Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
melange
Wohnort: 
Bonn
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 867 Bewertungen
Bewertung vom 27.09.2015
Das Geheimnis des Genter Altars
Wrede, Klaus-Jürgen

Das Geheimnis des Genter Altars


gut

Superman trifft Wonderwoman
Zum Inhalt:
Daniel findet seinen Freund Juri tot in dessen offenkundig durchwühlter Wohnung auf. Gemeinsam mit Juris Schwester Mara versucht er das Geheimnis zu ergründen, welches Juri mit dem Verschwinden eines Teilstücks des Genter Altars und den Tempelrittern verbindet. Dabei werden sie von Freunden unterstützt, von der Polizei vernachlässigt und von einem obskuren Geheimbund gejagt.

Mein Eindruck:
Man kann dem Autor weder zu wenig Fantasie noch fehlende Sachkenntnis vorwerfen, - diesen Teil seiner Geschichte beherrscht er par excellence. Leider hat er jedoch für seine rasante Geschichte quer durch Europa die falschen Hauptdarsteller gewählt. Es ist einfach absolut unglaubwürdig, dass der Mitarbeiter eines Senders und eine Studentin der Kunstgeschichte in James Bond Manier mehrfach brutalen Mitgliedern einer Verbrecherorganisation entkommen, welche nicht nur in der Mehrzahl am Start sondern zusätzlich keine Jobanfänger sind. Außerdem entpuppen sich Daniel und Mara als perfekte Bergsteiger, verlieren in fremden, engen, undurchschaubaren Höhlen nie die Orientierung und besitzen das Knochengerüst eines Wolverine. Da kann man mit einem verstauchten Fuß problemlos mehrere Kilometer durch die Alpen marschieren.
Doch wenn man von diesem Superpärchen einmal absieht, ist dem Autor die Mischung aus Fiktion und Fakten gelungen und seine Schilderungen von Schauplätzen machen einen regelrecht neugierig auf den echten Genter Altar. Die Beschreibungen von Landschaften und Stimmungen geraten Herrn Wrede viel besser als seine Charakterzeichnungen und die menschlichen Aufeinandertreffen. Da wird seitens der Polizei nicht weiter ermittelt, obwohl ein Mord im Raum steht, da ist ein Schulterzucken auf die Todesnachricht des Adoptivbruders bzw. -kindes das höchste der Gefühle und zu guter Letzt agieren Gangster wie Knallchargen in einer französischen Louis de Funes Komödie. Und der Leser hebt erstaunt seine Augenbrauen bis zum Haaransatz.

Fazit:
Schöne Gegend, gute Story, leider unglaubwürdige Personen

3 Sterne

Bewertung vom 27.09.2015
Billy
Einzlkind

Billy


weniger gut

Zum Inhalt:
Billy, Teil einer Familie von Auftragskillern, erzählt wie er wurde was er ist. Dazu bedient er sich seiner Erinnerungen an Kindheit und Jugend und berichtet von Treffen mit mehr oder weniger seltsamen Typen und den mehr oder weniger tiefschürfenden Gesprächen mit diesen Menschen.

Mein Eindruck:
Ich fühle mich getäuscht und bin dementsprechend angesäuert. Gaukeln nämlich das erste Kapitel und der Klappentext einen Krimi vor, so besteht das Buch jedoch zum weitaus größten Teil aus Begegnungen und daraus resultierenden philosophischen Gesprächen zum Beispiel über Whisky, Bingo, deutsche Gebrauchtwagen, den Leiden der amerikanischen Ureinwohner und einer Kindheit in Schottland. Mal befindet sich der ich-erzählende Billy in Kapstadt, mal in Amsterdam, aber die Städte sind austauschbar und beliebig und lediglich Las Vegas bildet ein bisschen Kulisse für Billy und seine Mitstreiter. Erst zu Beginn von CD 5 (von insgesamt sechs) erfährt man, wie und warum Billy Auftragsmörder wurde und wie das Familienunternehmen aufgebaut ist. Bis dahin liest der Sprecher zumeist eher eintönig (und damit irgendwie passend) Begebenheiten aus dem Leben vor, die manchmal ein wenig tragikomisch wirken und wohl denkanstoßend sein sollen. In ihrer Gänze langweilen sie jedoch einen Leser, der auf eine Krimihandlung wartet und sich wundert, wo diese denn nun bleibt. Wenn man also erwartet, etwas über die zwölf groß angekündigten Opfer Billys zu erfahren oder etwas über den einen Fehler, den er in seiner Berufslaufbahn fabriziert hat, wird man über alle Maßen enttäuscht. Die meisten dieser Menschen erhalten einen Halbsatz zur Erklärung, der Fehler wird zwar etwas ausführlicher behandelt, eine echte Spannung kommt jedoch während 410 Minuten nicht auf. Die letzten 10 Minuten des Hörbuchs können dieses Geschwafel, welches gerne philosophisch wirken möchte, nicht mehr retten. Unter diesem Aspekt gesehen ist das Ende perfekt.

Fazit:
Als Krimi ein Reinfall, als Roman noch okay

2 Sterne

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2015
Schuld währt ewig / Kommissar Dühnfort Bd.4
Löhnig, Inge

Schuld währt ewig / Kommissar Dühnfort Bd.4


ausgezeichnet

Schuld und Sühne

Zum Inhalt:
Tino und seine inzwischen mit ihm verbandelte Kollegin Gina bekommen es in diesem Fall mit einem Rächer zu tun. Dieser tötet Menschen, die ihrerseits jemanden auf dem Gewissen haben, ohne im rechtlichen Sinne schuldig zu sein. Eine fast noch größere Herausforderung als die Tätersuche ist jedoch das Versteckspiel vor den Kollegen, die nichts von der Beziehung wissen dürfen.

Mein Eindruck:
Eine sehr schön aufgebaute Geschichte, ein eingespieltes Ermittler-Team mit genau so viel Privatleben, wie gut verkraftbar ist und dazu lebensecht agierende Charaktere, denen man Gedanken, Vorgehensweisen und Entwicklungen als Leser direkt glaubt und abnimmt. Dazu beherrscht sie die Kunst, einen mitfiebern zu lassen, - nicht nur, wer der Mörder ist, ob seine potentiellen Opfer überleben bzw. was aus ihnen wird, sondern auch, ob immer so alles ist, wie es scheint und ob es eine Erlösung geben kann. Das ist leider selten geworden in einer Welt von Stereotypen und Superermittlern mit "gebrochener Persönlichkeit". Das Beste an diesem Krimi ist, dass er so "normal" ist, - mit normalen Menschen, ihren normalen Charakterschwächen und ihren normalen großen und kleinen Fehlern. Dadurch erlebt sich dieser Fall so gut, - in diese Figuren kann man sich einfühlen und bringt deshalb ein großes Verständnis für ihr Verhalten auf. Um diese Personen hat Frau Löhnig gekonnt einen Fall gestrickt, der auf einigen Umwegen ins Ziel kommt. Sie schickt ihre Leser ein um das andere Mal auf falsche Fährten, gibt den geübten Krimiliebhabern jedoch die Möglichkeit, den gordischen Knoten zu entwirren, wenn sie nur gut genug aufpassen. Und das ist tatsächlich etwas, was ich sehr zu schätzen weiß. Hier fällt der - zugegebenermaßen ein wenig übertriebene - Showdown nicht vom Himmel. Nein, das Wissen darum kann sich erarbeitet werden.

Mein Fazit: So sollte Krimi sein. Echt, glaubhaft, spannend und doch nachvollziehbar

5 Sterne

Bewertung vom 30.08.2015
Kings of London / Detective Breen & Tozer Bd.2
Shaw, William

Kings of London / Detective Breen & Tozer Bd.2


gut

Zum Inhalt:
Breen und seine Kollegin Tozer ermitteln in ihrem zweiten Fall. Dieses Mal befassen sie sich mit dem Tod eines jungen Mannes, der gehäutet und ausgeblutet in seiner Wohnung aufgefunden wird. Er entpuppt sich ausgerechnet als drogensüchtiger Sohn eines Abgeordneten, welcher für seine harte Linie bei der Rauschgiftkriminalität bekannt ist. Daher hält sich das Interesse an der Aufklärung sehr in Grenzen und Breen wird behindert, wo es nur möglich ist. Außerdem muss Breen die Kündigung von Tozer hinnehmen und anonyme Drohgebärden verkraften. Als der von ihm als Täter vermutete Ex-Kollege stirbt, gerät er unter Verdacht und wird vom Dienst suspendiert.
Mein Eindruck:
Shaw versteht es sehr gekonnt, Feeling und Flair der 60er Jahre einzufangen: Happenings, aufkommendes Rauschgift, John Lennon, Yoko Ono und eine für die heutige Zeit unvorstellbare Dominanz des männlichen Geschlechts, die gerne in abfälligen Bemerkungen über weibliche Polizistinnen und Frauen insgesamt mündet. Für die Gedanken und Gefühle seines Hauptcharakters zum Leben im Allgemeinen und seinem eigenen im Besonderen nimmt sich der Autor ebenfalls viel Zeit. So erhält der Lesende einen guten Eindruck von einem aus Irland eingewanderten Polizisten ohne familiäre Bindungen und seiner daraus resultierenden Einsamkeit. Ebenfalls wird thematisiert, dass er sich als sehr integre Person nicht besonders gut mit seinen am Rande der Legalität agierenden Kollegen versteht und deshalb ein Außenseiterdasein im Büro führt. Aber obwohl diese Typbeschreibung für den Fortlauf der Geschichte wichtig ist und eigentlich nicht besonders stört, nimmt sie doch so viel Raum ein, dass die Krimi-Handlung ein bisschen zu sehr am Rande vor sich hinvegetiert.
Dieses Buch sollte man eher als Beschreibung der 60er Jahre in England sehen (mit seinen politischen und gesellschaftspolitischen Umbrüchen) und nicht so sehr als spannende Mördersuche, sonst ist die Enttäuschung eher groß.
Und aus diesem Grund fällt mir die Beurteilung schwer. Betrachte ich den Zeitkolorit, vergebe ich vier Sterne, der Krimi bekommt jedoch nur zwei.

Fazit:
Viel Swinging Sixties, zu wenig Tat und Täter

Bewertung vom 29.07.2015
Liebten wir
Blazon, Nina

Liebten wir


ausgezeichnet

Thelma, Louise, Harold und Maud finden ihre Nachfolger

Moira, eine junge Fotografin mit komplizierter Familiengeschichte, fährt zusammen mit ihrem Freund Leonid zur Geburtstagsfeier von dessen Vater. Dort trifft sie auf Aino, Leonids finnische Großmutter. Nach einigen bösartigen Spitzen seitens Leonids Familie und einem größeren Durcheinander fliehen die beiden ungleichen Frauen gemeinsam nach Finnland, wo sie sich nicht nur einander annähern, sondern sich – jede auf ihre Weise – ihrer Vergangenheit stellen.

Mein Eindruck zum Lektorat des Hörbuchs:
Hat sich das eigentlich niemand in Gänze angehört? An mehreren Stellen bekommt der Hörende die gleichen Sätze mit anderer Betonung zweimal angeboten. Ich habe den Eindruck, dass die Sprecherin angewiesen wurde, den Satz noch einmal etwas anders zu sprechen, die dadurch entstandenen Dubletten aber im fertigen Produkt belassen wurden. Das ist eine Schlamperei, die nicht passieren sollte und die auch deshalb so ärgerlich ist, weil die Sprecherin einen guten Job macht und der Geschichte Tiefe und eine Herzlichkeit verleiht, die zum Mitlachen und –weinen verführt.

Mein Eindruck zur Geschichte:
Großartig! Ich wurde wirklich selten von einer Story so gepackt, durchgeschüttelt und überrascht wie von dieser. Nicht nur sind die Charaktere – allen voran Moira und Aino – hervorragend herausgearbeitet, auch die Geschichte ist absolut durchdacht, lebensnah und herzerwärmend erfunden.
Schön die Gegensätze zwischen deutscher, finnischer und russischer Seele und der Ideenreichtum, mit dem die Autorin diese Gegensätze beschreibt. Dabei werden diese Gegensätze von den passenden Protagonisten erklärt, damit der Lesende z.B. den bei einer Finnlandreise bereitstehenden Fettnäpfchen interkultureller Befindlichkeiten gekonnt ausweichen kann.
Die Idee, zwei sehr unterschiedliche Frauen auf eine Reise in ihre Vergangenheit gehen zu lassen, ist ebenfalls nahezu genial: So kann sich jeder seine Identifikationsfigur suchen und findet zusätzlich etwas über die entfernte Generation heraus, - über ihre Lieben und ihre Leiden, ihre Vergangenheit und ihre Zukunft.

Fazit:
Eine perfekte Mischung aus Krimi, Liebesgeschichte, Road Trip und Generationen-Clash.

5 Sterne, da das Buch nichts für die Fehler bei der Aufnahme kann

Bewertung vom 21.06.2015
Böser Wolf / Oliver von Bodenstein Bd.6
Neuhaus, Nele

Böser Wolf / Oliver von Bodenstein Bd.6


sehr gut

Kindesmissbrauch auf höchster Ebene

Zum Inhalt:
Eine Mädchenleiche wird gefunden, eine Fernsehmoderatorin fast zu Tode misshandelt und ein weggelobter Ex-Kollege taucht auf. Drei Vorkommnisse, die das Team um Oliver und Pia in Atem halten und in die Tiefen eines Pädophilen-Rings führen, der bis in die höchsten Ebenen von Kultur, Politik und Wirtschaft reicht.

Zum Cover:
Eindeutig Taunus-Krimi, genauso eindeutig nicht auf den Inhalt bezogen. Schade eigentlich…

Mein Eindruck:
Für mich einer der besseren Krimis um das von Nele Neuhaus konstruierte Krimi-Team. Erstens gefällt, dass das in diesen Krimi verwickelte Personal nicht nur differenziert gezeichnet ist, sondern einige Charaktere zusätzlich eine Wandlung ihrer Persönlichkeit durchmachen. Hier hat die Umgebung bzw. das, was diesen Personen widerfährt, tatsächlich einen Einfluss und das führt zu einem größeren Verständnis beim Lesenden, - selbst für eigentlich unsympathisch agierende Menschen.
Dass auch Männer in hohen Positionen nicht vor der Begehrlichkeit auf kleine Kinder gefeit sind, ist gerade hier in Deutschland im momentanen Fokus des Interesses. Und dass keine Kosten und vor allem Mühen gescheut werden, dieses so ziemlich mieseste Verbrechen zu vertuschen, kleinzureden oder mit absolut unsäglich niedrigen Strafen zu belegen (im Vergleich z.B. zu Steuerhinterziehung) macht wütend und sprachlos.
Wenn Nele Neuhaus aus der Sicht des kleinen Mädchens schreibt, läuft es einem kalt den Rücken herunter und die Kaltschnäuzigkeit der Täter (selber Eltern) lässt einen fassungslos zurück.
Gut gefällt der Bezug auf vorhergehende Aktivitäten aus früheren Büchern. Einerseits führen sie zur Aufklärung manchmal dubios und seltsam erscheinenden Verhaltens, andererseits sind sie so in diese Geschichte eingebettet, dass auch ohne Kenntnis der alten Bücher keine imaginären Fragezeichen den Lesegenuss stören.
Nur die mehrfache persönliche Verstrickung Pias fand ich doch an den Haaren herbeigezogen und überflüssig.

Fazit:
Ein wichtiges Thema gekonnt dargeboten

4 Sterne