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Frankfurt

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Insgesamt 713 Bewertungen
Bewertung vom 22.02.2019
Niemals ohne sie
Saucier, Jocelyne

Niemals ohne sie


sehr gut

Die Wahrnehmung der eigenen Familie aus dem sehr persönlichen Blickwinkel ist immer ein einzigartiger. Hat man nun viele Geschwister und wächst man in ärmlichen Verhältnissen auf, schweißt das sicherlich zusammen. In diesem Fall handelt es sich um die enorme Zahl von 21 Kindern in einer Familie, die Ende der 50er / Anfang der 60er Jahre in einem verlassenen Mienen-Ort in Kanada aufwuchsen. Arme Verhältnisse. Eine verlorene Mutter, die nur noch kocht und eigentlich nur noch physisch anwesend ist. Ein Vater, der obsessiv auf der Suche nach Zink ist und Dynamit sein Heiligtum. Dieses bizarre Bild der Kindheit zeichnen die Geschwister uns selbst. In jedem Kapitel kommt ein anderes Kind der Familie zu Wort und erzählt aus der vergangenen Kindheit, die 30 Jahre zurück liegt und wie ein Mosaik eine Art Wahrheit freilegt und bittere Ereignisse. Es fesselt ganz leise. Ein düsteres Geheimnis umgibt die Geschwister. Ein Ereignis das vom Kollektiv verdrängt wird, führt geradezu zu einer verklärten Wirklichkeit.
Die Autorin, Jocelyne Saucier, die sehr toll von Sonja Finck und Frank Weigand übersetzt wurde, schafft es unterschiedlichen Nuancen grandios auszuarbeiten. Die subtilen Wahrnehmungen der einzelnen Geschwister, getrieben durch die eigene Rolle in der Familie oder auch schlicht durch manchen enormen Altersunterschied. Ein dunkler ruhiger Roman, der imposante Kraft hat.
Diese franko-kanadische Geschichte, die bereits 2000 auf Französisch erschien (‚Les héritiers de la mine‘), ist nun bei uns unter dem Titel “Niemals ohne sie” publiziert worden. Da die erzählte Geschichte weit in der Vergangenheit spielt, macht dieser Publizierungsunterschied von 18 Jahren nichts aus.

Fazit: Literarisch wertvoll - spannend zu lesen und eine interessante fiktive Sozialstudie.

Bewertung vom 21.02.2019
Die Farben des Feuers / Die Kinder der Katastrophe Bd.2
Lemaître, Pierre

Die Farben des Feuers / Die Kinder der Katastrophe Bd.2


ausgezeichnet

Mir liegen Romane am Herzen die einfach toll erzählt sind, ganz unabhängig vom Inhalt. Passen Inhalt und Schreibstil zusammen ist es natürlich ein Volltreffer -wie in diesem Fall.

„Die Farbe des Feuers“ war der erste Roman, den ich von Pierre Lemaitre gelesen habe und der Schreibstil gefällt mir außerordentlich gut. Sicherlich auch der formidablen Übersetzung von Tobias Scheffel geschuldet. Eine tolle Übersetzung die das französische Flair beibehalten hat.

Wir starten im Jahr 1927 in der obersten Pariser Schicht, der Bankier Péricourt stirbt und hinterlässt seiner Tochter Madeleine das Bankhaus mit der ganzen Verantwortung. Zunächst zögerlich durch eine weitere Tragödie, die sie einnimmt, beginnt Madeleine sich den Geschäften zu widmen. Vor allem schafft es Pierre Lemaitre gut herauszuarbeiten wie Frauen zu dieser Zeit betrachtet wurden und wie Madeleine kämpfen muss. Dann kommt natürlich noch die veränderte Lage in Europe dazu vor dem zweiten Weltkrieg und ihr Geschick erblüht – auch wenn es nicht immer Rechtens ist…

Ich habe nochmals den Buchrücken gelesen und die Marketing-Texte vom Verlag. Der Roman ist sehr viel leiser als die die reißerischen Zusammenfassungen. Es sind keine falschen Darstellung, aber doch der Roman ist feiner und baut sich langsam in der Spannung auf. Umfasst der Roman doch mehr als 400 kleinbedruckte Seiten. Wer also auf ein schnell getakteten historischen „Reißer“ aus ist, wird hiermit nicht glücklich, obwohl viel passiert und das immer ordentlich durchorchestriert.

Mir persönlich hat der Roman sehr gut gefallen, insbesondere da die handelnden Personen so plastisch und nachvollziehbar aufgebaut sind. Viel Potential sich diebisch zu freuen.

Auch kann man sich so gut in die Geschichte vertiefen, eintauchen & weg, in ein Paris ganz anderer Zeiten. Wunderbar!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2019
Stella
Würger, Takis

Stella


ausgezeichnet

Die Fakten über den Holocaust und den zweiten Weltkrieg sind schnell erzählt und aufgezählt. Aber die Bedeutung, das Ausmaß an Leid und die gesellschaftliche Tragödie die sich abspielte, ist ohne eine Auseinandersetzung mit Einzelschicksalen kaum greifbar.
Erst beim Lesen von Zeugenberichten, von historischen Aufarbeitungen und eben von Romanen, die teils fiktiv und auch Lebensschicksale erzählen, kann man das grausamste Stück Geschichte überhaupt ansatzweise begreifen.
Takis Würger greift mit seinem Roman ‚Stella‘ die Geschichte einer Berliner Jüdin auf, die es wirklich gab, natürlich fiktiv verarbeitet. Es ist eine polarisierende Geschichte. Unfassbar, aus meiner Sicht erzählenswert, auch wenn es abstoßend ist. Eine moralische Zerreißprobe.
Interessant an diesem Roman ist, dass es die Hauptperson, Stella, so wenig greifbar ist. Einiges bleibt wage und nur manches löst sich zum Schluss auf.
Den Roman habe ich in kürzester Zeit verschlungen. Das lag sicherlich an dem unfassbaren Inhalt, aber auch am Schreibstil, den ich persönlich sehr mag. Takis Würger schafft es distanziert, fast emotionslos, unglaubliche Szenen zu Papier zu bringen, die der Wahrheit sicherlich recht nahe kommen.
Zum Beginn eines jeden Kapitels erfahren wir Fakten des jeweiligen Monats und tauchen dann wieder in die eigentliche Geschichte ein. Somit entsteht ein historisches Setting.
Mich hat ‚Stella‘ überzeugt, auch wenn sehr viele Personen die hier beschrieben werden abgrundtief unsympathisch sind.

Fazit: Interessant, schockierend, wichtig! Man kann gar nicht oft genug das historische Rad drehen und aufzeigen was passiert, wenn die falschen Kräfte im Land wirken und hier besonders die moralische Zerreißprobe!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.01.2019
Ein Affe an der Angel
Bauer, Jonny

Ein Affe an der Angel


ausgezeichnet

Einfach nur herrlich, wenn da ein kleiner Mann im 8. Stock hockt und Regenwürmer angeln will und allerlei andere Tiere in der Wohnung landen. Einer schlauer als der andere!
Das Buch 'Ein Affe an der Angel' ist in 3 große Abschnitte unterteilt und diese wiederum in kurze Kapitel. Immer geht es um Darko, der mit seinem Tierlexikon unterwegs ist und sich in langweiligen Situationen all die tollen Tiere aus dem Lexikon phantastisch zum Leben erweckt.
Dabei hat er immer eine MEGA coole Weste an. Wirklich ein gelungenes Buch. Meine Kinder liebten dieses Buch für die Phantasie und den Witz der 'drin steckt und auch besonders, weil es viele Bilder gibt. Das Buch ist toll illustriert, wirklich eine Freude es anzuschauen, beim Lesen bzw. beim Vorlesen.
Zum Vorlesen geeignet schon ab 4 Jahre (für smarte Lütte) und auch noch toll für Erstleser, bis 3. Klasse gut zu lesen!
Übrigens war mein Sohn so begeistert von dieser super Weste, die Darko hat, die wurde kurzerhand aus einer Papiertüte nachgebastelt!
Fazit: Was will man mehr als eine Lektüre, die einen so beflügelt, selbst aktiv und kreativ zu werden!

Bewertung vom 09.01.2019
Der Apfelbaum
Berkel, Christian

Der Apfelbaum


ausgezeichnet

Erst hieß es: Ein Schauspieler der ein Buch schreibt….geht doch gar nicht, bitte nicht!
Dann hieß es: Wow, ein Schauspieler der wirklich schreiben kann – bitte mehr davon!
Und nun? Habe ich mir mein eigenes Bild gemacht und kann mir nun erklären wo der Jubel nach der Lektüre herkommt.

Der Apfelbaum ist ein sehr persönliches Buch des Schauspielers Christian Berkel über das Leben seiner Mutter.
Wunderbar wie Christian Berkel den Leser abholt und sich erklärt wie er dazu kam die Geschichte seiner Mutter aufzuschreiben.
Ein respektvoller Einstieg in die eigentliche Geschichte, die immer wieder gebrochen wird durch Einschübe aus der Gegenwart aus seiner heutigen Sicht, wenn er mit seiner Mutter die Vergangenheit ergründet.
Christian Berkel taucht in seine Kindheit ein, er ist als erwachsener Mann nun bereit zu ergründen warum seine Mutter sich so verhielt wie sie es hat. Dass vor seiner Zeit viel erlebt wurde, nicht immer Positives. Ganz im Gegenteil.
Behutsam und bedacht erkundet er das Leben und die Erlebnisse seiner Mutter – versucht zu rekonstruierte was passierte.

Fazit: Da möchte man ein Aufnahmegerät in die Hand nehmen und die Geschichte der eigenen Eltern aufschreiben um zu verstehen was sie zu dem gemacht hat, was sie sind. Nachspüren wo die eigenen Wurzeln sind.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.12.2018
Kälter als die Angst / Schneidmann & Käfer Bd.5
Drews, Christine

Kälter als die Angst / Schneidmann & Käfer Bd.5


sehr gut

Was gibt es besseres als sich bei düsterem nasskaltem Wetter zu Hause einzumummeln und einen Krimi zu schmökern? Mir fällt bei der Wetterlage momentan nichts Überzeugenderes ein.

Und hierfür kann ich empfehlen den neusten Band des Duos Charlotte Schneidmann & Peter Käfer von der Autorin Christine Drews. Ja, es ist bereits der 5. Fall der beiden und es kommt immer wieder zu Andeutungen und Verflechtungen der Vergangenheit, aber mich als Christine Drews-Erstleserin, hat es nur am Rande gestört. Natürlich ist es immer sinnvoller mit dem ersten Fall zu Beginnen (#1: Schattenfreundin). Deshalb hab ich den mir den schon besorgt und werde die ersten 4 Fälle in chronologischer Reihenfolge lesen.

Diese beiden Kommissare tummeln sich in Münster und es gibt für Ortskundige sicher viel wiedererkennbare Orte, da genannte Straßen, Stadtteile, historische Bauten real sind.

Zum Grad der Blutrünstigkeit: (zum Glück!) niedrig. Ich bin kein Fan von viel Blut, Gewalt und Abschlachtungen, daher genau meins! Ich mag Krimis, die spannend sind und ich nicht gleich weiß wer warum wen ermordet hat. Und das ist hier der Fall.

Daher ist das Cover ist aus meiner Sicht gruseliger als der Inhalt: Kälter als die Angst.

Die Autorin Christine Drews schreibt auch Drehbücher, was man dem Schreibstil anmerkt. Dieser Krimi könnte auch gut für die ARD & ZDF verfilmt werden.

Fazit: Ein Münsteraner Krimi mit einem sympathischen Ermittlerduo, mit denen man gerne Spuren verfolgt!

Bewertung vom 19.12.2018
Ein Winter in Paris
Blondel, Jean-Philippe

Ein Winter in Paris


ausgezeichnet

Der Freund des Opfers

Durch und durch französisch ist dieser Text! Im Mittelpunkt als Handlungsort steht ein Pariser Lycée, in der die Schüler einen Vorbereitungskurs auf die Uni absolvieren nach dem Abitur.
Einige mit dem Ziel um den berühmten Concours zu bestehen, eine staatliche Prüfung um in den Staatsdienst aufgenommen zu werden, zB Lehrer.
Der Protagonist, Victor, stammt aus der Provinz, wodurch ein zweiter Themenkomplex in den Text fließt: französische Provinz vs. Paris! Eine Hassliebe, die der Autor Jean-Philippe Blondel hier wunderbar raus arbeitet.
Und das Hauptthema des Romans ist der Suizid eines Mitstudenten aus einer anderen Klasse, Mathieu. Ein Roman der von unerwarteten Beziehungen handelt, Verknüpfungen die sich durch Zufälle, positive wie negative, im Leben ergeben.
Das Buch könnte auch den Titel „Der Freund des Opfers“ heißen und den Inhalt mehr auf den Punkt bringen als der Titel „Ein Winter in Paris“.

Jean-Philippe Blondel hat schon einige gute Werke vorgelegt, die ich allesamt wärmstens empfehlen kann. Vor allem „6 Uhr 41“ war aus seiner Feder mein Favorit.
Das Buch hat eine sehr persönliche Note. Jean-Philippe Blondel verarbeitet hier einen Stoff den erst selbst erlebt hat in seiner eignen Zeit an einem Lycée in Paris in den 80er Jahren. Ein Selbstmord in der Nachbarklasse, ein Schrei der mental nie verhallt.
Daher ist es auch etwas anders im Ton als die anderen seiner Romane, das Buch wirkt an mancher Stelle wie ein gedankenverlorenes Erzählen des Autors und hat eine düstere Färbung.
Aber, wie alle Roman von ihm, ist die Sprache wunderbar, wie immer. Wie auf Seite 138: „Es ist besser, ein Meister der Illustrationen zu werden als der Spielball seiner Umwelt.“

Fazit: Das erste Drittel hat mich angestrengt, das zweite irritiert und das letzte versöhnt.

Bewertung vom 16.12.2018
Das letzte Schaf
Hub, Ulrich

Das letzte Schaf


ausgezeichnet

Eher witzig als besinnlich, aber sehr gut!

Erfrischend lustige Beleuchtung der Weihnachtsgeschichte aus schafiger Sicht. Da gab es mal diese verpeilte Schafherde, die auf einmal ohne Hirten waren, da diese sich wegen eines grellen Lichts auf die Reise gemacht haben…und nun? Auch hinterher! Klar.
Außerordentlich witzig wird hier eine skurrile Herde beschrieben wie sie ihren Weg bahnen zu dem Neugeborenen…kommen sie alle an? Das lest mal alle lieber selbst!
Bei diesem kurzen Text kommt man schnell ins Grübeln für welche Altersklasse diese Geschichte ist und sie bekommt das altbekannte Prädikat: 5-99! Unsere 5-jährigen haben nicht jeden Wortwitz verstanden, aber fanden die Geschichte gut, ich habe mich köstlich amüsiert und die Oma war auch begeistert. Also: für alle etwas, vor allem weil es kurzweilig ist.
Fazit: Wer also noch eine witzige kurze Unterhaltung sucht für die Weihnachtsfeiertage bekommt hier genau das richtig. Eher witzig als besinnlich, aber das ist ja bekanntlich Geschmacksache.

Bewertung vom 14.12.2018
Deutsches Haus
Hess, Annette

Deutsches Haus


ausgezeichnet

Frankfurt am Main im Jahr 1963, Deutschland hat es mit Hilfe der Alliierten wieder auf die Füße geschafft. Die meisten erfreuen sich an dem Wirtschaftswunder und wollen am liebsten die Vergangenheit ruhen lassen. Der Krieg hat viele Opfer gefordert. 1963 war auch das Jahr in dem die Auschwitzprozesse stattfanden. Eine historisch spannende und so wichtige Zeit der startenden Aufarbeitung und Auseinandersetzung zwischen den Generationen. Diese ganze Reibung hat Annette Hess auf grandiose Weise zu einem Roman verarbeitet: Deutsches Haus. Der harte Stoff der Ausschwitzprozesse wird hier verwoben mit dem Leben der Dolmetscherin Eva Bruhns, die hier aus dem polnischen übersetzt. Aufgelockert wird das Ganze in dem alle Aspekte aus Evas Leben beleuchtet werden. Ihre Eltern unterhalten eine klassische Apfelweinkneipe in Bornheim und arbeiten hart, sind eher einfach gestrickt, haben das Herz am rechten Fleck sind aber trotzdem recht traditionell. Es gibt auch einen potenziellen Ehemann in Evas Leben, aber auch dieser zeigt sich wenig fortschrittlich in seiner Ansicht über die Ehe. Eva ist da schon gedanklich, ohne es selbst aussprechen zu können, weiter. Natürlich gibt es noch mehr Personen und Seitenhandlungsstränge, aber überladen ist es nicht.
Der Roman lässt sich super lesen, ist trotz des harten Stoffes unterhaltsam und sehr lehrreich. Natürlich schreit der Stoff nach einer Verfilmung. Da Annette Hess Drehbuchautorin ist, würde mich nicht wundern, wenn hieraus ein ARD- oder ZDF-Mehrteiler entsteht.
Für alle die Frankfurt gut kennen, sollte auch erwähnt werden, dass man trotz historischem Setting vieles kennt und dass natürlich noch mal ein wunderbarer Zusatzpluspunkt ist für die Lektüre. Besonders für Bornheimer! :0)
Ach ja, und es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass dies eine tolle Winterlektüre ist, denn man spürt förmlich das olle Wetter welches hier beschrieben wird.

Bewertung vom 14.12.2018
Loyalitäten
Vigan, Delphine

Loyalitäten


ausgezeichnet

Mir blieb die Luft beim Lesen weg.

Dieses Buch trieft einen genau da wo man genau zuhören sollte: in der Magengruben, sprich im Bauch. Es geht um Theo, der abwechselnd bei seien getrennten Eltern lebt. Er ist alleine und betäubt sich im wahrsten Sinne des Wortes: er trinkt mit knapp 14 Jahren Alkohol um die Sorgen und Ängste los zu werden. Seine Eltern sind beide seit der Trennung selbst psychisch auf sehr unterschiedliche Weisen für Theo abwesend und er fühlt sich schuldig, meint es lösen zu können – wo er doch das Kind ist das Halt und Geborgenheit bei den Eltern sucht.
Theo hat einen besten Freund, der zu ihm hält und ihm auf kindliche Weise loyal ist. Genau wie Theo seinen Eltern gegenüber loyal ist. Fatal.
Es gibt da nur diese eine Lehrerin, die spürt, dass da was nicht stimmt. Ist aber auch so in ihrer eigenen Vergangenheit gefangen, dass sie auch nicht erkennt was vor sich geht. Aber ihr Bauchgefühl trübt sie nicht.

Die Geschichte ist meisterlich erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven. Es kommen abwechselnd Theo, sein Freund Mathis, seine Lehrerin, seine Mutter und die Mutter seines besten Freundes zu Wort. Genial gemacht, denn so merkt der Leser, dass jeder unter der Oberfläche brodelt und kaum einen Blick für das Drama hat das sich dort vor ihren Augen abspielt. Interessant ist auch, dass Theo nicht durch einen Ich-Erzähler zu Wort kommt, sondern mittels einem allwissenden Erzähler.
Die Kapitel sind kurz und treiben einem beim Lesen an, dadurch wird das Gefühl der Abwärtsspirale noch stärker und man möchte einfach nur alle Erwachsenen anschreien und schütteln: Schaut hin! Er braucht Hilfe….

Keine schöne Lektüre, eher verstörend, aber wachrüttelnd. Es führt vor Augen welche Macht Eltern über ihre Kinder haben. Es zeigt vor allem was passieren kann, wenn man sich dem Kind nicht zuwendet. Anwesend sind sie und trotzdem nicht da für den Jungen.

FAZIT: Chapeau vor dieser prägnanten Sprache bei wechselnden meisterhaft erzählten Perspektiven. Wie ein Sog hat es mich in dieses Buch hineingezogen und mir diese erschütternde Geschichte erzählt, die mich ohnmächtig zurücklässt.