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Brombeere

Bewertungen

Insgesamt 170 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2023
Meister der Dschinn (Gewinner des Nebula Award 2021 für Bester Roman & des Hugo Award 2022 für Bester Roman)
P. Djèlí, Clark

Meister der Dschinn (Gewinner des Nebula Award 2021 für Bester Roman & des Hugo Award 2022 für Bester Roman)


sehr gut

Worum geht es?
Eine ganze Gruppe an Menschen wird ermordet, alles Mitglieder einer Bruderschaft. Agentin Fatma wird mit dem Fall beauftragt, denn Magie könnte im Spiel gewesen sein. Eigentlich Einzelgängerin, bekommt sie dann auch noch jemand neues an ihre Seite gestellt.

Worum geht es wirklich?
Macht, Geheimnisse und Unterdrückung.

Lesenswert?
Ja, ein wunderbares Setting mit vielen positiven Aspekten. Gleich zu Beginn das negative und somit auch eine CN: In Kapitel 1 und 24 werden das N-Wort und andere rassistische Begriffe verwendet - meiner Meinung nach war das in beiden Szenen nicht nötig und hätte auch ohne diese Bezeichnungen funktioniert.
Und damit gleich weiter zu der Welt, in der die Geschichte spielt: Ägypten, ca. 1920, Magie existiert und Steampunk bringt den Menschen Fortschritt. Das Land ist ebenso mächtig wie europäische Länder und wurde nicht kolonialisiert. Frauenrechte sind im Aufschwung und die Bevölkerung glaubt überwiegend entweder an den Islam oder huldigt den alten ägyptischen Gottheiten. Einfach ein mega tolles und spannendes Setting. Neben Frauenrechten spielt auch Rassismus eine große Rolle, gerade Colorism - also dass Menschen mit eher hellbrauner Haut eher akzeptiert werden als Menschen mit dunkelbraunen Hauttönen. Diese ganze Stimmung findet sich in dem Buch wieder. Dies wäre auch ohne die oben genannten Stellen verständlich gewesen.
Man begleitet zwei Ermittlerinnen auf der Suche nach dem Mordgrund, wobei man über Fatma deutlich mehr privates erfährt, als über Habia. Mich haben die Figuren überzeugt und ich habe gerne über ihre Arbeit und ihr Leben gelesen.
Generell ist die ganze fantastische Welt super interessant und vielseitig, es gibt immer neues zu entdecken und ständig werden Andeutungen gemacht. Hierbei finden keine Erklärungen statt, man erschließt sich die Zusammenhänge aus dem Kontext. Dies gelingt überwiegend sehr gut und erzeugt noch mehr das Gefühl, hier völlig in ein anderes Universum einzutauchen. In diesem Setting könnten noch so viel mehr Geschichten spielen!
Gestalten wie Dschinns, Ghule und Ifrits spielen eine große Rolle und vervollständigen dieses fantastische Bild.
Die Sprache hat mir abseits von den rassistischen Begriffen sehr gut gefallen, der Text ist toll lesbar und fesselnd. Das Ende war mir persönlich ein bisschen zu wild und zu groß, aber grundsätzlich stimmig und Fragen wurden geklärt. Cover ist natürlich ein toller Hingucker.
Ich würde das Buch grundsätzlich empfehlen und hoffe dass Verlag und Übersetzer ihre Wortwahl in kommenden Werken diskriminierungsfrei gestalten.

Bewertung vom 24.09.2023
Männer töten
Reisinger, Eva

Männer töten


sehr gut

Worum geht es?
Anna Maria flüchtet nach einer Beziehung ist österreichische Engelhartskirchen. Idyllisch, bäuerlich und ab und zu rätselhafte Todesfälle. Die Protagonistin lernt nach und nach die Wahrheit kennen.

Worum geht es wirklich?
Wehrhaftigkeit, Grenzüberschreitung und Freundschaft.

Lesenswert?
Ja, ein spannendes Buch mit dystopischen Stellen. Man begleitet die Protagonistin Anna Maria bei ihrem neuen Leben in einem kleinen Dorf. Man erfährt, wie sie nach und nach ihre Nachbarinnen kennenlernt und sich irgendwann ein Herz nimmt und die entscheidenden Fragen stellt.
Der Titel ist doppeldeutig und ich finde es sehr interessant, wie hiermit gespielt wird.
Gewalt ist in diesem Buch definitiv ein Thema, auch wenn dies nicht ausgeschlachtet oder provokativ ausführlich geschildert wird. Es ist mehr das Grauen nebenbei, das durch die Sätze dringt und bei dem man sich als Leser*in den Rest zusammen reimen kann.
Die Protagonistin finde ich sympathisch, ebenso die meisten ihrer Freundinnen. Gerade auch Anna Marias Kampf gegen die Ansichten der eigenen Mutter finde ich sehr bewegend und die Szenen schwer zu ertragen. Mir gefällt, wie viele starke und zusammenarbeitende Frauen in diesem Buch vorkommen, auch wenn ich ihre Lösungswege ablehne. Trotzdem ist es schön zu sehen, dass es eine Gemeinschaft aus Frauen gibt.
Der Roman spricht mehrere feministische Themen an, geht jedoch einen ganz eigenen und anderen Weg, mit dem Leben im Patriarchat umzugehen. Auf jeden Fall spannend, aber eher dystopisch als utopisch. Wobei natürlich schon die Frage aufkommt, warum man beim Lesen diese Szenen so fremd empfindet, sich aber auf erschreckende Art an Femizide im Alltag gewöhnt hat.
Sprachlich angenehm und auch wenn es nur vier große Kapitel gibt (deren Benennung im Zusammenhang auch eher speziell ist), so gibt es dennoch viele kleine Abschnitte, die das Lesen gut möglich machen.
Ich glaube, dass es ein Buch ist, das man erneut lesen muss um wirklich alles zu durchdringen. Mir hat es auf jeden Fall gefallen und mich zum Nachdenken und Hinterfragen angeregt.
Ich empfehle dieses Buch, wenn man feministische Grundkenntnisse hat und sich dafür interessiert. Sonst könnte es eher schwer zu lesen sein.

Bewertung vom 24.09.2023
Die liegende Frau
Vogt, Laura

Die liegende Frau


gut

Worum geht es?
Drei Freundinnen, eine liegt im Bett und spricht nicht und die beiden anderen versuchen den Grund herauszufinden. Eine ist Mutter und hat mehrere Partner, die andere ist gegen Kinderbekommen und sieht die Zukunft der Welt recht hoffnungslos.

Worum geht es wirklich?
Lebensentscheidungen, Schweigen und Familie.

Lesenswert?
Nein, war für mich nicht so gut wie erhofft. Der Inhalt klingt durchaus ansprechend und hat neugierig gemacht.
Obwohl das Buch nicht sehr umfangreich ist, verläuft das Lesen dennoch recht schleppend. Dieses Buch nebenbei zu lesen (oder im Wechsel mit anderen) ist nahezu unmöglich, da der Satzbau eher ungewöhnlich ist und man jedes Mal eine Weile braucht um sich einzufinden.
Die drei Frauen sind nicht untereinander befreundet, sondern über die liegende Frau miteinander verbunden. So kommt es, dass zwei Menschen, die sehr gegensätzlich sind und sich nicht wirklich verstehen, miteinander auskommen müssen, um der dritten Person zu helfen.
Mich hat keine der Figuren wirklich überzeugt, weil sie gefühlt sehr einseitig waren. Die eine liegt eh nur, die andere versinkt in Familienkonstrukten und den Themen Affäre, mehrere Partner und Kinder. Wobei ich hierbei hinterfrage, ob das wirklich das Konzept von Polyamorie darstellt und nicht viel eher einfach nur Betrug. Fehlender Konsens ist hier irgendwie immer wieder präsent. Die dritte Frau ist radikal gegen Kinder, kann ihren eigenen Körper und ihre Menstruation nur schwer ertragen und wirkt so voller Hass auf ihre Organe. So als könnte es nicht durchaus gute Gründe geben, sich gegen Kinder zu entscheiden. Stattdessen tritt sie radikal und hart auf.
Ein richtiger Plot ist leider auch nicht vorhanden und die Handlung findet verdichtet an einigen wenigen Tagen statt, allerdings immer von Rückblicken geprägt. Eine richtige Auflösung gibt es meiner Meinung nach aber nicht und am Ende ist man als Leser*in genau so ratlos wie zu Beginn.
Positiv an dem Buch war ein bisschen das Spiel mit Satzbau und eingefügten Notizen.
Ebenso finde ich viele Themen, die zwischen den Frauen angesprochen werden, höchst spannend und auch wichtig. Gerade zum Ende hin entstehen hier wertvolle Gespräche.
Die Umsetzung hat mich aber dennoch nicht überzeugt und das Buch geht in meinen Erinnerungen an gelesene Bücher komplett unter. Schade!

Bewertung vom 18.09.2023
Talking to the Moon
Nagib, Sherin

Talking to the Moon


sehr gut

Worum geht es?
Judy, beinahe fertig mit ihrem Master der Musikwissenschaften, trifft auf Jaad, Mitglied einer ehemals bekannten Band und nun Barista. Die beiden beginnen zusammen zu arbeiten.

Worum geht es wirklich?
Musik, Kultur und Verlangen.

Lesenswert?
Ja, eine sehr süße Geschichte mit zwei sympathischen und authentischen Protagonist*innen. Obwohl teilweise auch ernste Themen zur Sprache kommen, gibt es dutzende Wohlfühlmomente und schöne Situationen.
Meine Bewertung erfolgt aus der Sicht einer christlich-sozialisierten weißen Frau.
Mir gefällt das Setting super gut, die Mischung aus Uni, Strand und Kaffeebar und auch der Musikaspekt, der eine große Rolle in dem Leben der beiden Personen spielt.
Judy und Jaad, aus deren Sicht abwechselnd erzählt wird, sind sympathisch und es ist auf jeden Fall sehr schön, ihre Geschichte zu lesen. Judy finde ich ein bisschen greifbarer dargestellt, bzw. sie wirkt realer als Jaad.
Man begleitet ihr Leben an der Uni, ihre Zeit mit ihrer (super sympathischen) Zimmernachbarin Roxy und Besuche daheim bei den Eltern. Oftmals finden hier ganz zauberhafte Szenen voller Wohlwollen und Freude statt, aber leider gibt es eben auch verletzende Begegnungen mit Menschen, die sich rassistisch äußern oder verhalten. Mir gefällt diese Kombination sehr gut und ich bin ganz fasziniert, wie die Autorin durch diese Mischung zeigt, warum kleine Verletzungen so hart treffen können.
Nebenbei konnte ich auch einfach noch ein paar neue Informationen erhalten, wie junge Muslimas mit ihrem Glauben umgehen können. Sehr bereichernd, weil erscheint in anderen Büchern viel zu wenig. Zeigt auch, warum es so wichtig ist, dass solche Geschichten von Own-Voice-Autor*innen verfasst werden!
Mir gefällt der Umgang mit spicy Szenen sehr, weil Nagib quasi zeigt, wie ein Struggle zwischen Glauben und Verlangen entstehen kann und wie dies dennoch in Einklang zu bringen ist. Ist auf jeden Fall eine wertvoller Input und ich kann mir vorstellen, dass diese Art der Repräsentation für Jugendliche/jungen Erwachsene mit konservativem Glauben hilfreich und bereichernd sein kann.
Kritikpunkte: Zu Beginn hatte ich Probleme in das Buch reinzufinden und gerade in den ersten Kapiteln tauchten unnötige Wortwiederholungen auf, die ich störend fand. Später gibt es das dann nicht mehr - oder ich habe es nicht mehr wahrgenommen.
Weil Konsens und Grenzen oft eine Rolle spielen, war ich überrascht, als Judy diese im Verlauf der Handlung nicht akzeptiert. Das war für mich nicht stimmig zu ihrer sonstigen Persönlichkeit.
Die Spannungskurve folgt einem recht klassischen Verlauf (Drama in Akt 4), was ich irgendwie zu oft gelesen habe.
Zusammenfassend aber gilt, dass ich das Buch echt verschlungen habe und mir mehr solche Bücher wünsche. Für die Repräsentation von unterrepräsentierten Gruppen, aber auch für Menschen der Mehrheitsgesellschaft um den Horizont zu öffnen! Ich würde auf jeden Fall weitere Bücher der Autorin lesen.

Bewertung vom 18.09.2023
Die Lügnerin
Karig, Friedemann

Die Lügnerin


gut

Große Verwirrung.

Worum geht es?
Eine Frau in einer Klinik, beim Gespräch mit ihrer Ärztin erzählt sie von ihren Lügen. Ihre Lügen würden zur Wahrheit werden. Die Wahrheit ist nicht mehr erkennbar.

Worum geht es wirklich?
Prophezeiungen, Manipulation und Flucht.

Lesenswert?
Nein, weil ziemlich verwirrend und irgendwie auch nichtssagend. Cover und Klappentext sind ansprechend und ich wollte gerne etwas von dem Autoren lesen.
Man begleitet eine unstete Erzählerin durch ihre Zeit in einer teuren Klinik. Nach und nach werden in den Gesprächen weitere Dinge offenbart, da die Frau von ihrer Vergangenheit berichtet.
Bei ihr handelt es sich jedoch um eine Lügnerin, deren Lügen ab und zu zur Wahrheit werden sollen. Aber wie soll man dieser Frau glauben, die doch selten (oder nie?) die Wahrheit spricht.
Dadurch, dass man als lesende Person nie weiß, was der Realität entspricht, kann es sich hier entweder um eine unmögliche Geschichte handeln oder um eine fantasiereiche Protagonistin, die einfach gerne Dinge ausschmückt und sobald sie ertappt wird, gleich eine neue Lüge parat hat.
Dies sorgt dafür, dass man mit der Protagonistin nicht unbedingt etwas anfangen kann, sie kaum einschätzen kann und nicht weiß, was man von ihr halten soll.
Die Kapitel sind teilweise sehr lang, erst zum Ende hin werden sie kürzer.
Die Sprache ist interessant mit sehr langen, nahezu mäandernden Sätzen, die sich wie ein großes Konstrukt immer weiter auftürmen.
Die Lektüre ist nicht zwingend schlecht, man kann das Buch gut lesen.
Irgendwie fehlt mir aber das große Ganze. Ich weiß bis jetzt nicht, was mir dieses Buch denn vermitteln will, ob es unterhalten will, anregen will, ob der Autor einfach nur gerne diese Geschichte erzählen wollte.
Ein Buch, das okay war, das aber nichts außer Verwirrung hinterlässt und ich daher nicht direkt empfehlen würde.

Bewertung vom 14.09.2023
Vatermal
Öziri, Necati

Vatermal


sehr gut

Fehlende Vaterfigur.

Worum geht es?
Ein Mann liegt mit Organversagen im Krankenhaus, er weiß nicht ob er überleben wird. Und so verfasst er einen Brief an seinen Vater, der nicht mehr da ist. An seiner Seite der Rest der Familie (Mutter und Schwester), der nicht miteinander spricht.

Worum geht es wirklich?
Gastarbeiter, Jugend und Identität.

Lesenswert?
Ja, gefällt mir gut. Das Cover ist erst einmal nicht aussagekräftig, der Klappentext trifft es aber sehr gut. Die Familie und das Erwachsenwerden der Geschwister sowie in früheren Jahren das der Mutter, stehen im Vordergrund. Kapitelweise springt man lose durch die Zeit und lernt alle drei Personen kennen. Das kann schon einmal für Verwirrung sorgen, wie der genaue Erzählstrang nun verläuft.
Positiv (vor allem im Hinblick auf die Nominierung zur Longlist Buchpreis 2023) ist mir die gute Lesbarkeit aufgefallen. Der Roman ist wirklich angenehm geschrieben trotz der Ansprache des Sohnes an seinen Vater. Die Szenen sind sehr eindrücklich und vehement, teilweise auch sehr bewegend und emotional geschildert. Manchen Dinge sind schwer zu ertragen (hier aus aktuellem Anlass eine CN: Erdbeben im Heimatort spielt eine Rolle.)
Immer im Mittelpunkt die Anklage an den fehlenden Vater, die Dringlichkeit mit der der Vater benötigt worden wäre. Generell spielen Eltern-Kind-Beziehungen in mehreren Generationen eine große Rolle und auch der Wunsch nach Zugehörigkeit - sei es zu einer Gruppe, zu einer anderen Person oder einfach nur zu einem Land.
Es gibt neben den drei Hauptfiguren definitiv auch Nebenfiguren, die voll ausgearbeitet sind und an deren Geschichte man wirklich Anteil nimmt. Manche anderen bleiben eher zurückhaltend dargestellt.
Mir gefällt gut, wie der Autor immer wieder türkische Begriffe einfließen lässt und auch Personen so angesprochen werden. Dies macht das ganze lebendig und realistisch.
Das Ende lässt mich tatsächlich etwas verwirrt zurück, aber hat die Lektüre nicht schlechter gemacht.
Ich habe das Buch definitiv gerne gelesen und freue mich, dass es lesbare Titel auf der Longlist gibt!

Bewertung vom 14.09.2023
A Place to Shine
Lucas, Lilly

A Place to Shine


gut

Ganz okay.

Worum geht es?
Poppy wird nachts Ersthelferin bei einem Unfall. Verletzt ist ausgerechnet Trace, Countrystar, dem sie vor vielen Jahren an einem Abend näher gekommen ist. Und den sie seitdem nicht ausstehen kann.

Worum geht es wirklich?
Zweite Chancen, Showbusiness und Schauspiel.

Lesenswert?
Jein. Dieses Buch ist unterhaltsam, aber für mich ist es weder berührend noch besonders.
Ich kenne aus der vierbändigen Reihe bereits Teil 1 und habe nun den vierten Teil ebenfalls gelesen.
Beginnend mit dem positiven: Ich mag das Setting und das wuselige Feeling das durch die Familie entsteht, mag die Kleinstadt-Vibes.
Lucas’ Schreibstil gefällt mir grundsätzlich ebenso. Ich mag, wie die vier Geschichten miteinander verbunden sind und finde es sehr süß, dass es ein Easteregg zu Kathinka Engels neuem Buch gibt - sowas ist irgendwie immer cool.
Poppy ist eine interessante Protagonistin, die ich recht sympathisch und nahbar finde. Trace hingegen finde ich nicht wirklich aussagekräftig und eher langweilig. Auch die Dynamik zwischen den beiden packt mich nicht und beim Spice waren zwar die dargestellten Situationen nicht schlecht, aber die komisch umschreibende Wortwahl (seine Mitte, seine Härte, ihre Mitte,…) gefällt mir nicht.
Mehrmals hatte ich das Gefühl, dass sich das Buch in eine andere Richtung entwickelt und es gar nicht um Poppy und Trace als Paar gehen wird. Leider Trugschluss.
Ansonsten hat mich, ohne dass ich Band 2 und 3 kenne, gestört dass einige Dinge hier nicht zum ersten Band passen. Ich wundere mich (wie auch in Band 1) noch immer, wie die Diagnose der Mutter dargestellt wird. Denn auch hier existiert sie nur auf dem Papier und findet keine Tragweite. Ergo unnötig.
Außerdem war soweit ich mich erinnere, das Lied, um das es zwischen Poppy und Trace geht, ursprünglich mit Lilac verflochten und hatte auch diese involviert.
Finde ich schade, dass die Hintergrundinformationen von den einzelnen Bänden nicht wirklich zusammen passen. Das hätte ich mir stimmiger gewünscht.
Das Buch hat mich grundsätzlich unterhalten, aber ich werde nicht die fehlenden Bände lesen.

Bewertung vom 14.09.2023
Das ewige Ungenügend
Volm, Saralisa

Das ewige Ungenügend


sehr gut

Worum geht es?
Saralisa Volm spricht über ihre eigenen Erfahrungen zu Körperbildern, Essstörungen, Bewertungen von Frauenkörpern und wie sie versucht sich davon zu befreien.

Worum geht es wirklich?
Frauenkörper, Freiheit und Kampf.

Lesenswert?
Ja, wenn auch nicht uneingeschränkt. Das Cover fällt direkt ins Auge und die Autorin beginnt ohne Umschweife ganz schonungslos mit ihrer eigenen Jugend und ihren Essstörungen. Obwohl es sich hierbei um ein Sachbuch handelt, ist es sprachlich gut lesbar. Die Kapitel sind mitunter recht lang, aber es gibt sehr viele Absätze sodass man sich alles in kleine Lesehappen einteilen kann. Vielleicht auch gerade dann wichtig, wenn man als lesende Person mit dem eigenen Körper hadert.
Volm verbindet ihre eigenen Erfahrungen mit den gesamtgesellschaftlichen Erwartungen und Problemen und spricht dabei von ihrer eigenen Person nicht immer positiv. Generell scheint es so zu sein, dass sie den Kampf auf keinen Fall bereits beendet hat, sondern noch immer auf dem Weg zur Körperneutralität ist.
Mir gefällt gut, wie viele verschiedene Themen angesprochen werden und auch die bereits erwähnte verständliche Sprache.
Weniger gut finde ich hingegen, dass einige Dinge so verkürzt wiedergegeben werden, dass sie falsch dargestellt werden (zum Beispiel zur Gen-Schere in Kapitel 2). Auch habe ich mit vielen Namen oder Beschreibungen nichts anfangen können, weil Volm aufgrund ihres Berufs viel über die Filmindustrie und Kunst spricht und die Personen meist nicht eingeordnet werden. Man versteht zwar die Aussagen, aber fühlt sich dabei ziemlich unwissend.
Ansonsten habe ich mich an Frauen* (mit Sternchen) gestört, weil mir das Konzert nicht einleuchtet. Entweder spreche ich von Frauen, dann ist kein Stern nötig. Oder ich meine eben nicht nur Frauen, sondern alle Menschen, die nicht cis Männer sind. Dann wiederum ist Frauen* keine korrekte Beschreibung.
Dieses Buch gibt auf jeden Fall Input zum Thema Körperbilder und Weiblichkeit. Denn ist es nicht bezeichnend, dass wenn man die Autorin in der Suchmaschine sucht, man direkt die Suche nach Bildern vorgeschlagen bekommt? So als müsste man sich davon überzeugen, ob es sich hierbei um eine normschöne Frau handelt.

Bewertung vom 07.09.2023
Es braucht nicht viel
Steinhaus, Helena;Cornelsen, Claudia

Es braucht nicht viel


gut

Worum geht es?
Die beiden Autorinnen, beide tätig bei Sanktionsfrei, nehmen das Bürgergeld unter die Lupe sowie die angeblichen Verbesserungen.

Worum geht es wirklich?
Existenzminimum, Sanktionen und soziales Miteinander.

Lesenswert?
Jein, ich bin zwiegespalten. Auf der einen Seite ein sehr ansprechendes Buch mit tollem Thema, das zum Hinterfragen der aktuellen Umstände und Situationen einlädt. Und auf der anderen Seite die Umsetzung, die mir nicht wirklich gefallen hat und die mir auch zu wenig geliefert hat. Da wäre zum einen die Umgangssprache, das gekünstelte Lustigsein und der Sarkasmus, der in Büchern nicht ganz so einfach funktioniert, bzw. nicht für jede lesende Person funktionieren wird. Manchmal wirken die Erklärungen wie humorvolle Sketche beim Versuch lustig zu sein. Und das mag zwar passen, weil man fassungslos ist, sorgt aber nicht unbedingt für Professionalität.
Des Weiteren gibt es ein paar Flüchtigkeitsfehler oder Stellen, an denen Dinge so verkürzt dargestellt werden, dass Zusammenhänge fehlen.
Generell besteht ein sehr großer Teil des Buches aus dem Thema Berechnung Bürgergeld und Umgang mit Sanktionen. Vermutlich ist dieser Fokus verständlich, wenn man weiß dass die beiden Autorinnen sich gegen Sanktionen einsetzen und für ein faires Bürgergeld kämpfen.
Trotzdem habe ich einfach mehr erwartet als ich dieses Buch gesehen habe. Denn soziale Gerechtigkeit ist ja mehr als nur der Umgang mit arbeitslosen Menschen. Wie sieht es zum Beispiel mit Menschen mit Behinderungen aus und mit dem Konzept der Behindertenwerkstätten? Wieso werden die Tafeln zwar erwähnt aber mit keinem Wort Kritik daran geübt, dass hier Dinge abgefangen werden müssen, weil der Staat nicht seine Aufgabe erfüllt? Stattdessen wird auf die Gründung des Vereins Sanktionsfrei eingegangen - sicher interessant aber wirkt mehr wie eine Werbeveranstaltung. Mir ist das Ziel, das die beiden Verfasserinnen mit ihrem Buch anstreben, nicht ganz klar. Weil es eben nur einen ganz kleinen konkreten Teil betrachtet.
Erst ganz zum Schluss auf den letzten 10-20 Seiten ging das Buch dann in die Richtung, die ich erwartet habe, als ich den Buchtitel (und Untertitel) gesehen habe. Hier entstehen plötzlich Ideen, Zukunftsvisionen und große Gedanken, die einfach mehr mitdenken.
Ich glaube schon, dass das Buch wertvollen Input liefert, es hält jedoch nicht das, was es auf den ersten Blick verspricht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.09.2023
Gegen Frauenhass
Clemm, Christina

Gegen Frauenhass


ausgezeichnet

Wow!

Worum geht es?
Frauen und nicht-binären Personen schlägt ein unglaublicher Hass entgegen. Die Autorin zeigt auf, wie sich dieser entlädt, wo er stattfindet und welche Stellschrauben geändert werden müssen.

Worum geht es wirklich?
Bequemlichkeit, Versagen und Mut.

Lesenswert?
Absolut. Ein großartiges und bereicherndes Buch, das unglaublich Wut in mir ausgelöst hat. Wut auf das System, auf all die Ungerechtigkeiten und darauf, dass es eben nicht ausreicht, dass Menschen laut Gesetz alle gleich gestellt sind.
Die Autorin springt in kurzen Kapiteln zu sehr verschiedenen Themen, zum Beispiel Journalismus und Berichterstattung, Abläufe beim Staat und in der Justiz, juristischer Alltag oder Medizin.
Für mich persönlich finde ich nun keine Schuldzuweisung in diesem Buch und definitiv keinen Männerhass. Es geht einfach darum, dass Missstände aufgezeigt werden, die einer wirklichen Gleichberechtigung aller Geschlechter im Wege steht. Ebenfalls wird angesprochen, dass diese Rechte nicht sicher sind, nur weil man sie einmal besitzt und das sich Gesellschaften auch wieder mehr von Gerechtigkeit abwenden können.
Clemm zeigt an Beispielen aus ihrem Arbeitsalltag, wie viele Kleinigkeiten schief laufen, damit am Ende eine Gräueltat steht. Mitnichten bedeutet dies, dass ein Femizid unwahrscheinlich ist. Aber es zeigt Ansatzpunkte, an denen man zukünftige Morde verhindern könnte, an denen man eingreifen kann.
Ich finde das Buchs ehr verständlich geschrieben, die kurzen Kapitel in sich stimmig und finde die große Themenvielfalt sehr bereichernd. Clemm gendert in diesem Buch, erklärt auch den Grund warum sie dies tut. Sie benennt Personengruppen eindeutig. Sie nimmt eine intersektionale Perspektive ein, versucht viele Lebensumstände mitzudenken und nennt auch klar ihre eigenen Privilegien.
Trotz all der Wut, die die Situation auslöst, gibt Clemm doch auch Hilfestellungen zur Hand und zeigt große und kleine Handlungspunkte auf, wie unsere Gesellschaft gerechter werden kann. Das empfinde ich als sehr positiv und mutmachend.
Ich kann dieses Buch definitiv empfehlen!