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Frankfurt

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Insgesamt 713 Bewertungen
Bewertung vom 07.05.2019
Die Liebe im Ernstfall
Krien, Daniela

Die Liebe im Ernstfall


ausgezeichnet

Daniela Krien hat es einfach drauf! Ich möchte mich hineinlegen in die wohlgeformte Sprache, obwohl der Inhalt so stachelig ist. Eine phänomenale Kombination! „Die Liebe im Ernstfall“ ist ein wahrlich toller Roman. Es werden Ausschnitte aus dem Leben von fünf verschiedenen Frauen nacheinander erzählt. Sie werden einzeln beleuchtet und sind jede auf ihre Weise miteinander verzahnt. Der Fokus ganz klar liegt auf der Liebe, mal die zwischen Mann und Frau, dann die Liebe zu den Kindern, die kindliche Liebe selbst. Wie so treffend auf Seite 129 steht: „Die Liebe [...] kommt, wie sie kommen muss - grundlos, schuldlos und zwingend. Sie ist nicht steuerbar und nicht aufzuhalten. Jede Auflehnung gegen sie ist sinnlose Kraftverschwendung.“
Die Seiten strotzen nur so vor zitatreifen Sätzen wie man merkt. Ich würde sie gerne alle auswendig lernen und weitertragen! Da steht gewaltig auf Seite 145 „Das bittere Fazit ist, dass das Glück vor der Erkenntnis liegt.“ Kurz und einschneidend.
Der Roman profitiert vor allem von dem feinen Blick der Autorin wie sie die zwischenmenschlichen Reibungen zu Papier bringt.
Fazit: Lesenswert! Und ich hoffe auf viele weitere produktive Jahre der Autorin.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.04.2019
Die Schwestern von Marzahn
Tramitz, Christiane

Die Schwestern von Marzahn


ausgezeichnet

Ihr zugezogenen Hipster aus Mitte – lest bitte dieses Buch!
Dieser Roman ist wie ein Schlag in die Magengrube, keine Wohlfühllektüre, das tut richtig weh. Es öffnet einem die Augen wie es sein kann, wenn man wirklich ganz unten angekommen ist. Solch ein soziales Elend mitten in einem reichen Land wie dem unseren!
„…woher sollten sie also wissen, wie sich das Leben am Bodensatz des Landes anfühlt?“ (Seite 168)
Die promovierte Verhaltensforscherin Christiane Tramitz hat aus dem vorurteilsbeladenen Marzahn und seinem Figurenkabinett einen Roman entwickelt, der uns in ihre Mitte katapultiert. Es gibt zwei Handlungsstränge. Da ist zum einen der arbeitslose Fabian Krüger, verlassen und arbeitslos – ständig betrunken von dem bisschen Geld was er hat. Auch gibt es zwei verwahrloste Schwester in seiner Platte 13, die Hilfe brauchen. Der zweite Handlungsstrang wird aus der Sicht zweier Ordensschwestern erzählt, die kurz nach der Wende nach Marzahn zogen um zu Helfen. Ihre Sicht auf das Viertel eröffnet dem Leser auch die Chance das Verhalten der Anwohner historisch einzuordnen und besser zu verstehen. Eine sehr gelungene Kombination. Daher auch der doppelsinnige Titel „Die Schwestern von Marzahn – Vom Leben ganz unten“, es gibt die verschiedenen Schwestern-Paare.
Der Roman hat viel mehr Tiefe als ich erwartet habe. In der Tat erschütternd und traurig ist dieser Zustand von Marzahn. Auch habe ich viel über die Hintergründe gelernt, warum manche Verhaltensweisen noch so viele Jahre nach der Wende bestehen, die Psyche eines DDR Bürger war eben anders geprägt und es lässt sich nicht einfach wegwischen.

Der Satz: „Wenn du ganz unten ankommst, wartet nur noch der Tod auf dich.“ (S. 74) durchzieht dieses Buch wie ein roter Faden und es zog mir regelmäßig die Füße weg.
Fazit: Ein beklemmendes und trauriges Buch, aber so wichtig für alle die im idyllischen Reihenhaus leben um zu verstehen, dass unsere Gesellschaft einer großen Aufgabe gegenüber steht!

Bewertung vom 26.04.2019
Die Mauer
Lanchester, John

Die Mauer


ausgezeichnet

Mahnung an die Gesellschaft

Dieses Buch zeigt uns wie stark Literatur helfen kann unsere Gesellschaft und die Richtung die wir einschlagen zu verstehen. Vor allem führt es uns durch die Absurdität des Extremen vor Augen was schief läuft.

John Lanchester tut genau dies in seinem Roman „Die Mauer“. Wir befinden uns in der Zukunft und begleiten Joseph Kavanagh zu seinem 2jährigen Einsatz auf die Mauer.
In diesem dystopischen Zukunftsszenario umgibt England eine Mauer die 10.000km lang ist, 3m hoch und alle 3km einen Wachposten hat als Schutz vor den Anderen draußen.
England schützt sich so nach dem großen Wandel vor Eindringlinge. Der Einsatz als Verteidiger auf der Mauer zerrt an den Kräften und Nerven, denn ein Fehler und man wird selbst zum Opfer und dem Meer übergeben.

Auf sehr beklemmende Weise schafft es John Lanchester im ruhigen Ton diese absurde und so fatale Welt zu erschaffen. Erstklassig verarbeitet er die Themen der Zeit wie den BREXIT, die wachsende Angst gegenüber Unbekanntem, die Sorge um die Flüchtlingsströme.
Gut geschrieben und auch hervorragend übersetzt von Dorothee Merkel, rüttelt es den Leser wach und fordert ihn geradezu zum Handeln auf. In so einer Welt will keiner Leben! Hoffen wir inständig, dass dieses literarische Wachrütteln eine Hilfestellung gibt!

FAZIT: Ein Roman für mehr Menschlichkeit im Umgang miteinander. Ein Hoch auf die gemeinschaftliche Gesellschaft und gegen die Abschottung!

Bewertung vom 05.04.2019
Der Hunger der Lebenden / Friederike Matthée Bd.2
Sauer, Beate

Der Hunger der Lebenden / Friederike Matthée Bd.2


ausgezeichnet

Es geschieht ein grausamer Mord an einer Frau im Bergischen Land außerhalb von Köln im Sommer 1947. Da es eine Tatverdächtige gibt, schickt man Friederike Matthée von der Weiblichen Kriminalpolizei zur Vernehmung dorthin. Die junge Friederike hat ein besonderes Gespür und traut ihrem Gefühl einigen Spuren nachzugehen und stößt auf Unglaubliches.
Dieser Nachkriegs-Krimi ist spannend und liest sich locker weg. Ich fand mich schnell in die Geschichte ein und auch in die äußeren Umstände der Zeit. Beate Sauer hat einen sehr angenehmen Schreibstil. Das historische Setting wird passend beschrieben und hier im Sommer 1947 herrscht noch immer große Not und vor allem Hunger. Daher der Titel der das immer wiederkehrende Motiv des Hungers im Namen trägt: „Der Hunger der Lebenden“. Mir gefiel vor allem das ausgewogene Verhältnis von historischen Elementen und dem Kriminalfall. So erkundet man Köln im britischen Sektor der Nachkriegszeit auf eine spannende Weise.
Wer Fan ist von Frank Goldammer mit seiner Reihe um den Kommissar Max Heller im Nachkriegs-Dresden ist (Der Angstmann bis Roter Rabe), wird auch die Reihe um Friederike Mattée in Köln mögen! Eine weitere Nachkriegs-Krimireihe, die aber einen anderen Blickwinkel auf diese Zeit hat durch die weibliche Perspektive und den britischen Sektor.
Ich kannte den ersten Fall „Echo der Toten“ nicht und ich konnte der Handlung trotzdem folgen was beispielweise die Beziehung zu einem britischen Royal Military Police Officer Richard Davies angeht. Aber natürlich werde ich Band 1 auch noch lesen, da mich „Der Hunger der Lebenden“ überzeugt hat.
Beate Sauer hat es auf meine Liste der Autor*innen geschafft, die ich gerne im Auge behalte und gerne weiteres von ihr lesen werde. Lucky me, dass „Der Hunger der Lebenden“ nicht ihr erstes Buch war!
Fazit: Spannender Nachkriegs-Krimi aus Köln im Sommer 1947 im britischen Sektor. Nicht nur ein unterhaltsamer Krimi sondern auch erhellend über die Nachkriegszeit zu lesen.

Bewertung vom 03.04.2019
Worauf wir hoffen
Mirza, Fatima Farheen

Worauf wir hoffen


ausgezeichnet

„Worauf wir hoffen“ ist ein Roman aus der Feder einer Frau die zwischen den Welten aufgewachsen ist. Fatima Farheen Mirza ist in den USA groß geworden und hat das Glück mehr als eine Kultur im Haus zu haben in ihrer Kindheit. Der Vater ist in Hyderabad aufgewachsen und ihre Mutter stammt aus einer britisch-indischen Familie. Und genau in dieses Kulturen-Konglomerat taucht man mit ihr ab. Es ist ein emotionsgeladener Roman, der uns eine muslimische Familie in den USA näher bringt. Sicher ist der große Erfolg in den USA auch diesem Umstand zu danken, denn diese Sichtweise ist sicher noch unterrepräsentiert in der Gegenwartsliteratur. Die Autorin merkte in einem Interview mit dem Guardian an, dass das nicht mal die Intension war sondern ihren Erfahrungen entsprach. Und genau das macht es so lesenswert und gut aus meiner Sicht. Eine echte Innenansicht, von jemanden der weiß worüber er/sie schreibt! Wobei es auch ein Schrei nach Veränderung für eine bessere Gesellschaft ist was die rückständigen Ansichten von traditionell verhafteten Familienmitgliedern angeht. Die wichtige Stellung der Familie über dem individuellen Glück. Die patriarchalischen Strukturen, die Frauen bei der Entfaltung behindern, damit ist das „worauf wir hoffen“ gemeint.
Sprachlich ist auch hervorzuheben, dass Fatima Farheen Mirza Begriffe im Original nutzt und nicht übersetzt wird. Damit verschafft sie mir als Leser einen intimeren Einblick, aber zeigt mir zumindest auch was ich alles nicht kenne. Es ist immer eine Frage des Blickwinkels was das „Andere“ ist. Eine der Stärken dieses Buches.
Die Geschichte nimmt ihren Lauf auf einer Hochzeit. Wir lernen zunächst alle relevanten Familienmitglieder kennen und mehr als das spürt man beim Lesen förmlich die unausgesprochenen Anschuldigungen, die Vorwürfe, die Sorgen und zugleich auch die Freude.
Wunderbar übersetzt ist das Ganze von Sabine Hübner. Auch hier ist es interessant zu wissen, dass der Titel des Originals „A place for us“ heißt, so ganz anders als der deutsche Titel, beides passt.

Fazit: Lesen und bereichern lassen!

Bewertung vom 03.04.2019
Rheinblick
Glaser, Brigitte

Rheinblick


sehr gut

Bereits Brigitte Glasers erster Roman ‚Bühlerhöhe‘ hat mich sehr begeistert und nun auch der „Rheinblick“! Diesmal entführt Brigitte Glaser uns in die Bonner Republik. Ein interessanter Kosmos, denn die dörflichste Hauptstadt der Welt hatte für ausländische Diplomaten ihren ganz eigenen Reiz und auch die innerdeutschen Verhältnisse waren turbulent in den 70er Jahren. Der Roman umfasst „nur“ einen Zeitraum von knapp 3 Monaten, Ende 1972 und doch passiert so viel Willy Brandt wird Kanzler und die politischen Ämter werden neu verteilt.
Geschickt erzählt Brigitte Glaser aus zweiter Reihe was die Bonner Republik bewegte und die politischen Verhältnisse ausmacht in den 70er Jahren. Wir lernen verschiedene Charaktere kennen, die sich im Verlauf des Buches „annähern“. Ich finde die Idee den politischen Zirkus aus nächster Nähe, aber mit Abstand zu erzählen gelungen.
Gut geschrieben und mit viel Liebe zum örtlichen Detail erzählt sie diese Geschichte. Vor allem für Bonner und Kenner von Bonn ist das sicherlich eine sehr freudige Lektüre. Da ich mit Bonn nicht vertraut bin, tat ich mich etwas schwer. Sicher gibt es bei einem Besuch in Bonn dann das ein und andere Aha-Erlebnis der Örtlichkeiten. Spannend war es in die damaligen Verhältnisse und Gegebenheiten einzutauchen und die Welt von damals besser zu verstehen!

Fazit: Guter Roman für Bonn-Kenner und Politikinteressierte!

Bewertung vom 17.03.2019
Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe
Ende, Michael;Freund, Wieland

Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe


ausgezeichnet

Ein neues Buch von Michael Ende! Wie kann das sein? Im Nachlass gab es ein begonnenes Buch, die ersten 3 Kapitel existierten schon. Nun hat Wieland Freund es zu Ende geschrieben.
Was für eine tolle Idee und aus unserer Sicht ist gelungen! Beim Vorlesen habe ich kaum den Bruch in der Sprache wahrgenommen, natürlich weiß man welche Kapitel von Michael Ende sind und welche von Wieland Freund, aber es passt!
„Rodrigo Raubein und Knirps, sein Knappe“ ist eine märchenhafte Erzählung in der es alle Elemente gibt einer klassisch mystischen und spannenden Geschichte des Mittelalters. Wir treffen eine Prinzessin, einen Raubritter, einen Zauberer und einen Drachen. Was will man mehr?
Knirps, der Sohn von Puppenspielern reißt aus und will Raubritter werden durch eine Lehre beim bekannte Rodrigo Raubein. Dieser Raubritter täuscht alle über seine eignen Ängste und Unsicherheiten hinweg und treibt Knirps in eine Mutprobe. Wunderbar wie die Brücke von dieser Geschichte zu den Puppen der Puppenspieler geschlagen wird. Knirps der so gerne die Abenteuer erleben will, die seine Eltern spielen, ist nun mittendrin und beweist Mut und Stärke.
Sprachlich toll erzählt, weder zu ausschweifend, aber mit einem nötigen Detailgrad um die Stimmung und das Ambiente rüber zu bringen, lesen wir uns hier herrlich durch die Abenteuer von Knirps. Meine Altersempfehlung liegt bei mindestens 6 Jahren (wie vom Verlag angegeben), ein Buch das sich sehr gut in der Grundschulzeit vorlesen lässt und noch spannend ist selbst in der 4. Klasse zu lesen! Definitiv sollten empfindliche Kinder das Buch nicht all zu früh hören/lesen, da es verschrecken könnte durch gruselige Elemente. Das Ausreißen gleich zu Beginn und die Täuschungen des Raubritters können zarte Gemüter irritieren.
Erwähnenswert sind auch die super tollen Illustrationen, von denen es einige im Buch gibt. Regina Kehn schafft es die Stimmung auf den Bildern zu illustrieren, man könnte fast glauben auch diese seien aus einer anderen Zeit. Sehr sehr gelungen.
Fazit: Ich würde mich nicht wundern, wenn dieses Buch bei meinen Kindern, wenn sie mal groß sind zum „Klassiker-Kanon“ zählt! Und auch wenn die Geschichte weit weg ist von der alltäglichen Kindheit unserer eigenen Zwerge, oder gerade deshalb (!), lieben es meine Kinder sich vorzustellen selbst der mutige Knirps zu sein.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.03.2019
Liebende
Ho-seung, Jeong

Liebende


gut

Könnt ihr euch noch an die Romane des Franzosen Francois Lelord erinnern? Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück. Dann folgte Hector und die Geheimnisse der Liebe und viele andere. Und nun kommt, wie es schon im Untertitel so schön heißt, „Eine poetische Fabel über die unermessliche Kraft verbundener Herzen“ mit ‚Liebende‘ von Jeon Ho-seung. Beim Lesen dieser poetischen Fabel wurde ich stark an die Hektor-Romane erinnert. ‚Liebende‘ ist ein Bestseller in Südkorea, der sich schon seit 2005 über 2 Millionen Mal verkauft hat und in der 32. Auflage ist!
Interessant zu diesem Bändchen zu wissen ist, dass der Text nicht aus dem koreanischen ins Deutsche direkt übersetzt wurde, sondern einen Umweg genommen hat, es ist aus dem Englischen von Bernhard Kleinschmidt übertragen worden.
Auch die sehr asiatisch anmutenden Tuschezeichnungen sind nicht aus dem Original, diese hat die Deutsche Illustratorin Gisela Goppel beigetragen.
Es geht um einen Fisch, der als Windspiel am Dach eines buddhistischen Tempels hängt. Ihm ist es nicht genug dort zu hängen und die Liebe seines Kompagnons ist ihm auch nicht genug. Die Geschichte und die philosophischen Einsichten nehmen ihren Lauf. In sehr poetischer Sprache werden phantasievoll die philosophischen Fragen der Liebe erörtert. Etwas vorauf man sich einlassen können muss, sonst funktioniert dieses Buch nicht. Eine starke Auseinandersetzung mit der eigenen Einstellung über den liebessuchenden Fisch.
Mir persönlich war es etwas zu viel an philosophische Tiefe in dieser Fabel. Demütig sein, wer nicht gibt, der nicht bekommt und ohne Tod kein Leben.