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Fee04
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Bayern

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Insgesamt 140 Bewertungen
Bewertung vom 12.05.2023
Noch wach?
Stuckrad-Barre, Benjamin von

Noch wach?


sehr gut

Noch wach“? von Benjamin von Stuckrad-Barre hat mich fasziniert, aufgrund der sehr ähnlichen reellen Fälle in Deutschland und natürlich die Story über den Weinstein-Skandal. #Metoo war in aller Munde und nach Beendigung dieses Romans ist mir klar, warum dieses Thema nicht mehr brandaktuell ist und doch wäre.
Eine junge Frau arbeitet in Berlins großen Fernsehsender und erzählt von ihrem Chef, ihrer Arbeit und ihren Erlebnissen.
Zur gleichen Zeit passieren in Los Angeles unverständliche Dinge. Prominente und berühmte Männer nehmen sich sehr viel den Frauen gegenüber heraus und prahlen damit in der Öffentlichkeit. Plötzlich erschüttert der Weinstein Skandal Hollywood. Und alles verändert sich! Oder nur oberflächlich?
Von Hollywood verbreitet sich nun die #Metoo Bewegung um die ganze Welt. Und doch ist es extrem schwierig, gegen die Machtstrukturen anzukommen.
Der Roman wird in der Ich-Form erzählt. Der Erzähler liegt noch gemütlich in Hollywood im legendären „Château Marmont“ am Pool und wird plötzlich in Berlin mitten in die „#Metoo-Bewegung gerissen. Kompromisslos erzählt der Autor über die sexuelle Belästigung durch Führungskräfte, über toxische Beziehungen, über die Machtstrukturen und Machtmissbrauch im Unternehmen.
Die Themen des Romans werden sehr anschaulich beschrieben, die Freundschaften, Verrat, das Arbeiten in der Medienbranche, sexuelle Belästigung und die Angst vor einem „Karriere-Aus“, werden intensiv beleuchtet. Die Protagonisten werden sehr authentisch beschrieben und man kann sich sehr gut in deren Gefühlslage und die Ängste versetzen. Teilweise als neue Prüderie wird das Verhalten der Opfer beschrieben und die Anklage wird verdreht, letzten Endes handelt es sich im Verleumdung, Rufmord und die Betroffenen werden in der Öffentlichkeit als selbst schuld und nuttig durch die Unternehmen dargestellt.
Die sprachliche Ausdrucksweise ist sehr locker und man fliegt über die Seiten. Immer wieder überlegt man was real oder fiktiv ist. Die Schwere der Thematik wird durch das Geplänkel der Protagonisten aufgelockert.
Ein Roman, der Aufsehen erregt, den Leser berührt und das psychische Leid der Betroffenen beschreibt. Der Autor hat ein brillantes Buch über Machtmissbrauch und Sittenwidrigkeit in der Welt geschrieben.
Persönlich war ich gefesselt von der Story und es hat mich nachdenklich gemacht, dass Frauen in der heutigen Zeit immer noch Opfer sind und nicht gehört werden. Die mächtigen und einflussreichen Personen wenden die Vorwürfe und Anschuldigungen der sexuellen Übergriffe ab, verdrehen die Tatsachen und ruinieren im Anschluss das Leben der Betroffenen. Einen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen, die Angst zu überwinden und stark zu sein. Gemäß den Erfahrungen in der Story und nachvollziehbar in der Realität wird jedoch eine komplett andere Methode vermittelt.
Eine Leseempfehlung für dieses intensive Buch.

Bewertung vom 03.05.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


ausgezeichnet

Als wir Vögel waren“ ist Ayanna Lloyd Banwo‘s Debütroman.
Die Autorin verzaubert den Leser mit einer ergreifenden und mystischen Geschichte in Trinidad.

Der junge Rastafari Emmanuel hat sein Zuhause verlassen, um in Fidelis, einem jahrhunderte alten Friedhof in Port Angeles zu arbeiten. Seine Mutter kann durch ihre Schmerzen nicht mehr viel arbeiten und das Geld fehlt. Sein Vater ist vor Jahren in diese Stadt gegangen und nie mehr zurück gekommen. Emmanuel’s Mutter tobt und allein der Gedanke ihren Sohn an diese Stadt zu verlieren ist schlimm, auch die Aussicht, dass er auf einem Friedhof arbeiten möchte passt nicht zu ihren Ansichten und ihrem Glauben - die Toten soll man meiden.

Emmanuel, genannt Darwin rasiert seine Dreadlocks ab und verwandelt sich äußerlich. Innerlich bleibt er ein positiver, guter Mensch, jedoch bereitet ihm die Arbeit mit seinen Kollegen und dem zwielichtigen Chef starkes Unbehagen. Auch passieren seltsame Dinge in Fidelis und Darwin kann dies nicht einordnen.

Währenddessen wartet Yejide darauf, zu ihrer im Sterben liegenden Mutter Petronella gerufen zu werden.

Auf dem Berg, um das verwinkelte Haus zieht ein Sturm auf, alle Fenster sind geöffnet und Blätter, Regen und Wind dringen in das Zimmer der sterbenden Frau.

Petronella möchte zu ihrer toten, geliebten Zwillingsschwester Geraldine gehen.Jedoch muss sie vorher ihre Tochter rufen, damit es auf Yejide übergeht. Nur was genau ist es?

Geraldine hat schon früh versucht Petronella davon zu überzeugen, es ihrer Tochter beizubringen. Und doch hat diese sich stets geweigert.

Die Menschen unten am Berg und in der Stadt haben Angst vor dem Sterben. Die Frauen auf dem Berg, sorgen ihr ganzes Leben dafür, dass man den Tod nicht fürchten muss. Yejide hatte ein herzliches Verhältnis zu ihrer Granny Catherine und doch hat auch diese kurz vor ihrem Tod nur ihre Tochter zu sich gerufen. Mystisch und geheimnisvoll wird der Leser in eine andere Welt gezogen.

Darwin meidet normalerweise die Toten und deren Seelen, Yejide kommuniziert mit dem Tod. Die beiden Protagonisten treffen sich auf ungewöhnliche Weise auf dem Friedhof und verlieben sich. Darwin ist das Leben für Yejide und andersherum.


Die Autorin schreibt einen mystischen Roman über die Liebenden, das Schicksal, die Lebenden, die Toten und die Seelen dazwischen.

Flüssig und mit einem besonderen Schreibstil zieht die Autorin die LeserIn in ihren Bann. Kulturelle Unterschiede, Armut, Kriminalität und Mythen werden unbeschönigt dem Leser vorgelegt. Trinidad und vor allem der alte Friedhof werden bildlich dargestellt. Die Protagonisten sind authentisch und sehr intensiv beschrieben. Ayanna Lloyd Banwo hat mit ihrem Debütroman ein Highlight für alle Geister- und Mythenfreunde geschrieben.

Ein Lesehighlight mit 5 Sternen.

Bewertung vom 27.04.2023
Die spürst du nicht
Glattauer, Daniel

Die spürst du nicht


ausgezeichnet

Daniel Glattauer hat mit dem Roman „Die spürst du nicht“ ein vielschichtiges,
berührendes und tiefgründiges Buch geschrieben.

Es ist mein erstes Buch bzw. Hörbuch von Glattauer und es hat mich absolut überzeugt.

Der Roman beginnt mit dem Tod eines Flüchtlingskinds in der Toskana.

Familie Binder und Familie Strobl-Marinek fahren mit ihren Kindern in ein Ferienhaus mit Pool in die Toskana.
Sophie-Luise, die 14jährige Tochter der Familie Strobel-Marinek möchte ihre Schulfreundin oder eher Klassenkameradin mitnehmen. Ihre Mutter, eine Grünen-Abgeordnete, setzt sich bei den verschiedensten Stellen dafür ein.
Aayana, das Mädchen aus Somalia, darf nicht mit. Ihre Eltern sind dagegen. Nur wenn der Bruder mitkommen darf.
Nach viel Überzeugungskraft und Sophie-Luises Wunsch, der Klassenkameradin das Schwimmen beizubringen, willigen die Eltern ein.

Aayana ist höflich, freundlich, zurückhaltend und still.
„Die spürst du gar nicht“ ist die allgemeine Meinung der Erwachsenen.

Es wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, wie die beteiligten Familien mit der unglaublichen Tragödie umgehen. Die Gefühle von Sophie-Luise und das Mobbing in der Schule wird von deren Eltern nicht wahrgenommen. Diese sind mit sich selbst und der Tragödie beschäftigt. Auch die Familie Binder versucht mit dem Unglück klarzukommen. Die einen verkraften es kaum, die anderen würden diese Angelegenheit gerne ad acta legen.
Niemand kümmert sich um die Familie des Kindes, niemand interessiert sich für deren Gefühle, niemand möchte das Beileid ausdrücken.
Und niemand kümmert sich um Sophie-Luise….
Bis plötzlich eine Internetbekanntschaft das Mädchen verändert.

Ein Anwalt, ein seltsamer, alter Kauz vertritt plötzlich die somalische Familie und fordert eine unglaublich hohe Geldsumme von der Familie Strobl-Marinek. Und er möchte keinen Vergleich,
er möchte vor Gericht. Unbedingt!
Er will sich und der Familie Gehör verschaffen.

Die Medien und auch das Netz ist von Beginn an am Unglück beteiligt und die Menschen geben ungeniert ihre Kommentare ab. Zur Abgeordneten, zu den Familien, zu den Flüchtlingen, zu Werten, zu wirklich allem und jedem.

Dem Hörer wird bewusst, wie gedankenlos, menschenverachtend, abwertend und auch schadenfroh die Menschen im Netz ihren Gedanken freien Lauf lassen.

Tessa Mittelstaedt und Steffen Groth als SprecherIn zu wählen, war eine sehr gute Entscheidung.
Die Sprecherin holt den Hörer mit ihren unterschiedlichen Nuancen und Stimmarten ab und vermittelt die Emotionen unglaublich gut. Der Sprecher lockert mit seinem Dialekt und der Umgangssprache - er spricht Auszüge aus den Social Media Kanälen- das Drama etwas auf.

Glattauer hat einen zeitgemäßen und tief berührenden Roman über die Werte der Menschen und was ein Leben wert ist, geschrieben. Gibt es hier Unterschiede?

Die Geschichte regt zum Nachdenken an und geht unter die Haut. Ein grandioses Werk, einfühlsam erzählt. Gerne 5 Sterne für das Hörbuch, den unglaublich guten Schreibstil des Autors und die einnehmenden Erzähler.

Bewertung vom 26.04.2023
Die marmornen Träume (eBook, ePUB)
Grangé, Jean-Christophe

Die marmornen Träume (eBook, ePUB)


sehr gut

„Die marmornen Träume“ von Jean-Christophe Grangé ist ein herausragender Thriller.
Das Grauen spielt 1939 in Berlin kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Die unantastbaren Frauen des Oberen Nazi-Regimes verweilen im Adlon um Champagner zu trinken und sich dem Müßiggang hinzugeben. Einige besuchen auch Simon Kraus, den hübschen Psychoanalytiker und Traumforscher. Sie teilen gerne mit Simon ihre intensiven, angstvollen Träume und auch das Bett. Was wiederum den kleinwüchsigen, jedoch intelligenten Gigolo veranlasst, die Damen auf charmante Art zu erpressen, um sich seinen exquisiten Lebensstandard zu ermöglichen.
Simons Klientin wird brutal ermordet und führt Franz Beewen, einen grausamen SS-Offizier, welcher mit dem Fall betraut wird, zu dem Traumforscher. Der Fall unterliegt äußerster Geheimhaltung und eine Ermittlung ist extrem schwierig. Es gibt jedoch eine Gemeinsamkeit der ermordeten Frauen: Ihre Träume von einer marmornen Person.
Simon ist tief getroffen von diesem Verlust seiner Klientin und versucht im Adlon unauffällig die anderen Damen auszufragen. Niemand weiß etwas, jeder vermutet das Opfer im Ausland. Währenddessen werden weitere brutal zugerichtete Frauenleichen gefunden. Alle Damen waren miteinander bekannt, fast täglich im Adlon anzutreffen und Ehefrauen von hochrangigen Anhängern des Nationalsozialismus.
Der historische Thriller zieht den Leser in eine Welt des Grauens. Die Handlung wird extrem brutal, detailliert und ausführlich beschrieben. Der Autor hat mit seiner Recherche sehr gut die Gräuel-/Schreckenstaten aus der damaligen Zeit wiedergegeben. Zartbesaiteten Menschen kann dieses brutale Gemetzel zusetzen. Auch das abgrundtief Böse, was die damalige Zeit bei den Menschen freigesetzt hat, ist schwer verdauliche Kost.
Die wohlhabende und alkoholabhängige Psychiaterin Minna von Hassel unterstützt die beiden Männer mit ihren vorzüglichen Kontakten bei den Ermittlungen. Ein vielschichtiger Thriller, der die Abgründe des Bösen aufzeigt.
Oftmals ist das Böse jedoch sehr schwer zu fassen…
Der Autor ist sehr ausschweifend in seinen Erzählungen, die Protagonisten werden hervorragend, facettenreich und authentisch ausgearbeitet und die historischen Details unglaublich gut in die Story eingearbeitet. Der Leser ist von der Grausamkeit des Nazi-Regimes gefangen, die Raffinesse der Morde erhalten die Spannung und natürlich auch die verschiedenen Perspektiven auf das Geschehen.
Die düstere, bedrückende Atmosphäre in Berlin für das Volk wird sehr gut beschrieben, auch der fröhliche Zeitvertreib der oberen Führungsebene wird dargelegt, sowie der Sex für Führer, Volk und Vaterland kurz Lebensborn genannt. In diesen, dem Volk zugute kommenden Heimen, wurden arische Kinder für den Führer gezeugt.
Ein ausdrucksstarker, fesselnder Thriller, sehr zu empfehlen, auch wenn man sich mit der damaligen Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt.
Eine Empfehlung mit 4 Sternen; aufgrund der oftmals zu ausschweifenden Passagen einen Punktabzug.

Bewertung vom 16.04.2023
Die Insel der Erkenntnis
Pöltl, Jonas

Die Insel der Erkenntnis


ausgezeichnet

„Die Insel der Erkenntnis“ ist ein wunderschön geschriebener Roman von Jonas Pöltl auf der Suche nach der eigenen Bestimmung.

En bisschen erinnert das Buch an den Bestseller „Das Café am Rande der Welt“ von John Strelecky. Die Story handelt von Matt, seinen Weg auf der Karriereleiter und die 70 Stunden Woche. Matt hatte eine Unfall im Meer und ist auf der Insel der Erkenntnis gestrandet. Dort trifft er auf Tata und seine Familie vom Volk der Maoli. Er lernt von den Menschen auf der Insel und stellt viele Fragen. Es werden Geschichten mit weisen Inhalten erzählt; Matt lernt von zwei Kindern einiges über die veränderte Sichtweise und Tatas Frau Kiri zeigt Matt, wie man seine 4,17
(Eine Stunde = 4,17% eines Tages) am Besten nutzen kann.
Matt beginnt seine Reise, er ist sich klar darüber, dass er eine Veränderung im Leben möchte und das Volk der Maoli ist ihm auf seinem Weg behilflich.

Alle Weisheiten und Erklärungen über den Weg des Lebens, das Glück und die Herausforderungen, den Mut im Nebel zu gehen und die Wertschätzungen im Leben - sich selbst und anderen gegenüber - notiert er gewissenhaft in ein Notizbuch. Dieses findet man auf den letzten Seiten als Zusammenfassung im Buch, was ich als sehr nützlich empfinde.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen, als Leser habe ich mir bewusst die Fragen gestellt, die auch Matt bewegen.
Die Geschichte lädt dazu ein, das eigene Denken, Fühlen und Handeln zu hinterfragen.
Es gibt viele Fragen, viele Denkanstöße durch Geschichten oder Beispiele und der Autor hat dies alles in einer bezaubernden Geschichte verwoben.
Der Leser findet sich schnell zurecht, wer sich bisher noch nicht mit den Themen Selbstreflektion, Veränderung der Denkweise usw. auseinandergesetzt hat, lernt hier sehr viel für sein Leben.
Für alle anderen ist es ein wundervolles Buch, sich der Lehren und der eigenen Gedanken, Wege und Ziele wieder bewusst zu werden.

Sehr gut haben mir die bildlichen Beispiele gefallen; ich muss deshalb einige Textpassagen teilen:

„Du selbst entscheidest, wer Bühnenzeit bei dir bekommt.“
oder
„Wenn du deine Werte nicht kennst und dadurch nicht konsequent nach ihnen handelst und entscheidest, dann befindest du dich im Leben auf einer Reise ohne Kompass.
Du wirst irgendwo ankommen- ob es das ist, was du im Leben erreichen möchtest, ist sehr unwahrscheinlich.“

Ich habe mir bereits beim Lesen einige Notizen gemacht-wie Matt in sein Notizbuch!

Ein Buch, welches ich jedem Menschen von Herzen empfehle; die Geschichte wird mit den sympathischen Protagonisten warmherzig, flüssig und wundervoll erzählt.

Als Leser kann man einiges für seinen Lebensweg mitnehmen.

Glück ist der Weg und Glück ist (d)eine Entscheidung.
Lasst euch dieses Highlight nicht entgehen.

Ich gebe gerne die volle Anzahl an Sternen.

Bewertung vom 14.04.2023
Menschen, die wir noch nicht kennen
Sampson, Freya

Menschen, die wir noch nicht kennen


ausgezeichnet

“Menschen, die wir noch nicht kennen” ist ein wunderschönes Buch über die Liebe und Freundschaft.

Frank fährt seit 60 Jahren in London mit der Buslinie 88, lernt dadurch viele Menschen kennen und versucht auf diesem Wege eine Frau zu finden, die er damals in diesem Bus kennenlernte. Dieses Mädchen mit den roten Haaren hat ihn durch ihre Art, ihren Mut und ihre Ausstrahlung verzaubert; sie hat ihm den Mut gegeben, sein Leben zu verändern und für seine Träume einzustehen.

Libby Nicholls fährt mit der 88 Buslinie zu ihrer Schwester um dort ihren Liebeskummer und ihre Trennung zu überwinden, gleichzeitig ihre Schwester bei der Betreuung des kleinen Neffen zu unterstützen um kostenlos in deren Gästezimmer zu schlafen.

Sie lernt Frank und seine Lebensgeschichte im 88er Bus kennen und beschließt, diesem netten alten Mann auf der Suche nach der Liebe seines Lebens zu helfen.

Franks Pfleger Dylan hilft Libby bei ihrer Suche; die Zeit läuft jedoch wegen Franks fortschreitender Demenz.

Ist es möglich die unbekannte Frau zu finden? Oder wird durch eine hoffnungslose Suche nur die Demenz von Frank beschleunigt?
Der Punk Dylon ist dieser Meinung und doch hilft er Libby.

Libby lernt durch ihre neuen Freunde ihr Glück zu ergreifen. Nur was ist richtig im Leben und sind Ratschläge immer gut?

Freya Sampson erzählt diese wunderbare Geschichte, welche sich überwiegend auf der Strecke der Linie 88 in London abspielt.
Zwischen der Geschichte um Frank und die Suche nach der Unbekannten, gibt es immer kleine Episoden von Peggy. Peggy ist eine ältere Dame die meist Percy besucht und von ihrem Alltag, ihren Sorgen und ihrem Sohn erzählt.

Erst zuletzt verbinden sich die verschiedenen Fäden und es wird ein verständliches Bild daraus. Der Leser rätselt, was es mit Peggy und deren Geschichte auf sich hat.

Flüssig und leicht ist die Geschichte geschrieben, die Protagonisten werden sehr authentisch, sympathisch und bildlich beschrieben. Die Story ist gefühlvoll, warm und berührend.

Man wird sehr gut unterhalten und der Wohlfühlfaktor ist gänzlich vorhanden.

Das Buch kann man nicht aus der Hand legen und die 391 Seiten sind sehr schnell gelesen.
Eine klare Empfehlung für Frank und die Liebe seines Lebens.

Bewertung vom 11.04.2023
Nach einem Traum [Ungekürzt] (MP3-Download)
Schad, Gina

Nach einem Traum [Ungekürzt] (MP3-Download)


ausgezeichnet

“Nach einem Traum” ist eine moderne, etwas andere Liebesgeschichte, welche weniger im Real Life als vielmehr im Internet spielt.
Social Media und Kontrolle werden detailliert und offen beschrieben, die Abhängigkeit von Likes, Interpretationen von Bildern und die ständige Präsenz im Internet zeigt uns Auszüge einer Liebesbeziehung in der heutigen Zeit.

Es gibt Grenzüberschreitungen, die man tunlichst vermeiden sollte und doch findet man alles im Netz. Ist diese Abhängigkeit bereits eine Krankheit? Eine Sucht, wie eine Droge?

Marie, eine junge Cellistin kurz vor ihrem Abschluss und der etwas ältere Simon, Familienvater und Arzt an der Charité lernen sich in einem Café kennen. Simon ist der Kollege ihrer kranken Freundin Josie und eigentlich sollte Marie nur kurz etwas abholen. Zwischen den beiden entwickeln sich Gefühle, sie verlieben sich ineinander, doch Simon nimmt Abstand im wahren Leben. Nur durch viele Textnachrichten in der digitalen Welt lernen sich die beiden Protagonisten intensiver kennen und gehen eine innige, emotionale Bindung ein.

Selten treffen sich die beiden Protagonisten jedoch im echten Leben und es scheint immer zufälligerweise zu geschehen. Auch sind die Treffen in der Realität ganz anders als online.

Simon ist verliebt und stellt doch von Anfang an klar, dass er seine Frau und seine Töchter nicht verlassen wird. Er zieht sich in der Realität von Marie zurück und doch ist er online stets präsent. Sie schreiben sich Nachrichten, liken Bilder auf dem jeweils anderen Account und fühlen sich dadurch dem anderen unglaublich nahe. Vor allem Marie zieht sich aus der Realität zurück und ist fixiert auf jegliches Zeichen von Simon.

Maries Leben dreht sich weiter, aber Marie dreht sich nicht. Simon jedoch lebt sein Leben mit seiner Familie, geniesst Urlaube und plant seine berufliche Veränderung.

Als Simon die Beziehung zu Marie beendet, verliert diese das Gleichgewicht und übertritt Grenzen, womit sie selbst nicht glücklich ist. Auch ihr Leben entgleitet ihr, beruflich wie privat lässt sie alles zurück und fokussiert sich auf das Leben von Simon und dessen Familie - im Netz.

Gina Schad hat ein unglaublich berührendes Buch über die Liebe in der heutigen Zeit, Online-Beziehungen, ständige Erreichbarkeit und Realitätsverlust zwecks Social Media und den dortigen realitätsfernen Liebesbeziehungen geschrieben.

Rosa Thormeyer hat als Sprecherin sehr bewegend und zugleich ruhig die Geschichte von Marie und Simon erzählt. Der Hörer ist von der Story gefesselt, die Geschichte muss erzählt werden und die kurze Laufzeit ist mit den unterschiedlichsten Emotionen gefüllt. Man kann den Schmerz und Kummer, die Melancholie und Traurigkeit von Marie spüren und nachempfinden.
Das Gefühlskarussel dreht sich und dreht sich….

Ein Highlight mit einer klaren Empfehlung für diese ungewöhnliche, poetische, aufrichtige und toxische Geschichte.

Bewertung vom 04.04.2023
Keine gute Geschichte
Roy, Lisa

Keine gute Geschichte


sehr gut

Der Debütroman “Keine gute Geschichte” von Lisa Roy spielt im Essener Stadtteil Katernberg im Ruhrgebiet und beschreibt unglaublich detailliert das Zitat Man kann das Mädchen aus der Gosse holen, aber nicht die Gosse aus dem Mädchen.
Arielle Freitag ist ohne Eltern bei ihrer seltsamen Oma Varuna aufgewachsen. Ihre Mutter ist verschwunden, als Arielle noch ein kleines Mädchen war und die Ungewissheit, ob die Mutter tot ist oder ohne ihre Tochter abgehauen ist, prägt das Leben von Arielle.
In der Social-Media-Branche in Düsseldorf verdient Arielle seit Jahren sehr viel Geld; sie hat sich vor zwölf Jahren von ihrem Ghetto-Umfeld entfernt und lernt von den Reichen und Schönen.
Eine Depression wirft die dreißigjährige Schönheit jedoch aus der Bahn und zwingt sie zu einem stationären Klinikaufenthalt. Zurück in ihrer Wohnung erreicht Arielle ein Anruf aus Katernberg. Ihre Großmutter braucht Hilfe, zeitgleich sind zwei junge Mädchen verschwunden. Zurück in ihrer Heimat sucht Arielle nach Antworten über das Verschwinden ihrer Mutter und versucht ihre Depressionen auch im Alltag auszuhalten.
Immer nur diesen Moment, niemals weiter vorausschauen.
Das Verschwinden der Mutter vor 24 Jahren und nun der beiden kleinen Mädchen setzt Arielle sehr zu und es beginnt nun in ihr der Prozess der Aufarbeitung.
Lisa Roy beschreibt in einer derben Gossensprache das vorgezeichnete Leben im Milieu. Die Autorin versucht die unglaubliche Schwere der Depression zu erklären und die Wiedergeburt, sobald man aus dieser wieder auftaucht.
Der Schreibstil in der Ich-Form ist flüssig, mit einer Prise schwarzem Humor. Das Leben in der unteren Gesellschaftsschicht wird schonungslos ehrlich beschrieben. Die Gedanken und Handlungen der Protagonisten sind anfangs etwas heftig und doch versteht man die Absicht der Autorin hinter dieser krassen Darstellung über die Menschen aus der Gosse.
Sex, Alkohol, Trauer, Liebe, Selbstzweifel und auch das Thema Vergewaltigung werden abwechselnd mit der authentischen und teilweise unsympathischen Beschreibung der Protagonisten und den Handlungsorten verwoben.
Ein Debütroman aus der Perspektive einer Person, die das Milieu hinter sich gelassen hatte und doch niemals von ihrer Heimat loskommt.

Bewertung vom 30.03.2023
Die Ungleichzeitigen
Brotz, Philipp

Die Ungleichzeitigen


ausgezeichnet

“Die Ungleichzeitigen” von Philipp Britz ist ein feinfühliger Roman über den Verlust der Heimat, Vertrauen, Verzeihen und über sich hinauswachsen.
Auch werden die aktuellen Themen wie Asylbewerber, Flüchtlinge und Abschiebung detailliert behandelt.
Hagen, Anfang dreißig und ewiger Student kehrt nach dem Tode seiner Eltern zurück in seinen Heimatort Löwenau und versucht im Elternhaus seine Erinnerungen an die Kindheit aufleben zu lassen. Als Hagen feststellen muss, dass sein geliebter Wald gerodet werden soll, um Wohncontainern für Flüchtlinge Platz zu machen, begeht er einen gravierenden Fehler mit großen Folgen.
Die Jesidin Adana hat nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihre Familie verloren und beschreibt Hagen die Misshandlungen und unvorstellbaren Greultaten in ihrem Heimatdorf. Adana möchte in Deutschland ihr Studium abschließen um Menschen mit einem ähnlichen Trauma zu helfen.
Zarte Bande wachsen zwischen den beiden Protagonisten und doch steht eine Religion, ein tief verwurzelter Glaube zwischen den beiden jungen Menschen.
Der bildhafte und einfühlsame Schreibstil von Philipp Brotz zieht mich als Leser in die Erzählung. Es geht um Aufarbeitung von vergangenen Geschehnissen, Offenheit neuen Herausforderungen gegenüber, Hilfsbereitschaft und Vertrauen in sich selbst.
Orte und Menschen werden sehr anschaulich und authentisch beschrieben, die Charaktere sind sehr differenziert dargestellt und der Roman mit seinen tiefgründigen Handlungen hallt lange nach.
Ein Roman, dem ich sehr gerne eine klare Leseempfehlung gebe.

Bewertung vom 16.03.2023
Das Meer und ich
Randau, Tessa

Das Meer und ich


ausgezeichnet

“Das Meer und ich” von Tessa Randau ist mit seinen 171 Seiten ein
wundervoller Wegweiser zu den Themen Selbstliebe und Selbstfindung.
Der Roman wurde in der ICH-Form geschrieben und handelt von einer fast 45jährigen Frau, welche kurzfristig von ihrer Freundin versetzt wurde und nun alleine auf eine Insel reist, um dort nicht nur eine weitere Freundin, sondern auch sich selbst wieder zu finden.

Die Damen werden sehr emphatisch und authentisch beschrieben,
der Roman liest sich leicht und flüssig, trotz seiner wichtigen Inhalte.
Der Weg führt vorbei an den Themen loslassen, annehmen, über Neues wagen bis zur Selbstliebe und Dankbarkeit.
Der Lernprozess wird durch den intensiven Roman nicht nur bei der Protagonistin angeregt.
Auf dem Weg zum Glück geht die Frau zurück in die Vergangenheit und findet das Glück an einem unvermuteten Ort.

Der Roman ist bezaubernd mit seinen Illustrationen und motiviert den Leser*in. Das Zitat “Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert” von Albert Einstein beschreibt es treffend.

Ein kleines Buch mit großem Inhalt. Eine Leseempfehlung für
alle Menschen, die auf der Suche sind und auch alle anderen Menschen.