Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Fornika
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 378 Bewertungen
Bewertung vom 23.03.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


sehr gut

Andrew Green hat mindestens so viele Freunde wie Feinde, hat er doch nicht weniger als das Stadtbild von New York verändert, was natürlich nicht jedem gefällt. Umso schwieriger wird die Suche nach dem Warum, als er urplötzlich auf der Schwelle seines eigenen Hauses ermordet wird.

Ich habe noch nie von Andrew Green gehört, und so wie der Autor den Sachverhalt schildert, bin ich da nicht die Einzige. Dabei hat er nicht nur auf die Zusammenführung von Greater New York hingewirkt, sondern war auch maßgeblich an der Entstehung des Central Park beteiligt. Umso besser, dass ihm Jonathan Lee ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Dieser schildert als Rahmenhandlung die Mordermittlungen nach dem Tod Greens und blickt dabei auf sein Leben zurück. Ich habe die Lebensgeschichte Greens mit großem Interesse gelesen, sein Aufstieg aus recht einfachen Verhältnissen war hart erarbeitet und sicherlich nicht ohne Hindernisse. Aber auch die Ermittlungen von Inspector McClusky lesen sich sehr abwechslungsreich und haben mich schnell gefesselt. Es handelt sich hier zwar nicht um einen klassischen Krimi, aber mich hat die Mischung sehr angesprochen. Lees Stil gefällt mir ebenfalls sehr gut, er wählt seine Worte mit Bedacht und lässt auch sprachlich vergangene Zeiten aufleben ohne auch nur ansatzweise altbacken zu wirken. Sein Roman ist interessant, mal skurril, mal witzig, oft auch traurig, doch immer kurzweilig. Mir hat er sehr gut gefallen.

Bewertung vom 15.03.2022
Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1
Gray, Gloria;Felder, Robin

Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1


gut

Einst zog es Vikki aus ihrem Kuhkaff Übertreibling in die Großstadt München, stürzte sich dort ins glitzernde, regenbogenfarbene Nachtleben. Hinter sich gelassen hat sie damit auch die kleingeistigen Nörgler und Mobber, allen voran DEN Toni. Eben JENER Toni, der Vikki auch fern ihrer Heimat immer wieder bedroht hat, und jetzt zu allem Überfluss auch noch aus dem Gefängnis verschwunden ist. Doch ist er wirklich ihretwegen abgehauen? Vikki wäre nicht Vikki, würde sie nicht die Ermittlungen selbst in die Hand nehmen.
„Zurück nach Übertreibling“ ist kein ganz typischer Lokalkrimi, doch gerade das hat mir gut gefallen, weil die sonst gar nicht so sehr meinem Beuteschema entsprechen. Der bayrische Dialekt wird nicht überstrapaziert, und auch sonstige typische Klischees werden nur zurückhaltend präsentiert. Die Handlung wirkt immer einen Hauch überdreht, aber auf eine meist charmante Art und Weise; ab und an war mir das dann jedoch zu viel. Vikki ist auf den ersten Blick eine sehr schillernde Figur, hat aber ihr Herz am rechten Fleck und ist definitiv nicht auf den Kopf gefallen. An ihrer Seite Langzeitkumpel Wolf Wolff, der praktischerweise noch Mitglied in einer Bikergang ist. Daraus ergeben sich natürlich witzige bis vorhersehbar-gekünstelte Situationen, es passiert reichlich in den knapp zwei Tagen der Handlung. Die hat mich nicht vollends überzeugt, gerade diverse Handygespräche/-ortungen/-etc. zogen sich etwas hin, anderes wurde nur sehr oberflächlich abgehandelt. Unterm Strich lässt sich der Krimi aber sehr flott und locker lesen, und schlägt durchaus auch mal ernstere Töne an, was ihn von anderen Klamaukkrimis abhebt.

Bewertung vom 05.03.2022
Vertrauen
Mishani, Dror

Vertrauen


sehr gut

Eigentlich hat Avi Avraham gerade um seine Versetzung gebeten, da fesselt ihn der Fall eines vermissten Touristen doch mehr als zunächst erwartet. Der hat sein Hotelzimmer zwar auf eigenen Beinen verlassen, doch sein Gepäck wird von zwei ominösen Gestalten abgeholt. Er selbst bleibt verschwunden. Avi stürzt sich in die Ermittlung und stößt augenblicklich auf mehr Fragen als Antworten.
Vertrauen ist der vierte Band rund um Avraham, man kann ihn jedoch auch gut ohne die Vorgänger lesen. Ich kam auch ohne Vorwissen gut zurecht, die wichtigsten Infos erfährt man wie nebenbei. Die Story entfaltet sich nur langsam, sodass man genug Zeit hat die Protagonisten besser kennen zu lernen. Avi zweifelt ein wenig an sich und seiner Arbeit, würde sich gerne verändern, hat aber fast das Gefühl dafür zu alt zu sein. Er agiert vorsichtig und besonnen, ich mochte ihn sofort. Mishanis Stil hat mich abgeholt, Tel Aviv als Handlungsort birgt seinen ganz eigenen Reiz. Die Handlung ist sehr vielschichtig angelegt, und hätte mich, ginge es nur um den Vermisstenfall, zu 100% überzeugt. Neben dem Fall des vermissten Chouchani ermittelt Avis Kollegin im Fall eines ausgesetzten Neugeborenen. Dieser Erzählstrang hat für mich den bis dato wirklich guten Krimi abstürzen lassen, mir gefiel dieser Strang so gar nicht. Eine recht farblose Ermittlerin plagt sich mit einer sperrigen und unbequemen Verdächtigen, die eigentlich ja nur… blablabla. Ich fand es wirklich einfach nur uninteressant bis langweilig. Kam im Vermisstenfall langsam aber stetig Spannung auf, so wurde dieser durch den zweiten Erzählstrang immer wieder ein Dämpfer verpasst. Insgesamt habe ich „Vertrauen“ schon gerne gelesen, kann mich aber mit dem Erzählmischmasch nur bedingt anfreunden.

Bewertung vom 20.02.2022
Der Herzgräber
Williams, Jen

Der Herzgräber


sehr gut

Nach dem Tod ihrer Mutter muss Heather deren Nachlass regeln. Die beiden hatten sich vor Jahren entzweit, es kommen also nicht nur fröhliche Erinnerungen zurück ans Tageslicht. Doch ein Fund toppt alles andere: Heathers Mutter hatte einen Brieffreund. Niemand geringerem als Serienmörder Reave, der seit Jahren im Gefängnis sitzt, schrieb ihre Mutter regelmäßig. Genau dem Reave, dessen Modus Operandi gerade einen Nachahmer gefunden zu haben scheint. Heather steht schneller im Fokus der Ermittler als ihr lieb ist.
Jen Williams‘ Thriller hat mich schnell gepackt, auch wenn er nicht ganz so reißerisch daher kommt wie der Klappentext vermuten lässt. Ich mochte die Mischung aus actionreichen oder auch brutalen Szenen und den ruhigeren Rückblicken, dem Verweilen in der Natur. In Heathers Haut möchte man nicht stecken, denn ihr Leben wird gehörig auf den Kopf gestellt. Sie muss das Bild, welches sie von ihrer Mutter hatte, überdenken und kommt zu einigen schwierigen Erkenntnissen. Ihr zur Seite steht Ermittler Parker, der jedoch etwas nichtssagend bleibt. Reaves selbst ist natürlich eine spannende Figur, auch wenn das ein oder andere Serienmörderklischee durchlinst.
Der mörderische Teil lässt sich zunächst wirklich gut an, gegen Ende schwächelt er aber für meinen Geschmack etwas. Trotzdem hat die Autorin hier punkten können, im Großen und Ganzen geht die Geschichte auf. Der Thriller lässt sich gut lesen, überzeugt auch mit einer stimmigen Atmosphäre, die ab und an einen kleinen Grusel hervorruft. Ich habe den Herzgräber unterm Strich ganz gerne gelesen, lege ihn aber Fans von schnellen, brutalen Stories à la Chris Carter nur bedingt ans Herz, da hier das Tempo deutlich langsamer ist.

Bewertung vom 20.02.2022
Eine verdächtig wahre Geschichte
Laurain, Antoine

Eine verdächtig wahre Geschichte


ausgezeichnet

Lektorin LePage könnte eigentlich stolz auf sich und ihre Manuskriptabteilung sein: ihre neueste Entdeckung, der Autor des Romans „Die Zuckerblumen“ steht kurz davor, den renommierten Prix Goncourt zu gewinnen. Blöd nur, wenn man den Autor nicht kennt. Oder die Autorin. Die fieberhafte Suche nach dem Schöpfer des Meisterwerks wird umso dringlicher als Parallelen zwischen einer Mordserie und der Romanhandlung auftauchen.

Antoine Laurain hat einen mitreißenden Roman geschrieben, der irgendwie anders ist. Eine kleine, aber feine Geschichte, die mich von den ersten Seiten an gefesselt hat, auch wenn sie nicht „klassisch“ spannend ist. Violaine leitet ihre Abteilung mit großem Geschick und auch wenn ihre Arbeit nicht den Großteil der Handlung ausmacht, so bekommt man doch einen kleinen Einblick in die Verlagswelt. Ihre Art mochte ich sehr gerne, eine kluge Frau, die ihre Geheimnisse zu wahren weiß, aber trotzdem nicht verschlossen wirkt. Sie hat eine besondere Art mit ihren Mitmenschen umzugehen, gerade die freundschaftliche Beziehung zu ihrem Chef gibt dem Buch viel. Das Rätsel rund um Buch/Mord wird vorsichtig gelöst und bringt dabei die eine oder andere Überraschung zu Tage. „Eine verdächtig wahre Geschichte“ ist leider relativ kurz, aber in sich sehr rund. Trotzdem hätte ich gerne noch ein bisschen mehr gelesen, denn auch stilistisch hat der Autor mich mit seinem leichten poetischen Stil abgeholt. Ein wirklich schöner Roman.

Bewertung vom 13.02.2022
Minna. Kopf hoch, Schultern zurück / Mütter-Trilogie Bd.1
Fuchs, Felicitas

Minna. Kopf hoch, Schultern zurück / Mütter-Trilogie Bd.1


gut

1924 ist die junge Minna gerade in Düsseldorf angekommen, da schlägt schon die Liebe zu. Obwohl ihre Mutter sie immer vor den braunäugigen kleinen Männern gewarnt hat, scheint Fred Molitor schnell ihr Herz zu erobern. Dabei sollte die junge Frau sich ab und an doch besser auch mal um Familie und Freunde kümmern, denn dort wird ihre frische und durchsetzungsfreudige Art dringend gebraucht.
Minna ist der erste Teil einer dreiteiligen Familiensaga, die lose an die Familiengeschichte der Autorin erinnert. Der leicht lesbare Roman besticht durch seinen angenehmen Schreibstil, der lebendige Bilder für den Leser bereithält. Sowohl die Goldenen Zwanziger mit ihrem wilden Nachtleben als auch die harten Kriegsjahre werden plastisch dargestellt, auch wenn das ein oder andere heiklere Thema nicht gar so ausgebreitet wird. Mir war die Handlung oft zu oberflächlich, ebenso wie die Figur Minna selbst. Immer wieder wird thematisiert, dass sie sich weder für Politik noch für sonstiges Tagesgeschehen interessiert. Das merkt man ihrem oft blauäugigem Handeln an, mich nervte auch ihre sonstige Art irgendwann einfach nur noch. Natürlich hat sie sich durchgekämpft und ist in bester Steh-auf-Männchen-Manier durchs Leben gegangen, trotzdem hätte das nicht so überbetont werden müssen. Ihre Familienmitglieder werden etwas ungleich in den Fokus gerückt, beispielsweise über ihre Schwester Adele hätte ich doch sehr gerne mehr erfahren. Überhaupt lag der Schwerpunkt der Handlung oft leider auf den Dingen, die mich nicht so richtig interessiert haben, während andere nur kurz angerissen wurden. Natürlich muss in einer Trilogie das ein oder andere noch für die nächsten Bände geheim bleiben, trotzdem fand ich das Ende mehr als unbefriedigend. Mir ist klar, dass das Buch nicht unbedingt zu meinem üblichen Beuteschema gehört, trotzdem denke ich, dass ich mit anderen Romanen aus diesem Genre besser zurechtgekommen bin. Minna ist sicherlich kein schlechter Familienroman, aber wir zwei passten wohl nicht so recht zusammen, sodass ich die weiteren Teile nicht lesen werde.

Bewertung vom 26.12.2021
606
Fox, Candice

606


sehr gut

Ein entlaufener Häftling wäre schon ein Drama, doch was wenn das Gefängnis plötzlich wie leergefegt ist? Schließerin Celine erlebt diesen Albtraum eines Massenausbruchs hautnah, und ist besonders schockiert, dass auch die Insassen aus den Zellen im Todesblock entkommen sind. Die Verbrecher, die sie seit Jahren bewacht, sei es der irre Neonazi oder der Mann, der gleich seine ganze Familie abgeschlachtet hat. Natürlich gibt sie alles, um den Entlaufenen auf die Spur zu kommen.

606 ist eine eigenständige Geschichte, die man ohne Vorkenntnisse lesen kann. Gerade zu Beginn empfand ich die Geschichte als sehr 08/15, doch eher einfallslos im Vergleich zu anderen Büchern der Autorin. Dieser Eindruck verflog zum Glück irgendwann, trotzdem ist es für mich sicherlich nicht das beste Buch von Candice Fox. Ihren Schreibstil fand ich dagegen wieder sehr toll, ich mag die harschen Dialoge genauso wie die z.T. sehr feinfühligen Beschreibungen des Innenlebens ihrer Protagonisten. Celine war mir sympathisch, viel mehr aber auch nicht. Ich mag ihr entschlossenes Handeln, aber ansonsten hatte ich nicht das Gefühl sie wirklich gut kennenzulernen. Häftling Kradle dagegen ist der heimliche Star der Geschichte, den man nach und nach kennen und auch schätzen lernt. Seine Parts haben mich immer mehr fesseln können als die übrigen Szenen. Hier wäre weniger mehr gewesen, denn die Handlung verzettelt sich dann doch an zu vielen Schauplätzen, was der Spannung und dem Fortgang der Gesamthandlung nicht gut tut. Insgesamt hat man am Ende einen spannenden Thriller gelesen, der aber gerade gemessen an anderen Büchern der Autorin nach oben noch einiges an Luft hat.

Bewertung vom 26.12.2021
Im Bann der Bilder / Der Traumpalast Bd.1
Prange, Peter

Im Bann der Bilder / Der Traumpalast Bd.1


sehr gut

Tino hätte als Bankierssohn eigentlich ausgesorgt haben können, doch ihm hat es das Kino angetan. Er will Filme machen, Hollywood nach Deutschland bringen, und so steckt er all sein Herzblut in die Ufa. An seiner Seite Erich Pommer, der seine großen Visionen auf die Leinwand werfen will. Auch Rahel hat Visionen, sie möchte als Journalistin groß rauskommen. Doch im Leben kommt es doch immer anders als man plant und so warten sehr turbulente Zeiten auf die drei.
Peter Prange lässt den Leser im ersten von zwei Bänden die Anfänge des deutschen Kinos miterleben. Es macht großen Spaß zu lesen wie hier Filme produziert werden, die sich zum Kult entwickelten, bekannte Schauspieler in ihren Anfängen zu sehen oder auch Premieren mit all ihren Pleiten und Pannen mitzuerleben. Auch Pommer bei der Arbeit zu beobachten war wirklich interessant. Das Lebensgefühl der 20er Jahre wird sehr greifbar und authentisch dargestellt. Viele genießen eine neue Freiheit, gleichzeitig wird aber auch die Bedrohung durch Inflation und die Unzufriedenheit über die Niederlage im ersten Weltkrieg spürbar. Die Mischung glaubhaft darzustellen, ohne allzu sehr nach Geschichtslehrbuch zu klingen, das alle wichtigen historischen Ereignisse abhakt, war sicherlich nicht ganz leicht, aber dem Autor ist es hervorragend gelungen. Auch die Figuren sind bis ins kleinste Detail durchdacht, sodass selbst kleine Nebenrollen doch auch ihren Charme haben. Tino gefiel mir von den beiden Hauptfiguren deutlich besser. Er ist sicherlich nicht ohne Fehler und Schwächen (ganz im Gegenteil), aber er arbeitet trotz allem an sich und macht im Roman eine Reifung durch. Rahel ist nicht unsympathisch, aber trotzdem ging sie mir mit ihrer Naivität, ihrem Dickkopf und ihrer Art über Leichen zu gehen bald auf den Keks. Sie steht sich mit ihrer Sturheit oft selbst im Weg, und es fällt mir schwer diese Eigenschaft bei einer Erwachsenen durchgehen zu lassen. Natürlich sind die beiden in Kombination spannend zu beobachten, trotzdem zögert Rahel das Geschehen oft heraus, was das Fortkommen der Handlung behindert. Insgesamt habe ich mich aber doch sehr gerne in die Roaring Twenties entführen lassen, der Roman lässt zwar einige Fragen für den zweiten Band offen, findet aber trotzdem ein für den Leser gelungenes vorläufiges Ende.

Bewertung vom 01.12.2021
Gold und Ehre
Weiß, Sabine

Gold und Ehre


sehr gut

Seinen Vater hat Benjamin schwer enttäuscht und so darf er zwar weiter in dessen Namen als Architekt tätig sein, wird dafür aber von Amsterdam nach Hamburg geschickt. Auch sein Cousin Theo muss sein Glück in der Ferne suchen, denn dessen Vater sähe ihn gerne in die eigenen Seebärenfußstapfen treten. Ihr Verwandter Samuel setzt sich stattdessen selbst unter Druck: er möchte in allerhöchste politische Kreise aufsteigen.
Gold und Ehre ist bereits das zweite Buch, welches sich um die Architektenfamilie Aard aus Amsterdam dreht. Es ist nicht zwingend notwendig den Vorgänger zu kennen, auch wenn man so natürlich das ein oder andere Wiedersehen mit bekannten Figuren feiern kann. Die Handlung selbst ist aber unabhängig und auch für Neuleser absolut nachvollziehbar. Über niederländische Geschichte weiß ich recht wenig, über diese Epoche sowieso. Obwohl sehr viel verständlich erklärt wird, fiel es mir doch gerade zu Beginn schwer da den Überblick zu behalten. Das liegt aber nicht am Geschick der Autorin sondern an der Materie ; ) Schlauer bin ich nach der Lektüre allemal, denn historischen Fakten werden sehr gut aufbereitet und wie nebenbei in die fiktiven Handlung eingeflochten. Ich muss sagen, dass ich nach dem Klappentext etwas mehr Michelbau erwartet habe; der spielt natürlich eine Rolle, aber keine ganz soooo tragende. Doch auch die anderen Schauplätze machen viel Spaß und sind spannend, gerade Theos Part hat mir unerwartet gut gefallen. Die Figuren sind liebevoll ausgearbeitet, auch wenn ich z.B. Lucia überraschend anstrengend fand. Ihr Dickkopf und ihre fehlende Weitsicht konnte ich irgendwann nicht mehr nachvollziehen. Die Handlung wechselt gerade im letzten Drittel sehr kurzfristig zwischen Benjamin, Theo und Samuel; z.T. bleibt nur eine knappe Seite bevor der nächste Wechsel eintrat. Mir war das irgendwann zu abgehackt, zu kurz der Fokus auf der neuen Szene, der Lesefluss unterbrochen, weil man sich ständig neu sortieren musste. Zuvor hat mich der Erzählstil wirklich begeistert, nicht zuletzt deswegen, weil Stimmung und Bilder so gut transportiert wurden. Insgesamt mochte ich Gold und Ehre wirklich gerne, auch wenn für mich der Roman nun eben mit einem kleinen Dämpfer geendet hat. Ich empfehle ihn trotzdem gerne weiter, da ich meist wunderbar unterhalten wurde und dabei noch einiges gelernt habe. Ganz wie es bei einem guten historischen Roman sein sollte ; )

Bewertung vom 01.11.2021
Die Kampagne / Maggie Costello Bd.3
Bourne, Sam

Die Kampagne / Maggie Costello Bd.3


sehr gut

Maggie Costello hat gerade ein verlockendes Jobangebot vom (vielleicht) zukünftigen US-Präsidenten erhalten, da wird sie an anderer Stelle dringender gebraucht. Anwältin Natasha Winthrop tötet in Notwehr einen Eindringling, der sie in ihrem eigenen Haus überfallen und vergewaltigt hat. Doch schnell kommen Zweifel auf, hat sie ihn etwas absichtlich ermordet? Da Winthrop ebenfalls als Geheimtipp auf das höchste Amt gehandelt wird, muss Maggie schnell Licht ins Dunkle bringen.

Sam Bournes neuer Thriller hat es wirklich in sich, und das liegt nicht nur an seiner fiktiven Handlung, sondern am Umgang mit der Problematik an sich. Aufgeführte Statistiken und Fakten sorgen für Betroffenheit (milde ausgedrückt) oder auch eine Stinkwut (ehrlich ausgedrückt). Wenn von 100 angezeigten sexuellen Übergriffen (man denke sich die Dunkelziffer hinzu), wirklich nur 1 zu einer Verurteilung führt, ja dann folgert der Autor ganz richtig, wenn er eine Art geduldete Legalisierung anprangert. Immer wieder untermauert er das an Beispielen, und dem Leser geht dabei mindestens genauso die Hutschnur hoch wie dem Autor. Doch auch die Handlung an sich verspricht jede Menge Spannung und Unerwartetes, Spekulieren lässt sich reichlich. Natasha ist eine tolle Figur, sie birgt viele Geheimnisse und lässt sich von niemandem in die Karten schauen. Nicht einmal Maggie, die von ihr engagiert wurde und nun wahrlich nicht auf den Kopf gefallen ist, kann ihr 100%ig vertrauen. Dadurch wird enorme Spannung aufgebaut, weiß man doch nie, wann die nächste Informationsbombe platzt, Schwarz zu Weiß wird (oder umgekehrt). Natasha ist einfach unmöglich zu durchschauen. Bourne hält so die Spannung ständig auf einem hohen Niveau, seinen Erzählstil mochte ich sowieso schon in den vorherigen Bänden, und so fällt es sehr schwer das Buch aus den Händen zu legen. Die ein oder andere Kleinigkeit erschien mir nicht ganz so logisch, auch hätte ich die Zuhilfenahme des Standard USA-Feindes nicht gebraucht, doch insgesamt ist „Die Kampagne“ ein wirklich runder, mitreißender und thematisch wichtiger Thriller.