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Der Medienblogger
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- Alles rund um Medien Für alle Serienjunkies, Leseratten, Kinoliebhaber, Eurovisionfans und Lautaufdreher genau das Richtige. Website: http://medienblogger.wixsite.com/jstreb.

Bewertungen

Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 18.03.2020
Charlotte & Ben
Kelly, Erin Entrada

Charlotte & Ben


gut

Laut Duden hat das Adjektiv „allein“ drei mögliche Bedeutungsebenen: (a) ohne die Anwesenheit bzw. Gegenwart eines anderen; (b) einsam, vereinsamt; (c) ohne fremde Hilfe, Unterstützung, ohne fremdes Zutun. Erin Entrada Kelly, eine US-amerikanische Autorin, setzt sich in dem erst kürzlich erschienenen Roman „Charlotte & Ben“ mit diesem Terminus auseinander: Wie fühlt man sich nicht mehr so ausgeschlossen und findet den Weg zurück zu seinen Mitmenschen?
Das farbenfrohe, aber schlicht motivische Cover lädt zu einer kurzweiligen, unterhaltsamen Lektüre ein. Dabei stimmt es angemessen auf den dargestellten Inhalt ein, kann aber auch durch seine Auffälligkeit punkten. Kelly umwickelt ihre Leser*innen mit einem gut zu lesenden, honigähnlichen Schreibstil, der einen unkomplizierten Zugang zur Handlung ermöglicht.
In „Charlotte & Ben“ widmet sich die Autorin an ein relativ junges Zielpublikum. Umso mehr begeistert ihre feinfühlige und bedachte Art und Weise, das Thema ‚Alleinsein‘ aufzugreifen und zu beweisen, dass Sich-selbst-sein und –ausdrücken wichtig und möglich ist, wenn man eine Konstante hat, die Unterstützung leistet in dem, was man tut. Was du tust.
In der vorliegenden Lektüre treffen zwei grundsätzlich verschiedene, authentische Protagonisten aufeinander – und beide Figuren tragen einen schweren Rucksack aus Problemen, Hoffnungen und Wünschen mit sich. Ihre Hintergründe sind jederzeit glaubwürdig und nachvollziehbar dargestellt. Die beiden Weltbilder zusammenprallen zu sehen, hat mir während des Lesens Freude bereitet.
Dennoch hätte ich mir ein bisschen mehr Fläche gewünscht, auf der sich die beiden Figuren reiben können. Schließlich ist die Verbindung zwischen ihnen titelgebend für den gesamten Roman – letztendlich aber nicht mehr als eine lose Telefonverbindung. Dass die beiden sich ganz viel über sich selbst erzählen (wie es der Klappentext behauptet), ist de facto nicht der Fall.
Das ist wahrscheinlich auch eine der Ursachen, weshalb das Buch oftmals an der Oberfläche und somit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Es werden ganz viele Fragen gestellt – aber letztendlich nicht beantwortet. Und die Leser*in kalt zurückgelassen. Ich hätte mir von der Autorin gewünscht, sich deutlich mehr Zeit zum allmählichen Ausbreiten ihrer Handlung, die Figuren sich erst einmal miteinander anfreunden und aufeinander reagieren zu lassen. Denn dieser Kontakt zwischen beiden Charakteren ist doch der Dreh- und Wendepunkt, die Koordinationsachse des vorliegenden Romans, kommt hier aber viel zu kurz.
Insgesamt handelt es sich bei „Charlotte & Ben“ zweifelsohne um ein angenehmes Lesevergnügen für Zwischendurch, ein Feel-good-Roman mit motivierter Grundstimmung, der sicherlich vielen kurzweiligen Spaß bereiten dürfte. Wirklich lange bleibt er damit jedoch nicht im Gedächtnis.

„Charlotte & Ben“ ist eine feinfühlige Lektüre, die einem jungen Zielpublikum die Angst vor dem Alleinsein nehmen möchte.
Für diesen Versuch gebe ich drei von fünf möglichen Sternen.

Bewertung vom 18.03.2020
LifeHack. Dein Leben gehört mir
Perry, June

LifeHack. Dein Leben gehört mir


sehr gut

Unzählige Filme und Bücher der letzten Jahrzehnte setzen sich mit Künstlichen Intelligenzen auseinander. Die Furcht vor der unbekannten Variablen, vor einer menschengeschaffenen Kreatur, die uns irgendwann den Platz auf dem Thron der Welthierarchie streitig machen könnte, beherrscht das weit verbreitete Bild von Robotern. Auch die deutsche Autorin Marion Meister, die hier hinter ihrem Pseudonym June Perry schreibt, entwirft in ihrem Jugendthriller „Lifehack“ ein futuristisches Szenario, indem die Gesellschaft auf die Unterstützung durch Androiden bereits angewiesen ist. Kann sie damit überzeugen?
Die gesamte Handlung ist aus fünf verschiedenen Perspektiven wiedergegeben, die einen umfangreichen Überblick ermöglichen und verschiedene Handlungsmotive deutlich herausarbeiten. Vor allem ist es die Hauptfigur Ellie, die in der Leser*in starkes Mitempfinden auslöst. Wie macht- und kraftlos sie sich in ihrer Position fühlt, wird hervorragend herausgearbeitet – somit etabliert sie sich zu einer stabilen Identifikationsfläche. Ihre Beweggründe scheinen, allein schon durch ihren tragischen, erzählerisch packenden Hintergrund, nachvollziehbar; sie durchschreitet zudem eine umfangreiche, aber jederzeit glaubwürdige charakterliche Weiterentwicklung.
Das im vorliegenden Roman skizzierte Szenario wirft zahlreiche hochinteressante philosophische Ansätze auf, auf die ich mich als Leser freudig einließ. Wo zieht man die genaue Grenze zwischen einem Mensch und einer Maschine, wo genau sitzt die Seele im Körper und ab wann ist ein Leben menschlich? Zudem entwirft die Autorin (obgleich teils etwas grobschlächtig) realistisch anmutende sozialkritische Grundlagen, was den Umgang zwischen der Bevölkerung und den eingesetzten Androiden anbelangt.
Die Autorin präsentiert uns mit „Lifehack“ einen extrem kurzweiligen und spannenden Jugendthriller, der seines raschen Erzähltempos wegen schwierig aus der Hand zu legen war. Sie kann zudem durch einen unvorhergesehenen Plottwist begeistern, der die gesamte Handlung auf den Kopf stellt und um wertvolle Anekdoten und einen interessanten Perspektivwechsel ergänzt. Das hatte ich so nicht kommen sehen! Alle Handlungsstränge münden schließlich in ein actionreiches Ende, das ein rundum gelungenes Buch würdig zu Ende führt.
Dem gegenüber stehen einige, starke Logiklöcher, die mich dann doch häufig mit der Stirn runzeln ließen. Dafür erwiesen sich die geschilderte Gefühlstaubheit und die Möglichkeit, einen Roboter derart menschenähnlich herstellen zu können, dass er von seiner Maschinenhaftigkeit abzulenken versteht, eindeutig zu unglaubwürdig. Im nachträglichen Revuepassieren erweist sich der Roman an einigen Stellen als ein wenig uninspiriert – ich hätte „Lifehack“ insgesamt ein wenig mehr Mut zur Individualität gewünscht.
Letztendlich sind es aber doch deutlich die positiven Argumente, die hier überwiegen. Für alle jungen Leser, die sich vom Klappentext angesprochen fühlen, kann ich hier eine deutliche Leseempfehlung aussprechen – denn das Buch hält, was es verspricht!

„Lifehack“ ist ein temporeicher, spannender Jugendthriller über das Thema „Künstliche Intelligenz“ mit einigen interessanten philosophischen Denkanstößen.
Ich vergebe daher gerne sehr gute vier von fünf möglichen Sternen.

Bewertung vom 17.03.2020
Was perfekt war
Hoover, Colleen

Was perfekt war


sehr gut

Die texanische Schriftstellerin Colleen Hoover trägt einen hierzulande längst nicht mehr unbekannten Namen. Mit ihren emotionalen Beziehungsromanen sicherte sie sich nicht nur den Platz auf unzähligen Bestsellerlisten, sondern auch im Herzen vieler Leser*innen. Da der dtv-Verlag auf den Buchmessen neue Leseexemplare wie heiße Semmeln über die Theke vergibt, wurde auch mir eine Ausgabe von „Was perfekt war“ zur Verfügung gestellt. Ja, ich bespreche dieses Buch erst jetzt, nachdem der Hype schon wieder vorüber ist und eher um die Neuerscheinung „Verity“ kreist. Aber hat die vorliegende Lektüre denn den guten Ruf, der ihr vorauseilt, überhaupt verdient? Dieser Frage möchte ich nachgehen.
Recht schnell entblößt die Autorin ihr wahres Talent, indem sie ihre Leser*innen in herzlicher Umgebung in eine kurzweilige, sympathische Handlung einführt. „Was perfekt war“ ist auch eine einfach zu lesende Lektüre, die man nur so verschlingen möchte. Sie macht in diesem Werk treffend auf eine wichtige Thematik aufmerksam, ohne zunächst zu sehr mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger zu erzählen.
Die daraus entstehenden Selbstzweifel der Hauptfigur werden behutsam, aber durchaus authentisch dargestellt: Die zunehmende Individualisierung und Entkopplung von dem Liebespartner erschienen mir jederzeit logisch nachvollziehbar und ich konnte mich als Leser bestens in Quinn hineinversetzen. Die Autorin beweist hier einmal mehr, dass sie das Innenleben ihrer Figuren in der Sprache festzuhalten versteht. Bereits in den ersten Kapiteln wird eine besondere Chemie zwischen den beiden Protagonisten deutlich, die mich mehrfach schmunzeln und tiefer in die imaginäre Schmökerdecke kuscheln ließen. Man fühlt sich richtig wohl, wenn man das Buch liest.
Zudem fiel mir die geschickte Erzählstrategie auf, mit der Hoover einen gelungenen zeitlichen Parallelismus zwischen der zunächst aufkeimenden, glücklichen und der allmählich zerbröckelnden, entzauberten Beziehung zieht. Die durch den Plot aufgeworfenen Fragen werden so automatisch beantwortet, indem sich die Zeitebenen Stück für Stück annähern. Das Auftreffen am Ende des Buchs halte ich für besonders gelungen, da es echte Magie zu versprühen scheint.
Ab dem Zeitpunkt jedoch, an dem Quinn und Graham analytisch die Entwicklung ihrer gemeinsamen Beziehung betrachten und lehrend aufeinander einzuwirken versuchen, verliert die Lektüre ihr Tempo und gerät schleppend. Da der letztendliche Handlungsausgang recht schnell offensichtlich wird, hätte ich mir ein bisschen mehr erzählerischen Mut und Raffinesse gewünscht. Das hätte uns vielleicht den jetzigen an Klischees überzuckerten Schluss erspart. Ebenfalls (aber da mag nun mein persönlicher Geschmack greifen) erscheint mir die Tatsache, in welch kurzer Zeitspanne Quinn die Niedergeschlagenheit aufgrund der gescheiterten ersten Verlobung überwindet, etwas unglaubwürdig.
Schlussendlich überwiegen bei „Was perfekt war“ aber deutlich die positiven Argumente. Hoover präsentiert uns erneut eine klassische Wohlfühllektüre, die sogar thematische Relevanz hat. Besonders lange wird mir das Buch jedoch wahrscheinlich nicht im Gedächtnis bleiben.
Ich vergebe gerne vier von fünf möglichen Sternen.

Bewertung vom 13.03.2020
The Wife Between Us
Hendricks, Greer;Pekkanen, Sarah

The Wife Between Us


weniger gut

Im Jahr 2018 lag die gemessene Scheidungsquote in Deutschland bei etwa dreiunddreißig Prozent – hochgerechnet bedeutet dies: auf zehn geschlossene Ehen kommen etwa drei Scheidungen. Woran die Kurzlebigkeit der Liebesversprechen liegt, darüber lässt sich nur spekulieren. Eine gescheiterte Beziehung und das In-die-Brüche-gehen der Partner porträtiert auch der im Rowohlt-Verlag erschienene Roman „The Wife Between Us“ der US-amerikanischen Autorinnen Greer Hendricks und Sarah Pekkanen. Im Vorfeld lagen mir ausschließlich positive Resonanz vor, sodass meine Erwartungshaltung ziemlich hoch angesiedelt war – das zu Recht?
Die beiden Autorinnen schreiben sehr angenehm, sodass ein ständiger Lesefluss gewährleistet werden kann. Sie berichten aus verschiedenen Perspektiven die Entwicklung nach einer gecancelten, jahrelangen Beziehung und führen die Leser*in dabei mehrfach geschickt hinters Licht. Die Erzählinstitutionen büßen somit ihre Vertrauenswürdigkeit ein. Zudem vermischen sich vor allem im letzten Drittel die Zeitebenen zwischen aktuellen Ereignissen und Rückblenden zunehmend. Was sich als geschicktes stilistisches Gestaltungsmittel hätte entfalten können, stiftet hier unnötig Verwirrung. Dafür sind sowohl die Erzählwechsel zu unübersichtlich und beliebig als auch sich die Charaktere zu ähnlich.
Leider leidet die Handlung vor allem zu Beginn stark an Orientierungslosigkeit. Der Leser*in ist lange Zeit nicht klar, auf welche Reise man sich einzulassen hat. Die Autorinnen, so wird man den Eindruck nicht los, können sich zunächst nicht darauf einigen, auf welchen Aspekt der Geschichte sie ihren Fokus legen wollen. Somit dümpelt das Spannungsniveau oftmals auf einer Stufe vor sich her, mit wenigen Ausbrüchen nach unten und oben, und gerät vielmals in Gefahr, in Belanglosigkeit abzudriften. Viel zu lange passiert viel zu wenig – und das nimmt dem Roman seine Schärfe, seine Dringlichkeit.
Den intimen Einblick in die Gefühlswelt der Figuren, der uns gewährt wird, fand ich überwiegend authentisch – sei es liebevolle Aufopferung, trotzige Selbstbestimmung oder schiere Angst gegenüber dem erbarmungslosen Partner, die Emotionen ließen sich gut nachvollziehen. Die Kurve, die der Roman letztendlich schlägt, empfand ich als angenehme Abwechslung zur sonstigen weitgehenden Dynamikleere. Zwar steuert die Handlung auf einen etwas zu konstruierten Schluss hin, so nehmen die Autorinnen auf diesen Seiten aber zum ersten Mal Tempo auf.
Letztendlich habe ich mich an der vorliegenden Lektüre zwar nie ernsthaft gelangweilt, empfand aber auch nie großen Reiz, weiterzulesen. Auch einige Tage im Nachhinein ist mir kein markanter Aspekt des Romans im Gedächtnis geblieben. Daher vergebe ich nur eine Leseempfehlung an diejenigen, die sich von dem Klappentext angesprochen fühlen – alle anderen können hier getrost die Finger von lassen.
„The Wife Between Us“ ist ein weitgehend spannungsarmer Roman, der den Leser*innen aber einen tiefgehenden und überzeugenden Einblick in das Innenleben zweier Ehen gibt.
Ich vergebe daher zwei von fünf möglichen Sternen, mit Tendenz nach oben.

Bewertung vom 10.01.2020
Gefährliches Schicksal / Everlasting Love Bd.1 (eBook, ePUB)
Palphreyman, Lauren

Gefährliches Schicksal / Everlasting Love Bd.1 (eBook, ePUB)


weniger gut

Ein Buchcover bezweckt neben Erregung von Aufmerksamkeit potenzieller Käufer eine ungenaue Vorbereitung derselben auf den Inhalt des Werks; ein Klappentext soll einen kurzen Einblick in die Handlung, den Hauch einer Ahnung geben, was dich in der Lektüre erwarten wird. Hin und wieder gibt es aber Bücher, bei denen diese Zusammenfassungen scheitern. Wie etwa das Vorliegende: mit seinem Klappentext hat „Everlasting Love: Gefährliches Schicksal“ nämlich nur für die ersten etwa fünfzig Seiten etwas gemeinsam. Ob sich das Werk trotz seines fehlführenden Klappentexts lohnt, erfährst du in der folgenden Rezension.

Durch einen lockeren und leicht zu lesenden Schreibstil ohne große Anforderungen gewinnt Autorin Lauren Palphreyman ihre Leser*innen schnell für sich. Sie entspinnt auf über vierhundert Seiten Buchlänge eine unterhaltsame Geschichte, die niemals langweilt. Schnell stellt sich eine Wohlfühlatmosphäre ein, sodass man das Werk in einem Rutsch geradezu verschlingen möchte. Unterhalten kann der Auftakt zur Jugendbuchtrilogie zwar durchweg, dennoch trüben schwerwiegende erzähltechnische Schwächen, die ich im Folgenden unterbreiten möchte, den Gesamteindruck:
Nicht nur, dass der Klappentext eine ganz andere Handlung vermuten lässt – und allein deshalb die Leseerwartungen nicht erfüllt werden können, sondern verstärkt sich auch zunehmend der Eindruck, die Autorin verliere den Fokus: Sie stürzt sich in ein buntes, unüberschaubares Chaos aus einzelnen Handlungsfragmenten und Romangenres, die an sich zwar interessant sind, zusammen aber nicht funktionieren. Es ist ein an vielen Stellen aufeinander reibendes und quietschendes Konstrukt, das sich nie zu einer Einheit fügen will.
Auch zögert die Autorin die tatsächliche Ursache der bevorstehenden Bedrohung viel zu lange heraus: Dadurch, dass der Leser*in der Antagonist erst so spät vorgestellt wird, verschiebt sich die Aufklärung des zugrundeliegenden Szenarios bis auf zwei Drittel der gesamten Buchlänge. Die Etablierung der Welt, in der das Buch stattfindet, mit ihren eigenen Gesetzen und Werten gerät unzureichend. Ich fühlte mich durch den starken Mangel an Hintergrundinformationen nie hundertprozentig in die Geschichte involviert.
Die Figurenausarbeitung im vorliegenden Roman ist ebenfalls an einigen Stellen nicht zufriedenstellend. Wie Abfallprodukte werden Nebenfiguren ungeniert und lieblos aussortiert, falls sie für den Fortschritt der Handlung nicht länger relevant sind. In der Schilderung einiger Charaktere stützt sich die Autorin eindeutig zu stark auf vorhandene Klischees, anstatt eigenständige und liebenswerte Figuren zu erschaffen. Deren Motive sind teilweise nicht verständlich dargestellt. Wie bereits angeklungen, stößt die Ausleuchtung des Antagonisten bei mir auf besonders negative Resonanz. Die vorenthaltene Ursache für die Bedrohung und die unzureichende Einführung in den Handlungskosmos werte ich als fehlendes Interesse für die neu gewonnene Leserschaft. So kann aber kein spannender Roman funktionieren!
Am Ende bleibt ein wilder Haufen vieler guter Ideen und interessanter Ansätze, bei dem man viel gewollt und nur wenig gewonnen hat. Es bleibt ein im Gegensatz zu anderen Genrevertretern trotz seines hohen Unterhaltungswertes schwaches Buch, das ich so nicht uneingeschränkt weiterempfehlen kann. Dennoch übte die Lektüre, und das muss ich ihr zugutehalten, auf mich eine Suchtwirkung aus, die sie mich schnell beenden und direkt den Folgeband hat beginnen lassen.

„Everlasting Love: Gefährliches Schicksal“ ist ein unausgereiftes Werk, das zwar durchweg unterhaltsam ist, aber erhebliche erzähltechnische Schwächen aufweist.
Daher kann ich nur zwei von fünf möglichen Sternen vergeben.

Bewertung vom 09.01.2020
Ein Engel für Miss Flint
Young, Moira

Ein Engel für Miss Flint


sehr gut

Denke ich an Weihnachten, treten mir neben äußeren Gegebenheiten wie dem geschmückten Tannenbaum, dem warm gedimmten Kerzenlicht und dem verlockenden Plätzchenduft die Werte in den Sinn, für die dieses Fest bekannt ist: die vom Alltag entrückte Seelenruhe, die familiäre Rückbesinnung und der harmonische Frieden, kurzum, man fühlt sich, als würde die ganze Welt wieder gut werden. Um aus der stressgeprägten Klausurphase in diesen weihnachtlichen Einklang zu gelangen, nahm ich die Lektüre „Ein Engel für Miss Flint“ zur Hand. Welche Eindrücke ich aus ihr gewinnen durfte, erfährst du in der folgenden Rezension.
Die für ihre „Dustlands“-Reihe auch bereits in Deutschland bekannte Autorin Moira Young erzählt in diesem Roman eine kurzweilige und spaßige Geschichte, die sofort ins Herz geht. Mit ihrem herrlich unkomplizierten Umgang mit der Sprache ermöglicht sie den Leser*innen einen sofortigen Einstieg in die Handlung. Es lässt sich einfach lesen, hat eine überschaubare Anzahl an Buchseiten – und ist somit als winterliche Lektüre ebenfalls für „Lesemuffel“ geeignet.
Die stetige Konzentration auf die beiden Hauptfiguren gibt der Geschichte genügende Stabilität und einen stetigen Orientierungspunkt für den Leser. Die charakterliche Ausarbeitung gelingt der Autorin dabei unverkrampft und gut. Dennoch hätte ich mir mehr Hintergrundinformationen über Davy gewünscht, da sein gedanklicher Horizont, z.B. in Form seiner Motive, trotz seiner prominenten Position innerhalb des Romans etwas blass und karg bleibt.
Young entwirft einen auf lange Dauer überschaubaren und doch einige Überraschungen bietenden Roadtrip, der sich als eine fesselnde Gefühlsachterbahn entfaltet. Dabei behält sie jederzeit die aufschäumende Waage zwischen den Emotionen, sodass weitreichende humorvolle Elemente durch tiefgreifende, ernste Thematiken gebrochen werden. Sie findet schließlich zu einem versöhnlichen, ja geradezu rührenden Ende, welches den Leser mit gemischten Gefühlen, aber sicherlich nicht kalt ums Herz zurücklässt.
Während ihres durchgängigen und einprägsamen Engelmotivs entwickelt die Autorin innerhalb der Geschichte einige interessante Ansätze: dass das engelhafte Wesen beispielsweise nach außen nicht kommunizieren könne oder man sich die Frage, wie man sein Leben nutzt, stellen möge. „Ein Engel für Miss Flint“ ist durch und durch eine Lektüre fürs Herz.
Im Vergleich zu anderen Werken fällt jedoch auf, dass die Handlung an einigen Stellen doch zu kitschverklebt ist. Subtilere Ansätze hätten dem Antlitz der Lektüre ein wenig mehr Bodenständigkeit und eine tiefer im Gedächtnis bleibende Wirkung verliehen. Wer kann so etwas einem so wunderbaren weihnachtlichen Roman aber verübeln?

„Ein Engel für Miss Flint“ ist ein märchenhafter Winterroman, der ins Herz geht und einige gemütliche Lesestunden bereitet.
Ich vergebe sehr gerne vier von fünf möglichen Sternen.

Bewertung vom 29.12.2019
Jack
McCarten, Anthony

Jack


sehr gut

Spätestens mit seinem Roman „On The Road“ sicherte sich der US-amerikanische Schriftsteller Jack Kerouac den Platz als einer der wichtigsten Vertreter der Beat Generation: diese bezeichnet die literarische Epoche nach dem Zweiten Weltkrieg in Amerika. In dieses Buch ließ er seinerzeit autobiographische Elemente miteinfließen, sodass Romanfiguren auf ihre real existierenden Vorbilder zurückgeführt werden können. Anthony McCarten greift sich dieses Gerüst und entwirft darin geschickt seine eigene Handlung, in der die Grenzen zwischen Realität und Fiktion zunehmend ineinander verschwimmen. Welche Leseeindrücke ich durch „Jack“ gewinnen durfte, erfährst du in der folgenden Rezension.

Dass Jack Kerouac tatsächlich existiert hat und nicht bloß eine Figur aus der Feder McCartens ist, wusste ich, wenn ich ehrlich bin, lange Zeit während des Buchs selbst nicht. Die ergänzenden Informationen sind zwar nicht notwendig für das Begreifen der Handlung, unterstützt aber den unschärfer werdenden Übergang der Ebenen Wirklichkeit und Illusion durch eine zusätzliche Realitätsebene.
Anthony McCarten hat einen angenehmen und gut zu lesenden Schreibstil, der in mir die Faszination für die bildhafte und einfühlsame Sprache weckt. „Jack“ ist, auch durch seine überschaubare Länge, so unterhaltsam und kurzweilig, dass ich das Buch bis zum Ende nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Erzähltechnisch führt der Autor seine Leser*innen mehrfach hinters Licht, was die wahre Identität des Erzählers anbelangt. Somit verliert dieser seine vertrauliche Stellung und man ist als Leser*in dazu angehalten, seine Konzentration zu schärfen und Hinweise aufzuspüren.
Durch die geringe Anzahl an Figuren und der konsequenten Bündelung auf einen Schauplatz gelingt es „Jack“ umso besser, näher auf die auftauchenden Personen einzugehen und sie detaillierter zu beleuchten. Die Motivationen und Geisteshaltungen sind glaubwürdig und authentisch dargestellt: sei es triefendes Misstrauen gegenüber einer fremden Person oder auch riesige Faszination gegenüber dem literarischen Idol. Mehr und mehr fühlte ich mich in dem Buch angekommen und verfolgte gebannt dargestellte Entwicklungen: ein tiefgründiger Einstieg in die Handlung wird der Leser*in möglich gemacht.
„Jack“ ist für mich aber deshalb so lesenswert, als dass auf vielerlei Arten das Realitätsgerüst grundlegend auf den Kopf gestellt wird. Was ist in der Romanwirklichkeit oder in unserer heutigen Wirklichkeit real? Was entspringt der Autorenfeder, was aus den Worten des Erzählers und was basiert auf echten Fakten? Wer ist der Erzähler, wer ist Jack? Dass während Kerouacs Zeit echte Figuren zunehmend hinter den Schilderungen als Buchcharakteren hinterherhinkten und ihr eigenes Ich hinter dem Roman-Ich zurückblieben, wird hier reflektiert aufgegriffen und geschickt ergänzt. Es ist schwierig, an dieser Stelle darüber zu schreiben, ohne letztlich zu viel über den Inhalt preiszugeben.
„Jack“ ist eine Lektüre über die Identität des Individuums, die gut unterhält und zum fröhlichen Philosophieren über Fiktion einlädt. Das Ende jedoch fühlt sich aufgrund der erzählerischen Ruhe, die der Autor sich vorher genehmigt, gehetzt an und fällt daher etwas aus dem Rahmen heraus; die Wendung bleibt zu unkonkret. Daher fehlt der nachwirkende Eindruck, den man stärker hätte erzielen können, und es bleibt auf den letzten Seiten doch zu sehr an der Oberfläche.

Mit seinem Roman „Jack“ entfesselt Anthony McCarten einen spannenden Trip zwischen literarischen Ebenen und wirft die Frage nach der eigenen Identität neu auf.
Ich vergebe gerne vier von fünf möglichen Sternen.

Bewertung vom 29.12.2019
V-Wars. Die Vampirkriege
Maberry, Jonathan

V-Wars. Die Vampirkriege


weniger gut

In diesem Monat erschien auf Netflix die kanadische Science Fiction-Horror-Serie „V Wars“, die auf dem gleichnamigen Buch von Jonathan Maberry basiert. Das über fünfhundert Seiten starke Werk beschäftigt sich mit der zunehmenden weltweiten Ausbreitung eines Virus, das die Menschen in vampirähnliche Wesen verwandelt und politische Instanzen vor große Herausforderungen stellt. Wie mir die Lektüre gefallen hat und wem ich sie weiterempfehlen kann, erfährst du in der folgenden Rezension.

Der Aufbau der vorliegenden Lektüre ist bemerkenswert: „V Wars“ besteht aus insgesamt zwölf verschiedenen Kurzgeschichten, die ineinander verstrickt die fatalen Folgen der Krankheit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Diese Kombination gerät jedoch ziemlich holprig, da nur wenig Zusammenhang zwischen den Teilebenen und somit für den Leser nur über kurze Intervalle hinweg ein richtiger Lesefluss besteht. Ein durchgängiger Handlungsbogen ist nicht ersichtlich.

Insgesamt geht es häufig um den gesellschaftspolitischen Umgang mit den Infizierten und dieser aktuelle Konflikt fördert einige interessante Ansätze zutage, die spannend zu beobachten sind und zum Nachdenken anregen. Bestehende ethische Basen bestehen nicht länger, neue Betrachtungs- und Werteideen werden wichtig und sorgen für große Reibungsfläche innerhalb der Bevölkerung. Hier zeigt sich, dass das Szenario sehr wohl überzeugend und packend sein kann, wenn es nicht gerade hinter den markanten erzähltechnischen Schwächen untergeht.

Die einzelnen Kurzgeschichten sind qualitativ nicht gleichwertig, sodass das Spannungsniveau nicht auf einer Höhe bleibt, sondern sich auf einer unregelmäßigen Schlangenform bewegt. Teilweise fühlte ich mich gut unterhalten; an einer anderen Stelle langweilte ich mich aber des schleppenden Erzähltempos wegen. So wirkt „V Wars“ oftmals etwas lieblos zusammengeschustert und daher unausgeglichen. Für den Leser fehlen Identifikationsfiguren mit ihrer Funktion als Konstante innerhalb des Szenarios.

Der Schreibstil ist durchgehend einfach zu lesen; nur störte ich mich mehrmals an dem durch umgangssprachliche, fast schon vulgäre Ausdrucksweise geprägten Umgangston. Die Schilderung von blutrünstigen Szenen gerät zahlmäßig dermaßen außer Kontrolle, dass angewandte pure Gewalt ihre gesamte Schockkraft verliert und für den Leser zu einem gewöhnlichen Umstand heranwächst, der nicht hinterfragt, sondern akzeptiert wird. Hier wäre weniger sicherlich mehr gewesen.

Zunehmend verstärkt sich der Eindruck, dass das Buch zwischenzeitlich seinen Fokus verliert und selbst nicht ganz weiß, welche Geschichte es denn nun erzählen will. Somit gerät die Untersuchung nach Hintergrund und Entstehung des Virus nicht zufriedenstellend; zudem kommt der Autor zu keinem würdigen Abschluss, sondern verharrt an scheinbar beliebiger Ort und Stelle. Die fehlende Ausgereiftheit des Werks bleibt wie ein fader Beigeschmack kleben; nur eine etwaige Fortsetzung würde einen solch abrupten Schluss rechtfertigen.

Ich möchte „V Wars“ seinen großen Unterhaltungswert gar nicht absprechen. Für Leser, die sich von einer anspruchslosen, blutigen und trashigen Geschichte begeistern lassen können, ist hier sicherlich ein faires Angebot gefunden. Einen innovativen Fortschritt für das Genre des Vampirromans tut das Werk keineswegs, sondern verwertet bereits bekannte Elemente weiter.

„V Wars: Die Vampirkriege“ ist billige und anspruchslose Leseunterhaltung, die zwar nicht jedem, aber Genreliebhabern Spaß machen dürfte.

Bewertung vom 08.12.2019
Anders ermittelt: Mord beim ESC
Mohr, Thomas

Anders ermittelt: Mord beim ESC


sehr gut

Der seit 1956 jährlich ausgestrahlte europäische Musikwettbewerb „Eurovision Song Contest“, kurz ESC, gehört für mich persönlich zu den stetigen Jahreshighlights. Jedes Mal aufs Neue bin ich fasziniert davon, neue Künstler*innen kennenzulernen und sie auf dem Weg vom nationalen Finale bis hin zur großen Finalbühne zu begleiten. Es ist eine Veranstaltung, bei der eigene Regeln gelten, hinter der eine große Community steht und in der das Besondere, Andersartige gefördert wird. Zusammen zelebriert man den Zusammenhalt eines großen Europas, wie er auch im echten Leben sein könnte. Als ich davon erfuhr, dass ein eigener Kriminalroman vor der Kulisse des ESC existiert, war mein Interesse selbstverständlich sofort geweckt. Ob Autor Thomas Mohr meine gespannte Erwartungshaltung einhalten konnte?

Die Euphorie des Autors für die musikalische Sendung kann man förmlich durch die Zeilen hindurch spüren. Indem er geschickt nationale Künstler*innen etabliert, die stimmig die Essenz der jährlichen Einreichungen aus den jeweiligen Teilnahmeländern aufgreifen, entwirft er einen fiktiven ESC mit dem Austragungsort Hamburg im Jahr 2018. Dabei ist die zentrale Ermittlerfigur nicht mit den Regeln des Wettbewerbs vertraut und muss erst in das Szenario eingeführt werden, sodass der Krimi auch für Leser*innen geeignet ist, die kein Vorwissen entgegenbringen. Der Schreibstil ist flüssig und einfach zu lesen, sodass man schnell den Zugang zum Roman finden kann.
Mohr macht sich den ungewöhnlichen Schauplatz zunutze, indem er seinem Publikum einen spannenden Blick hinter die Kulissen ermöglicht und von den konformen Elementen des Kriminalromans abweicht. Dabei ist der ESC und umher entstehende mediale Aufruhr zwar die Quelle der folgenden entsprießenden Handlung, gewinnt aber nicht zu sehr an Oberhand, als dass er thematisch das Buch dominieren würde. Der Autor verliert sich nicht in der detailgetreuen Darstellung, um in seinen Leser*innen ebenfalls die Begeisterung für die Show zu wecken, sondern beweist sich des Konstruierens eines unterhaltsamen Kriminalfalls fähig.
Die überschaubare Schar an Protagonisten erweist sich, dem allgemeinen Image des Grand Prix entsprechend, als auffällig schräg und eigen. Anders ist zwar ein taffer, junger Kommissar, der zugleich, seinem Namen alle Ehre bereitend, in vielerlei Hinsicht mit dem Üblichen bricht. Seine Ausarbeitung ist nur eingeschränkt gelungen, denn seine Motivationen sind nicht immer ganz schlüssig, seine eingeleiteten Handlungsschritte erscheinen teilweise unprofessionell und er bleibt ein bis zum Schluss recht eindimensionaler Charakter, der der Leser*in den Einblick in sein Innenleben bis zu einem gewissen Grad verwehrt. Der ihm als Watson-Figur zur Seite gestellte Laie Gunnar ist ein individueller und absurd überzeichneter Zeitgenosse, der die Rolle des enthusiastischen Fans einnimmt. Das ihm sofortig entgegengebrachte Vertrauen von Anders erschien mir unglaubwürdig; nichtsdestotrotz ergänzen sie sich zu einem ungleichen Team, das man vergleichbar in keinem weiteren Genrevertreter auffindet.
Der Fall mag zwar nicht vor nervenaufreibender Spannung trotzen, birgt aber einen unvorhersehbaren und unterhaltsamen Handlungsbogen, der in ein würdiges und das Potenzial des Szenarios ausschöpfendes Finale mündet. Insgesamt ist „Anders ermittelt“ also ein kurzweiliges Leseabenteuer, in dem sich der Autor den Traum von einem Kriminalroman über den ESC selbst erfüllt und man diese Begeisterung spüren und nachempfinden kann. Hinter dem wirklich furchtbaren und potenzielle Leseinteressent*innen eher abschreckenden Cover verbirgt sich eine amüsante Geschichte, die ich hiermit gerne weiterempfehle.

„Anders ermittelt: Mord beim ESC“ ist eine unterhaltsame Krimilektüre, deren Handlung überzeugend in das große Showevent als Szenario eingebettet ist, dabei aber nicht zu sehr im Vordergrund steht.
Daher vergebe ich gerne vier von fünf möglichen Sternen.

Bewertung vom 01.12.2019
Crimson Lake
Fox, Candice

Crimson Lake


ausgezeichnet

Vor zwei Jahren erschien im Suhrkamp-Verlag der Auftakt einer Thrillerreihe der australischen Schriftstellerin Candice Fox. Der dem Buch zugrundeliegende Klappentext konnte definitiv mein Interesse wecken. Kann das Werk seine Versprechungen letztendlich auch halten?

Zunächst tat ich mich zunächst mit dem Einstieg ein wenig schwer. Die Leser*in wird ohne große Umschweife in das Szenario hineingeworfen und muss sich selbstständig orientieren. Wenn man aber erst einmal angekommen ist, bietet Candice Fox eine Vielzahl an Gründen, diesen Thriller unbedingt weiterzuempfehlen. Einige davon möchte ich im Folgenden unterbreiten:
Die beiden Hauptfiguren, die uns hier präsentiert werden, sind außergewöhnlich: Ted Conkaffey ist ein vom Gericht wegen zu geringer Beweislast freigesprochener und trotzdem von der Gesellschaft ausgestoßener, teilweise sogar tätlich angegriffener Ex-Polizist, der überfordert ist mit diewser allseitigen Ächtung; sein emotionaler Gegenpartner die taffe Privatdetektivin Amanda Pharrell, die ihre Haftstrafe bereits abgesessen und mit ihrer sozialen Position scheinbar abgefunden hat. Sie beide ermitteln zusammen in einem Fall rund um einen vermissten, berühmten Schriftsteller. Die Chemie zwischen den Protagonisten stimmt völlig; sie reiben an- und stoßen teilweise auch aufeinander, bilden aber zunehmend ein authentisches und erfrischend neuartiges Team, das ich so in der Kombination zuvor noch nicht erlebt habe. Die charakterliche Ausarbeitung ist der Autorin dabei besonders gut gelungen, da die Ängste, Zweifel und Hoffnungen so deutlich betont werden, dass man sich als Leser*in gut in diese beklemmende Situation einzufühlen vermag, die man sonst nur aus der anderen Perspektive beobachtet. Die sarkastischen Kommentare von Amanda Pharrell sorgten für humorvolle Auflockerung zwischen den Zeilen.
Geschickt werden hier ebenfalls mehrere Kriminalfälle ineinander verstrickt. Es stehen natürlich die Ermittlungen rund um den verschwundenen Autor im Vordergrund; gleichzeitig aber werden einige neue Indizien aus der Vergangenheit der beiden Hauptfiguren zutage gefördert. Der Konflikt zwischen der ständigen, brutalen Auseinandersetzung mit der Bevölkerung, die unwiderruflich sicher ist, dass du schuldig bist, und zur gleichen Zeit deine eigene, zunehmend brüchiger werdende Überzeugung, unschuldig zu sein, und die größer werdende Wut über diese Ungerechtigkeit wird hier authentisch beleuchtet. Die Leser*in darf hier also nicht nur Zeuge im Fortschritt eines, sondern gleich drei verschiedener, sich in Spannung in nichts nachstehender Handlungsstränge sein.
Handwerklich beweist uns Candice Fox auf vielfältige Art und Weise ihr schreibtechnisches Können: Der Schreibstil kann zwar nicht sofort ab der ersten Seite, später aber umso mehr packen und sein wahres Suchtpotenzial entfalten. Das australische Setting ist besonders, denn so spielt die Geschichte zwischen Krokodilen, Sümpfen und dem Dschungel. Die schlussendlichen Wendungen und Auflösungen hinter zumindest einigen der begonnenen Handlungselemente sind allemal überraschend und sind bis auf eine Ausmaße uneingeschränkt schlüssig: Die Motive hinter einer der begangenen Straftaten – und es ist schwer, darüber zu schreiben, ohne bereits etwas aus dem komplexen Konstrukt des Romans vorwegzugreifen – können nicht hundertprozentig überzeugen, sondern bleiben nach meinem persönlichen Geschmack etwas zu schwach für das Ausmaß des angerichteten Schadens. Offengelassene und nicht vervollständigte Ansätze wecken in mir definitiv Interesse und Lust auf folgende Bände.

Insgesamt habe ich in dem ersten Band rund um Ted Conkaffey eine unbedingte Thriller-Empfehlung entdeckt, die auf einigen Ebenen einen ganz anderen Weg einschlägt als andere Genrevertreter. Wer Lust auf einen solchen Roman hat, sollte hier definitiv zuschlagen.

„Crimson Lake“ ist ein atemberaubender, innovativer Thriller, der langsam, aber stetig die Klauen um seine Leser*innen schließt und bis zum letzten Kap