerechtigkeit hat dafür gesorgt, dass das Land im Aufruhr ist: Nordirland strebt nach Unabhängigkeit, in den Kohlerevieren streiken die Bergarbeiter – und in beiden Fällen schlägt die Tory-Regierung mit Gewalt zurück. Diese gesellschaftspolitische Situation bildet den Hintergrund für Jonathan Lees Roman „High Dive“, in dem er Fakten und Fiktion zu einer spannenden Story rund um das Thema „Brighton Bomb“ zusammenführt.

Vier Wochen vor dem Anschlag. Die Vorbereitungen für den hohen Besuch im Grand laufen auf Hochtouren, wenngleich auch der normale Hotelalltag von dem Personal bewältigt werden muss. Die einen Gäste reisen ab, die anderen checken ein. So auch Roy Walsh (aka Patrick Magee), der drei Tage im Grand logieren und in seiner Badezimmerwand eine Sprengladung platzieren wird, die von Dan, einem jungen Bombenbauer der IRA hergestellt wurde.

Dan, Walshs Komplize, ist eine der drei zentralen Figuren in diesem Roman, aus deren Perspektive abwechselnd die Ereignisse geschildert werden. Des Weiteren Philip „Moose“ Finch, ehemaliger Spitzensportler mit gesundheitsbedingten Einschränkungen, nun als Hotelmanager tätig, sowie dessen Tochter Freya, Rezeptionistin, die gerade die Schule beendet hat und noch auf der Suche nach der neuen Richtung in ihrem Leben ist plus das übrige Hotelpersonal in Nebenrollen. Lee wechselt nicht nur gekonnt zwischen diesen Protagonisten sondern auch zwischen Belfast und Brighton, den beiden für die Story wichtigen Städten hin und her, was das Interesse des Lesers fesselt und die Spannung bis zum Schluss hoch hält.

„High Dive“ ist ein politischer Roman der leisen Töne, der nachdenklich macht und jedem Leser empfohlen wird, der an zeitgeschichtlichen Themen interessiert ist!

Zwei kurze Ergänzungen: Patrick Magee wurde zwei Jahre später zu einer Haftstrafe von 8 mal lebenslänglich, mindestens aber 35 Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Entlassung aus dem Maze Prison erfolgte nach 14 Jahren Haft im Rahmen des Karfreitagsabkommens.
Der Bombenanschlag in Brighton wird auch in Adrian McKintys drittem Band der Sean-Duffy-Reihe „Die verlorenen Schwestern“ behandelt (ebenfalls eine sehr empfehlenswerte Lektüre).

Bewertung vom 18.07.2018
New York 2140
Robinson, Kim Stanley

New York 2140


ausgezeichnet

Da sie dem Klimawandel keine besondere Beachtung schenken, sind die USA aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen. Welche Konsequenzen die kontinuierliche Erderwärmung auch für die Vereinigten Staaten haben könnte, scheint in Washington offenbar niemand auf dem Schirm zu haben. Zumindest genießt dieser Fakt keine besondere Priorität. Klima ist Nebensache, im Mittelpunkt des Interesses stehen ausschließlich monetäre Interessen. Soweit die Realität.

Kommen wir zur Fiktion. In seinem Science-Fiction Roman „New York 2140“ führt uns der amerikanische Autor Kim Stanley Robinson vor Augen, was passieren könnte, wenn der Meeresspiegel unkontrolliert ansteigt. New York, wie wir es kennen, liegt zum großen Teil unter Wasser. Zwei große Flutwellen haben dafür gesorgt, dass sich das Leben in der Metropole drastisch verändert hat, ein „Supervenedig“ ist entstanden, in dem die Bewohner ihren Alltag an die geänderten Bedingungen anpassen müssen. Fortbewegung ist nur noch per Boot möglich, die Lebensräume konzentrieren sich auf Wolkenkratzer, die noch nicht komplett überspült wurden. Das tägliche Leben wird weitestgehend genossenschaftlich organisiert, die Versorgung mit Lebensmitteln erfolgt über den Anbau auf den Dachterrassen. Mahlzeiten werden gemeinsam zubereitet und verzehrt, es gibt mehr Miteinander als vor der Flut. Dennoch, die Welt ist zwar neu, aber nicht uneingeschränkt schöner. Es gibt noch immer Menschen, die unterhalb der Wasserlinie leben und für ihren Unterhalt in den toxischen Gewässern sorgen müssen. „Wasserratten“, obdachlose Kinder, die zum Überleben auf das Wohlwollen ihrer Mitmenschen angewiesen sind. Und langsam aber sicher kriechen auch die Spekulanten wieder aus ihren Löchern. Wie Franklin, aalglatter Investmentbanker, der sich über persönliche Beziehungen Informationen über bevorstehende Gentrifizierungen innerhalb der Metropole verschafft. Er ist ein Bewohner des Met Life Tower, auf den Robinson sein besonderes Augenmerk richtet.

Der Autor lässt wechselweise insgesamt acht Personen zu Wort kommen: Mutt und Jeff, Programmierer ohne festen Wohnsitz, die spurlos verschwinden. Gen, eine Inspektorin beim NYPD, die mit den Ermittlungen zu diesem Fall betraut wird. Franklin, der bereits erwähnte Banker mit dem besonderen Interesse an Immobilienpreisen in den überfluteten Gebieten. Stefan und Roberto, zwei Jungs ohne Familie, die einen Schatz in der Bronx heben wollen. Amelia, die Videobloggerin, mit ihren Reportagen aus einem Zeppelin die Menschen für Umweltthemen sensibilisieren möchte. Charlotte, Sozialarbeiterin mit Schwerpunkt Einwanderer und im Verwaltungsrat des Met Life Tower vertreten. Vlad, Hausmeister, der sich im Tower um die anfallenden Arbeiten kümmert. Und schließlich der „Bürger“ mit seinen Kommentaren zur Historie von New York sowie der Gegenwart.

Es ist eine kritische und äußerst spannende Zukunftsvision, die Robinson in „New York 2140“ entwirft, denn die verschiedenen Sichtweisen der Protagonisten sorgen für eine immense Themenvielfalt, aus der sich im Laufe der Lektüre immer stärker die Zusammenhänge bzw. Einflüsse zwischen Wirtschaftslage und Klimaveränderung herauskristallisieren. Lesen!

Bewertung vom 12.07.2018
Der vertikale Balkon- & Terrassengarten. Mit einem Extrakapitel: Vertikaler Zimmergarten
Kopp, Ursula

Der vertikale Balkon- & Terrassengarten. Mit einem Extrakapitel: Vertikaler Zimmergarten


ausgezeichnet

Nicht jeder hat das Glück, einen großen Garten sein eigen zu nennen. Aber was macht der passionierte Hobbygärtner, wenn er dennoch Grünes und Blühendes um sich herumhaben möchte und der Platz knapp ist? Richtig, er pflanzt in die Höhe. Und wenn es dann auch noch einigermaßen dekorativ aussehen soll, bietet Ursula Kopps „Der vertikale Balkon- und Terrassengarten“ jede Menge Anregungen, die sich mit geringem Aufwand realisieren lassen und meist sogar noch das Budget schonen. Oft benötigt man nur eine freie Wand sowie das eine oder andere Hilfsmittel, und schon kann man sich auch auf kleinstem Raum eine grüne Oase schaffen.

Kopp beschreibt das Upcycling von Europaletten, Obstkisten oder alten Leitern sehr detailliert und Schritt für Schritt, sodass jede/r einigermaßen handwerklich Begabte ohne Probleme ihre Tipps in die Tat umsetzen kann. Sie listet das benötigte Material auf und erklärt die vorbereitenden Arbeiten ganz genau. Nachdrücklich wird bei der Pflanzenauswahl auf den Standort/Himmelsrichtung eingegangen, was in dem Kapitel der nach Jahreszeiten gegliederten Pflanzenporträts noch einmal vertieft wird.

Wer Bastelarbeiten nicht schätzt, kann auch auf die von der Autorin vorgestellten Systemlösungen der Hersteller zurückgreifen, die aber meiner Meinung optisch gegenüber den recycelten Materialen deutlich verlieren. Einzige Alternative, die ich noch gelten lassen würde, sind dekorative Hängekörbe.

Ganz gleich, wofür man sich entscheidet – und das macht Ursula Kopp in dem Kapitel „Den vertikalen Garten pflanzen und pflegen“ sehr deutlich - der Wurzelraum der Pflanzen ist sehr begrenzt und bedarf einer sorgfältigen und regelmäßigen Pflege. Hier gibt es Kauftipps, Infos zur Bewässerung, Düngung und Schnitt.

Und falls man weder Balkon noch Terrasse hat, bietet das abschließende Kapitel „Ein vertikaler Zimmergarten“ mit seinen wunderschönen Bildern praktikabel Ideen zum Indoor Gardening.

Ein schönes Buch über vertikales Gärtnern für kleines Geld, das wegen seiner detailliert beschriebenen Projekte auch für Anfänger geeignet ist.

Bewertung vom 12.07.2018
Languedoc-Roussillon Reiseführer, m. 1 Karte
Nestmeyer, Ralf

Languedoc-Roussillon Reiseführer, m. 1 Karte


ausgezeichnet

Das Languedoc-Roussillon ist nicht nur eine äußerst geschichtsträchtige sondern auch eine geografisch sehr reizvolle Region im Süden Frankreich und erstreckt sich von der Rhone bis hin zu den Pyrenäen. Touristisch sehr gut erschlossen bietet es den Urlaubern alles, was das Herz begehrt: Berge und Ebenen, Flusstäler und Canyons, Meer und Strände, Wälder und Weinberge, quirlige Städte und verträumte Dörfer sowie kulturelle Highlights an buchstäblich jeder Ecke.

Falls man seinen Urlaub dort verbringen und möglichst viele Eindrücke mit nach Hause nehmen möchte, bedarf es eines gut recherchierten Reiseführers, der sämtliche Aspekte abdeckt. Dieses Kriterium erfüllt „Languedoc-Roussillon“ von Ralf Nestmayer (Michael Müller Verlag), eine Reiseführer, der keine Wünsche offen lässt und sowohl in Vorfeld bei den Reisevorbereitungen als auch vor Ort sehr hilfreich ist.

Neben jeder Menge allgemeiner Informationen zur Region (Historie, Literaturtipps) gibt es Tipps zur Anreise, zur Gastronomie, aber auch zu den diversen Freizeitaktivitäten sowie Wissenswertes von A – Z. Letzteres ist gerade für „Ersttäter“ nicht zu unterschätzen und sehr hilfreich für die Hürden des Alltags. Dann sind natürlich auch im Detail die Reiseziele aufgeführt und gesprochen. Hier geht Nestmayer den logischen Weg von Ost nach West (mit leichten Überschneidungen), beginnend mit der Ardèche, über das Rhone-Tal, die Petite Camargue, die historienträchtige Gegend um Nîmes, die Cevennen, das Hérault, und dann über die Region um die Aude bis hin zu den Pyrenäen und der Côte Vermeille an der Grenze zu Spanien. Integriertes Kartenmaterial (Stadtpläne) und stimmungsvolle Fotografien runden die Textteile ab. Ein besonderes Schmankerl sind die gelb hinterlegten Texte, jeweils die entsprechende Gegend betreffend: Auszüge aus literarischen Werken, skurrile Ereignisse, Besonderes zur Geschichte etc.

Wir haben Südfrankreich schon mehrfach bereist, aber diesem Reiseführer merkt man an, dass er von jemandem verfasst wurde, der die Region wie seine Hosentasche kennt. Ganz besonders habe ich mich über die Tipps zum Wildschwimmen gefreut, die wir uns in der Vergangenheit üblicherweise mühsam vor Ort beschaffen mussten. Ein wunderbarer Reiseführer, der kaum eine Frage unbeantwortet lässt. Sehr gut recherchiert, informativ und verständlich geschrieben. Absolute Empfehlung für alle, die ihren nächsten Frankreich-Urlaub planen!

Bewertung vom 09.07.2018
Kains Erbe / Kain und Abel Bd.3
Archer, Jeffrey

Kains Erbe / Kain und Abel Bd.3


sehr gut

„Kains Erbe“ bildet den Abschluss der Kain und Abel-Triologie Jeffrey Archers. Im Original bereits 1977 veröffentlicht, folgte 1980 erstmalig die deutsche Übersetzung. Eine Überarbeitung durch den Autor erfolgte 1986.

Sieht man sich nun diese Zeitleiste an, wird auch schnell klar, warum sich dieser angebliche Abschlussband nicht stimmig in die Trilogie einfügt, wurde er eigentlich doch vor „Kain und Abel“ und „Abels Tochter“ als Stand alone geschrieben. Dem Erfolg dieser beiden Romane ist wohl der holprige Versuch geschuldet, „Attentat“ (so der ursprüngliche Titel von „Kains Erbe“) als dritten und abschließenden Band in die Reihe einzufügen, was allerdings leider nicht schlüssig gelingt.

Bezug wird durch Florentyna Kane, Abels Tochter und nun erste Präsidentin Amerikas, hergestellt. Getrieben von dem Wunsch, die Welt ein Stück weit besser zu machen, setzt sie sich für eine Verschärfung der Waffenkontrollgesetze ein. Dass sie sich damit nicht nur Freunde macht, liegt auf der Hand. Und so ist es nicht verwunderlich, dass ihr finstere Mächte nach dem Leben trachten. Aber natürlich ist das FBI in Form des Agenten Mark Andrews zur Stelle, der alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt, um die Präsidentin vor Schaden zu bewahren.

Man sollte diesen Roman/Thriller unter zwei Aspekten beurteilen. Zum einen natürlich als zu der Trilogie gehörig, zum anderen als eigenständigen Politthriller. Nun, als Abschluss funktioniert er leider nicht, denn dazu sind einfach die Verbindungen zu den beiden Vorgängern zu schwach. Aber als Politthriller kann man „Kains Erbe“ die Qualität nicht absprechen, natürlich immer mit der Einschränkung, dass das Buch bereits fast vierzig Jahre auf dem Buckel hat. Der Thriller hat Tempo und es gibt, wen wundert’s, zahlreiche Intrigen.

Alles in allem profitiert der Plot von Jeffrey Archers Politerfahrungen, der sowohl als Kommunalpolitiker sowie im Unter- und Oberhaus der britischen Regierung aktiv war und sich, wie hinreichend bekannt sein dürfte, nicht immer treu an die Gesetze hielt.

Alles in allem also nur am Rande eine Familiengeschichte, aber ansonsten durchaus eine spannende Lektüre mit den erwähnten Einschränkungen.