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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Ute54
Wohnort: 
Tostedt

Bewertungen

Insgesamt 86 Bewertungen
Bewertung vom 14.11.2020
Marigolds Töchter
Woolf, Julia

Marigolds Töchter


ausgezeichnet

Love from here to eternity
Schon das romantische, in Pastelltönen gehaltene Landschaftscover evoziert Natur, Ruhe und Frieden, und so lebt Marigold, die Protagonistin, in einem kleinen Ort mit ihrem Geschäft als Mittelpunkt für die Bewohner, die sie verehren und unterstützen. Ihr Mann hat seine Werkstatt gleich nebenan, ebenso das Wohnhaus der Familie, die aus der nörgelnden Großmutter Nan besteht sowie zwei Töchtern, wovon eine nach gescheiterter Beziehung ins heimatliche Nest zurückgeflüchtet ist. Diese Idylle stellt für Marigold das Optimum an Harmonie, aber auch an Engagement und Herausforderung dar.
Die Thematik des Romans wird auf langsame, seichte Weise entschlüsselt, wobei es viele, für mein Verständnis, unrealistische Zufälle gibt, die das Werk zu einem märchenhaft anmutenden Schluss führen. Es wird eine heile Welt mit marginalen Problemen dargestellt in einfacher, leicht und flüssig zu lesender Sprache. Man merkt deutlich, dass die Autorin sich intensiv mit der Problematik der sich schrittweise entwickelnden Altersdemenz beschäftigt hat, jedoch wird das Ganze sehr verharmlosend verpackt, da Marigold immer jemanden hat, der ihr hilft, sie versteht und unterstützt. Sogar das teure Heim, ihre „Endstation“ am Meer gelegen, wird von den Verwandten Marigolds Vorstellungen entsprechend ausgewählt und finanziert. Die Autorin vermittelt familiäre Harmonie, zeitweise durch Chaos getrübt, aber die Botschaft ist: nur die Liebe ist wichtig und zählt.
Das Werk ist nichts für den realitätsbewußten, sehr kritischen Leser, für mich war es ein seichtes Einsteigen in eine grausame Problematik, die jeden von uns ereilen könnte.

Bewertung vom 18.10.2020
Ada
Berkel, Christian

Ada


ausgezeichnet

Wer bin ich?
Die Protagonistin, Ada, erzählt diesen Roman nur aus ihrer Perspektive. Dabei benutzt sie einen einfachen Sprachstil, der, je nach dargestelltem Alter variiert und sich der jeweiligen Situation, durchaus auch fremdwortreich und differenziert, anpasst. Das Werk ist in drei Teile aufgeteilt, mit recht kurzen Kapiteln, was dem Lesefluss auch sehr zuträglich ist.
Ada lebt zuerst mit ihrer aus Nazideutschland geflüchteten Mutter in Argentinien. Sie sehnt sich nach ihrem Vater in Deutschland, ist jedoch bei der Rückkehr in der Nachkriegszeit von ihm enttäuscht. Sie erfährt nichts über die Vergangenheit der Mutter, und auch der Vater schweigt über die schwere Kriegszeit.
Ada befindet sich in einer Identitätskrise und sucht nach dem Sinn des Lebens als Jugendliche. Selbst als 50-jährige Frau hat sie noch Probleme mit ihrer Identitätsfindung und geht deshalb viermal die Woche zur Aufarbeitung ihrer Vergangenheit zu einem Psychotherapeuten. Sehr geschickt vermittelt Bertel die Situation des Schweigens, des Verdrängens des Kriegshorrors und das Wirtschaftswunder, denn sie Bevölkerung will neu aufbauen und genießen, aber nicht zurückschauen.
In der autoritär geprägten Gesellschaft, ohne große Zuneigung aufgewachsen, kann Ada ihren Platz nicht akzeptieren, geschweige denn finden. Da sie völlig unaufgeklärt aufwächst, wird sie mit ungewollter Schwangerschaft und Abdriften ins Drogenmilieu konfrontiert. Selbst als Jugendliche weiß sie nicht einmal, wer Hitler war. Erst spät erfährt sie von ihrer Tante, dass sie, gemäß der jüdischen Familiendefinition, ebenfalls Jüdin ist. Selbst von ihrer Mutter katholisch erzogen, stürzt sie diese Information in einen noch größeren Zwiespalt. Daraufhin kehrt sie nicht nach Hause zurück und schlägt sich nach New York durch, wo sie von Hilfstätigkeiten lebt.
Die Studentenrevolte hat auch Ada zum hinterfragen animiert.
Ada ist eine durchaus glaubwürdige Frauenfigur, jedoch ist zu bedenken, dass sie als Arzttochter in einer Villa, also privilegierten Verhältnissen aufwächst. Sie darf aufs Gymnasium gehen und dann ihren Neigungen folgend studieren. Ada ist im Grunde genommen ein „verwöhntes Gör“ und passt gut in die Zeit der Studentenrevolte, welche die festgefahrenen Strukturen aufbrechen will. Junge Arbeiter hatten da wohl eher soziale und finanzielle Probleme. Aus diesem Grunde kann ich mich nicht voll mit Ada identifizieren, da sie wie ein flacher Charakter daherkommt.
Ihre Eltern hingegen, wirken sehr authentisch. Vater und Mutter hüllen sich in Schweigen, um sich selbst und Ada zu schützen. Das war typisch für die Verdrängung der Kriegserlebnisse. Der Vater wirkt dominant und herrisch, jedoch arbeitet er sehr viel und verschafft seiner Familie ein sehr sorgenfreies Leben. Am Ende des Romans findet ein Sprung von den 60er Jahren in die Gegenwart statt. Leider erfährt man wenig über Adas Leben dazwischen. Ihre Biografie bleibt also lückenhaft und somit das Ende wenig nachvollziehbar.
Als Gesellschaftsbild der frühen Bundesrepublik sowie der 60er Jahre ist das Werk sehr gut gelungen und lesenswert. Jeder sollte nach Identifikationsmöglichkeiten suchen.

Bewertung vom 04.10.2020
Final Control
Etzold, Veit

Final Control


ausgezeichnet

Kontrolle oder Chaos?

In diesem Thriller geht es um den Protagonisten Tom, der in China und Deutschland lebt. Da er einen deutschen Vater und eine englische Mutter hat, erschließen sich ihm leicht viele Probleme im internationalen Wirtschaftsbereich. Von Beruf ist Tom Mediziner, sieht aber Chancen im IT-Bereich und hat sein Wissen in sein Start-Up CUMO gesteckt. Der von ihm entwickelte Chip liefert die medizinische Überwachung der Menschen, was sogar ohne deren Wissen möglich ist. Der chinesische Staat, der bereits jetzt „Weltmeister“ in der Überwachung seiner Bevölkerung ist, will unbedingt als Investor fungieren, jedoch entscheidet sich Tom für den chinesischen Milliardär Arakis, dessen Ziel aber die totale Überwachung und Beherrschung ist.Er hat bereits diverse italienische Banken in den Ruin getrieben und „vergiftet“ die Situation in Europa, so dass ein Bürgerkrieg unausweichlich scheint. Nun bietet er seine chinesische Sicherheitstechnologie als einzige Lösung an, die das totale Chaos abwenden kann.
Wir haben hier einen super spannenden Politthriller über die totale Kontrolle des Staates, der perfekt recherchiert ist, und ein mögliches Szenario vor unserem inneren Auge entstehen lässt. Wir finden eine straffe Zeitspanne mit diversen Handlungsorten vor, die sehr kurzen Kapitel liefern wechselnde Perspektiven. Man hat kein Fachbuch über diese so brisante Problematik, sondern der Schwerpunkt liegt hier auf der spannenden Handlung.
Die agierenden Charaktere sind sehr realistisch und sympathisch dargestellt. Alle Zusammenhänge sind in einer beschreibenden Sprache klar verständlich dargelegt. Rasanter wird es den actionbetonten Kapiteln.
Auf alle Fälle ist man gleich zu Beginn mitten in der Handlung.
Ein Thriller, der ein wenig Hintergrundwissen verlangt, neue Denkanstöße und Wissen aus den Bereichen Wirtschaft und Politik vermittelt, und einem „die Haare zu Berge stehen lässt“. Toll, sehr empfehlenswert! 5 Punkte

Bewertung vom 10.09.2020
Gipskind
Kögl, Gabriele

Gipskind


ausgezeichnet

Ich sprenge alle Ketten
Gabriele Kögel stellt uns in einfachen, schnörkellosen Sätzen, durchsetzt mit österreichischen Ausdrücken, eine ärmliche, bäuerliche Welt vor. Sie versteht es meisterhaft, das dort vorherrschende Lokalkolorit herauszuarbeiten. Der Titel „Gipskind“ und der graue Einband weisen auf das Schicksal der Protagonistin, Andrea, hin, die mit einer zu spät erkannten Hüftdysplasie zur Welt kommt. Ihre freudlose , also graue Kindheit, wird durch die Farbe grau symbolisiert, während der Gips für ihre jahrelang eingegipsten Beine steht, aber auch metaphorisch für ihre verkrusteten Lebensumstände steht, aus denen sie es mit Intelligenz und äußerster Willenskraft auszubrechen versteht. Denn, obwohl das kleine Mädchen, wie sie im ersten Teil des Werkes heißt, durch starke X-Beine behindert ist, lernt sie sehr früh das Sprechen und hinterfragt viele der armseligen Gesetzmäßigkeiten ihres Lebens, ja sie nimmt sogar häufige Ohrfeigen durch Vater oder Mutter in Kauf, die von der Erziehung dieser so andersartigen Tochter überfordert sind. Einzig ihre Oma zeigt Verständnis, gibt ihr die fehlende Wärme und ermuntert sie, aufs Gymnasium und später zur Universität zu gehen. Durch den allwissenden Erzählstil der Autorin erhalten wir geschickt Einblick in die Denkweise der einzelnen Charaktere. Wir erleben Andreas Lebensweg vom Baby bis zur Studentin, in dem sie eine Art „Metamorphose“ durchlebt. Die noch in den 60er und 70er des vorigen Jahrhunderts vorherrschende schichtenspezifische Aufteilung der Gesellschaft, ermöglicht ihr erst Zugang zu Literatur, Musik, Filmen und Theater durch ihren Freund, der aus einem gut situierten bürgerlichen Milieu stammt und sehr umsorgt, liebevoll und behütet aufwächst. So strebt sie auch eine Karriere in diesen Bereichen an. Das Werk nimmt etwas märchenhafte Züge durch Andreas Verbindung zu Arthur an, denn es ist doch sehr verwunderlich, dass Arthurs Eltern die Verbindung eines gehbehinderten Mädchens, aus einem ärmlichen Milieu, zu ihrem Sohn tolerieren, denn die gesellschaftliche Norm verlangt doch wohl eher eine Freundin aus „besseren Kreisen“. Auch das Ende wirkt etwas herbeigeholt, soll aber wohl Andreas Kraft und ihre Macht über ihren Freund darstellen. Insgesamt ein schnörkelloses Werk, welches mich stark berührt hat, daher 5 Punkte

Bewertung vom 29.08.2020
Zeiten des Sturms / Sheridan Grant Bd.3
Neuhaus, Nele

Zeiten des Sturms / Sheridan Grant Bd.3


ausgezeichnet

Das bewegte Leben der Sheridan Grant
„Zeiten des Sturms“ von Nele Neuhaus enthält viele Elemente, die zum Erfolg des Werkes beitragen. Man hat das Gefühl, in einem Hollywood-Film hineinversetzt zu werden, denn die 21-jährige Protagonistin hat in ihrem Leben schon viel durchgemacht und wird durch emotionales, oft recht unreflektiertes verhalten , in immer neue, unglaubliche Situationen verstrickt. Durch ihre Naivität macht sie sehr unterschiedliche Männerbekanntschaften und ist im Prinzip ständig auf der Suche nach ihrer Identität und ihren wahren Gefühlen und Interessen. Das Werk spielt in unterschiedlichen Milieus, und, wie auch in den Bodenstein-Kirchhoff-Krimis, gibt es eine Vielzahl von Charakteren.
Dieses Werk enthält auch diverse Krimielemente. Sheridan wird entführt, kann sich nur mit der Waffe befreien, wird zur Mörderin, um zu überleben. Bei allen Problemen begegnet ihr die „ Liebe auf den ersten Blick“, ein älterer Bekannter, ehemaliger Rodeo-Reiter, hilft ihr in allen Lebenslagen und ist, noch ein außergewöhnliches Element, mit Sheridan Grants unberechenbaren Bruder in einer homosexuellen Beziehung verbandelt. Der Schreibstil ist, wie immer bei Nele Neuhaus, variantenreich und locker-flockig. An einigen Stellen war mir das Buch aber zu langatmig.
Die Protagonistin reagiert teilweise eher wie eine 40-jährige Filmdiva mit ihrem ständigen Gefühlschaos. Ich konnte mich nicht immer in sie hineinversetzen.
Da dieses Werk das letzte der Sheridan Reihe ist, gibt es immer wieder Rückblicke auf das sagenhafte Leben dieser jungen Frau, wobei mir diverse Fakten hergeholt erscheinen. Dennoch habe ich es gerne gelesen und kann es weiterempfehlen.

Bewertung vom 12.07.2020
Ans Vorzelt kommen Geranien dran / Online-Omi Bd.14
Bergmann, Renate

Ans Vorzelt kommen Geranien dran / Online-Omi Bd.14


sehr gut

Oma an die Macht.
Die rüstige Rentnerin, Renate Bergmann, ist mit ihren 82 Jahren noch sehr unternehmungslustig und fühlt sich noch nicht zum Alten Eisen gehörig. Somit plant sie einen Campingurlaub in einem Wohnmobil mit einem ebenfalls betagten, befreundeten Ehepaar.
Der wesentlich jüngere Autor, Thorsten Rohde, verfasst unter dem Pseudonym Renate Bergmann Geschichten die, in einem lockeren, umgangssprachlichen Sprachstil, zum Schmunzeln anregen sollen. Irgendwie hat mich das Ganze an „Frühstück mit Stefanie“ denken lassen.
Wir haben eine Protagonistin, die zwanghaft an den Wertvorstellungen der Wilhelminischen Zeit festhält, obwohl sie sich für modern und aufgeschlossen hält. Diverse englischsprachige Termini hat der Autor für sie verdeutscht, damit sie authentisch wirkt.
In vielerlei Hinsicht erinnert mich Renate auch an ältere Nachbarinnen, die sehr genau aufpassen, was ihre Mitmenschen so tun. Folglich werden in diesem Werk auch alle Mitcamper genau charakterisiert und bewertet. Dabei kommt Frau Hupe, dick, behäbig und faul, sehr schlecht weg.
Ordnung, Sauberkeit und das Urteil der Nachbarn bestimmen die spießbürgerlichen Wertvorstellungen dieser Oma. So muss natürlich ein großer Topf mit in den Urlaub, damit die Bettwäsche einmal pro Woche ausgekocht werden kann.
Ältere Männer werden degradiert und als unfähig beschrieben, sie müssen beschäftigt werden.
Wir haben hier keinen Roman mit Spannungsaufbau, sondern, in direkter Assoziation, erzählt uns Oma Bergmann Anekdoten, die witzig sein sollen. Dabei wird deutlich, dass sich der Autor nicht unbedingt an die junge Generation wendet, denn diese kann gewisse Dinge kaum nachvollziehen. Zwar musste ich auch manchmal grinsen, besonders bei dem WC-Papier Sonderangebot, jedoch habe ich einen gewissen Tiefgang vermisst.
Daher als Bettlektüre gut geeignet.

Bewertung vom 21.06.2020
Dunkles Lavandou / Leon Ritter Bd.6 (eBook, ePUB)
Eyssen, Remy

Dunkles Lavandou / Leon Ritter Bd.6 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Religiöse Besessenheit

Remy Eyssens Kriminalroman „Dunkles Lavandou“ hat mich wieder einmal in meine Lieblingsregion in Frankreich versetzt. Dazu trägt sein präziser Schreibstil bei, der die Landschaft, die Märkte mit den köstlichen Oliven und Tapenaden sowie sein Lieblingscafé mit den teils schrulligen, aber typisch südfranzösischen Charakteren, die ihre Freizeit Pastis und Rosé trinkend verbringen, vor unserem inneren Auge entstehen lassen.
Leon, der deutsche Gerichtsmediziner und seine Lebensgefährtin Isabelle, die stellvertretende Polizeichefin von Le Lavandou, leben mit Lilou, Isabelles Tochter, in diesem Ort.
Beide führen eine harmonische Beziehung voller Respekt, Wärme und gegenseitigem Verständnis, die auch durch Isabelles drohende Erkrankung nicht getrübt werden kann. Eyssen präsentiert uns Leon geschickt als konzentriert arbeitenden, ruhigen Typen, der mit seinem Assistenten Ryband voller Hingabe in seinem Sektionskeller arbeitet. Dabei deckt er, durch sehr präzise Recherche, immer wieder, vorerst nicht erkennbare Hintergründe von Verbrechen auf, die den vertrottelten Polizeichef Zerna zur Verzweiflung treiben. Er verfolgt in diesem Werk, wieder einmal,eine gewagte Theorie und ermittelt auf eigene Faust, unterstützt von Isabelle.
Die Thematik „Rituelle Morde“ wird äußerst spannend, mit Perspektivwechseln, angegangen. Von Anfang an befindet sich der Leser mitten im Geschehen und kann von dem Spannungsbogen fasziniert sein. Es werden falsche Fährten verfolgt, aber es kommt zu einer unerwarteten Auflösung zum Schluss, wobei das Motiv des Mörders etwas im Dunkeln bleibt.
Wir haben hier einen spannenden Krimi, der uns auch französisches „Savoir vivre“ vermittelt. Ich bin begeistert und erwarte schon mit Spannung Remy Eyssens nächsten Lavandou - Fall

Bewertung vom 17.02.2020
Was wir sind
Hope, Anna

Was wir sind


ausgezeichnet

Was aus uns geworden ist

Anna Hope geht in ihrem Roman „Was wir sind“ der Frage nach „ Was wollen wir, und was möchten wir wirklich sein“.
Im Jahre 2004 lebten Hannah, Lisa und Cate gemeinsam in London in einer viktorianischen Villa. Als sie Ende 20 waren, hatten sie noch Träume von ihrem zukünftigen Leben.
Aber im Jahre 2010 hat sich vieles verändert. Hannah hat zwar einen guten Job und ist mit ihrer großen Liebe verheiratet, gerät aber wegen ihrer Kinderlosigkeit in eine Krise, die auch ihre Ehe bedroht.
Cate lebt mit ihrem Ehemann und dem Baby in einem schönen Eigenheim in Canterbury, ist jedoch von ihrer Rolle als Mutter und der fremden Umgebung völlig überfordert, so das sie depressiv wird.
Lisa ist ebenfalls unglücklich, denn aus der tollen Karriere als Schauspielerin ist nichts geworden. Zum Überleben muss sie sich mit diversen Jobs abquälen.
Die Autorin arbeitet mit verschiedenen Zeitebenen und Perspektiven was den Roman lebendig macht. Hope legt die Emotionen der drei Protagonistinnen schonungslos dar, und es wird deutlich, wie stark diese modernen, jungen Frauen, die alle Möglichkeiten hatten, von ihrem Leben enttäuscht wurden. Darüber geht auch ihre Beziehung zueinander kaputt.
Die Identifikationsmöglichkeiten sind gelungen, denn etlichen jungen Frauen von heute dürfte es ähnlich ergangen sein. Mann muss das Leben halt so nehmen, wie es kommt.
Sprachlich wirkt das Werk eher einfach. Vieles ist aber zwischen den Zeilen versteckt und lässt die Charaktere in ihrer Vielfältigkeit schillern. Ein Roman voller Emotionen, der dazu anregen soll, auch das eigene Leben zu überdenken.

Bewertung vom 05.02.2020
Die Bagage
Helfer, Monika

Die Bagage


sehr gut

Monika Helfers Roman „ Die Bagage“ handelt von ihrer Familie, deren beschwerliches und ungewöhnliches Leben über drei Generationen erzählt wird.
Eine besondere Beachtung erfährt Monika Helfers Großmutter, die auf dem Cover in halbnackter, verschwommener Pose dargestellt ist. Diese sehr schöne und heißblütige Frau, welche zur Zeit des 1. Weltkrieges mit ihren 4 Kindern außerhalb eines Bergdorfes unter sehr ärmlichen Verhältnissen lebt, muss ohne Ehemann auskommen, da er zum Wehrdienst eingezogen wurde. Sie wird während seiner Abwesenheit von 2 Männern umschwärmt bzw. bedrängt. Die strikten Moralvorstellungen der Dorfbewohner und die Allmacht der katholischen Kirche werden dargelegt, was wohl zu der damaligen Zeit vorherrschend war. Erschreckend ist auch , dass das Thema „Empfängnisverhütung“ wohl mit einem Tabu versehen zu sein scheint. Besonders unter dem Aspekt, dass Maria schwanger wird, aber wohl nicht von ihrem Ehemann.
Die vielzähligen Personen werden nur grob skizziert; deren Schicksale sind sicherlich nicht ungewöhnlich für Angehörige der Unterschicht.
Der Text ist nur durch Absätze gegliedert. Die Autorin arbeitet mit direkten Assoziationen, die den Erzählstrang auf mehreren Ebenen unterbrechen.
Der Schreibstil ist von Redewendungen, Vokabeln und Grammatik der Gegend um Bregenz gekennzeichnet, was für den Leser das Lokalkolorit betont und es es ihm möglich macht, die Personen, auch sozial, einzuordnen. Es gibt in der direkten Rede viele Wiederholungen, wodurch der Text besonders authentisch wirkt.
Ich denke, diese Art zu erzählen, macht das 159 Seiten dünne Werk lebendig und schnell zu lesen. Sicherlich könnte auch ich, wie diverse andere Leute, viele beeindruckende und grausame Fakten, die oft unter den Tisch gekehrt wurden, über meine Vorfahren zu Tage fördern.
Es war aber ein erfrischendes Leseerlebnis.

Bewertung vom 28.07.2019
Das Rezept unserer Freundschaft
Killoren, Kelly

Das Rezept unserer Freundschaft


sehr gut

Lust am Leben

das Cover wirkt leicht verspielt und fröhlich, was durch die besondere Haptik und teils frische Farbgebung unterstrichen wird. Es passt in jedem Fall zu der locker- flockigen Geschichte.
Es ist ein typisches Frauenbuch, liebenswert und leicht verrückt. Billy, die Protagonistin, erzählt in der Ich-Perspektive. Sie lebt zuerst in der hektischen Glamour-Welt von New York, flieht als Teil ihrer Sinnkrise ins beschauliche Hudson Valley, wo sie eine Art Metamorphose durchmacht, jedoch erkennen muss, dass auch dort die Existenz nicht ohne Probleme ist. Die Charaktere Ihrer Frauenclique wirken teils aufgesetzt und affig. Es geschehen immer wieder Dinge, die übertrieben wirken.
Die Autorin ist um ein aufgepepptes Werk mit witzigen, lockeren Sprüchen bemüht, was zwar kurzweilig für die Ferien ist, ansonsten aber an mangelndem Tiefgang leidet.
Die Identifikationsmöglichkeiten mit den Charakteren sind nicht immer vorhanden.