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Benutzername: 
carowbr
Wohnort: 
Rheinland-Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 154 Bewertungen
Bewertung vom 09.08.2022
Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1
Getz, Kristine

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1


gut

Als die kleine Tochter einer bekannten Influencerin verschwindet, ist ganz Norwegen in Aufruhr. Die Ermittlerin Emer Murphy ist eigentlich wegen einen Zusammenbruchs krank geschrieben, aber der Fall berührt sie und sie beginnt, zu ermitteln.

Die Story ist spannend aufgebaut, erzählt wird aus den verschiedenen Perspektiven der hauptsächlichen Charaktere und auch die Community der Bloggerin Lotte kommt zu Wort. Dadurch kann man beim lesen miträtseln, wofür die Autorin auch einige Spuren legt. Für einen Thriller fand ich die Spannung okay, ich habe es recht schnell fertig gelesen, habe mich aber an keiner Stelle gegruselt oder geekelt.

Inhaltlich habe ich mich an einigen Punkten gestoßen, insgesamt war die Story letztendlich dann doch ganz rund, wirkte aber teilweise konstruiert. Gleich auf den ersten (bestimmt hundert) Seiten wird dauernd auf Geschehnisse in der Vergangenheit hingewiesen oder Sachverhalte angedeutet, von denen man als Leser:in zu diesem Zeitpunkt noch nichts weiß, man hat aber auch zu wenige Anhaltspunkte, um in irgendeine Richtung zu spekulieren und so hangelt man sich von Andeutung zu Andeutung, ohne das Jetzt zu verstehen.

Ein weiterer Punkt waren die Charaktere, davon war mir keiner wirklich sympathisch. Die Ermittlerin Emer, die eigentlich krank geschrieben ist, ermittelt trotzdem und ist eigentlich nicht arbeitsfähig. Die Ausgangslage hätte man nutzen können, die Leser:innen für psychische Erkrankungen zu sensibilisieren, stattdessen ‚muss‘ die Ermittlerin ihre Probleme verstecken, durchhalten und die Einnahme von Psychopharmaka wird stigmatisiert. Natürlich muss keiner der Charaktere sympathisch sein, ich fiebere nur lieber mit netten Protagonisten mit.

Zusammenfassend hat mir der Stil gut gefallen, angenehm zu lesen, nicht verschachtelt oder verphilosophiert. Bei der Story haperte es für mich etwas, auch bei der Auflösung gegen Ende, daher nur 3 Sterne.

Bewertung vom 03.08.2022
Lesereise Ligurien
Olderdissen, Bernadette

Lesereise Ligurien


sehr gut

Bei dieser Lesereise begleitet man die Autorin durch die verschiedenen Ecken von Ligurien. Dabei lernt man einheimische Künstler, Handwerker, Bäcker und weitere Bewohner des Landstrichs kennen, die die Leser:innen von den Besonderheiten der Landschaft, Kulinarik, Architektur und Schätze überzeugen können. Die Autorin schreibt so lebendig und mitreißend, dass man das Gefühl hat, mittendrin zu sein. Neben den historischen Hintergründen werden auch Mythen und Erzählungen eingearbeitet, die ihren Weg bis in die Gegenwart finden.
Jedes Kapitel widmet sich einem bestimmten Thema, dadurch ist das Buch angenehm aufgebaut und strukturiert. Aufgrund der handlichen Größe passt es gut in jede Reisetasche.
Etwas schade war es beim lesen, zu den informativen und unterhaltsamen Ausführungen keine Bilder zu haben, dies hätte das Gelesene nochmal veranschaulicht.

Mit diesem Hintergrundwissen ausgestattet, kann der nächste Urlaub in Ligurien kommen und man kann die schöne Natur und das gute Essen noch mehr genießen.

Bewertung vom 01.08.2022
Die Ewigkeit ist ein guter Ort
Noort, Tamar

Die Ewigkeit ist ein guter Ort


gut

Die junge Pastorin Elke vergisst am Sterbebett einer älteren Dame alle Gebete, eigentlich alles, was mit Gott zu tun hat, sie nennt es Gottdemenz. Dies ist jedoch eher Symptom als Ursache, denn Elke weiß nicht, was sie mit sich und ihrem Leben anfangen soll und muss sich nun auf die Suche nach einem Sinn und der Ursache ihrer ‚Erkrankung’ machen.

Auf unterhaltsame Art erzählt die Autorin diese Geschichte, die mich vom Klappentext her angesprochen hat. Das Buchcover ist passend minimalistisch und farblich gedämmt gestaltet, denn es geht für die Protagonistin Elke eigentlich um die Bewusstwerden ihrer Trauer um den Verlust ihres Bruders. Leider ist Elke mir durch das gesamte Buch hinweg unsympathisch geblieben, ich empfand sie als egoistisch und unselbstständig und ihre Handlungen teilweise als zu skurril, um vielleicht doch noch auf liebenswerte Art anders zu sein. Auch wenn mir der Stil des Buches gefallen hat, der Aufbau gelungen und das Ende stimmig ist, ich wurde nicht warm mit der Protagonistin, was am Ende dazu geführt hat, dass ich froh war, als ich das Buch fertig gelesen hatte. Wenn man darüber hinweg sehen kann, ist das Buch vielleicht empfehlenswert für jene, die sich mit der Frage nach Gott (gibt es einen, wenn ja, wie finde ich ihn?) auseinandersetzen möchten.

Bewertung vom 25.07.2022
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Bervoets, Hanna

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gut

Kayleigh's Job als Content-Managerin bei Hexa ist zwar gut bezahlt, aber die Arbeitsbedingungen sind hart. Als sie dort Sigrid kennenlernt, scheint ihr Leben wieder bergauf zu gehen. Nach und nach wird klar, wie sehr die tägliche Auseinandersetzung mit den menschlichen Abgründen die Mitarbeiter abstumpfen lässt, einzig Kayleigh scheint mit der Belastung umgehen zu können.

Die Story ist als Schriftstück an den Anwalt der anderen Mitarbeiter verfasst, der diese bei der Sammelklage gegen den Arbeitgeber vertreten hat und wird daher von hinten aufgerollt. Da die Seitenzahl knapp bemessen ist, werden manche Themen nur angerissen und man erhält lediglich einen kleinen Einblick in die Geschehnisse. Durch den Klappentext hatte ich den Schwerpunkt des Buches eher bei der Arbeit der Protagonistin als solches gesehen, eine Kritik an der Monopolstellung von Social-Media-Unternehmen vielleicht, oder das Schaffen eines Bewusstseins für die wichtige und belastende Tätigkeit als Prüferin der Inhalte. Es ist eher die Geschichte einer Beziehung, die sich, bedingt durch die Arbeit, in einen Abwärtsstrudel begibt und an deren Ende niemand mehr weiß, was richtig und falsch ist. Alles endet ziemlich abrupt, und die anfänglichen Ausführungen zu den Gründen für das Verfassen des Schreibens an den Anwalt, erschlossen sich mir nicht. Der Schreibstil hingegen hat mir sehr gut gefallen, die Handlung wird eindringlich und bedrückend beschrieben und Spannung aufgebaut.
Insgesamt war mir das Buch zu kurz (auch zu teuer für 100 Seiten), die Handlung irgendwie verworren und zu überladen mit verschiedenen Themen. Positiv hervorzuheben ist das verträumte Cover und der angenehme Schreibstil, daher noch 3 Sterne.

Bewertung vom 18.07.2022
Violeta
Allende, Isabel

Violeta


ausgezeichnet

Violeta erzählt in diesem in Romanform verfassten Brief an ihren Enkel die Geschichte ihres Lebens. In politisch unwägbaren Zeiten geht sie ihren Weg, begleitet von leidenschaftlichen Affären, dem Leben in der Natur, den prägenden Beziehungen zu Familie und Freunden und schließlich dem Kampf für die Rechte der Frauen.

Isabell Allende zeichnet das Bild einer starken Frau, die sich von den privaten und politischen Umbrüchen in ihrem Leben nicht unterkriegen lässt. Dabei ist ihr Charakter nicht statisch, sondern entwickelt sich im Verlauf der Jahrzehnte immer weiter, simultan mit der Geschichte des Landes (Chile). Dieses ist von Unruhen und Klassenunterschieden geprägt, was durch die unterschiedlichen politischen Ansichten der Figuren kommentiert und eingeordnet wird. Auch die untergeordnete Rolle der Frau wird durch Violetas eigensinnige Art immer wieder in Frage gestellt. Es ist jedoch nicht so, dass die Hauptfigur seit jeher eine Kämpferin für das Gute war, gerade in jungen Jahren hinterfragt sie vieles nicht oder fällt in veraltete Muster zurück. Diese Evolution hat mir gut gefallen, weil es bei einer Rückschau auf ein 100-jähriges Leben realistisch wirkte. Der Stil von Allende ist berührend und unterhaltsam, und die Geschichte fesselnd aufgebaut. Gespickt mit Lebensweisheit und Stärke, ist dieses Werk nicht nur für Allende-Fans geeignet, sondern auch für alle Anderen, die starke Frauencharaktere und biographische Erzählungen zu schätzen wissen.

Bewertung vom 17.07.2022
Der Brand
Krien, Daniela

Der Brand


ausgezeichnet

Rahel und Peter sind seit Jahren verheiratet, die Kinder aus dem Haus, aber in den letzten Jahren haben sie sich immer weiter voneinander entfernt. Ein Sommerurlaub in den Bergen soll für die Klarheit sorgen, der sie im Alltag keinen Raum geben.

Dieses Buch ist eine Momentaufnahme des 3-wöchigen Urlaubes, der Erinnerungen hervorruft, zu Erkenntnissen verhilft, Verletzungen in Worte fasst und das Innere der Protagonistin Rahel nach außen kehrt. Die Schreibweise der Autorin Daniela Krien stellt eine Nähe und Intimität zu ihren Figuren her, die das Gefühl geben, selbst ein Teil der Geschichte zu sein. Dabei wird nichts beschönigt oder romantisiert, die Darstellung der Ehe klingt wie aus dem Leben gegriffen. Die Fragen, die sich das Paar zu ihrer Liebe, ihrer Ehe und ihrem Leben stellt, sind lebensnah und regen zum nachdenken und philosophieren an. Die ausgelösten Gedanken und Gefühle erzeugen eine Faszination und Spannung, durch die ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Nach ‚Die Liebe im Ernstfall‘ war dies mein zweites Werk der Autorin, und es wird nicht das letzte gewesen sein.

Bewertung vom 12.07.2022
Heimliche Versuchung / Commissario Brunetti Bd.27
Leon, Donna

Heimliche Versuchung / Commissario Brunetti Bd.27


ausgezeichnet

Eine Mutter, die sich Sorgen um ihren Sohn im Teenageralter macht - eigentlich kein Fall für Brunetti. Als dann ihr Mann ins Krankenhaus geliefert wird, muss Brunetti versuchen, die einzelnen Puzzleteile zusammen zu setzen und die richtigen Spuren zu verfolgen.

Bereits der 27. Fall für Commissario Brunetti und wie immer voller Lokalkolorit, italienischer Lebensart und einem Ermittler, der jedem Geheimnis auf der Spur ist. Spannend bis zum letzten Kapitel, entspinnt sich ein Fall, der typisch für die Reihe ist und jedem Fan und auch Erstlesern gefallen wird.

Bewertung vom 06.07.2022
Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2
Abel, Susanne

Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2


sehr gut

Nachdem es im im ersten Band der Reihe um die Geschichte von Tom's Mutter Greta ging, beschäftigt sich der zweite Band nun mit Tom's Vater Konrad. Dieser verlor im Krieg seine ganze Familie und baute sich mit Greta ein neues Leben als Arzt auf. Besonders im Vordergrund steht dabei die Thematik der medizinischen Experimente der Nazis und deren Ansichten zu 'unwertem Leben', Fortpflanzung und deren Unterdrückung, sowie auch die gererationenübergreifende Auseinandersetzung mit Schuld in der eigenen Familie.

Der Aufbau des ersten Bandes setzt sich auch hier fort und die Geschichte springt zwischen der Vergangenheit, in der Konrad aufwächst und seinen Weg findet und der Gegenwart, in der sich Tom um seine demente Mutter kümmert und seinen neuen Alltag als Partner und Vater genießt. Der Stil ist mitreißend und eingängig und stellt das Leben der Handelnden auf umfassende Weise dar. Besonders gelungen empfand ich, wie auch im ersten Band bei Gretchen, den Erzählstrang aus Konrads Vergangenheit, dieser wird detailgetreu und einfühlsam ausgeführt. Durch die Alzheimer-Erkrankung von Greta bleibt ihr Charakter in der Gegenwart etwas blass und das Buch konzentriert sich auf die übrigen Personen. Diesen fehlt es weder an Zeit noch an Geld, um sich voll und ganz auf den Protagonisten Tom zu konzentrieren, der zwischen untrübbaren Glücksgefühlen und Alkoholabstürzen hin- und her pendelt. Dennoch bleibt die Handlung der Jetztzeit irgendwie platt und klischeehaft.
Aufgrund der zeitübergreifenden Thematik und der Auseinandersetzung mit Konrads Vergangenheit hat mir das Buch im Gesamten dennoch gut gefallen.

Bewertung vom 29.06.2022
Stay away from Gretchen / Gretchen Bd.1
Abel, Susanne

Stay away from Gretchen / Gretchen Bd.1


sehr gut

Der erfolgreiche Moderator und Journalist Tom Monderath sieht sich damit konfrontiert, dass seine schlagfertige und einst so selbstständige Mutter Greta an Demenz erkrankt ist. Dies rüttelt sein geschäftiges Leben durcheinander, denn längst verdrängte Erinnerungen seiner Mutter werden bei ihr immer präsenter. Tom forscht in ihrer Vergangenheit und erkennt, wie wenig er eigentlich über Greta weiß..

In Rückblenden springt die Erzählung zwischen der Gegenwart im Jahre 2015 und Gretas Kindheit und Jugend im Kriegs- und Nachkriegsdeutschland der 40er und 50er. Der Schreibstil ist fesselnd und einfühlsam, die Geschichte spannend aufgebaut. Tom wird als gehetzter und arroganter Mittvierziger beschrieben, für den die Krankheit seiner Mutter eine Belastung darstellt. Bedingt durch ihre Demenz, bleibt der Charakter von Greta in der Gegenwart etwas blass, dafür ist die Darstellung ihrer Jugend sehr lebendig und zeigt eine starke junge Frau. Die Thematik des Rassismuss in der Nachkriegszeit habe ich so noch nicht gelesen und empfand ich als aufschlussreich und aufrüttelnd. Die Ereignisse überschlugen sich gegen Ende hin sehr und doch lief alles irgendwie vorhersehbar ab, das hat mich dann doch etwas gestört. Auch wurde Tom über die 400 Seiten hinweg nicht unbedingt sympathischer und sein Charakter blieb mir irgendwie fremd.
Dennoch hat mir das Buch an sich gut gefallen, der Aufbau der Geschichte ist gelungen und lässt einige offene Fäden zurück, die dann hoffentlich im zweiten Band aufgegriffen werden.

Bewertung vom 24.06.2022
Virginia und die neue Zeit / Die Liebenden von Bloomsbury Bd.1
Martin, Stefanie H.

Virginia und die neue Zeit / Die Liebenden von Bloomsbury Bd.1


sehr gut

Dieses Buch ist der erste Band einer Reihe über diesen illustren Kreis von Künstlern, Autoren und Philosophen, genannt die Bloomsberries, im Besonderen über Virginia Woolf, Vanessa Bell und Vita Sackville-West.
Anfang des 20. Jahrhunderts müssen die Schwestern Virginia und Vanessa den Verlust ihrer Eltern verkraften und ziehen mit ihren Brüdern in ein Haus am Gordon Square. Durch die Freunde der Brüder bildet sich bald ein Freundeskreis, in dem philosophiert, unkonventionell gedacht und sich ohne Tabus ausgetauscht wird. Für die Schwestern sind die gesellschaftlichen Konventionen dieser Zeit wie Fesseln und jede möchte ihren eigenen Weg gehen..

Auch wenn der erste Band Virginia zum Titel hat, handelt er doch gleichermaßen von ihr und ihrer Schwester, ihrer Verbundenheit aber auch ihrem ständigen Wettkampf und ihrer Eifersucht. Obwohl die Erzählung zeitweise ihre Längen hat, fängt sie den Zeitgeist ein und stellt vor allem den komplexen Charakter von Virginia in seiner Zerrissenheit zwischen Depression und Genialität dar. Die aufwendige Recherche entfaltet beim lesen ihre Wirkung, nie kam es mir vor wie eine Aneinanderreihung von zusammengetragenen Informationen, sondern klang wie aus einem Fluss. Gespickt mit Briefwechseln des Freundeskreises, erweitert die Autorin die Perspektive der Leser:innen um die Leben und Blickwinkel ebendieser. Besonders sympathisch fand ich am Ende des Buches niemanden, war jedoch fasziniert von der Darstellung der verschiedenen Gedanken und Schicksale. Frei von Kitsch oder Romantisierung, stellt es das Leben der Gruppe auf nahbare Weise dar und man kann eintauchen in eine Welt voll literarischer Ergüsse. Mit diesem Buch im Hinterkopf, werde ich mich demnächst an Virginia Woolfs Werke heranwagen.