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Benutzername: 
Glüxklaus
Wohnort: 
Franken

Bewertungen

Insgesamt 601 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2024
Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen
Henry, Emily

Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen


gut

Erfrischend witziger Beginn, zähes Weiterlesen

Die New Yorker Literaturagentin Nora Stephens ist sehr kontrolliert und hat immer alles im Griff. Romantik kennt sie nur aus den Romanen ihrer Klienten. Als ihre schwangere Schwester Libby Nora bittet, mit ihr drei Wochen Auszeit in der Kleinstadt Sunshine Falls, dem Schauplatz ihres Lieblingsliebesromans zu verbringen, ist sie alles andere als angetan. Widerwillig gibt sie jedoch schließlich nach. Und ihre schlimmsten Befürchtungen werden noch übertroffen. Denn in Sunshine Falls trifft sie auf den unsympathischen Lektor Charlie Lastra, mit dem sie in der Vergangenheit einmal heftig aneinandergeriet. Was für ein Albtraum! Oder doch nicht?

Emily Henry schreibt flüssig in einfacher, unkomplizierter Sprache. Die Geschichte wird in der dritten Person chronologisch erzählt. Viele Unterhaltungen finden per Textnachricht statt.

Nora ist eine eher untypische Heldin für eine romantische Komödie. Sie wirkt tough, zeigt selten Gefühlen, hat seit Jahren nicht mehr geweint. Zu ihr mochte ich keinen rechten Zugang finden, sie kam für mich nicht recht sympathisch rüber. Ihr Gegenpart Charlie Lastra blieb mir außerdem zu blass. Leider konnte ich daher mit den beiden Hauptfiguren nicht richtig mitfiebern.

Das Buch beginnt durchaus unterhaltsam, nimmt herkömmliche, typische Romcoms humorvoll auf die Schippe. Die vielen Anspielungen auf bekannte Bücher im Roman gefielen mir ebenso. Nach dem wirklich gelungenen, erfrischend komischen Prolog waren die Erwartungen bei mir recht hoch. Leider dümpelte der Roman anschließend über weite Strecken nur so dahin, es passierte wenig bis gar nichts. Die vielen redundanten Szenen und Gespräche mit Nora und Charlie langweilten mich zunehmend, genauso wie die ständigen Vergleiche von Groß- und Kleinstadtleben und die zahlreichen weiteren Klischees. Zum Schluss nimmt die Handlung zwar ordentlich Fahrt auf, dennoch entschädigte mich das durchaus passable Finale nicht für vielen zähen Lesestunden vorher. Insgesamt leider nicht mein Buch. Wer die bisherigen Bücher der Autorin mochte, wird aber auch „Book Lovers“ gerne lesen.

Bewertung vom 13.02.2024
Das Lexikon der erstaunlichsten Fakten - gut recherchiertes, kunterbuntes Kinderlexikon ab 6 Jahre
McCann, Jacqueline;Bédoyère, Camilla de la;Mills, Andrea

Das Lexikon der erstaunlichsten Fakten - gut recherchiertes, kunterbuntes Kinderlexikon ab 6 Jahre


ausgezeichnet

Viel interessantes Sachwissen in detailgenauen, ansprechenden Bildern und kindgemäßen Texten

Welches Tier hat die größten Augen? Welches kann am schnellsten rennen? Wieviele Muskeln gibt es in unserem Körper? Wie lange dauert es bis zum Mond?
Im „Lexikon der erstaunlichsten Fakten“ werden alle diese Fragen beantwortet. Und noch viele mehr rund um die Themen „Tiere“, „Dinosaurier“, „Fahrzeuge“, „Ozeane“, „Vögel“, „Krabbler“, „Wälder“, „Dein Körper“, „Roboter“ und „Weltall“. Zum Schluss gibt es „Noch mehr Fakten“ und ein „Wow!Quiz“, in dem man sein neu erlerntes Wissen unter Beweis stellen kann. Die Farben am unteren Rand der Seiten zeigen an, in welchem Themenbereich man sich gerade befindet.
Auf jeder Doppelseite sind unter einer Überschrift wie „Vogelbeobachtung“ „Echt gefährlich!“, „Kluge Käfer“ oder „Auf dem Mond“ viele einzelne, kurze Sachtexte gesammelt, die bestimmte Aspekte des Themengebiets näher erklären und spannende Fakten und Rekorde dazu vorstellen. Die Texte sind klar und in einfachen, für Kinder gut verständlichen Sätzen formuliert. Manchmal kommentieren auch die Tiere, um die es gerade geht, selbst das Geschehen und richten sich in kurzen, unterhaltsamen Botschaften an die Leser.
Viele bunte Illustrationen gestalten die Seiten motivierend. Die gezeichneten Bilder sind dabei sehr ansprechend, detailgetreu und eindeutig zu erkennen. Die dargestellten Tiere sehen oft ziemlich drollig aus. Das Buch ist im DIN A 4 Format und mit 255 Seiten recht umfangreich.
Zum Vorlesen eignet sich das Buch für Kinder ab fünf, sechs Jahren, zum Selberlesen aufgrund der kleineren Schrift für Kinder ab etwa sieben Jahren.

Das Buch ist sicher keines zum von vorn bis hinten Durchlesen, eher eines zum Durchblättern, Schmökern und sich darin Festlesen. Auch ältere Kinder und Erwachsene werden dabei sicher noch sehr viel Neues erfahren, beispielsweise dass der schwerste Dinosaurier möglicherweise bis zu 70 Tonnen schwer gewesen sein könnte oder dass die tägliche Ausscheidungen eines Elefanten so viel wiegen wie ein etwa zwölfjähriger Junge.
Dass einige Illustrationen sich über mehrere Seiten erstrecken, hat mir gut gefallen. Da sieht man beispielsweise auf der Seite zum Thema „Riesenzähne“ schon das Hinterteil eines Elefanten, der auf der nächsten Seite unter „Sanfte Riesen“ dann näher behandelt wird. So werden die Leser bei der Stange gehalten und neugierig auf die folgenden Seiten gemacht.
Die Gliederung der Themen finde ich hingegen nicht ganz nachvollziehbar. Unter „Tiere“ werden unter anderem auch Vögel behandelt, denen ja später noch ein eigenes Kapitel gewidmet ist und die zweifelsohne ja auch „Tiere“ sind. Ich hätte mir zudem ein Stichwortverzeichnis mit entsprechender Seitenangabe gewünscht. Mein zehnjähriger Sohn hätte an manchen Stellen gerne echte Fotos zu sehen bekommen. Ich finde die gelungenen Zeichnungen hingegen absolut ausreichend.
Insgesamt eine sehr interessante, informative, motivierend gestaltete Sammlung von wirklich erstaunlichen Fakten für alle, die mehr wissen wollen.

Bewertung vom 06.02.2024
Winter auf Solupp / Solupp Bd.2
Scheffel, Annika

Winter auf Solupp / Solupp Bd.2


ausgezeichnet

Kleine und große Winterwunder auf Solupp - gelungene Fortsetzung mit magischer Inselatmosphäre

„Von Generation zu Generation erzählt man sich dasselbe: Dass in der Wechselnacht die größten Wünsche in Erfüllung gehen.“

Die Sehnsucht treibt Mari und ihre Familie zurück nach Solupp. Gemeinsam mit Freundin Ema genießt Mari dann sogar die Kälte auf der winzigen Insel. Doch bei Ema läuft gerade nicht alles rosig. Sie macht sich große Sorgen: Ihre Ziehmutter Jolka ist wie immer im Winter traurig und in sich gekehrt. Wie kann man sie bloß aufheitern? Außerdem hat Ema einen wichtigen Hinweis auf ihre geheimnisvolle Herkunft entdeckt und möchte endlich wissen, woher sie wirklich stammt. Passenderweise steht die Wechselnacht kurz bevor, in der die größten Wünsche in Erfüllung gehen können. Aber nur, wenn sieben unlösbare Aufgaben gelöst werden. Da müssen sich alle auf Solupp aber ziemlich ins Zeug legen..

Autorin Annika Scheffler erzählt in schöner, bildhafter und gut verständlicher Sprache in der dritten Person Präsens. Da finden sich besondere Sätze wie: „Da hockt die Traurigkeit neben Jolka und rutscht näher. Und Ema fürchtet sich davor, Jolka und die Traurigkeit nicht mehr auseinanderhalten zu können.“, die aussagekräftig beschreiben, wie es den Personen gerade geht und eine ganz eigene Stimmung kreieren.
Das Buch richtet sich an Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren.

Während Mari in der Stadt von Solupp träumt, fragt sich Ema, wie das Leben wohl in der Stadt wäre. Die Freundinnen haben ganz unterschiedliche Hintergründe, verstehen sich dennoch wunderbar. Für Marie bedeutet Solupp Heilung und Glück, denn ihr Vater Tom hat sich dort im Sommer von einer schweren Krankheit erholt. Ema indessen ist aktuell zwiegespalten, sie macht sich große Sorgen um ihre Ziehmutter Jolka, die in ihrer Traurigkeit gefangen scheint. Außerdem treibt sie die Frage nach ihrer wahren Herkunft um und die scheint außerhalb der Insel zu liegen.
Jolka mit ihren starken, extremen Gefühlen, von der es die lebensfreudige Sommerversion und die bedrückte Winterversion gibt, hält sich diesmal im Hintergrund.
Maris Bruder Kurt kämpft mit Gefühlen, seiner Zuneigung für seinen Freund Joon.
Sein jüngerer Bruder Bela steckt alle mit seinem Optimismus und seiner kindlichen Naivität an. Seine Eltern Paula und Tom wirken auf Solupp recht gelöst.
Und die ehemalige Leuchtturmwärterin Oona weiß viele Geheimnisse über die Insel zu erzählen. Eine spannende, vielfältige Figurenkonstellation.

Wo kommt Ema her? Wie geht es mit Kurt und Joon weiter? Werden Mari und Co die unlösbaren Aufgaben lösen? Welche Geheimnisse hat Solupp noch zu verbergen?
In „Winter auf Solup“ ist nicht alles eitel Sonnenschein, es geht auch um Depressionen, den starken Wunsch zu wissen, wo man herkommt und verschiedene widerstreitende Gefühle. Dennoch verbreitet die Geschichte viel Zuversicht, im Einklang mit der Natur werden so manche Sorgen kleiner, die Zuversicht siegt. Auf Solupp gibt es definitiv Magie und kleine und große Wunder gehen in Erfüllung, wenn man nur fest daran glaubt. Insgesamt eine sehr lesenswerte, gelungene, hoffnungsvolle Fortsetzung mit besonderer Atmosphäre zum Innehalten und Genießen.

Bewertung vom 30.01.2024
Die schreckliche Adele 08
Mr. Tan;Le Feyer, Diane

Die schreckliche Adele 08


sehr gut

Geballte Gemeinheit in kurzen Comics- Adele gewohnt fies, bissig und echt komisch

Adele ist zurück und teilt erneut kräftig gegen alles und jeden aus. Diesmal müssen vor allem ihre Eltern, ihre Oma, Kätzchen Ajax, ihr Verehrer Gabriel, ihr Onkel und viele weitere, die Adeles Wege kreuzen, einstecken.

Der neueste Band enthält 88 kurze Comicgeschichten, die unabhängig voneinander zu lesen sind und sich nur selten aufeinander beziehen. Die einzelnen Comics bestehen dabei aus bis zu sechs Bildern. Diese sind bunt, klar und kontrastreich illustriert. Es ist stets gut zu erkennen, was gerade geschieht. Die dargestellten Kinder - allen voran Adele - sehen mit ihren übergroßen Köpfen und Augen recht drollig aus, die Erwachsenen meist attraktiv und ohne besondere Kennzeichen. Die Handlung entwickelt sich über Gespräche in Sprechblasen weiter. Diese sind prägnant und in einfachen, klaren Sätzen formuliert. Manche wenige Gags sind nicht unbedingt für Kinder verständlich, aber grundsätzlich richtet sich das Buch an Kinder ab sieben Jahre.

Die wichtigsten Personen werden auf den ersten beiden Seiten mit Bildern und kurzen Beschreibungen aus Adeles Sicht vorgestellt. Das sind Kätzchen Ajax, das Adele mit seiner Niedlichkeit ein Dorn im Auge ist, Gabriel, der Adele aus unerfindlichen Gründen verehrt, Adeles Oma, die möglicherweise eine Hexe ist, Adeles imaginärer Freund der Geist Magnus, Adeles Eltern, die ihre Tochter gerne mit Gemüse quälen, Adeles Feindinnen Jade und Miranda, das hyperaktive Grizzly-Hamsterbaby Fizz, Adeles Onkel und dessen Freund sowie Jennifer, die sich Adele als beste Freundin auserkoren hat. Sie alle werden von Adele nicht verschont. Diese sieht zwar klein und niedlich aus, ist aber mit allen Wassern gewaschen, scharfzüngig und echt böse, kurzum einfach schrecklich. Zum Glück muss auch Adele Rückschläge einstecken, so wird sie von ihrem Schwarm Ludwig stets ignoriert.

Auch im mittlerweile achten Band „Eltern abzugeben“ zeigt Adele, was in ihr steckt. Die vielen Geschichten strotzen nur so vor Gemeinheit und schwarzem Humor. Wie auch die Bände zuvor eine unterhaltsame Sammlung bitterböser, aber witziger und unterhaltsamer Comics. Nicht jeder Gag ist für mich ein Treffer, aber auch dieses neue Buch der Reihe ist definitiv ein Muss für alle Fans des schrecklichen Mädchens.

Bewertung vom 25.01.2024
Animal Jack - Der Planet des Affen
Miss Prickly;Kid Toussaint

Animal Jack - Der Planet des Affen


sehr gut

Auf der Suche nach dem verschwundenen Affengott - wildes, witziges Comicabenteuer mit ernster Botschaft

Was ist denn da los? Sämtliche Affen sind aus den Zoos ausgebrochen. Vor der Schule trifft Jack auf einen Affen, der ihm erklärt was dahinter steckt: Der Affengott Nanuman, der Beschützer aller Primaten auf der Erde, ist verschwunden. Nun sind alle Affen in heller Aufruhr. Jack macht sich mit seinem Freund Malek auf dem Rücken eines Drachen auf den Weg, den Affengott zu suchen. Ihn erwartet ein turbulentes und spannendes Abenteuer rund um die Welt. Ob Jack den Gott der Affen finden wird?

Die Geschichte wird als Comic erzählt. Die Zeichnungen sind bunt, witzig und „konkret auf den Punkt“. Klar erkennbar entwickelt sich die Handlung über die Bilder weiter, die Gefühle und Gedanken der Charaktere sind dabei deutlich zu sehen. Alle Figuren, Menschen wie Tiere, sind gut getroffen, sehen meist witzig und drollig aus. Insgesamt finde ich die Illustrationen definitiv gelungen. Die Texte in den Sprechblasen sind kindgemäß, gut verständlich und prägnant formuliert. Zudem sind -wie typisch für Comics- Geräusche als lautmalende Wörter abgedruckt. Die Geschichte richtet sich an Kinder ab acht Jahren.

Jack ist ein Irrwisch, der nicht spricht, magische Geschöpfe sehen kann, alle Tiere versteht und sich in jedes beliebige Tier verwandeln kann. Das wird schön anschaulich auf den Umschlaginnenseiten dargestellt, auf denen Jack als Kind ins Wasser fällt und als Delfin bei der Landung abtaucht. Leider wird sich Jacks Dasein, da er nun als Junge lebt, ändern, denn irgendwann in der Zukunft werden seine magischen Fähigkeiten abnehmen. Noch lässt er Glühwürmchen sprechen, reitet auf Drachen und setzt seine magischen Verwandlungsfähigkeiten klug und geschickt ein. Es macht großen Spaß, Jack bei seinen spektakulären, einfallsreichen Verwandlungen zuzusehen. Er ist eine sehr ungewöhnliche, interessante und originelle Figur. Jack trifft auch diesmal auf die unterschiedlichsten Charaktere und einen Beinahe-Doppelgänger, der ihn zu Höchstleistungen antreibt. Eine wirklich bunte vielfältige Figurentruppe ist hier versammelt.

Wo steckt der Affengott und warum ist er überhaupt verschwunden? Bis Jack des Rätsels Lösung findet, muss er zu allerlei Orten reisen und sich verschiedenen abenteuerlichen und teils gefährlichen Herausforderungen stellen. Die Auflösung kommt recht überraschend und erinnert ein wenig an den fast gleichnamigen Hollywoodfilm. So phantasievoll, bunt und turbulent die Geschichte ist, so spricht sie durchaus auch aktuelle, ernstzunehmende Probleme an. Der Schutz der Affen ist ein wichtiges Anliegen, auf das hier aufmerksam gemacht wird. Auch die klare Botschaft, dass Angst ein schlechter Ratgeber ist und dass in diesem Zusammenhang deutlich gezeigt, welche Gefahren aus Angst entstehen können, gefällt mir. Mir persönlich ist die Handlung zwar ein wenig zu verworren und actionreich, dennoch ein unterhaltsamer, bunter, lesenswerter Comic mit bedeutsamer Aussage. Wer Tiere, Magie und wilde Storys mag, liegt mit dieser Reihe richtig.

Bewertung vom 24.01.2024
Lindy Girls
Stern, Anne

Lindy Girls


sehr gut

Ein Ausflug ins Berlin der späten 20er - interessanter Blick hinter die Kulissen einer besonderen Tanzgruppe

Wally möchte im Herbst 1928 auch im deutschen Berlin den amerikanischen Swing populär machen und eine Mädchen-Tanzgruppe gründen. Für die „Lindy-Girls“ kann sie schließlich Tänzerinnen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund gewinnen. Ob Wallys Projekt von Erfolg gekrönt sein wird?

Anne Stern erzählt aus verschiedenen Perspektiven in der dritten und ersten Person, so sind die Kapitel immer mit dem Namen der Figur betitelt, um die es im folgenden Abschnitt geht. Das sind neben Wally z.B. auch einige der Lindy Girls und andere Personen aus dem weiteren Umfeld der Gruppe. Der Schreibstil lässt sich angenehm flüssig und leicht lesen.

Die Personenkonstellation ist recht umfangreich. Es geht u.a. um Wally mit ihren Traum von einer Tanzgruppe, die das Publikum begeistert, um die jüdische Fabrikarbeiterin Alice, die wie die bürgerliche Thea Teil der Tanztruppe ist. Für beide bedeuten die Lindy Girls einen Ausbruch aus dem bisherigen Leben, bieten neue Chancen. Dann ist da noch die Sekretärin Gila, die heimlich an einem Roman schreibt, Eintänzer Jo, der immer noch von seinen Erlebnissen als Soldat im Krieg traumatisiert ist, Wallys Geschäftspartner Toni, den mit Wally eine komplizierte Beziehung verbindet und Schaffner Friedrich. Die Einzelschicksale der Figuren werden anfangs noch unabhängig voneinander beschrieben, später werden sie zu einer lockeren Geschichte miteinander verwoben. Da doch recht viele Figuren im Fokus stehen, sind die einzelnen Charaktere nicht sehr ausführlich und gründlich gezeichnet und wirken auf mich als Leserin daher teilweise recht blass und fremd. Für mich wäre es schön gewesen, die Personen etwas genauer kennenzulernen.

„Lindy Girls“ erzählt die Geschichte einer besonderen Tanztruppe im historischen Berlin. Dabei wird Bezug auf gesellschaftliche und politische Verhältnisse genommen. So ist der Roman auch ein Sittenbild der damaligen Gesellschaft, beleuchtet die Rolle der Frau zu dieser Zeit. Die einzelnen Handlungsstränge sind überwiegend recht lose miteinander verbunden. Das Erzähltempo ist eher ruhig mit wenig Spannung, zum Schluss nimmt die Geschichte allerdings Fahrt auf.
Die Autorin beschreibt die Lebensumstände ihrer Figuren, weist auf Probleme und Konflikte hin. Sie schafft eine spezielle Atmosphäre, lässt ihre Leser fast wie live an den Tanzshows der Lindy Girls teilhaben. Echte Emotionen werden dabei aber leider nicht transportiert. Ich hätte mir gewünscht, etwas intensiver mit den Figuren mitfiebern zu können. Dennoch ein interessanter, lesenswerter Blick hinter und auf die Kulissen einer längst vergangenen Zeit.

Bewertung vom 10.01.2024
Der Schacherzähler
Pinnow, Judith

Der Schacherzähler


sehr gut

Kleiner Seelentröster-Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft

„Und was machen wir morgen?“, frage ich. Diese Frage ist ein Ritual.
Janne sagt die Antwort, die wir uns auf diese Frage immer geben: „Morgen machen wir es besser.“

Malu arbeitet im Café Blue Hour, dem Herzstück des Ortes Bad Altbach. Während der Corona-Krise gingen die Umsätze des Geschäfts merklich zurück. Es ist fraglich, ob das Blue Hour weiterhin bestehen kann. Und noch etwas bereitet Malu Sorgen: Ihr neunjähriger Sohn Janne hat in der Schule Probleme. Ihm fällt es sehr schwer, sich zu konzentrieren. Dann lernt Janne im Park einen alten Mann kennen, der mit sich selbst Schach spielt: Oldman. Oldman bringt Janne das Schachspielen bei, die beiden werden Freunde und auch Malu schließt den brummigen Mann ins Herz. Doch dann ist Oldman plötzlich verschwunden…

Judith Pinnow erzählt gut verständlich und flüssig aus mehreren Perspektiven: Malus, Jannes, Oldmans, der von Malus Freundin Liv und ihres Chefs Hinnerk. In der Regel sind die Abschnitte in der ersten Person geschrieben, lediglich die Passagen aus Oldmans Sicht sind in der dritten Person verfasst. Zudem erinnert sich Oldman darin immer wieder auch an Momente aus seinem Leben mit seiner Frau Lieschen.
Ungewöhnlich, aber schön: Auf manchen Seiten finden sich nette, drollige, kleine Illustrationen z.B. von Janne und Oldman beim Schachspielen. Überhaupt ist die Aufmachung des Buchs insgesamt gelungen. Das Cover des gebundenen Buchs zeigt Oldman und Janne von hinten auf grünem Hintergrund, eingerahmt von Kastanienblättern, Blüten und Kastanien. Das passt gut zum Thema des Buchs, schließlich lernen sich Janne und Oldman im Park kennen.

Für alle Figuren entwickelte ich als Leserin Verständnis und konnte mich gut in sie hineinversetzen. Janne ist ein aufgeweckter, sympathischer Junge, der soviel im Kopf hat, dass ihm das Stillsitzen schwer fällt. Beim Schachspielen mit Oldman beweist er, was er auf dem Kasten hat. Seine Mutter Malu kümmert sich liebevoll und mit viel Verständnis um Janne, steht immer zu ihm. Für die Kunden im Blue Hour hat sie trotz eigener Sorgen immer ein offenes Ohr. Dann ist da noch Oldman, der auf den ersten Blick etwas ruppig und brummig wirkt, das Herz aber am rechten Fleck hat. Oldman hütet, wie einige andere Figuren auch, ein besonders Geheimnis, das ihn belastet. Möglicherweise ist es langsam an der Zeit, sich endlich anderen Menschen anzuvertrauen….

„Der Schacherzähler“ ist die mutmachende, zuversichtliche Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Wie Janne, Oldman und Malu immer mehr Vertrauen zueinander entwickeln, dabei fast zu einer echten Familie werden, welche Rolle dabei weitere Charaktere spielen, die füreinander einstehen und zusammenhalten, hat mir großen Spaß gemacht. Das Blue Hour ist nicht irgendein Café, sondern eines mit Herz und großer Bedeutung für die vielen Stammkunden. Judith Pinnows Geschichte handelt von Liebe, Geheimnisse, Schuld, Vertrauen und vom Verzeihen. Alle Figuren haben ihre Päckchen zu tragen und werden dabei von anderen unterstützt.
Das Ende wartet mit einer besonderen Überraschung auf. Für mich ist das Buch ein echter Seelentröster-Roman, der auf charmante Weise zeigt, dass man zusammen niemals allein ist und dass jeder Tag eine neue Chance bietet.

Bewertung vom 09.01.2024
Wir sind (die) Weltklasse
Lieske, Tanya

Wir sind (die) Weltklasse


sehr gut

Turbulente, unterhaltsame Schul- und Freundschaftsgeschichte mit liebenswerten Figuren

Adam besucht die Igelklasse. Die Igelklasse ist nicht irgendeine Klasse, sondern im wahrsten Sinne des Wortes eine „Weltklasse“. Denn die Kinder der Klasse kommen aus ganz vielen unterschiedlichen Ländern der Welt. Frau Meister, die Klassenlehrerin der Igelklasse, macht für die Kinder jeden Tag zum Erlebnis. So organisiert sie zum Beispiel einen Klassenausflug ins Dinomuseum nach Frankfurt. Außerdem bauen die Kinder später selbst einen gigantischen Dino nach. Dabei läuft natürlich nicht immer alles nach Plan. In der Igelklasse wird es definitiv niemals langweilig.

Die Geschichte wird aus Adams Sicht erzählt. Sie ist authentisch, klar, gut verständlich und mit einer großen Portion Kinderhumor formuliert. Weil Adams Familie aus Polen stammt, verwendet Adam zwischendurch immer wieder polnische Ausdrücke, die am Ende des Buchs gesammelt in einem Glossar erklärt werden. Auf den meisten Seiten finden sich witzige, bunte Bilder von wichtigen Szenen aus der Geschichte. Das Buch richtet sich an Kinder ab 8 Jahren, zum Vorlesen auch schon an jüngere Kinder.

Adam schildert seinen Alltag in seiner„Klecksfamilie“, bestehend aus Opa, auf polnisch Dziadek, seiner Mutter und seinem Vater, Tata. In der Familie kommt es regelmäßig zu Kabbeleien, weil vor allem die Eltern und Opa sehr unterschiedliche Ansichten haben. Opa, der einen Laden für polnische Spezialitäten führt, gibt gerne den harten Mann, hat aber ein großes, weiches Herz.
Auch in Adams Igelklasse gibt es ganz viel Herz. Da ist zum Beispiel Kübra, die gerne coole, grobe Sprüche raushaut, aber zuverlässig zur Stelle ist, wenn Hilfe gebraucht wird. Denn obwohl sie oft streiten, halten Igelkinder zusammen, wenn es drauf ankommt. Die Gemeinschaft der Igelkinder ist wirklich beeindruckend.
Alle Igelkinder werden auf dem Vorsatzpapier mit Bild vorgestellt. Außerdem ist hier auch eine Abbildung der Klassenlehrerin Frau Meister zu sehen, die sich immer was Tolles überlegt und die Kinder und ihre Ideen und Anregungen stets ernst nimmt. Die Vorstellungsseite wird komplettiert durch Karol, den tierischen Zuwachs der Klasse, der für allerlei Chaos sorgt, den netten Hausmeister Herrn Schrecklich und die oft mürrische Rektorin Frau Grützkow.

Die Igelklasse ist eine ganz besondere Klasse. Hier ist jeder Tag anders. Weil alle Kinder so verschieden sind, jeder unterschiedliche Stärken, Fähigkeiten und Eigenschaften hat, ist Toleranz in der Klasse besonders wichtig. Und die wird hier definitiv gelebt. In der Igelklasse funktioniert Integration mustergültig. Das färbt auch auf die Erwachsenen im Umfeld ab, was im Buch auf wunderbar herzliche und charmante Weise gezeigt wird. In der „Weltklasse“ lernt man die Welt kennen, ohne fremde Länder zu bereisen.
Ein witziges, originelles, warmherziges, turbulentes und authentisches Buch über eine ganz besondere Gemeinschaft. Die perfekte Lektüre für alle, die gerne lachen und über den Tellerrand schauen.