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Benutzername: 
carowbr
Wohnort: 
Rheinland-Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 158 Bewertungen
Bewertung vom 14.09.2022
People Person
Carty-Williams, Candice

People Person


gut

Außer einem Vater, der nie für sie da gewesen ist, haben die fünf Geschwister Nikisha, Danny, Dimple, Lizzie und Prynce nichts gemeinsam. Bis ein einschneidendes Ereignis dazu führt, dass sich richtig kennenlernen und füreinander da sein müssen.

Der Roman ist aus Dimple‘s Sicht geschrieben, was die anderen Geschwister etwas in den Hintergrund rücken lässt. Dies ist mein erster Kritikpunkt, denn von den anderen Geschwistern hätte ich gerne mehr gelesen und auch ihre Sichtweisen kennengelernt. Die Geschichte ist zum mitfühlen, unterhaltsam, traurig, spannend - von allem etwas. Essenziell ist auch die schwarze Lebensrealität der Geschwister, denn es geht auch um ihr Leben mit Rassismus und Polizeigewalt. Ebenso werden die unterschiedlichen Hintergründe thematisiert, denen allen eine starke alleinerziehende Mutter gemein ist. Besonders gut hat mir die Ausarbeitung der unterschiedlichen Charaktere gefallen, dies hat das Buch ausgemacht. Der Schreibstil führt zu einem angenehmen Lesefluss, der fesselt und einen dazu bringt, immer weiter zu lesen.

Nach Beendigung des Buches würde ich sagen, dass das Thema ‚Familie‘ im Vordergrund steht, durch das auf den ersten 100 Seiten geschilderte (extreme) Ereignis zuerst aber einen anderen Eindruck vermittelt wird. Da ist für mich der Fokus abhanden gekommen und es wirkte etwas skurril und übertrieben.
Nichtsdestotrotz hat der Schreibstil für mich einiges rausgeholt, daher würde ich 3,5 Sterne vergeben.

Bewertung vom 28.08.2022
Church Ladies - SWR Bestenliste Oktober 2022
Philyaw, Deesha

Church Ladies - SWR Bestenliste Oktober 2022


ausgezeichnet

Die Autorin schreibt in diesen 9 Kurzgeschichten von Glaube, Weiblichkeit, Sexualität, Wertvorstellungen, Familie, Verlust und natürlich Liebe. Sie zeigt verschiedene Lebensrealitäten schwarzer Frauen, die gesellschaftliche und moralische Konventionen brechen.

Die Geschichten sind aus dem Leben gegriffen, berührend erzählt und man taucht für kurze Zeit in ein anderes Leben ein. Dabei sind sie in sich abgeschlossen und stimmig, geben durch ihre Länge natürlich nur einen kurzen Einblick, lassen einen aber nicht verwirrt zurück, wie dies bei manch anderen Kurzgeschichten der Fall ist. Die Autorin schafft es, jede ihrer Protagonistinnen in eine Generationenerzählung einzubeziehen und neben dem Glauben ist auch die Mutterfigur meist sehr präsent. Als Leser:in wird man bestimmt in der ein oder anderen Geschichte Gefühle oder Denkmuster wiedererkennen, was am bewegenden und einfühlsamen Stil der Autorin liegt. Auch denen, die normalerweise keine Kurzgeschichten lesen, könnte das Buch gefallen, da es inhaltlich einen roten Faden hat und ein rundes Leseerlebnis bietet.

Bewertung vom 21.08.2022
Die Rückkehr der Kraniche
Fölck, Romy

Die Rückkehr der Kraniche


ausgezeichnet

Als Gretes Mutter stürzt, kommen ihre Schwester Freya aus ihrem hektischen Leben in Berlin und ihre Tochter Anne aus ihrer Studienstadt, um Grete zu unterstützen. Durch die gemeinsame Zeit im Elternhaus brechen alte Wunden auf und die Frauen müssen sich ihrer Vergangenheit stellen.

Die Autorin schafft es, durch ihren einfühlsamen und bildhaften Schreibstil, ein heimeliges und malerisches Bild der Natur zu zeichnen und die Figuren zum Leben zu erwecken. In der Familie Hansen hat jede ihre Geheimnisse und ihre Geschichte, die alle miteinander verwoben sind. Erzählt wird vor allem aus der Sicht von Grete und Freya, aber auch Anne kommt immer wieder zu Wort. Man taucht in jeden Blickwinkel ein und kann dadurch die einzelnen Beweggründe nachvollziehen. Diese intensive Familiengeschichte ist eingebettet in die melancholisch stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen, die ergänzt werden durch Vogelbeobachtungen und einer großen Wertschätzung für das Leben in der Natur. Die Sorgen und Gefühle der Frauen sind nachvollziehbar und berührend erzählt, da ist Gretes Angst vorm Älterwerden und ihre Härte zu sich selbst, Freyas unerfüllter Kinderwunsch und Annes Liebeskummer und die Suche nach ihrem Platz auf der Welt.

Ein atmosphärischer, tiefgründiger Roman, der seine Charaktere und die Landschaft in der sie wandeln, wertschätzt und bewundert. Ein tolles Leseerlebnis!

Bewertung vom 14.08.2022
Die karierten Mädchen / Heimkehr-Trilogie Bd.1
Hennig von Lange, Alexa

Die karierten Mädchen / Heimkehr-Trilogie Bd.1


sehr gut

Die Geschichte der ‚karierten Mädchen‘ ist angelehnt an die Kassettenaufnahmen der Großmutter der Autorin und erzählt von Klara, die sich im Alter von über 90 Jahren ihrer Vergangenheit während des Nationalsozialismus stellt.

Obwohl aus der Gegenwart erzählt, geht es im Buch fast ausschließlich um die Erlebnisse der jungen Klara in den 1930ern und 40ern. Eindringlich und fesselnd beschreibt die Autorin die damalige Zeit und schildert, wie die Protagonistin reichlich naiv zur Mitläuferin des NS-Regimes wird. Auch wenn man dies gesamtgesellschaftlich kritisieren sollte, ist dies die Realität gewesen. Natürlich möchten heute die Wenigsten hören, dass die eigenen Großeltern nicht im Widerstand waren, worüber sonst die meisten Bücher handeln. Es ist also eine etwas andere Perspektive, als ich sie sonst bisher in dieser Art von Büchern gesehen habe, dadurch jedoch sehr interessant. Die Schreibweise lässt einen in eine andere Zeit eintauchen und man verfolgt Klara‘s Weg gebannt. Das Ende lässt einige Fragen offen und ich bin gespannt, wie es weitergeht.

Bewertung vom 09.08.2022
Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1
Getz, Kristine

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1


gut

Als die kleine Tochter einer bekannten Influencerin verschwindet, ist ganz Norwegen in Aufruhr. Die Ermittlerin Emer Murphy ist eigentlich wegen einen Zusammenbruchs krank geschrieben, aber der Fall berührt sie und sie beginnt, zu ermitteln.

Die Story ist spannend aufgebaut, erzählt wird aus den verschiedenen Perspektiven der hauptsächlichen Charaktere und auch die Community der Bloggerin Lotte kommt zu Wort. Dadurch kann man beim lesen miträtseln, wofür die Autorin auch einige Spuren legt. Für einen Thriller fand ich die Spannung okay, ich habe es recht schnell fertig gelesen, habe mich aber an keiner Stelle gegruselt oder geekelt.

Inhaltlich habe ich mich an einigen Punkten gestoßen, insgesamt war die Story letztendlich dann doch ganz rund, wirkte aber teilweise konstruiert. Gleich auf den ersten (bestimmt hundert) Seiten wird dauernd auf Geschehnisse in der Vergangenheit hingewiesen oder Sachverhalte angedeutet, von denen man als Leser:in zu diesem Zeitpunkt noch nichts weiß, man hat aber auch zu wenige Anhaltspunkte, um in irgendeine Richtung zu spekulieren und so hangelt man sich von Andeutung zu Andeutung, ohne das Jetzt zu verstehen.

Ein weiterer Punkt waren die Charaktere, davon war mir keiner wirklich sympathisch. Die Ermittlerin Emer, die eigentlich krank geschrieben ist, ermittelt trotzdem und ist eigentlich nicht arbeitsfähig. Die Ausgangslage hätte man nutzen können, die Leser:innen für psychische Erkrankungen zu sensibilisieren, stattdessen ‚muss‘ die Ermittlerin ihre Probleme verstecken, durchhalten und die Einnahme von Psychopharmaka wird stigmatisiert. Natürlich muss keiner der Charaktere sympathisch sein, ich fiebere nur lieber mit netten Protagonisten mit.

Zusammenfassend hat mir der Stil gut gefallen, angenehm zu lesen, nicht verschachtelt oder verphilosophiert. Bei der Story haperte es für mich etwas, auch bei der Auflösung gegen Ende, daher nur 3 Sterne.

Bewertung vom 03.08.2022
Lesereise Ligurien
Olderdissen, Bernadette

Lesereise Ligurien


sehr gut

Bei dieser Lesereise begleitet man die Autorin durch die verschiedenen Ecken von Ligurien. Dabei lernt man einheimische Künstler, Handwerker, Bäcker und weitere Bewohner des Landstrichs kennen, die die Leser:innen von den Besonderheiten der Landschaft, Kulinarik, Architektur und Schätze überzeugen können. Die Autorin schreibt so lebendig und mitreißend, dass man das Gefühl hat, mittendrin zu sein. Neben den historischen Hintergründen werden auch Mythen und Erzählungen eingearbeitet, die ihren Weg bis in die Gegenwart finden.
Jedes Kapitel widmet sich einem bestimmten Thema, dadurch ist das Buch angenehm aufgebaut und strukturiert. Aufgrund der handlichen Größe passt es gut in jede Reisetasche.
Etwas schade war es beim lesen, zu den informativen und unterhaltsamen Ausführungen keine Bilder zu haben, dies hätte das Gelesene nochmal veranschaulicht.

Mit diesem Hintergrundwissen ausgestattet, kann der nächste Urlaub in Ligurien kommen und man kann die schöne Natur und das gute Essen noch mehr genießen.

Bewertung vom 01.08.2022
Die Ewigkeit ist ein guter Ort
Noort, Tamar

Die Ewigkeit ist ein guter Ort


gut

Die junge Pastorin Elke vergisst am Sterbebett einer älteren Dame alle Gebete, eigentlich alles, was mit Gott zu tun hat, sie nennt es Gottdemenz. Dies ist jedoch eher Symptom als Ursache, denn Elke weiß nicht, was sie mit sich und ihrem Leben anfangen soll und muss sich nun auf die Suche nach einem Sinn und der Ursache ihrer ‚Erkrankung’ machen.

Auf unterhaltsame Art erzählt die Autorin diese Geschichte, die mich vom Klappentext her angesprochen hat. Das Buchcover ist passend minimalistisch und farblich gedämmt gestaltet, denn es geht für die Protagonistin Elke eigentlich um die Bewusstwerden ihrer Trauer um den Verlust ihres Bruders. Leider ist Elke mir durch das gesamte Buch hinweg unsympathisch geblieben, ich empfand sie als egoistisch und unselbstständig und ihre Handlungen teilweise als zu skurril, um vielleicht doch noch auf liebenswerte Art anders zu sein. Auch wenn mir der Stil des Buches gefallen hat, der Aufbau gelungen und das Ende stimmig ist, ich wurde nicht warm mit der Protagonistin, was am Ende dazu geführt hat, dass ich froh war, als ich das Buch fertig gelesen hatte. Wenn man darüber hinweg sehen kann, ist das Buch vielleicht empfehlenswert für jene, die sich mit der Frage nach Gott (gibt es einen, wenn ja, wie finde ich ihn?) auseinandersetzen möchten.

Bewertung vom 25.07.2022
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Bervoets, Hanna

Dieser Beitrag wurde entfernt


gut

Kayleigh's Job als Content-Managerin bei Hexa ist zwar gut bezahlt, aber die Arbeitsbedingungen sind hart. Als sie dort Sigrid kennenlernt, scheint ihr Leben wieder bergauf zu gehen. Nach und nach wird klar, wie sehr die tägliche Auseinandersetzung mit den menschlichen Abgründen die Mitarbeiter abstumpfen lässt, einzig Kayleigh scheint mit der Belastung umgehen zu können.

Die Story ist als Schriftstück an den Anwalt der anderen Mitarbeiter verfasst, der diese bei der Sammelklage gegen den Arbeitgeber vertreten hat und wird daher von hinten aufgerollt. Da die Seitenzahl knapp bemessen ist, werden manche Themen nur angerissen und man erhält lediglich einen kleinen Einblick in die Geschehnisse. Durch den Klappentext hatte ich den Schwerpunkt des Buches eher bei der Arbeit der Protagonistin als solches gesehen, eine Kritik an der Monopolstellung von Social-Media-Unternehmen vielleicht, oder das Schaffen eines Bewusstseins für die wichtige und belastende Tätigkeit als Prüferin der Inhalte. Es ist eher die Geschichte einer Beziehung, die sich, bedingt durch die Arbeit, in einen Abwärtsstrudel begibt und an deren Ende niemand mehr weiß, was richtig und falsch ist. Alles endet ziemlich abrupt, und die anfänglichen Ausführungen zu den Gründen für das Verfassen des Schreibens an den Anwalt, erschlossen sich mir nicht. Der Schreibstil hingegen hat mir sehr gut gefallen, die Handlung wird eindringlich und bedrückend beschrieben und Spannung aufgebaut.
Insgesamt war mir das Buch zu kurz (auch zu teuer für 100 Seiten), die Handlung irgendwie verworren und zu überladen mit verschiedenen Themen. Positiv hervorzuheben ist das verträumte Cover und der angenehme Schreibstil, daher noch 3 Sterne.

Bewertung vom 18.07.2022
Violeta
Allende, Isabel

Violeta


ausgezeichnet

Violeta erzählt in diesem in Romanform verfassten Brief an ihren Enkel die Geschichte ihres Lebens. In politisch unwägbaren Zeiten geht sie ihren Weg, begleitet von leidenschaftlichen Affären, dem Leben in der Natur, den prägenden Beziehungen zu Familie und Freunden und schließlich dem Kampf für die Rechte der Frauen.

Isabell Allende zeichnet das Bild einer starken Frau, die sich von den privaten und politischen Umbrüchen in ihrem Leben nicht unterkriegen lässt. Dabei ist ihr Charakter nicht statisch, sondern entwickelt sich im Verlauf der Jahrzehnte immer weiter, simultan mit der Geschichte des Landes (Chile). Dieses ist von Unruhen und Klassenunterschieden geprägt, was durch die unterschiedlichen politischen Ansichten der Figuren kommentiert und eingeordnet wird. Auch die untergeordnete Rolle der Frau wird durch Violetas eigensinnige Art immer wieder in Frage gestellt. Es ist jedoch nicht so, dass die Hauptfigur seit jeher eine Kämpferin für das Gute war, gerade in jungen Jahren hinterfragt sie vieles nicht oder fällt in veraltete Muster zurück. Diese Evolution hat mir gut gefallen, weil es bei einer Rückschau auf ein 100-jähriges Leben realistisch wirkte. Der Stil von Allende ist berührend und unterhaltsam, und die Geschichte fesselnd aufgebaut. Gespickt mit Lebensweisheit und Stärke, ist dieses Werk nicht nur für Allende-Fans geeignet, sondern auch für alle Anderen, die starke Frauencharaktere und biographische Erzählungen zu schätzen wissen.

Bewertung vom 17.07.2022
Der Brand
Krien, Daniela

Der Brand


ausgezeichnet

Rahel und Peter sind seit Jahren verheiratet, die Kinder aus dem Haus, aber in den letzten Jahren haben sie sich immer weiter voneinander entfernt. Ein Sommerurlaub in den Bergen soll für die Klarheit sorgen, der sie im Alltag keinen Raum geben.

Dieses Buch ist eine Momentaufnahme des 3-wöchigen Urlaubes, der Erinnerungen hervorruft, zu Erkenntnissen verhilft, Verletzungen in Worte fasst und das Innere der Protagonistin Rahel nach außen kehrt. Die Schreibweise der Autorin Daniela Krien stellt eine Nähe und Intimität zu ihren Figuren her, die das Gefühl geben, selbst ein Teil der Geschichte zu sein. Dabei wird nichts beschönigt oder romantisiert, die Darstellung der Ehe klingt wie aus dem Leben gegriffen. Die Fragen, die sich das Paar zu ihrer Liebe, ihrer Ehe und ihrem Leben stellt, sind lebensnah und regen zum nachdenken und philosophieren an. Die ausgelösten Gedanken und Gefühle erzeugen eine Faszination und Spannung, durch die ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Nach ‚Die Liebe im Ernstfall‘ war dies mein zweites Werk der Autorin, und es wird nicht das letzte gewesen sein.