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Dreieich

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Insgesamt 148 Bewertungen
Bewertung vom 31.05.2021
Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1


ausgezeichnet

Seniorenclub auf Mörderjagd
Schauplatz des „Donnerstagsmordclubs“ ist die luxuriöse Seniorenresidenz Coopers Chase im ländlichen England. Hier treffen sich jeden Donnerstag vier rüstige Senioren im Puzzlestübchen um als Donnerstagsmordclub alte ungelöste Kriminalfälle nochmals unter die Lupe zu nehmen. Der Club besteht aus der ehemaligen Geheimagentin Elisabeth, dem ehemaligen Gewerkschaftsführer Ron und dem ehemaligen Psychiater Ibrahim. Neuestes Mitglied ist Joyce, eine ehemalige Krankenschwester, die gleichzeitig Tagebuch über die Ereignisse führt. Als direkt vor ihrer Haustür ein Mord verübt wird, beschließen die vier rüstigen Amateurermittler der Polizei unter die Arme zu greifen. Sie sind zwar nicht mehr die jüngsten, aber ihr Scharfsinn bringt sogar die Polizei zum Staunen.

Mich hatte das Buchcover und die Idee die hinter der Geschichte steckt neugierig gemacht und die Umsetzung hat mir richtig gut gefallen. Für mich war es ein Krimi der besonderen Art: ein typischer Cosy-Krimi mit außergewöhnlichen, schrägen Ermittlern, einem spannenden Plot und viel britischem Humor. Gleichzeitig gibt es aber auch ernste Momente, wenn die dunklen Seiten des Alters gezeigt werden (Elisabeth´s Mann kämpft z.B. gegen die Demenz an).
Richard Osman ist damit meiner Meinung nach ein beeindruckendes Krimidebüt in bester Miss-Marple-Tradition gelungen.

Der Fall selbst ist ein klassischer Whodunit mit vielen Verdächtigen und einigen falschen Fährten, die der Autor geschickt gelegt hat. Man kann wunderbar mit rätseln und ich lag mit meinen Vermutungen zum Täter immer falsch. Dank des gut konstruierten Plots kommt die Spannung nicht zu kurz. Die eigentlichen Stars und Ermittler in diesem unblutigen Cosy-Krimi sind natürlich die vier liebenswerten Senioren, die ihre individuellen und oft erstaunlichen Fähigkeiten einbringen, um den komplizierten Fall mit zwei Morden in der Gegenwart und einem aus der Vergangenheit zu lösen und der Polizei dabei immer einen Schritt voraus zu sein. Die örtlichen Polizeiinspektoren Chris Hudson und Donna De Freitas assistieren hier eher bei den Ermittlungen (sind aber nicht weniger liebenswert) und nehmen dabei gerne die Hinweise und Tipps der Senioren an.
Gebannt habe ich die Ermittlungen des Quartetts und ihren Umgang mit der Polizei verfolgt, der mich oftmals zum Schmunzeln brachte. Ich hatte die vier sympathischen Senioren schon bald ins Herz geschlossen und ich hoffe sehr, dass ein weiterer Fall mit ihnen bald folgt. Joyce hat ja am Ende versprochen „uns auf dem Laufenden zu halten“.
Ich fühlte mich auf jeden Fall bestens unterhalten und kann es nur wärmstens weiterempfehlen.

Bewertung vom 10.05.2021
Fertig ist die Laube / Online-Omi Bd.15
Bergmann, Renate

Fertig ist die Laube / Online-Omi Bd.15


sehr gut

Renates Abenteuer in der Kleingärtnerkolonie
Das farbenfrohe Cover stimmt schon bestens auf die neuen Abenteuer der Online-Omi Renate Bergmann in der Kleingartenkolonie „Abendfrieden“ ein.
Diesmal muss sie ihrer Freundin Gertrud zu Hilfe eilen. Deren Lebensgefährte Gunter Herbst muss nämlich wegen einer Bandscheiben-OP unters Messer und anschließend zur Reha. Gertrud soll sich inzwischen mit Hilfe von Renate um seinen Schrebergarten, der sein Ein und Alles ist, kümmern. Auf die beiden alten Damen kommt allerdings einiges an Arbeit zu, denn der Garten ist ziemlich vernachlässigt und mit Gerümpelbergen vermüllt. Mit einiger Unterstützung gelingt es den beiden schon bald den Garten altersgerecht umzugestalten z.B. durch Hochbeete und so ein wahres Kleinod mit Gemüsebeeten und blühenden Blumen zu schaffen, das am Ende sogar noch einen Preis gewinnt.

Sehr unterhaltsam und amüsant berichtet Renate von ihren Erlebnissen bei der Umgestaltung und Pflege von Gunters Garten in der ihr eigenen manchmal ausufernden Art, bei der sie gerne vom Hundertsten ins Tausendste kommt (oder wie sie selbst sagt: „vom Höckchen aufs Stöckchen“). Aber so ist das eben bei älteren Leuten, wenn sie ins Erzählen kommen. So lässt sie in flottem Plauderton Anekdoten aus ihrer Kindheit ebenso einfließen, wie Exkurse zu Hubschraubermuttis und Kindererziehung. Nebenbei erhält man noch Tipps zum Gemüseanbau und wie ein Komposthaufen angelegt wird. An machen Stellen war es mir aber doch zu ausufernd.
Schmunzeln musste ich auch über den Aufpasser der Kolonie Gunter Habicht, der mit einer Drohne die Einhaltung der Regeln überwacht und die Heckenhöhe mit der Messlatte kontrolliert. Aber auch über so manch anderen witzigen Charakter unter den anderen Gartenbesitzern amüsierte ich mich köstlich.

Mit „Fertig ist die Laube“ fügt der Autor Torsten Rohde der Online-Omi Renate eine neue Facette, nämlich das Gärtnern hinzu. Bemerkenswert, wie er sich so gut in die Gefühlswelt einer 82 jährigen hineinversetzen kann und sie gleichzeitig auf die Schippe nimmt. Das neueste Abenteuer bietet wieder leichte Unterhaltung und ist bestens geeignet als Lektüre für die ersten warmen Tage auf der Terrasse. Ich hätte mir allerdings doch noch mehr witzige Momente gewünscht.

Bewertung vom 09.05.2021
Der Countdown-Killer - Nur du kannst ihn finden
Suiter Clarke, Amy

Der Countdown-Killer - Nur du kannst ihn finden


sehr gut

Spannendes Debüt mit Podcast-Elementen
„Der Countdown-Killer“ von Amy Suiter Clarke ist ein gelungenes und äußerst spannendes Thrillerdebüt, dass ich mit fortschreitender Handlung kaum mehr aus der Hand legen konnte.
Im Mittelpunkt steht die True-Crime-Podcasterin Elle Castillo, die in ihrem Podcast „Justice Delayed“ unaufgeklärte Verbrechen neu aufrollt, auf der Suche nach Gerechtigkeit für die Opfer. Für ihre neue Podcaststaffel hat sie sich den 20 Jahre alten Fall des Countdown-Killers vorgenommen, der nie abschließend geklärt werden konnte. Als sie die damaligen Opfer des Killers und sein Vorgehen neu beleuchtet, verschwindet plötzlich wieder ein junges Mädchen. Elle wird als freie Ermittlerin von der Polizei hinzugezogen und stürzt sich in den Fall.

Mir hat die Idee der Autorin einen Podcast mit der normalen Thrillererzählung zu kombinieren sehr gut gefallen. Durch die eingeflochtenen Podcastfolgen wurde die Handlung für mich viel lebendiger und realer und vermittelte das Gefühl direkt dabei zu sein. Die integrierten Podcastfolgen störten auch nicht meinen Lesefluss (dass man sich die Folgen sogar als Audiodatei anhören kann, habe ich leider zu spät bemerkt- im eBook fehlt leider ein Hinweis darauf).
Durch sie erhält man Rückblicke in die Vergangenheit, wohingegen die restlichen Kapitel Einblicke in das Leben und die Gedanken von Elle und dem Täter geben. Man erfährt seine Vorgeschichte, was bei mir für Gänsehaut sorgte. Die Handlung weist einige unerwartete Twists auf, die die Spannung stetig steigern bis zum großen Showdown. Der wahre Täter blieb für mich lange Zeit im Dunkeln.
Die Protagonistin Elle fand ich als Podcasterin und freie Ermittlerin spannend, konnte jedoch ihre impulsiven Alleingänge nicht immer nachvollziehen, obwohl sie natürlich zur Spannung beitrugen. Dass sie immer eine Waffe bei sich trug und einmal sogar einen Zeugen damit bedrohte, fand ich nicht so gut. Für einen amerikanischen Thriller ist dies aber nichts ungewöhnliches.

Trotz dieses kleinen Kritikpunktes ist es ein spannender Pageturner mit Podcast-Elementen, der mir sehr gut gefallen hat und den ich gerne weiterempfehle. Ich hoffe Elle darf noch weitere Cold Cases lösen.

Bewertung vom 02.05.2021
Blütengrab
Fink, Ada

Blütengrab


sehr gut

Spannender Nachwendekrimi
1993 wird in der mecklenburgischen Provinz eine schwer misshandelte, mit Runen bedeckte Mädchenleiche in einem abgelegenen Waldstück gefunden, aufgebahrt auf einem Bett aus weißen Blütenzweigen. Die leitende Ermittlerin Ulrike Bandow muss in diesem Fall gegen ihren Willen mit dem neuen westdeutschen Kollegen Ingo Larssen aus Kiel zusammen arbeiten. Der Fund einer Halskette lässt Ulrike erkennen, dass ihre eigene Vergangenheit eine entscheidende Rolle für die Lösung des Falls spielt. Die Spuren führen zurück in die deutsch-deutsche Vergangenheit zu einer bisher unentdeckten, bizarren Mordserie und weiteren nicht minder grausamen Verbrechen.

Der leicht zu lesende, spannende und teilweise humorvolle Schreibstil von Ada Fink hat mir gut gefallen. Die Handlung ist vielschichtig und gut durchdacht und die beiden Ermittler sind völlig gegensätzliche Charaktere. Mit beiden musste ich erst warm werden, doch je mehr ich nach und nach über die Vergangenheit der beiden erfuhr, um so sympathischer wurden sie mir. Ulrike ist impulsiv und eigenbrötlerisch und ermittelt lieber alleine, Larssen ist als erfahrener Ermittler eher der ruhende Pol in der Ermittlung. Beide tragen private Probleme mit sich herum, die aber nicht über Gebühr im Mittelpunkt stehen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten werden sie aber immer mehr zu einem guten Team, das sich auch ohne Worte versteht.
Die Probleme der Nachwendezeit in der ostdeutschen Provinz mit Arbeitslosigkeit, maroder Bausubstanz, Tristesse und der Ausbreitung von rechtsextremen Tendenzen wurden sehr gut aufgegriffen und bildeten eine beklemmende Kulisse für den Fall.
Das stimmige Cover mit den hervorgehobene Zweigen, welches den Inhalt sehr gelungen unterstreicht, rundete alles noch ab.

Insgesamt ein spannender Krimi mit gut durchdachtem Plot, der einige Wendungen und ein furioses Ende aufweist. Die beiden Ermittler machen auf jeden Fall Lust auf eine Fortsetzung. Für diesen gelungenen Nachwendekrimi gibts von mir eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 12.04.2021
Nordwesttod / Soko St. Peter-Ording Bd.1
Jensen, Svea

Nordwesttod / Soko St. Peter-Ording Bd.1


sehr gut

Gelungener Auftakt für die Soko SPO
Mit „Nordwesttod“ startet eine neue Krimireihe mit viel Lokalkolorit, deren Handlungsort St. Peter-Ording ist.

Kommissarin Anna Wagner hat ihrer Heimat München den Rücken gekehrt und soll beim LKA in Kiel eine neue Stelle für Vermisstenfälle aufbauen. Ihr erster Fall führt sie nach St. Peter-Ording, wo die Hotelierstochter und Umweltaktivistin Nina Brechtmann vermisst wird. Zusammen mit dem örtlichen Dienststellenleiter Hendrik Norberg beginnt sie ihre Ermittlungen. Wurde die Tochter der einflussreichen Hoteliersfamilie entführt oder gar ermordet?

Die Autorin hat sich in ihrem Auftaktband viel Zeit genommen, um die Hauptpersonen einzuführen, was für den Beginn einer Reihe auch gut und richtig ist. Ich fand die Charaktere der beiden Ermittler Hendrik Norberg und Anna Wagner sehr sympathisch. Beide haben es in der Vergangenheit nicht leicht gehabt und suchen einen Neuanfang. Das Privatleben nimmt jedoch nicht mehr Raum als nötig ein, um die Charaktere mit der nötigen Tiefe zu versehen.
Hendrik hat sich nach dem Tod seiner Frau zur Schutzpolizei zurückversetzen lassen, um mehr Zeit für seine Söhne zu haben, und ist neuer Dienststellenleiter der Polizeistation. Als erfolgreicher Mordermittler ist dies ein herber Rückschritt für ihn, der ihm sehr zu schaffen macht.
Sein Verhalten gegenüber Anna ist zunächst sehr distanziert, als er jedoch erkennt, dass sie eine fähige Ermittlerin ist, taut er zusehends auf. Anna hat es nach einer unschönen Scheidung in den Norden verschlagen. Als sie Hendrik um Hilfe bei ihren Ermittlungen bittet, lässt ihn das wieder zu seiner alten Form auflaufen.
Der erste Fall für die beiden Ermittler gestaltet sich spannend und mit vielen Spuren und Verdächtigen. Annas Ermittlungen im privaten Umfeld fördern immer mehr Details aus Ninas Leben zu Tage. So ist ihr Verhältnis zu ihrer Familie kompliziert, ebenso wie ihr Privatleben, in dem es nicht nur einen Mann gibt.

Der eingängige Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Der Fokus lag auf den Ermittlungen, die sehr realistisch mit allen Höhen und Tiefen geschildert wurden. Der Fall war für mich realistisch und glaubwürdig, ebenso wie die Auflösung.

Ich habe die Lektüre auf jeden Fall sehr genossen. Für mich als Nordsee-Fan war es wie ein kleiner Urlaub an der Küste. Es war ein gelungener Mix aus sympathischen Ermittlern, einem spannenden, glaubhaften Fall und der beeindruckenden Küstenlandschaft von St. Peter-Ording.

Insgesamt war dies ein sehr gelungener Reihenauftakt mit viel Potential, der definitiv Lust auf weitere Fälle mit den Beiden macht.

Bewertung vom 21.03.2021
Die siebte Zeugin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.1
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Die siebte Zeugin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.1


sehr gut

Vielversprechende neue Justiz-Krimi-Reihe
An einem Sonntagmorgen verlässt der Verwaltungsbeamte Nikolas Nölting wie so oft zuvor das Haus um mit dem Fahrrad zur Bäckerei zu fahren. Er winkt noch seiner Tochter und schwingt sich aufs Fahrrad um wenige Minuten später in der Bäckerei plötzlich um sich zu schießen, scheinbar ohne jegliches Motiv. Ein Mensch ist sofort tot, zwei verletzt und Nölting lässt sich widerstandslos festnehmen. Zu seiner Tat schweigt er hartnäckig, auch seinem Strafverteidiger Rocco Eberhardt gegenüber, der an dem Fall schier verzweifelt. Aber er erhält Hilfe von dem Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer und von seinem Freund Tobias Baumann, einem Privatdetektiv.

Florian Schwiecker und Michael Tsokos legen mit diesem besonders authentischen Justiz-Krimi ihren ersten Fall für den Strafverteidiger Rocco Eberhardt und den Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer vor. Beide wissen genau worüber sie schreiben, denn Schwiecker ist selbst Strafverteidiger und Tsokos leitet das Institut für Rechtsmedizin an der Charité. Dementsprechend erscheint ihr erster gemeinsamer Fall außerordentlich realistisch und könnte durchaus jederzeit so passieren, was wirklich erschreckend ist. Mit wachsender Spannung verfolgt man als Leser den Prozess und ebenso Rocco Eberhardt bei seiner Suche nach dem Motiv. Je weiter der Prozess fortschreitet, erscheint der zuvor klare Fall in einem gänzlich anderen Licht, in dem die beiden letzten Zeugen die Wende bringen.
Kurze Kapitel mit wechselnden Schauplätzen sorgen für Spannung und ein ansteigendes Lesetempo. Glaubwürdige Charaktere und die Insider-Einblicke in die deutsche Justiz zusammen mit der realistischen Story machen für mich den besonderen Reiz dieses Debüts des Expertenduos aus. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der Anteil des Rechtsmediziners Dr. Jarmer an dem Fall größer gewesen wäre, aber das kann in der Fortsetzung ja noch kommen. Ich bin schon jetzt gespannt darauf.

Der spannende Justiz-Krimi aus der Feder von Schwiecker und Tsokos, der einen Blick hinter die Kulissen des deutschen Justiz gewährt hat mich von der ersten Seite an gefesselt und ich empfehle ihn gerne weiter.

Bewertung vom 20.03.2021
Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1
Mohlin, Peter;Nyström, Peter

Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

FBI-Agent ermittelt in der schwedischen Provinz
Der amerikanische FBI-Agent John Adderley muss nach einem missglückten Undercover-Einsatz ins Zeugenschutzprogramm. Er will unbedingt zurück nach Schweden, dem Land seiner Kindheit. In seiner Heimatstadt Karlstad wird gerade ein Cold Case neu aufgerollt. Vor 10 Jahren verschwand dort Emelie, die reiche Erbin eines Textilkonzerns spurlos. Ihre Leiche wurde nie gefunden. Der einzige Verdächtige damals wie heute ist Johns Halbbruder Billy, der jedoch seine Unschuld beteuert. John wird Teil des Ermittlerteams um die Wahrheit herauszufinden, da die Polizei bisher sehr einseitig ermittelt hat und keinen anderen Täter in Betracht zieht. Seine schwedischen Kollegen sind von seinen ungewöhnlichen Methoden nicht gerade begeistert, aber mit seiner FBI-Erfahrung legt er schon bald entscheidende Ergebnisse vor und bringt damit nicht nur sich selbst in tödliche Gefahr.

Der skandinavische Kriminalroman „Der andere Sohn“ ist das Debüt des Autorenduos Mohlin und Nyström und gleichzeitig der fulminante Auftakt einer neuen Krimi-Reihe, die im schwedischen Karlstad verortet ist. Trotz der über 500 Seiten war die Handlung so spannend, dass ich das Buch kaum zur Seite legen konnte. Alle Charaktere waren sehr lebensnah gezeichnet und ich konnte sie mir sehr gut vorstellen und mich in sie hineinversetzen. Besonders John Adderley als ehemaliger FBI-Agent mit schwedischen Wurzeln hat mir als Ermittler sehr gut gefallen. Er ist ein vielschichtiger Charakter. Trotz der Gefahr, dass seine Verfolger ihn aufspüren, kehrt er zurück nach Schweden, um die Schuld gegenüber seiner Familie zu begleichen und herauszufinden, ob sein Halbbruder wirklich unschuldig ist. Mit seinen ungewöhnlichen Methoden eckt er natürlich bei seinen Kollegen an, kann aber schon bald Ergebnisse vorweisen. Außerdem leidet er seit seinem Undercovereinsatz unter Panikattacken, die ihn immer im ungünstigsten Augenblick heimsuchen. Die Angst von seinen Verfolgern aufgespürt zu werden ist immer präsent. Seine verwandtschaftliche Verbindung zu seiner Mutter und seinem Stiefbruder machen die Ermittlungen auch nicht einfacher. Das alles macht ihn zu einem ungewöhnlichen und vielschichtigem Ermittler, der mir mit der Zeit immer mehr ans Herz wuchs.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen John und Heimer, dem Vater von Emelie. Mit John erleben wir den missglückten Undercovereinsatz und wie es zu seiner Rückkehr nach Schweden kam und folgen ihm dann bei seinen Ermittlungen. Durch Heimer bekommt man Einblicke in die Familienverhältnisse und wie die Eltern mit dem Verlust umgehen. In einem Rückblick erfahren wir auch aus Heimers Sicht was vor zehn Jahren geschah.

Der Wechsel zwischen den aktuellen Ermittlungen und den Einblicken in Emelies Familie und ihr früheres Leben sowie der Rückblick in die Vergangenheit sorgen für durchgängige Spannung und es ergibt sich dadurch Puzzleteil für Puzzleteil ein abgerundetes Bild des Falls. Der Fall findet am Ende eine überraschende Auflösung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Trotzdem gibt es noch einen fiesen Cliffhänger, der eine Fortsetzung vorbereitet. Ich bin gespannt, ob John Adderley dann wieder in Karlstad ermittelt.

Für mich hat das Autorenduo ein fulminantes Debüt hingelegt, das mit einer spannenden und komplexen Handlung und einem außergewöhnlichen und vielschichtigen Ermittler besticht. Für durchgängige Spannung sorgt nicht nur der Cold Case sondern auch Johns persönliche Geschichte, die hoffentlich bald eine Fortsetzung erfährt. Von mir gibts eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.02.2021
Die Frau vom Strand
Johann, Petra

Die Frau vom Strand


ausgezeichnet

Spannend und unvorhersehbar
Rebeccas Leben ist perfekt. Sie wohnt mit ihrer Frau Lucy in einem schönen Haus in Rerik an der Ostseeküste. Lucy arbeitet in Hamburg, während Rebecca sich um die gemeinsame Tochter Greta kümmert. Auf einem ihrer Strandspaziergänge trifft sie Julia und freundet sich mit ihr an, froh endlich eine Freundin gefunden zu haben. Ein paar Tage später ist Julia jedoch spurlos verschwunden und Rebecca muss bei ihren Nachforschungen feststellen, dass Julia sie in vielem belogen hat und ihre Begegnung am Strand offenbar kein Zufall war. Doch warum hat Julia ihre Nähe gesucht? Kurz darauf wird Lucy tot am Fuße der Klippen gefunden. Hauptkommissarin Edda Timm beginnt mit ihrem Todesteam zu ermitteln. War es ein Unfall, Suizid oder doch Mord?

Der Thriller von Petra Johann hat mich wirklich begeistert und auch überrascht. Ich hatte den Handlungsverlauf und die Auflösung ganz anders erwartet. Bereits nach den ersten paar Seiten war ich gefesselt und fand die sich komplex entwickelnde Handlung und die realistisch gezeichneten Charaktere äußerst spannend, besonders da einige sehr schwer zu durchschauen waren und es einige Verdächtige gab. Ich wollte unbedingt wissen, wer die Unbekannte vom Strand war und was sie von Rebecca wollte.
Der Reiz lag in den verschiedenen Erzählperspektiven. Der Anfang und das Ende ist aus Rebeccas Sicht erzählt und bietet einen direkten Einblick in ihre Gedanken und Gefühle. Im Mittelteil wechselt die Perspektive zu Edda Timm und den Ermittlungen zu Lucys Tod. Diese nehmen zwar viel Raum ein, sind aber sehr spannend, denn es gibt verschiedene Verdächtige, die alle etwas zu verbergen scheinen. Die Autorin legt immer wieder falsche Fährten und schaffte es mich mit dem Ende sprachlos zurückzulassen. Ein Blick in die menschlichen Abgründe ist garantiert. Für mich war das ein perfekter Psychothriller, der ohne großes Blutvergießen auskam und trotzdem spannend blieb bis zum Schluss.
Ich hoffe es gibt noch weitere Fälle für Edda Timm und ihr Todesteam. Ich würde sie auf jeden Fall gerne vor der stimmungsvollen Ostseekulisse wieder treffen.

Bewertung vom 02.02.2021
Der Mädchenwald (eBook, ePUB)
Lloyd, Sam

Der Mädchenwald (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Hänsel und Gretel im Mädchenwald
Die 13-Jährige Elissa wird während eines Schachturniers auf dem Parkplatz entführt. Als sie in einem dunklen Kellerverlies angekettet wieder zu sich kommt, scheint ihre Lage aussichtslos. Doch da entdeckt der 12-jährige Elijah ihr Verlies und beginnt sie zu besuchen. Elissa bittet ihn ihr bei der Flucht zu helfen, doch Elijah hat Angst, dass sein Leben aus den Fugen gerät, wenn die Wahrheit ans Licht kommt. Denn sie ist nicht das erste Mädchen, das ins Verlies gesperrt wurde.

In seinem düsteren Thriller „Der Mädchenwald“ hat Sam Lloyd ein überaus spannendes aber auch bedrückendes Entführungsszenario entworfen, dass mich schon nach kurzer Zeit packte und nicht mehr los ließ.
Die Handlung entfaltet sich in drei Handlungssträngen, die sich abwechseln: Elissas, Elijah und Maireads. Diese verschiedenen Perspektiven geben ein spannungsgeladenes Gesamtbild ab. Aus Elissas Sicht erlebt man die Entführung und ihre Gefangenschaft im Verlies hautnah mit. Sie ist ein starkes, kluges Mädchen und ihr analytisches Denken hilft ihr in ihrer schwierigen Lage. Elijah ist ein sehr schwer zu durchschauender Junge, der ein furchtbares Geheimnis hütet und Mairead, die ermittelnde Polizistin, setzt alles daran, um Elissa zu finden, obwohl sie selbst gerade in einer sehr schwierigen, persönlichen Lage ist. Die Wechsel in den jeweiligen Perspektiven sorgen für andauernde Spannung, so dass ich das Buch spätestens ab der Entführung nicht mehr beiseite legen konnte. Die Schilderungen ihrer Gefangenschaft sind allerdings sehr bedrückend und nur für starke Nerven geeignet. Der Schreibstil des Autors unterstreicht für mich sehr gut die unterschiedlichen Personen und ihre Lage, nüchtern was Elissa und Mairead betrifft und bildreich, wenn es um Elijah und den Mädchenwald geht. In die Handlung sind einige überraschende Wendungen eingebaut, die man nicht kommen sieht. Das Ende kommt dann völlig überraschend und hat mich atemlos zurückgelassen.

Mit „Der Mädchenwald“ ist Sam Lloyd ein absolut spannender, atmosphärischer Thriller mit einer gut durchdachten und wendungsreichen Handlung gelungen. Selten habe ich mit Protagonisten so mitgefiebert und mitgelitten wie hier. Ich werde mir den Autor merken und bin schon gespannt auf weitere Bücher von ihm.

Bewertung vom 18.01.2021
Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1
Hancock, Anne Mette

Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1


ausgezeichnet

Herausragendes, fesselndes Krimidebüt aus Dänemark
Anne Mette Hancock ist mit „Leichenblume“ ein großartiges Krimidebüt gelungen, das gleichzeitig auch Auftakt einer neuen Reihe ist.
Die Kopenhagener Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan erhält einen mysteriösen Brief von einer gesuchten Mörderin. Er enthält persönliche Dinge über Heloise, die eigentlich niemand wissen kann. Die Absenderin beging vor einigen Jahren einen grausamen Mord an einem prominenten Anwalt und verschwand spurlos. Woher hat sie die Informationen über Heloise und was will sie von ihr? Heloise beginnt auf eigene Faust zu recherchieren und begibt sich dabei in große Gefahr. Gleichzeitig erhält auch Kommissar Erik Schäfer einen neuen Hinweis auf die Gesuchte und rollt seinen alten Fall neu auf. Doch alle Spuren scheinen zu Heloise zu führen.

Hancocks Debüt hat alles, was einen guten skandinavischen Krimi ausmacht: eine spannende, wendungsreiche Handlung, kantige Charaktere und gesellschaftskritische Bezüge.
Das Buch ist sehr spannend geschrieben und fesselte mich von der ersten Seite. Für Tempo sorgen kurze Kapitel und eine straffe Handlung ohne überflüssige Beschreibungen oder Nebenschauplätze. Die Hauptcharaktere sind gut gewählt. Zum einen die sympathische Journalistin Heloise, die mit viel Engagement und Herzblut an ihre Arbeit herangeht, aber auch dunkle Flecken in ihrer Vergangenheit hat. Und zum anderen der kauzige und aufbrausende Kommissar Erik Schäfer, der das Herz auch auf dem rechten Fleck hat. Diese Ermittlerkombi hat mir sehr gut gefallen. Die wechselnden Perspektiven sorgen dafür, dass man Einblicke in die polizeilichen Ermittlungen, aber auch in Heloises Recherchen und die Täterin Anna Kiel bekommt. Erst kurz vor dem Ende erfahren wir die Hintergründe ihrer schrecklichen Bluttat. Die menschlichen Abgründe die sich auftun sind kaum zu begreifen und der Wunsch nach Rache nachvollziehbar. Das überraschende (aber auch glaubwürdige) Ende hat mich noch einige Zeit verfolgt.

Anne Mette Hancocks Krimidebüt hat zu Recht den dänischen Krimipreis erhalten und braucht sich vor anderen bekannten, skandinavischen Autoren nicht zu verstecken. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung „Narbenherz“, die im Sommer erscheinen wird.