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buchverrückt

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Insgesamt 85 Bewertungen
Bewertung vom 29.08.2018
Der Abgrund in dir
Lehane, Dennis

Der Abgrund in dir


ausgezeichnet

Der Roman „Der Abgrund in dir“ von Dennis Lehane handelt von Rachel, die alles hat, was man sich vom Leben erträumt: einen netten Mann, einen tollen Job als Journalistin, ein tolles Haus uns ein finanziell sorgenfreies Leben. Dennoch ist Rachels Mutter tot und ihren Vater kennt sie nicht. Auf der Suche nach ihrem leiblichen Vater verliert sie immer mehr die Kontrolle über ihr Leben und rutscht immer tiefer in ihren eigenen Abgrund.
Bereits der erste Satz des Buches beginnt mit einem vermeintlichen Todesopfer und dann handelt es sich auch noch um Rachels eigenen Mann. Die Protagonistin Rachel lernt man zu Beginn über die Erzählungen ihrer Mutter und ihrer Kindheit kennen. Auf den ersten Seiten schockiert das Buch, belustigt, packt den Leser und weckt Neugier. Besser kann ein Buch nicht beginnen.
Rachel und ihre Mutter wurden früh vom Vater verlassen, als Rachel 21 Jahre alt war stirbt auch noch ihre Mutter und nimmt das Geheimnis um Rachels leiblichen Vater mit ins Grab. Rachels spannender Suche nach ihrem Vater, bei der sie auch mehr über sich und ihre Mutter erfährt wirkt im ersten Moment wie das zentrale Thema des Buches. Man kann durch diese Geschichte zwar Rückschlüsse auf Rachels Verhalten ziehen, aber am Anfang ahnt der Leser noch nicht, dass dieser Handlungsstrang nur ein kleines Puzzleteil in dieser durchdachten Handlung ist.
Die Charaktere im Buch sind sehr gut durchdacht und vielschichtig. Die Persönlichkeit, die Eigenarten, das Verhalten; alles ergibt ein stimmiges Bild. Wie unfassbar passend die Charaktere sind lässt sich zu Beginn des Buches erahnen, wirklich bewusst wird es dem Leser erst nach der Lektüre des Buches.
Rachels Leben läuft vermeintlich perfekt, man wartet mit Spannung auf den großen Wendepunkt, der nicht lange auf sich warten lässt und den Leser mit einer Wucht trifft, die wohl niemand so vermutet hat. Generell spürt man die unterschwellige Spannung die ganze Zeit, die Fassade bröckelt sehr langsam und in sehr kleinen Teilen.
Der Roman ist vielschichtig. Lehane spricht verschiedene Themen wie Rachels Suche nach ihrem leiblichen Vater, das Erdbeben in Port-au-Prince und das Leben mit Panikattacken an. Das macht die Handlung spannend und abwechslungsreich ohne deplatziert oder lückenfüllend zu wirken. Im Hintergrund taucht immer wieder Brian auf, der die Handlung ebenfalls belebt. Der Autor schafft es auch hier das Gefühl zu erwecken, dass etwas mit Brian nicht stimmt und der Leser fragt sich die gesamte Zeit, was dieses Gefühl zu bedeuten hat.
Rachels Leben nimmt so schnell eine Wendung, von der gefeierten Journalistin zur ängstlichen Frau mit Panikattacken. Trotzdem ist sie immer noch eine taffe Frau und das macht sie als Hauptfigur so authentisch. Man fiebert beim Buch mit, hofft das Brian kein dunkles Geheimnis hat, freut sich aber insgeheim doch, wenn etwas Schreckliches passiert.
Zusammenfassend ist es bemerkenswert, wie Dennis Lehane es schafft die gesamte Zeit unterschwellig das Gefühl zu vermitteln, dass etwas nicht stimmt. Man verschlingt Seite für Seite und wartet auf den großen Wendepunkt. Und als dieser kommt merkt man, dass die Handlung erst richtig beginnt und das nur die Spitze des Eisbergs war. Ich habe an jeder Zeile gehangen, konnte das Buch kaum weglegen. Die Handlung ist an keiner Stelle vorhersehbar.
Ganz große Erzählkunst mit vielschichtigen Charakteren!

Bewertung vom 30.07.2018
Uns gehört die Nacht
Libaire, Jardine

Uns gehört die Nacht


sehr gut

Der Roman „Uns gehört die Nacht“ von Jardine Libaire handelt von der Liebesgeschichte zwischen Elise Perez und Jamey Hyde. Elise ist in einer armen Gegend ohne Vater aufgewachsen und hat keinen Schulabschluss, während Jamey der Spross einer berühmten und reichen Investmentbankerfamilie ist.
Zu Beginn steht Elise vor Jamey und hält eine Waffe auf ihn, ein fesselnder Einstieg, bei dem man sich während der gesamten Lektüre fragt, wie die beiden in diese Situation gekommen sind. Anfangs noch etwas undurchsichtig, lernt man im Buch nach und nach Elise und ihr Leben kennen, bis auch ihr Nachbar Jamey Teil ihres Lebens wird. Elise und ihr schwuler Mitbewohner Robbie schlagen sich durchs Leben und sind die Nachbarn der beiden Yale Studenten Matt und Jamey.
Bereits zu Beginn der Geschichte fühlt sich Elise zu Matt hingezogen, obwohl dem Leser sehr schnell klar wird, dass die beiden in völlig unterschiedlichen Welten leben. Trotz der hohen, spürbaren sexuellen Spannung zwischen den beiden, gibt man ihnen eigentlich keine realistische Chance auf eine gemeinsame Liebesromanze. Der Sprachstil der Autorin ist absolut fesselnd, nicht nur in den erotischen Passagen des Buches. Jamey und Matt sind anfangs absolute Snoby und keine wirklichen Sympathieträger, Jamey entwickelt sich während des Buches allerdings sehr weiter.
Der Schreibstil der Autorin hat mich gepackt. Sätze wie „Ihm wird klar, dass er seinen besten Freund nicht mehr mag und ihm kamen tatsächlich die Tränen“ sind so schonungslos ehrlich, wie man es selten liest. Die Sprache ist an einigen Stellen etwas derber, was mich persönlich nicht stört. Die bitterböse Beschreibung der Upper Class trieft vor Zynismus. Sätze wie „ Sie wurden in der Herde erzogen, aufgepäppelt auf dem zähen glitschigen Nährboden ihres Erbes“ sind ein absoluter Lesegenuss.
Die Beziehung von Elise und Jamey wird immer merkwürdiger und lässt sich gerade am Anfang eher als Abhängigkeit beschreiben. Es handelt sich nicht um eine 08/15 Liebesgeschichte, was mir sehr gut gefällt. Und dann entwickeln sich die beiden doch zu einem echten Liebespaar, ganz still und heimlich. Elise giert manchmal schon verzweifelt nach der Liebe Jameys, aber auch bei Jamey sind echte Gefühle im Spiel. Der Leser fragt sich die ganze Zeit, ob und wie lange diese Beziehung noch gut geht, spätestens auf der Schicki-Micki Taufe in Jameys Familie verliert man die Hoffnung auf ein Happy End. Aber die beiden beißen sich durch.
Die Handlung plätschert an einigen Stellen etwas vor sich hin, das Buch erlangt zum Ende noch eine tragische Wendung, die man in dieser Form nicht erwartet. Das Buch ist generell sehr unvorhersehbar und wenig durchschaubar. Es ist ein authentischer Roman mit authentischen Charakteren. Die Stärke liegt in den transportierten Emotionen und den Unterschieden der verschiedenen Lebenswelten. Der Roman fesselt und überzeugt, obwohl er stellenweise an Spannung verliert. Dennoch ein hervorragender Roman, der den Leser in seinen Bann zieht.

Bewertung vom 28.07.2018
Als die Tage nach Zimt schmeckten
Bijan, Donia

Als die Tage nach Zimt schmeckten


sehr gut

Im Roman „Als die Tage nach Zimt schmeckten“ von Donia Bijan geht es um eine Familie aus Teheran, deren Mitglieder über die ganze Welt verteilt sind und nun wieder zurück zu ihren persischen Wurzeln finden.
Bereits das Cover weckt die Neugier auf das exotische, fremde Land. Ich finde es sehr gelungen, dass sich das Buchcover vor jedem neuen Teil im Buch wiederfindet. Zod wartet in Teheran Tag für Tag auf den Postboten und hofft auf einen Brief seiner Tochter Noor. Sie wohnt in Amerika und war vor 30 Jahren das letzte Mal in ihrer Heimat. Die Geschichte des Buches beginnt mit Noors Scheidung von ihrem untreuen Ehemann Nelson und der damit verbundenen Frage, was Noor nun mit ihrem neuen Lebensabschnitt anfängt.
Zod erweckt den Eindruck eines tollen alleinerziehenden Vaters. Er schickt seine Kinder schon früh ins Ausland, um ihnen die Chance zu geben, die er selbst nicht hat. Nebenbei ist er Inhaber des Cafes Leila, das sich großer Beliebtheit erfreut. Die Familiengeschichte spielt sich zwischen dem Iran und Amerika ab.
Der Perspektivwechsel der Erzählungen überzeugt mich sehr, man erfährt Details aus Noors, Zod, Lillys etc. Sicht und gewinnt damit einen umfassenden und vielschichtigen Eindruck. Dadurch ist man schnell selbst mitten im Geschehen. Zwischendurch ist das Thema Heimat immer wieder präsent. Für welches Land schlägt das eigene Herz? Wo fühlt man sich zuhause? Welche Sitten und Kulturen sind einem näher? Die Charaktere sind zwischen zwei Ländern gefangen und das Buch transportiert diese Zerrissenheit sehr gut. Es vermittelt ein Gefühl von Heimat und Nach-Hause-kommen, durch die detailverliebten Schilderungen des Irans.
Das Buch ist in verschiedene Teile unterteilt. Der erste Teil führt sehr gut in die Geschichte ein. Der todkranke Zod möchte sein Leben selbst zu Ende schreiben, unterstützt von der besorgten Tochter und Enkelin, denen Teheran eigentlich völlig fremd ist. Beim Lesen stellt man sich diese fremde Welt vor, all diese Gerüche, die exotischen Speisen. Man taucht völlig ein in diese neue Welt.
Eine tolle Reise in die Vergangenheit dieser Familie, die unfassbar harte und brutale Zeiten im Iran erleben musste. Das Buch gewinnt sehr an Tragik, man ist völlig bestürzt und betroffen von dieser Brutalität und Gewalt.
Diese Geschichte geht unter die Haut, näher dran geht nicht. Eine ergreifende Geschichte aus Sicht aller Familienmitglieder, fesselnd und mit einer gehörigen Portion Spannung. Dieses Buch weckt Interesse an dem fremden Land und der Kultur, über das ich persönlich vorher nicht viel wusste. Der Roman erweitert den eigenen Horizont und ist eine absolute Empfehlung. Das Ende zeigt, was wirklich wichtig ist: Familie, trotz aller Diskrepanzen!

Bewertung vom 12.07.2018
Familie und andere Trostpreise
McDonagh, Martine

Familie und andere Trostpreise


gut

Im Roman "Familie und andere Trostpreise" von Martine MacDonogh macht sich der leicht merkwürdige Sonny auf den Weg mehr über seine Herkunft und seine Familie zu erfahren.
Der Buchtitel bringt mich bereits zum Schmunzeln. Das Cover mit seinen Polaroidbildern und Klebestreifen ist süss, besonders nett finde ich, dass auch das Foto der Autorin in diesem Stil gehalten ist.
Der ich-Erzähler des Buches mit direkter Ansprache schafft sofort eine Verbindung zum Buch. "Mein Making-of" an die leibliche Mutter ist eine tolle Art die Person in das Buch einzuführen. Sonny ist neurotisch wie kein Zweiter, aber auf eine liebe und herzergreifende Art.
In der Männer-WG von Sonny und Thomas möchte man gerne einmal Mäuschen spielen. Sonnys Leben ist vollgestopft mit Regeln und Routinen, völlig schräg und witzig erklärt mit einer gehörigen Portion Sarkasmus. Am Anfang muss man sich an die beiden gewöhnen, man denkt zwischendurch doch immer wieder, wie stränge die beiden sind.
Als Sonny sich allein auf die Reise nach England macht, um die Freunde seiner Eltern zu treffen, nimmt das Buch erneut an Spannung zu. Trotz des Sarkasmus spricht das Buch auch ernste Probleme, wie Sonny Drogensucht, an. Das Buche entwickelt sich in eine ernstere Richtung durch die Geschichten über Robin. Auch ohne Komik ein sehr guter Schreibstil der Autorin. Zwischendurch bleibt der Roman aber gewohnt skurril. Endlich wird auch das Rätsel gelöst, woher Thomas und Robin sich kennen. Das Buch ist durch die Briefe von Thomas und die verschiedenen neuen Bekannten sehr abwechslungsreich. Die Charaktere sind vielschichtig, Thomas findet man sympathisch, aber dann auch wieder undurchsichtig.
Auf der Suche nach seiner Geschichte schreibt Sonny seine eigene, trifft neue Leute und macht viele neue Erfahrungen. Die Autorin schafft es immer wieder neuen Schwung in die Handlung zu bringen. Eine Familiengeschichte aus verschiedenen Perspektiven zu erzählen, macht das Buch sehr vielschichtig. Schlussendlich erkundet Sonny sogar seine Heimatstadt.
Eins schräges, witziges und empfehlenswertes Buch.

Bewertung vom 25.06.2018
Wir sehen uns im Sommer
Hellberg, Åsa

Wir sehen uns im Sommer


sehr gut

Der Roman „ Wir sehen uns im Sommer“ von Asa Hellberg handelt von drei Frauen, die sich auf eine Reise um die ganze Welt begeben, die von ihrer Freundin Sonja vor ihrem Tod organisert wurde.
Das Cover ist gewohnt sommerlich und frisch. Der Klappentext verspricht bereits eine tolle Reise mit den Sommerfreundinnen. Sonja schickt die Freundinnen nach ihrem Tod auf eine Reise, man ahnt, dass das Buch emotional wird, aber dennoch trifft einen der Brief zu Beginn des Romans mit voller Wucht. Der Brief berührt den Leser, er weckt Spannung und man freut sich Teil der Reise zu werden. Es ist toll, wie unterschiedlich die Freundinnen sind, man findet in jeder von ihnen etwas vons ich selbst wieder.
Asa Hellberg schreibt wunderbar einfühlsam mit sehr bewegenden Worten. Ein toller Roman über Freundschaft, Liebe, Verlust und der Weg zurück ins Leben und zu sich selbst. Die Idee anhand von Filmen und Briefen die Frauen auf eine wunderbare Reise zu schicken ist klasse. Es entbehrt sich nicht einer gewissen Komik, wenn Sonjas Asche in Puderdosen durch den Zoll geschmuggelt wird.
Es muss schönsein, auch nach dem Tod noch so viel über seine Freunde zu erfahren. Die Reise führt sie an die unterschiedlichsten Orte und an Spannung fehlt es dem Buch nicht, als die Frauen unerwartet in Lebensgefahr geraten. Aber so schnell hält die Freundinnen nichts auf.
Zwischendurch ist man als Leser traurig, wie viel Sonja ihren Freundinnen zeit ihres Lebens verschwiegen hat, aber dennoch schön, dass sie nun die Wahrheit erfahren. Man wäre mit jeder einzelnen der Sommerfrauen gerne befreundet, aber besonders Sonjas Beschreibung und ihre Art haben mich berührt.
Schön ist der Bezug zu den anderen Büchern von Asa Hellberg, als träfe man alte Bekannte wieder. Die Reise dient nicht nur der Trauerbewältigung und Suche nach sich selbst, sondern es geht auch um das Wohl anderer, für das sich die Frauen auf ihrer Reise und danach sehr stark einsetzen.
Das Buch ist eine perfekte Mischung zwischen Lebenslust und Melancholie. Wieder zuhause angekommen warten die Probleme des Lebens, die die taffen Frauen jede auf ihre eigene Art lösen.
Der Roman ist ein kurzweiliger Lesegenuss mit einem schönen Ende.

Bewertung vom 21.05.2018
Ohne ein einziges Wort
Walsh, Rosie

Ohne ein einziges Wort


ausgezeichnet

Der Roman „Ohne ein einziges Wort“ von Rosie Walsh handelt von Sarah und Eddie, die sich innerhalb einer Woche unsterblich ineinander verliebt haben, deren Glück aber nur von kurzer Dauer ist, da Eddie sich nicht mehr meldet und von Erdboden verschwindet.
Bereits das Cover spricht mich, aufgrund meiner Lieblingsfarbe türkis, natürlich sehr an. Ich finde es toll, dass die Autorin ihren Heimatort auch als Handlungsort für ihr Buch genommen hat. Das erste Kapitel beginnt mit einem Brief, sodass man sich direkt angesprochen fühlt.
Die besondere Verbindung zwischen Eddie und Sarah geht aus dem Roman vom ersten Augenblick heraus, dass es sich nicht nur um einen harmlosen Flirt handelt, ist bereits nach wenigen Seiten erkennbar. Im nächsten Kapitel ist Eddie dann verschwunden und man kann selbst kaum glauben, dass es so ist. Man leidet mit Sarah, stellt Theorien auf, fragt sich ob sie an einen Betrüger geraten ist. Dieses Thema ist uns allen bekannt, wir haben alle schon einmal auf diesen einen Anruf gewartet und sind in dieser Zeit schier verrückt geworden. Egal wie alt oder taff und selbstbewusst man ist, dieser eine ausbleibende Anruf verändert uns alle. Aktuelle Themen wie Onlinedating und die damit verbundenen Problematiken sind in der heutigen Zeit wohl allen geläufig. Auf dem Weg zu ihrer alten Schule diskutieren Sarah und ihre Freunde über den Grund für Eddies Verschwinden, während im nächsten Kapitel das Kennenlernen von Eddie und Sarah im Vordergrund steht. Dadurch ist der Leser schnell im Bilde und man findet sehr leicht in die Geschichte. Die Briefe zwischendurch sind eine nette Abwechslung, die zur Handlung beitragen, ohne die Spannung zu mindern. Man fühlt sich Sarah verbunden, möchte aber auch mit ihr und ihrer aktuellen Situation nicht tauschen: vom mann geschieden, Eddie ruft nicht an, an ihrer alten Schule trifft sie die Frauen, die ihr damals den Schulalltag zur Hölle machten.
Rosie Walsh findet genau die richtigen Worte, um diese besondere Beziehung zwischen Eddie und Sarah zu beschreiben. Die Geschichte der beiden wird immer spannender, aber auch merkwürdiger. Die Spannung wird im ganzen Buch sehr gut aufgebaut und kontinuierlich gehalten. Man kann Sarah verstehen, aber gerade wenn man den Eindruck erhält, dass sie vielleicht doch etwas zu verzweifelt ist und überreagiert, passiert etwas mit dem man nicht gerechnet hat. Welches Geheimnis verbirgt Eddie?
Die Mailentwürfe, die nie an Sarah gesendet wurden, sind eine gute Idee. Dadurch erhält man einen Einblick in Eddies Gefühlslage.
Sarahs Freunde sind Gold wert, sie sind immer für sie da und unterstützen sie bei allem. Man erinnert sich bei der Lektüre des Buches an seinen eigenen Freundeskreis und schwierige Situationen, die man gemeinsam gemeistert hat.
Gerade als ich dachte, dass das Buch etwas vorhersehbar wird, kommt eine Wendung mit der ich so nicht gerechnet hätte. Ich war überrascht und völlig begeistert. Dieses Buch ist kein romantisch vorhersehbarer Kitschroman. Er ist spannend, überraschend und beschreibt mit den richtigen Worten Situationen, die wir so alle schon einmal erlebt haben. Ein tolles Buch!

Bewertung vom 14.05.2018
Tote haben kalte Füße / Bullenbrüder Bd.2
Rath, Hans;Rai, Edgar

Tote haben kalte Füße / Bullenbrüder Bd.2


sehr gut

Im Krimi „Bullenbrüder, Tote haben kalte Füße“ verschwindet eine der berühmten Smoothie-Sisters. Die beiden Brüder und Ermittler Charlie und Holger begeben sich auf eine spannende Suche.
Als Leser findet man sehr leicht ins Buch, auffällig sind schon zu Beginn die witzigen Formulierungen. „ Holgers Gesicht sieht aus, als hätte eine Umzugsfirma sein Gehirn ausgeräumt, besenrein!“ ist nur einer von vielen komischen Sprüchen.
Am Anfang hatte ich etwas Sorge, dass das Buch unübersichtlich wird, da schon im Klappentext so viele Personen erwähnt werden. Die Personen erscheinen nach und nach in der Handlung und werden entsprechend vorgestellt, sodass man zu keiner Zeit den Überblick verliert. Das Buch ist sehr angenehm zu lesen, es ist locker, witzig und schlagfertig. Die beiden Brüder Charlie und Holger ergänzen sich gut, die Verbindung der beiden Fälle wird schnell hergestellt. Die chaotische Hippiemutter der beiden, die alle mit ihren Hochzeitsplänen durcheinanderbringt, ist herrlich witzig. Im Buch ist immer was los, ohne dass man beim Lesen den Überblick verliert.
Ein humorvoller, aber durchweg spannender Krimi mit viel Kaltschnäuzigkeit und tollen Sprüchen. Eine perfekte Mischung aus Komik und Krimi. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 03.05.2018
Ans Meer
Freund, René

Ans Meer


ausgezeichnet

Der Roman „Ans Meer“ von René Freund handelt von dem Linienbusfahrer Anton, der in seine Nachbarin Doris verliebt ist und das erste Mal in seinem Leben über sich hinauswächst, indem er mit seinem Bus von der Linie abkommt und mitsamt Insassen nach Italien ans Meer fährt.
Anton ist dem Leser ab der ersten Seite sympathisch. Er hat es sich zum Ziel gesetzt, den Kindern, die er täglich zur Schule bringt, wenigstens das Grüßen beizubringen. Anton wirkt wie ein sehr angenehmer Zeitgenosse, den man sich gut als Busfahrer vorstellen kann. Anton ist unglücklich in Doris verliebt, die allerdings einen hustenden Mann in ihrer Wohnung beherbergt. Neben der Fahrt zum Meer ist die Entwicklung zwischen Doris und Anton der zweite interessante Handlungsstrang des Buches.
Der Autor ist Österreicher, daher ist der Roman gespickt mit so zauberhaften Begriffen wie „Jause“ oder „Speckgürtel“. Diese Sprache liest sich einfach wunderschön. Die Kapitel wechseln zwischen der Annäherung von Anton und Doris und der Fahrt zum Meer. Man taucht sofort ganz in dieses Buch ein und gewinnt jeden Reisenden lieb.
Zu Anton in den Bus steigt die krebskranke Carla, die im Rollstuhl sitzt und nur noch ein Schatten ihrer selbst ist. Begleitet wird sie von ihrer Tochter. Carla möchte noch einmal ans Meer fahren und ausgerechnet der zurückhaltende Anton erfüllt ihr diesen Wunsch. Damit beginnt ein außergewöhnlicher Roadtrip mit Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Schulkinder, eine todkranke Frau mit Tochter, der gemütliche Busfahrer Anton, der sich endlich etwas traut und eine demente Seniorin. Diese Kombination ist eine absolut herrliche Truppe. Zwischendurch ruft noch Antons nervige Übermutti Mechthild an, einfach herrlich.
Das Buch ist witzig und voller Lebensfreude und Esprit. Es ist schön, als Leser Teil dieser Reise zu sein. Der Roman bringt einen dazu fremde Menschen im Bus anzulächeln und über die Geschichte, die sie verbergen, nachzudenken. Es schafft eine Verbindung zu fremden Menschen, die man dennoch jeden Tag sieht. Die Geschichte ist skurril und mitreißend, trotzdem hat die Fahrt einen sehr ernsten Ursprung, dies gibt dem Buch eine zusätzliche Tiefe.
Eine wunderschöne, berührende Geschichte, die das Bedürfnis weckt sein Leben zu genießen und einfach mal etwas Verrücktes zu tun.

Bewertung vom 03.05.2018
#EGOLAND
Nast, Michael

#EGOLAND


gut

Das Buch „#Egoland „ von Michael Nast ist die Erzählung des Schriftstellers Andreas Landwehr, der sich das Leben nimmt, nachdem er das Leben Anderer mit seinen intriganten Spielen zerstört hat.
Die Ausgangssituation des Buches ist Andreas Selbstmord. Der Autor erzählt von seinem Verhältnis zu Andreas, eine Freundschaft die im Laufe der Zeit auseinanderläuft, eine Situation, die wohl jedem bekannt ist. Die fesselnde Einleitung weckt hohe Erwartungen an das Buch.
Der Sprachstil sagt mir sehr zu, Nasts Beobachtungsgabe ist einzigartig. Man bleibt hängen an Sätzen wie: „Es war das vermeintliche, das künstliche Glück der Angepassten, die sich nach den Regeln richteten, welche die Gesellschaft vorgab.“ Beim Lesen findet man sich leider viel zu oft in den Beschreibungen wieder, eine oberflächliche Welt vollgestopft mit Lügen und ohne echte tiefer gehende Momente. Das Buch beschreibt das hohle Blabla, das wir aus zahlreichen Alltagssituationen kennen.
Mit der Einführung des Buches lernt man die Charaktere kennen und Stück für Stück eröffnet sich deren Verbindung zu Andreas. Die Einschübe des Autors holen den Leser in die Wirklichkeit zurück, alles ist gut strukturiert und durchdacht. Die Identifikation mit den Personen und ihrem Leben ist sehr hoch, treffender kann man den Alltag der heutigen Zeit nicht beschreiben. Nast beschreibt eine kritische, zynische aber auch ehrliche Sicht auf die heutige Art von modernen Freundschaften und Beziehungen. Es wird dem Leser mit diesem Buch ein Spiegel vorgehalten, aber nicht auf eine belehrende oder verurteilende Art. Man gerät ganz von selbst ins Grübeln und zieht Parallelen zu seinem eigenen Leben.
Man kann bereits am Anfang leicht erahnen welches erhebliche Ausmaß die Begegnungen zwischen Leonie, Christoph, Julia und Andreas haben, ohne dass man etwas Konkretes erfährt. Nach der hundersten Seite wurde mir die Beschreibung unserer oberflächlichen Gesellschaft etwas zu viel. Mit Sicherheit sind im Laufe der Zeit einige Werte in unserer Gesellschaft verloren gegangen, aber so funktioniert die Gesellschaft nun mal, den moralischen Zeigefinger hätte man an einigen Stellen wieder senken können. Sich über die anderen Leute zu stellen ist schließlich selbst eine sehr oberflächliche Haltung.
Seite für Seite taucht man ein in den perfiden Plan, den Andreas sich ausdenkt, in dem er als Strippenzieher agiert und alle anderen Personen manipuliert. Andreas perverse Durchtriebenheit schockiert und fasziniert gleichzeitig, man empfindet unweigerlich Bewunderung, obwohl man das gar nicht möchte. Der Titel ist in diesem Buch Programm. Vor lauter Egoismus zerstört Andreas Welten, Beziehungen und sogar Leben, ohne einen Anflug von Skrupel. Als alles anders kommt, als sein Plan es vorsieht, hat man nahezu Angst was nun passieren könnte.
Das Buch ist sehr gut, aber dennoch begegnet man Menschen nach dem Lesen des Buches mit mehr Misstrauen, man ist ängstlicher und vorurteilsbehafteter. So gut das Buch auch geschrieben ist, ist dies ein Gefühl mit dem ich kein Buch aus der Hand legen möchte.

Bewertung vom 25.04.2018
Die Herzen der Männer
Butler, Nickolas

Die Herzen der Männer


weniger gut

Der Roman „Die Herzen der Männer“ von Nickolas Butler handelt von der Männerfreundschaft von Jonathan und Nelson, die sich über mehrere Generationen entwickelt und auch die Kinder und Enkelkinder einschließt.
Der Titel des Buches war mir im ersten Moment zu kitschig. Das Cover ist nett, entfernt man den Schutzumschlag hat das Buch doch eine sehr gewöhnungsbedürftige Farbe. Das Buch beginnt mit der Beschreibung Nelsons, ein todtrauriger Außenseiter, dessen Geschichte dem Leser wirklich ans Herz geht. Nelsons Vater ist ein Arschloch, die Mutter hilflos und die Beschreibung von Nelsons Geburtstagsparty ist so herzzerreißend traurig, das man nicht Weiterlesen mag. Selten hat mich ein Buch so angesprochen und ich hatte die Hoffnung, dass dieses Buch wirklich tiefe Emotionen wecken kann. Als Jonathan auftaucht, der einzige Junge der Nelson wirklich wahrnimmt, wünscht man sich so sehr, dass Nelson endlich einen echten Freund bekommt.
Nelson ist ein begeisterter Pfadfinder, was ihn in den Augen der anderen noch mehr zum Außenseiter macht. Das Pfadfindercamp ist zentraler Bestandteil des Buches, leider weckte dieser Teil nicht wirklich mein Interesse, wofür der Autor nichts kann.
Teilweise waren mir die Beschreibungen zu heftig. Mobbing, Gewalt etc. sollte man auf keinen Fall verharmlosen, aber die Beschreibung einiger Szenen, insbesondere der Mutprobe, haben in mir das Gefühl geweckt, nicht weiterlesen zu wollen.
Die Pfadfindergeschichten ziehen sich sehr in die Länge, es wirkt im Camp alles sehr spießig und regelorientiert. Die Entwicklung der Personen ist mir nicht tiefgehend genug, Nelsons Vater beispielsweise zeigt weichere Charakterzüge, bleibt aber während des ganzen Buches ein Arschloch. Nelsons Mutter bäumt sich einmal kurz auf, verfällt dann aber ebenfalls wieder in ihre alte Rolle.
Der zweite Teil des Buches beginnt mit Jonathans Leben als Erwachsener, im ersten Teil kam die Geschichte Jonathans etwas zu kurz. Jonathan und Nelson treffen im Camp wieder aufeinander, nach großer Freundschaft klingt das Ganze aber nicht.
Ich habe einfach keinen Zugang zu den Personen gefunden. Die Geschichte ist gut, aber ich konnte keine Verbindung zu den Charakteren herstellen, weder zu den Vätern, noch zu den Söhnen. Der Erzählstil ist sehr gut, der Pfadfinderhintergrund ist Geschmackssache, aber der letzte Funke zur Begeisterung hat bei mir einfach leider gefehlt.