Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Sikal
Wohnort: 
Österreich

Bewertungen

Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 18.07.2019
Die Muse von Wien / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.6
Bernard, Caroline

Die Muse von Wien / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.6


weniger gut

Eine Muse für mehrere Künstler

Alma (1879 – 1964) wird als Tochter des Malers Emil Jakob Schindler und der Sängerin Anna Sophie Bergen geboren. Sie ist musisch begabt und wird auch von ihrem Elternhaus in diese Richtung gefördert. Als ihr Vater früh stirbt, bekommt Alma als Stiefvater Carl Moll, der ebenfalls in Künstlerkreisen verkehrt und Alma somit den Weg dahin ebnet.

Alma gilt als das schönste Mädchen von Wien und wird von einigen Männern umschwärmt, allen voran Gustav Klimt, in den sie sich auch prompt verliebt. Carl Moll ist gegen diese Verbindung und gibt aber einige Zeit später seine Zustimmung, als Alma den um einiges älteren Gustav Mahler heiraten will. Doch ihre Beziehung zu Mahler gestaltet sich alles andere als romantisch – bereits vor der Ehe schreibt er ihr vor, welche Erwartungen er an sie knüpft und wie er sich das Zusammenleben vorstellt. Alles hat sich um sein Wohlbefinden und seine Karriere zu drehen, Mahler verlangt auch, dass Alma das Komponieren aufgibt, dafür darf sie seine Noten sorgfältig kopieren.

Weiter erfährt man noch einiges über ihr Leben mit Gustav, ihre beiden Töchter und auch den Tod einer Tochter. Der Roman endet mit dem Tod Mahlers, obwohl Alma eigentlich auch danach noch ein aufregendes Leben vorzuweisen hätte … Ihre Beziehung zu Gropius wird nur angerissen, über Werfel oder Kokoschka erfährt man gar nichts.

Der Roman versucht ein romantisches Bild zu zeichnen, dem Alma als Charakter nicht gerecht wird. Sie hat zwar durch ihre ständige Verliebtheit und ihre Sprunghaftigkeit in Beziehungen vielleicht romantische Anwandlungen, aber nicht mal das würde ich ihr zusprechen. Man erfährt nichts über ihre abfälligen antisemitischen Äußerungen und wie verächtlich sie sich oftmals über ihre Liebhaber auslässt. Ihren Hang zur Theatralik kann man ebenfalls nicht sonderlich gut erkennen. Außerdem weigerte sie sich zeitlebens strikt, an Begräbnissen teilzunehmen. Im Roman wird dies angerissen, als sie am Begräbnis ihrer Tochter nicht teilnimmt.

Der Schreibstil ist etwas langatmig und konnte mich auch nicht in diese Zeit versetzen.
Wenn man wirklich an der Person Alma interessiert ist, sollte man sich an die Biographie von Oliver Hilm halten – „Witwe im Wahn“ entkräftet das Bild Almas als Muse.
Dieser Roman konnte mich nicht überzeugen, daher kann ich auch nur 2 Sterne vergeben.

Bewertung vom 18.07.2019
Endstation Donau / Katharina Kafka Bd.4
Kneifl, Edith

Endstation Donau / Katharina Kafka Bd.4


sehr gut

Eine gefährliche Kaiserin Sissi

Die Autorin Edith Kneifl lädt uns ein, eine Schiffsreise auf der Donau mitzuerleben. Ebenfalls dabei sind Katharina Kafka und ihr schwuler Freund Orlando, die auf dieser Flusskreuzfahrt die Bar der MS Kaiserin Sissi übernehmen und Katharinas Onkel, der als Teufelsgeiger für Unterhaltung sorgen soll. Eine gewisse Zeit genießt man diese idyllische Reise, unternimmt Ausflüge in der näheren Umgebung und genießt die Landschaft. Als dann plötzlich Mitglieder der Crew verschwinden, aber erstmal keine Leichen auftauchen, beginnen die drei zu recherchieren und begeben sich selbst in Gefahr. Immer komplexere Mordtheorien entstehen und als Leser ist man schon ganz wirr von diesen Gedankengängen.

Parallel dazu erfährt man von zwei Möchtegern-Kriminellen in Wien, die eine Mafiabande unterstützen. Als sie plötzlich beginnen, sich gegen die Bande aufzulehnen und in die eigene Tasche arbeiten, wird es gefährlich. Und vor allem fragt man sich, wie denn die ganze Banden-Geschichte mit der Kreuzfahrt zusammenpasst. Aber die Sorge ist unbegründet, die beiden Erzählstränge finden irgendwann zusammen und ergänzen sich großartig.

Edith Kneifl schreibt wie immer flüssig und versteht es den Spannungsbogen hoch zu halten. Es gelingt ihr, authentische Charaktere mit einer interessanten Geschichte eingebettet in eine abwechslungsreiche Landschaft zu zeichnen. Dass man zwischendurch noch einiges über Sinti und Roma erfährt, die Schwierigkeiten geschildert bekommt und in diese Kultur eintauchen darf, hat mir sehr gefallen.

Zwischendurch einige Längen bringen einen Stern Abzug. Im Großen und Ganzen ein spannender Krimi, der 4 Sterne verdient.

Bewertung vom 15.07.2019
Die Moskauer
Petersen, Andreas

Die Moskauer


ausgezeichnet

Viele bekannte Namen und schreckliche Geschichten

Auch wenn ich die DDR nur aus der Ferne beobachtet habe und bestimmt nicht zu den Insidern zähle, haben mich Geschichten rund um dieses System immer interessiert. Dass es hier eine besondere Verbindung zu Moskau gab, war klar – wie intensiv diese war, erfuhr ich zum Teil erst durch dieses Buch von Andreas Petersen.

Das Buch handelt von Kommunisten (die zum Teil von den Nazis verfolgt wurden), die von Deutschland in die Sowjetunion auswanderten, um ihren Idealismus auszuleben und im Anschluss wieder retour zu kommen, um das „Gelernte“ in der Heimat umzusetzen. Sie bauten einen Wahnsinns-Apparat auf, verfeinerten laufend ihre Methoden und bauten auf die Kontrolle der Kontrolle …

Der Autor schreibt über grausame Schicksale, hat viel Hintergrundwissen recherchiert und zeigt einen Staatsapparat auf, der von Denunziationen sowie Verleumdungen lebt und auf Überwachung aufgebaut ist. Das Stalin-Trauma, wie der Untertitel dies so schön bezeichnet, kann man nach der Lektüre dieses Buches sehr gut nachvollziehen (und man darf froh sein, diese Zeit nicht selbst erlebt zu haben).

Man liest über Schicksale, die den Säuberungsaktionen Stalins zum Opfer fielen, die als Verräter abgestempelt wurden und von Krankheit oder Armut geprägt in der Psychiatrie landeten oder gleich den Tod als Ausweg nahmen. Die Ungewissheit über den Verbleib der Angehörigen, die Verhöre, die Folterungen – damit muss man erst mal zu leben lernen. Wie der Autor dies analysiert und mit der DDR in Verbindung setzt, wie Deutsche erst in der Sowjetunion aktiv waren und im Anschluss dieses System mit in ihre Heimat übernommen haben, finde ich sehr gut aufbereitet (wenngleich dies während des Lesens oftmals Kopfschütteln hervorruft).

Wie werden Menschen dazu gebracht, um so zu agieren? Welche Beweggründe hat ein Mensch, um sich mit solcher Intension einem solchen politischen System zu verschreiben? Wie kann man nicht davor zurückschrecken, die eigenen Freunde oder die Familie zu verraten? Man liest über Manipulation, Gehirnwäsche, dann wieder über einen Überlebenswillen, der seinesgleichen sucht. Viele hatten einfach nur Glück, dass sie am Leben geblieben sind. Viele wurden gebrochen – physisch oder psychisch.

Das Schweigen nach der Rückkehr wurde zur Pflicht, ansonsten wurde man anderweitig ruhiggestellt. Wie viel Angst und Verdächtigungen an der Tagesordnung standen, kann man als Außenstehender wohl kaum nachvollziehen. Auch wenn Petersen hier einen guten Einblick vermitteln kann.
Der Autor schafft es, trotz der schrecklichen Geschichten, diese sachlich und sehr ruhig niederzuschreiben – da darf man den Hut vor ihm ziehen.

Ein herausragendes Buch, das trotz des schrecklichen Themas sehr interessant zu lesen ist und das ich gerne weiterempfehle. 5 Sterne.

Bewertung vom 14.07.2019
Jarmy und Keila
Singer, Isaac Bashevis

Jarmy und Keila


sehr gut

Der eigene Weg ist nicht immer ganz klar vorgezeichnet

Warschau, 1911: Die rote Keila hat bereits in mehreren Bordellen gearbeitet bevor sie in Jarmy ihre große Liebe findet. Die beiden heiraten und träumen von einem Leben außerhalb des jüdischen Gettos. Als plötzlich Max, ein alter Bekannter auftaucht, der allem Anschein nach zu Geld gekommen ist, sieht vor allem Jarmy in Max die Hoffnung für ein besseres Leben. Keila ist nicht so ganz überzeugt von den Vorstellungen der beiden. Erschwerend kommt hinzu, dass Max mit Jarmy schon früher eine Beziehung hatte. Keila soll nun quasi als Bindeglied zwischen den beiden fungieren, hält aber die Grausamkeit irgendwann nicht mehr aus und flüchtet aus diesem Leben. Als sie auf den gebildeten Bunem trifft, der der Sohn eines Rabbiners ist, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Keila und Bunem versuchen sich nun in Amerika ein normales Leben aufzubauen, doch die Vergangenheit lässt sich nicht so einfach abschütteln, das müssen die beiden erkennen.

Der Autor Isaac Bashevis Singer wurde 1902 in Polen geboren, emigrierte 1935 in die USA, erhielt 1978 den Nobelpreis für Literatur und starb 1991. Dieser Roman wurde nun im Jüdischen Verlag von Suhrkamp herausgebracht und man darf hoffen, dass noch weitere folgen werden.

Der Autor schafft es hervorragend, die Atmosphäre des jüdischen Viertels und auch des Rotlichtmilieus einzufangen, zeigt die Armut und die Resignation, dann wieder das Aufflackern von Hoffnung.

Die Protagonisten wirken sehr authentisch, auch die vielen Nebenfiguren sind präzise ausgearbeitet. Das Leben im Warschauer Getto, aber auch den schwierigen Start der Auswanderer in New York kann man hier gut nachvollziehen. Ein gut ausgearbeitetes Bild der Gesellschaft und der Unterschiede zwischen den einzelnen Schichten, was sich auch in der Sprache des Romans immer wieder zeigt.

Für meinen Geschmack hätte man einige Milieuschilderungen durchaus etwas kürzen können, doch im Großen und Ganzen finde ich den Roman sehr lesenswert. 4 Sterne

Bewertung vom 14.07.2019
Kochbuch ohne Rezepte, Band 3
Andreas, Ingrid

Kochbuch ohne Rezepte, Band 3


ausgezeichnet

Viel Informatives rund um Obst und Gemüse – nicht nur für Vegetarier …

Bereits mit den ersten beiden Bänden dieser Reihe konnte mich die Autorin Ingrid Andreas überzeugen. Perfekt zusammengefasst und sehr kurzweilig beschrieben, zeigt sie die Geheimnisse hinter den Rezepten. Worauf muss man beim Kauf achten, worauf bei der Zubereitung? Warum gelingen Rezepte nicht immer, obwohl man sich doch nach der Anleitung gehalten hat? Genau auf diese kleinen Tipps und Tricks, die jeder Profikoch wohl automatisiert hat, kommt es an. Die Autorin durfte Profiköchen über die Schulter schauen und hat somit ein Sammelsurium an Küchengeheimnissen zusammen getragen, die sie nun in dieser 4-teiligen Reihe weitergibt.

In diesem 3. Band geht es nun um Obst & Gemüse. Wieder erfahren wir eine Menge – nicht nur für Anfänger in der Küche, auch bereits langjährige Hobbyköche sind sicherlich dankbar für so manches. Natürlich kommt auch dieser Band nicht so ganz ohne Rezepte aus, beispielsweise findet man gebackene Zucchiniblüten oder auch glasierte Karotten. Viele Verwendungstipps für diverses Gemüse finde ich sehr hilfreich.

Man erfährt einiges über den Einkauf von den Produkten, die Verwendungs- und Zubereitungsmöglichkeiten. Es werden viele Obstsorten genau erklärt und man trifft bestimmt auf einige, von denen man noch nie (oder schon lange nicht mehr) gehört hat. Wie wird Obst „genussreif“ gemacht? Wie lagert man am besten Bananen? Was muss man beim Umgang mit Chilis beachten? Das ist wirklich nur ein kleiner Auszug von der Vielfalt an Küchenwissen, was uns die Autorin hier anbietet.

Durch den strukturierten Aufbau kann man auch diesen Band wieder perfekt als Nachschlagewerk nutzen. Zwischen den Kapiteln finden sich wieder leere Seiten, die man für eigene Notizen und Bemerkungen verwenden kann.

Alles in allem ein rundum gelungenes Buch – praxisorientiert und hochwertig verarbeitet, so dass es auch dem täglichen Gebrauch in der Küche standhält. 5 Sterne sind hier selbstverständlich.

Bewertung vom 13.07.2019
Der Preis des Lebens
Kreutner, Bernhard

Der Preis des Lebens


ausgezeichnet

Manches Mal richtig gruselig

Dr. André Keller und Dr. Eva Vekete verwenden ihre medizinischen Kenntnisse um sich ein internationales Netzwerk aufzubauen. Ihr Ziel: Organe von punktgenau recherchierten Zielpersonen zu entnehmen, um diese an zahlungskräftige Kunden zu vermitteln. Der Organhändlerring agiert professionell und schafft es jahrelang keine Spuren zu hinterlassen, findet immer wieder passende Spender, die mithilfe eines Computerspezialisten aus harmlos erscheinenden Krankenkassen-Daten eruiert werden. Als plötzlich am Wiener Zentralfriedhof ein Missgeschick passiert, wird die Polizei auf den Plan gerufen.

Major Michael Lenhart wird aufgrund eines Fauxpas zum Hauptmann degradiert und zu Brigadier Fritsch versetzt, wo er auf keinen Fall auffallen soll und staubige Akten im D-Trakt bearbeiten darf. Gemeinsam mit Sabine Preiss, die angeblich auch als nicht teamfähig gilt. Durch Personalknappheit werden die beiden angewiesen, sich dem Fall „Zentralfriedhof“ zu widmen. Schnell wird klar, dass dahinter eine international agierende Organisation steht, die auch noch von höchster Stelle gedeckt wird. Für die beiden beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn die Organhändler sind laufend auf der Suche nach potentiellen Spendern.

Diesen Krimi habe ich in einem Rutsch durchgelesen. Der Autor Bernhard Kreutner schafft es, die Spannung hoch zu halten. Auch wenn man als Leser immer mehr weiß als die beiden Ermittler, auch die Täter von Anfang an kennt, schadet das der Spannung keinesfalls.

Die Charaktere finde ich sehr gelungen. Lenhart und Preiss sind jetzt keine aalglatten Ermittler, sondern Menschen mit Fehlern und Schwächen. Während Lenhart durch sein Philosophiestudium mit Aristoteles beeindrucken kann und einen glasklaren Verstand aufweist, punktet Preiss als ehemaliges Mitglied des Jagdkommandos mit präzisem Körper- und Waffeneinsatz.

Der Schreibstil ist flüssig, zum Teil von Humor durchzogen – sofern dies vom ernsten Thema zugelassen wird. So manche Dialoge brachten mich zum Schmunzeln. Immer wieder fließen Interna vom Bundesheer oder der Politik in das Geschehen ein. Alles in allem ein typisch österreichischer Krimi.

Eine überwiegende spannende Geschichte über Themen wie Big Data und Organhandel, der ich viele Leser wünsche. Von mir gibt es auf alle Fälle 5 Sterne.

Bewertung vom 13.07.2019
Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg
Schulthess, Konstanze von

Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg


ausgezeichnet

Beeindruckende Persönlichkeit

Die Autorin Konstanze von Schulthess ist die Tochter von Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg (1913 – 2006) und von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der Widerstandskämpfer, der das Attentat vom 20. Juli 1944 auf Hitler mit einer Gruppe von Gleichgesinnten plante und umsetzte. Mit diesem Porträt setzt die Autorin ihrer Mutter ein Denkmal und gibt tiefe Einblicke in persönliche Geschichten und Ansichten.

Bereits früh war Nina sehr eigenwillig, setzte auch als ganz junges Mädchen durch, dass sie den jungen Claus heiraten durfte. Durch die oftmalige Abwesenheit ihres Mannes musste sie schon bald für ihre Kinder alleine dastehen und Entscheidungen treffen. Zur Zeit des Attentats war sie schwanger und wurde nach dem Scheitern verhaftet und in verschiedene Gefängnisse gebracht, wo sie lange Zeit von ihren Kindern nichts hörte und sah. Zum Glück wurde ihre Schwägerin Melitta von Stauffenberg von der Sippenhaft verschont, weil sie den Nazis als Pilotin wichtig war. Durch Melitta wurde die Verbindung zwischen den Familienmitgliedern aufrecht gehalten und Briefe hin- und hergeschmuggelt.

Bewundernswert, mit wie viel Disziplin Nina sich in Gefangenschaft organisiert, den Tag strukturiert um zu überleben. Wie viel Kraft mag es ihr gekostet haben, den Vater bei den Kindern nicht als Held dastehen zu lassen, um die Kleinen zu schützen. Was mag wohl in ihr vorgegangen sein, als Himmler davon sprach, die Stauffenbergs „auszurotten“. Eine Genugtuung in späteren Jahren, dass ihm dies nicht gelungen ist…

Die Autorin, als jüngstes Kind der Stauffenbergs und in Gefangenschaft geboren, darf ihren Vater nie kennenlernen. Doch ihre Mutter hat zeitlebens sein Andenken hoch gehalten und vieles zu erzählen gewusst. Auch verfasste sie auf Wunsch der Kinder eine Familienchronik, in der die wichtigsten Eckdaten festgehalten wurden. Briefe oder Tagebücher sind nur wenige überliefert, diese aufzubewahren wäre während der Naziherrschaft zu gefährlich gewesen – hätte Mitwisser ins Visier der Gestapo gebracht. Ob die Ehefrauen der Widerstandskämpfer wussten, auf welch gefährlichem Terrain sich ihre Männer begaben? Nina wusste – und duldete – auf jeden Fall die Handlungen ihres Mannes, dies kommt in dem Buch klar hervor. Eine Vereinbarung mit ihrem Mann, dass einer von beiden überleben muss, um für die Kinder da zu sein, konnte sie mit viel Glück und Durchhaltevermögen aufrecht halten.

Die Autorin zeigt auch einige Fotos, die ihre Mutter durch das Kriegsgeschehen bringen konnte, die dem Buch noch zusätzlich eine persönliche Note geben.

Ich fand die Geschichte sehr berührend erzählt, besonders die Ungewissheit nach dem Attentat oder nach ihrer Verhaftung war vermutlich sehr einschneidend. Ebenso finde ich es großartig, dass die Ehefrauen der Widerstandskämpfer endlich eine Stimme bekommen und ihre Sicht der Dinge erzählt wird. Viele der Frauen, darunter auch Nina, haben nie wieder geheiratet und ihren Männern ihr Leben lang die Treue gehalten.

Ein beeindruckendes Porträt über eine starke und eindrucksvolle Frau, die zu 100% hinter ihrem Mann stand und für ihre Kinder leben wollte. 5 Sterne

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.07.2019
Stauffenberg - mein Großvater war kein Attentäter
Bechtolsheim, Sophie von

Stauffenberg - mein Großvater war kein Attentäter


ausgezeichnet

Held oder Attentäter?

Als die 1968 geborene Sophie von Bechtolsheim als Jugendliche mit der Fahndung nach den RAF-Terroristen konfrontiert wird, beginnt sie zu hinterfragen, ob auch ihr Großvater - Claus Schenk Graf von Stauffenberg – als Terrorist einzuordnen ist. Immerhin hat er mit etlichen Mitstreitern am 20. Juli 1944 versucht, Hitler und seine Konsorten aus dem Weg zu räumen. Sie waren bereit alles auf eine Karte zu setzen und ihr Leben zu riskieren, um dem Terrorregime der Nazis ein Ende zu bereiten.

Im Fokus des 20. Juli wird immer Stauffenberg genannt, obwohl er natürlich nicht alleine die Verantwortung für Planung, Durchführung und letztendlich das Scheitern dieses Attentats trug. Mit ihm mussten ca. 200 Leute ihr Leben lassen, was auch die Autorin und Historikerin hier hervorhebt.

Doch wie unterscheidet man wirklich zwischen den Terroristen der heutigen Zeit und den Attentätern, die Hitler beseitigen wollten? Ist Mord nicht gleich Mord? Wie begegnet man einem Großvater, den man nur aus dem Geschichtsbuch kennt?

Mit viel Empathie arbeitet die Autorin ihre Familiengeschichte auf, erzählt persönliche Geschichten ebenso wie politische Zusammenhänge. Ihren Großvater durfte sie ja persönlich nicht kennenlernen, doch ihre Großmutter Nina hat ihr Leben lang sein Andenken bewahrt und wusste als Zeitzeugin vieles zu berichten. Schriftliche Dokumente sind leider nur wenige erhalten, ebenso Fotos aus dieser Zeit – zu groß war die Angst vor Entdeckung von Unterstützern der Widerstandskämpfer.

Interessant fand ich, wie die Familie zu diversen Filmumsetzungen (Operation Walküre, …) steht. Ebenso werden diverse Gedenkveranstaltungen nur sporadisch besucht. Die Enkelin schreibt hier auf eine sehr persönliche Art und Weise und – nein, ihr Großvater war definitiv kein Attentäter. Nachdem ich erst kürzlich das Buch von Konstanze von Schultheiss über Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg gelesen habe, war mir vieles schon bekannt.

Ein interessanter Ausflug in die Familie der Stauffenbergs, die auch heute noch weit verzweigt ist, obwohl Himmler ursprünglich versprochen hatte die Stauffenbergs „auszurotten“. Gerne vergebe ich hier 5 Sterne.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.07.2019
Handeln wie ein Shaolin
Moestl, Bernhard

Handeln wie ein Shaolin


sehr gut

Einmal Moestl, immer Moestl

Wer die Bücher von Bernhard Moestl kennt, wird ihm bereits beim Lesen des zweiten Buches zustimmen müssen – vieles, das man bereits in einem seiner Bücher gelesen hat, findet sich immer wieder – allerdings aufbereitet für das jeweilige Thema.

Handeln wie ein Shaolin gibt dem Leser in acht Schritten vor, wie sich eine gewünschte Veränderung in unser Leben bringen lässt.
Oft stellen wir uns vor wie unser Leben gelaufen wäre, hätten wir dieses oder jenes gemacht – aber warum haben wir nicht?
Hatten wir Angst vor der Veränderung, Angst vor den Konsequenzen oder Angst davor letztendlich doch zu scheitern?

Diese Angst oder unsere Hilflosigkeit damit umzugehen, macht sich der Autor in diesem Buch zum Thema und begleitet den Leser – wie auch in anderen seiner Bücher – mit Übungen und Wissen aus dem Reich der Shaolin in Richtung positiver Veränderung. Die Angst, welche bei jeder Veränderung in uns schwellt, wird zwar dadurch nicht verschwinden – Bernhard Moestl zeigt aber wie sich mit ein wenig Übung diese Angst besiegen lässt.

Und ist es erst einmal gelungen, die Angst - oder oft auch nur eine Ungewissheit - zu überwinden, werden die Übungen immer wieder weiterhelfen, auf einem Weg voller positivem Tatendrang und der Gewissheit, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist.

Dass der Autor viele Jahre seines Lebens in einem Shaolin-Kloster verbracht hat, braucht man nicht eigens zu erwähnen. In seinen Sätzen und Ausführungen werden die Weisheiten der Shaolin-Mönche in Worte gefasst, die auch für den westlichen Menschen einen Zugang zu den Lehren der Shaolin ermöglichen.

Die acht Wege dieser fernöstlichen Lehre kleidet der Autor in acht Schritte, die es ermöglichen, einen besseren Umgang mit uns selbst zu erlernen und unsere Mitmenschen mit anderen Augen zu sehen.
Acht Schritte, die wir bei Bernhard Moestl immer wieder finden – aber immer wieder auf eine andere Art umgesetzt. 4 Sterne

Bewertung vom 06.07.2019
Flirten mit den Sternen
Gruber, Werner

Flirten mit den Sternen


ausgezeichnet

Flirten mit den Sternen

Werner Gruber hat es in sich – und in seinen Büchern. Auf prägnante Weise führt er den Leser in die Welt der Sterne ein und erklärt auf nur zweihundert Seiten alles, was man wissen muss, um erst richtig neugierig zu werden.

Der Autor Werner Gruber hat als österreichischer Physiker schon so einige Menschen zum Nachdenken über die Welt gebracht, sei es als Experimentalphysiker bei den legendären Sience-Busters, als Kommentator wissenschaftlicher Großereignisse im Fernsehen oder als Autor mehrerer Bücher.

Immer wieder gelingt es dem Physiker, sein Publikum mit den wichtigsten Fakten vertraut zu machen ohne den Nichtphysiker zu überfordern – und immer macht er neugierig – neugierig auf mehr. Mehr zu erfahren über die Themen, die er aufgreift.

So auch in diesem Buch, das in acht Kapiteln das Universum für Dummies erklärt. Aber auch für den Leser, der bereits mit der Materie des Sternenstaubs vertraut ist, wird die Lektüre alles andere als langweilig sein. Wenngleich der Leser, der sich mit den Sternen bereits beschäftigt hat, keine neuen Erkenntnisse gewinnen wird, so ist die humorvolle und frische Art des Autors doch immer wieder ein Gewinn.

Für alle anderen Leser ist es eben genau jene Art des Schreibens, welche es ermöglicht, viel Inhalt aufzunehmen, ohne dabei das Gefühl zu haben etwas gelernt zu haben. Durch den Humor, den Werner Gruber an den Tag legt, bleibt der wesentliche Inhalt gespeichert – ohne großartig dafür pauken zu müssen.

Wird man so in die Welt der Sterne eingeführt, möchte man gerne mehr drüber wissen. So könnte bei dem einen oder anderen, der Flirt in eine Liebesbeziehung übergehen. Und diesen Weg gibt der Autor ebenfalls vor – er beschreibt sehr genau, welche Möglichkeiten man in Österreich hat, um sich tiefer in der Materie zu verstricken.

Was im ersten Moment fast wie Werbung für die Planetarien und Sternwarten klingt, wird bei näherer Betrachtung aber schnell als eine Leidenschaft des Autors erkannt. Und die Einladung, die er an seine Leser ausspricht, lässt sich kaum noch ablehnen… Gerne vergebe ich dafür 5 Sterne.