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LindaRabbit
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Freiburg
Über mich: 
Leseratte erster Klasse!

Bewertungen

Insgesamt 254 Bewertungen
Bewertung vom 18.07.2023
Der Frühling ist in den Bäumen
Revedin, Jana

Der Frühling ist in den Bäumen


sehr gut

Der Erste Mai 1953, eine Nacht am Bodensee

Schon die ersten Seiten und Einstieg in das Buch (Aufbau Verlag, "Der Frühling ist in den Bäumen" von Jana Revedin) kommen sehr stark:
Renina wacht auf, neben ihr liegen zwei nackte Menschen, die sie am Abend zuvor kennenlernte. Schmerzhaft muss sie erkennen, dass ihr drogensüchtiger Mann (ein Atomphysiker der Nazizeit) sie betäubt hat und sie in diesem Zustand Teil einer Orgie wurde. Als sie ihren Mann Fred zur Rede stellt, vergewaltigt er sie nochmals. Daraufhin offenbart sie ihrem Gatten von einem Jahr, dass sie die Scheidung will.
Mit Rückenschmerzen steht sie am Ufer des Bodensees, sieht Frühlingsanzeichen (1. Mai 1953) und trifft auf eine bemerkenswerte Frau. Trotz ihrer seelischer Pein und ihren dunklen Gedanken zur Scheidung von ihrem berühmten Mann bewältigt sie einen Tag voller Erlebnisse (die Frau Traut und das bevorstehende Konzert einer jungen Japanerin, ihre Eltern, ihr Freund Basil, ihre plötzlich ankommende Freundin und eine Bekannte von ihr, der Leitartikel zur ersten Ausgabe eines Frauenmagazins und der Abend). Irgendwann bricht sie zusammen und fällt im Pferdestall in einen Erschöpfungsschlaf. Doch dieser erlebnisreiche Tag ist noch nicht zu Ende, das schlimme Ende folgt noch...

Dieses Mal schreibt die Autorin zum Leben ihrer Mutter Renina. Sie hat es mit Themen, die sehr eigen sind, aber die sich unglaublich spannend lesen! Was für eine Schreibe! Renina, die morgens auf den See schaut (sehr poetisch beschrieben) und darüber nachdenkt, was sie erlebt hat und was sie fühlt.
Dieser Erste Mai hat es in sich. So viele Ereignisse auf einmal (ich wäre schon bei einem Drittel völlig fertig). Das mag an ‚Bloomsday‘, an den Roman von James Joyce ‚Ulysees‘ erinnern, dessen voluminöser Roman sich auch an einem Tag vor den Augen der Leserschaft entrollt. Zum Glück hat der Roman von Jana Revedin nur 250 Seiten.
Renina ist jedoch, für diese Zeit, acht Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und der schlimmen Nazi Zeit, eine selbstbewusste und selbstbestimmte Frau, die sich von dem narzisstischen Ehemann lossagen kann. Erschreckend ist, dass das Thema Missbrauch, Betäubung, häusliche Gewalt und Frauenfeindlichkeit damals aktuell war und bis heute leider immer noch.
Die Erzählweise ist nicht einfach, zu viele Querverweise, machen den Verlauf etwas holprig. Die Autorin liebt das ‚name dropping‘ (ist mir bereits bei ihrem Roman zu ‚Flucht nach Patagonien‘ aufgefallen, mir manchmal zu viel).
Das Umschlagsbild erinnert an die 60er, die Zeichnung orientiert sich wohl tatsächlich an Revedins Mutter, wie ein Bild von ihr (mit natürlich Berühmtheiten ihrer Zeit) des Aufbau Verlages zeigt. Klappentext sprechen von "Martin Heidegger" und seiner jüngsten Assistentin (name dropping!), denn Heidegger kommt im Text nicht besonders vor.

Der Ort Konstanz spielt natürlich auch eine Rolle, doch eher eine schöne Nebenrolle, der See, die Landschaft, der Zufluchtsort vor den Nazis, der Wiederaufbau (Konstanz die Unzerstörte).
Alles in allem, ein lesenswertes Buch, mit den oben erwähnten Abschlägen, zu einer außergewöhnlichen Frau.

Bewertung vom 18.07.2023
Sylter Welle
Leßmann, Max Richard

Sylter Welle


gut

Abschiednehmen, von den Großeltern, von Sylt, von der Jugend

Der Jung fährt zum letzten Mal, so wie die Großeltern sagen, zu ihnen nach Sylt, nachdem er öfters mit ihnen dort war. Campingurlaub. Man kennt sich aus.
Jetzt werden sie zu alt dafür. Kein Camping mehr, sondern eine Wohnanlage. Der Jung eingeschmuggelt, so wie später an Strand, sparen... (das hängt bei den Älteren noch richtig drin!) Erinnerungen an frühere Aufenthalte dort, an familiäre Erlebnisse, Ansichten über seine skurrile Familie, einschließlich der besonders skurrilen Großeltern.
Über eine vom Aussterben bedrohte Generation, uff, ja genau, das ist es! Sie leben halt mit ihren Enkelkindern nur eine gewisse Zeit. Jeder hat sie und jeder vermisst sie dann – die Großeltern.
Schön, dass dies auch mal thematisiert wird…jetzt bin ich auch in der Generation, wo jede:r um mich herum, viele jedenfalls, plötzlich Enkelkinder haben und ich die Enkelkinder Bilder zu sehen bekomme. Der Kommentar dazu immer, ‚süß‘!
Großeltern vergöttern die Enkel. Kaum Arbeit mit ihnen, das liegt alles hinter ihnen, nur noch die Freude an den ‚süßen Kleinen‘. Stolz, guck guck, der stammt von mir ab…

Der Autor ist mir völlig unbekannt. Das Titelbild, ein Gemälde - der brennende Strandkorb Nr. 372, das Meer, der Strand... (ich bin noch nie in einem Strandkorb gesessen), Sylt die teure Insel...Die Schreibe ist eigenartig, der Autor sieht oft eher das Negative, der Geruch der harten Eier, doch gleichzeitig auch poetisch - die weichen Wangen der harten Oma.
Um Gotteswillen, denkt bestimmt ein jeder, der Großeltern hat, so wie vermutlich die meisten Menschen - das kommt mir so bekannt vor:
In meinem Fall waren es aber nicht die Großeltern, sondern die Mutter, die einem alles möglich Ausrangiertes vor die Füße warf, die einem ständig vollstopfte mit Nahrungsmittel, die anpflanzte… was nicht schlecht war, und bis heute, nach ihrem Ableben, bin ich sauer darüber, dass sie einen kerngesunden Kirschbaum, kerngesunde Brombeerbüsche und ebenso kerngesunde Himbeersträucher ausreißen ließ.

Zum einen liebevoll und auch voll mit witzigen Einlagen, zum anderen ein Stück Deutschlandgeschichte, Kriege, Flucht, Verlassen der alten Heimat.

Bewertung vom 18.07.2023
Luftmaschentage
Becker, Anne

Luftmaschentage


ausgezeichnet

Ricci und Mats, ein ungleiches Paar

Ein Mädchen, das extrovertiert ist, und das andere, was introvertiert ist... Gegensätze ziehen sich doch an, oder?

Dieses Jugendbuch, als eine authentische Geschichte im Klappentext beschrieben, ist wirklich sehr authentisch, sensibel und herzergreifend geschrieben. Der Stil ist hervorragend. Aus der Perspektive von Matea (Mats) erzählt, unterlegt mit Textnachrichten (SMS) an Riccarda (Ricci):
Eine völlig schüchterne Mats bringt in der Öffentlichkeit kaum ein Wort über die Lippen. In der Schule akzeptieren die Lehrkräfte diese stumme Mats, denn sie ist eine 1a Schülerin. Die Höchstnoten erhält sie jedoch nie, weil sie eben nicht redet. Zu Hause in der Familie spricht sie schon, aber nicht viel, sie will ihre Ruhe haben und in ihrer Welt leben. Mit manchen Freundinnen, z.B. der alten Loose, tut sie aber schon reden, denn die verstehen sie. Und die alte Loose bringt ihr auch das Stricken und Häkeln bei.
Kommen wir also zum Titel, der einfach genial ist - ‚Luftmaschentage‘… diese Mats hat sich zu einer Guerillastrickerin entwickelt, die mit Wolle der Loose, an sie vererbt, alles bestrickt und behäkelt, ein Baum, Gartenzaun und dann diese Jungenskulptur.
Die anderen in der Schule halten Mats für bekloppt und eine moppt sie massiv. Mats will nur eine Freundin, eine beste Freundin. Die findet sie schließlich in Ricci. Ricci ist das totale Gegenteil von Mats, sie redet viel und aggressiv, geht andere auch körperlich an, vor allem, wenn es um ihre Freundin Mats geht.
Die Mädchen sind talentiert (Mats, die gute Schülerin, die Strickerin mit tollen Ideen zur Verschönerung ihrer Umgebung; Ricci, die großartige Zeichnerin und treue Freundin, die sich auch belehren lässt, trotz ihres misslichen Umfeldes).

Was immer passiert ist, dass Mats nicht redet, wird nicht näher beschrieben, aber wie sie sich fühlt. Riccarda, die Neue in der Klasse ist das genaue Gegenteil von Mats, die Schüchterne (Madame Schüchtern im Bauch, diese breite Tante Krake, die sich sofort meldet, wenn irgendetwas passiert, was Mats nicht verarbeiten kann). Ricci, die Aggro. Ricci ist die Einzige, die von der Krake erfährt und sie sogar zeichnet. Doch auch Ricci hat ihre Geheimnisse, die sie nicht äußert. Und Mats will ihnen auf die Spur kommen, weil sie eben die beste Freundin von Ricci sein will.

Es ist eine unglaublich tolle Geschichte, wie diese Entwicklung zwischen den beiden Mädchen beschrieben wird, dazu kommen noch Yasser und Leon...
Das Titelbild dazu ist einfach super, ein Guerillastrickbaum, sehr bunt, ein bestrickter Baum, auf dem die beiden Mädchen sitzen und mit Wollfäden hantieren. Auffallend und passend zur Geschichte.

Der Beltz - Verlag, bekannt für ausgezeichnete Jugendbücher, hat mit Anne Beckers Roman wieder ein preiswürdiges Buch auf den Markt gebracht. Die Autorin selbst, eine studierte Sonderpädagogin, arbeitet als Förderschullehrin und weiß wovon sie schreibt. Das Buch, was mich total faszinierte und auch für Ältere, jenseits der Pupertät, interessant ist, verdient ein breites Publikum.

Bewertung vom 11.06.2023
Die Sache mit dem Wald
Herzog, Sven

Die Sache mit dem Wald


ausgezeichnet

Der Wald, der Mensch, Bedeutung & Nutzung

Prof. Dr. Dr. Sven Herzog, Autor des Sachbuchs "Die Sache mit dem Wald", leistet mit seinem Buch einen wichtigen und bereichernden Beitrag zur Diskussion ‚Wald‘.

Unterschiedliche Nutzungsgruppen haben unterschiedliche Einstellungen zum Wald:
Da sind zum einen die Waldbewirtschafterinnen (viele Waldstücke sind im Privatbesitz, was die durchschnittliche Waldbenutzerin nicht weiß), da sind staatliche und städtische Försterinnen, da sind Jagdgesellschaften, da sind einfache Waldlustwandlerinnen, die lediglich Waldbaden machen wollen, die Bergwandern wollen und sich an der Natur erfreuen…
Diese unterschiedlichen Interessen gilt es unter einen Hut zu bekommen.
Und vor allem - Waldstücke sind bei uns frei begehbar und besuchbar. Das ist weltweit nicht die Regel... Lediglich jagen und fischen ist nicht erlaubt, nur mit Ausweis. Alles hat historische Wurzeln...

Herzog betrachtet den Wald nun aus diesen diversen Ecken: Denn der Klimawandel schädigt den Wald (Fichten, Erlen etc. leiden bereits beachtlich)
Was ist dabei die Funktion und die Rolle der Forstwirtschaft? Und was tun die Waldtiere (Wildbestand, auch Neuzuwachs wie Wölfe, Elche, eventuell Bären, Luchs, Wildkatze etc.) dazu? Denn Biodiversität, Klimaschutz und Erholung schließen sich nicht aus im Biotop Wald.

Wissenschaftlich fundiert, doch auch für Laien verständlich beschrieben; mit sehenswerten und interessanten Fotos lockert der Autor den Text auf.
Die Themen sind reichhaltig. Informativ fand ich vor allem die historische Entwicklung von Waldnutzung und den menschlichen Eingriff (Störung, Zerstörung, Wiederaufbau).
Bekannt ist aus vielen Regionen, nicht nur Deutschland, dass 'der Mensch' Waldflächen massiv störte und zerstörte - die Sahara war mal grün... Von diesem Buch kann man lernen, was 'der Mensch' bereits getan hat und was er verursacht, wenn nicht kluge Menschen lenken...

Für mich definitiv ein gutes Buch!

Bewertung vom 26.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


sehr gut

Ein Boyle, der neue!

„Das Anthropozän lag in den letzten Zügen...Er schnupperte an seinen Achsenhöhlen...eine Dusche angebracht (...). Doch zum Duschen brauchte man Wasser, und das war knapp. Stinken war ehrbar. Stinken war umsonst...“
Es sind solche Sätze, die mehr ins Grübeln bringen als Wassersparappelle. Der erste Satz stimmt. Aber dann haben wir alle unsere menschlichen Bedürfnisse. Die Quintessenz ist gut, Stinken ist umsonst. Werden wir alle...

Cooper, der sich mit Monarchfalter beschäftigt. Doch die werden rar. Seine Freundin, die Zecken sammelt. Und dann die andere, die mit der tätowierten Kusswanze zwischen den Brüsten... Er lebt, studiert, forscht in Kalifornien. Kalifornien brennt, Waldbrände überall.
Cat (eigentlich Catherine) lebt mit ihrem Mann in Florida. Direkt an der Küste, das Wasser steigt und Überschwemmungen machen das Leben schwer. Cat trinkt, wartet nur bis ihr Mann nach Hause kommt, weil sie guten Sex liebt. Und weil sie Influencerin werden will, fotografiert sie alles, stellt sich dar und legt sie sich aus Sensationsgier eine Tigerphyton zu, Willie I. Doch Willie verschwindet, so legt sich die etwas ältere Schlange Willie II zu (die den wieder aufgefunden Willie I auffrißt, aber das merkt Cat nicht, nur dass Willie I wieder verschwunden ist). Für sie sind die Schlangen Spielzeuge bis es ernst wird... 'Phyton Mom'.
Ottilie, die Mutter von Cooper und Cat, stellt die Ernährung auf Grillen um, züchtet sie sogar. Aus Liebe zu ihrem Sohn. Der Nachbar kotzt die halbe Nacht nach ihrem Grillenmenü. Denn erst am Ende des Abends erzählt der betrunkene Ehemann Frank, dass das alles Grillen waren, die sie zu sich genommen haben...

Schon allein der Klappentext macht neugierig: Die Waldbrände, Überschwemmungen, frittierte Heuschrecken und eine Phyton am Hals. Das Titelbild dazu - schreiend bunt und auffällig, eine brennende Sonne über einer Palme!
Es wird im Buch viel zum Klimawandel gesagt, übertriebener als es tatsächlich schon ist, aber genauso könnte es kommen. Es macht Angst beim Lesen, weil es die Wahrheit ist. Und doch lässt der Autor auch eine gute Portion Humor einfließen, die das Dystopische wieder erträglich macht und sogar zum Lachen anregt (lachend in den Abgrund stürzen...). 'Schwimmt ein Baumstamm im Wasser kurz vor Cats Haus, die wieder mal betrunken durch das Hochwasser stapft. Nur der Baumstamm schwimmt in ihre Richtung – ein Alligator...' Herrlich, wie er das beschreibt und eigentlich wartet man darauf, dass die ständig betrunkene Cat von dem Baumstamm mal eben aufgefressen wird...

Cooper erregt Mitleid, ist aber oft ziemlich aggressiv, aber gleichzeitig sympathisch, weil er will ja die Welt retten. Er sucht nach seinen Insekten. Seine Mutter will es ihm nachmachen, eine gute Mutter sein, die auf ihre Kinder hört. Cat dagegen ist der 'loser', die Lebensfrau, die das Leben nicht auf die Reihe kriegt und schon gar nicht kapiert, was um sie herum passiert, die schlimme Fehler macht in ihrem Alkoholwahn und nichts auf die Beine stellt.

Er kann schreiben, Boyle. Das merkt man gleich vom ersten Wort an, wie wenn ich daneben stehe, wenn die Propagandisten miteinander reden. Das Buch reißt in einen dystopischen Strudel. Aber da es das wichtigste Thema der Zeit behandelt - was wird aus unserem Planeten, überleben wir acht Milliarden Menschen das Chaos was wir angerichtet haben? Boyle hält der Gesellschaft den Spiegel vor, auf seine Weise!

Lesen!

Bewertung vom 26.05.2023
Das Kreuz des Vatikans
Black, Joe

Das Kreuz des Vatikans


sehr gut

Die Jagd nach den Papierrollen...

Und wieder verwöhnt Joe Black die anspruchsvolle Leserschaft mit einem rasanten Thiller:

Wie in seinem ersten Buch führt uns der Autor von Nordafrika über den Nahen Osten in die USA und zurück: Der anerkannte Forscher und Entdecker Konstantin wird von seinem Freund und Mentor Professor Adams nach Kairo gerufen. Dort beginnt bereits mit der Suche nach Adams dasVerwirrspiel. Eine seltame SMS nach der anderen führt ihn durch Kairo, lässt ihn ermüden und verwundern bis er dann auf die Leiche von Adams trifft und er meint sogar den Mörder gesehen zu haben. Verfolgt wird Konstantin nun als angeblicher Mörder, später sogar als Terrorist, auch der Mörder sucht ihn und er – sucht den Mörder und den Grund, warum dieser seinen Freund Adam ermordet hat.

Er braucht Unterstützung und seine frühere Freundin Ilana (vom ersten Buch) kommt ihm zu Hilfe, beide recherchieren und beanspruchen weitere Hilfe von guten Freunden. Doch diese Unterstützung bringt alle in Gefahr. Die Polizei, Geheimdienste, der Mörder und sein Geheimbund – alle sind denjenigen auf den Fersen die versuchen aufzuklären, warum Adam sterben musste, warum weitere Menschen sterben müssen und was es mit diesen geheimnisvollen Papierrollen auf sich hat?

Diese Papierrollen klären über bestimmte historische Ereignisse auf (im christlichen Kontext): Trennung der bisherigen Hauptkirche, römisch – katholisch, und einen neuen östlichen Zweig. Bringen einiges in ein anderes Licht und werfen Fragen auf. Und genau das will ein Geheimbund namens ‚Das Kreuz‘ verhindern. Das Kreuz operiert für den Vatikan, eine weitere Heilige Mafia. Ein fanatischer Mönch namens Robert mit militärischem Hintergrund mordet auf brutale Weise alle, die er als Glaubensabtrünnige, als Häretiker ansieht. Dabei lässt er die Morde oft auch als Selbstmorde oder Unfälle erscheinen und es ist ausgesprochen schwierig ihm auf die Fährte zu kommen. Doch hinter ihm steht ein Drahtzieher mit seiner Truppe…

Ein geheimnisvolles Gemälde, perfekt gezeichnet, wurde mit zuerst unverständlichen Zeichen versehen. Kontantin und Ilana entschlüsseln mühselig das Gemälde und finden weitere Hinweise, finden den Künstlermönch und kommen der Lösung immer näher. Doch auf dem gefährlichen Weg dahin verlieren sie Freunde, die ihnen wichtig und teuer sind.

Das eBook sollte man nur anfangen zu lesen, wenn man viel Zeit hat. Denn kaum angefangen kann man es nicht mehr aus den Händen legen und der Sog der Geschichte zieht den Lesenden hinab in einen Rausch aus Abenteuer, historischen Ereignissen und geheimnisvollen Deutungen. Es kann nur empfohlen werden!

Bewertung vom 25.04.2023
Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


ausgezeichnet

Die unerkannte – die einzigartige Hedy Lamarrr

1933 – eine junge Schauspielerin steht in Wien auf der Theaterbühne und feiert einen Riesenerfolg
1938 – eine reife Schauspielerin kommt in New York an
1942 – USA, die nicht anerkannte Erfinderin

Der Roman, der auch Thriller genannt wird und gleichzeitig eine feministische Parabel, ist in zwei Teile unterteilt: zuerst befinden wir uns noch in Wien, just zu der Zeit (1933) als das braune Elend Europa überrollte. Hedy (damals noch Kiesler) aus einer jüdischen Familie stammend, feiert ihren ersten Erfolg am Theater in Wien. Ein Waffenhändler, Fritz Mandl, wird auf sie aufmerksam und umgarnt sie, trotz des Altersunterschieds. Er will sie besitzen, so wie er seine Luxusvillen und – schlösser besitzt. Mandl verkehrt mit Mussolini und Hitler. Er ist gewalttätig und besitzergreifend. Hedy flieht durch einen ausgeklügelten Plan via Paris nach London. Dort trifft sich auf US-amerikanische Größen des Filmgeschäftes.
Der zweite Teil handelt von ihrer Zeit in den USA. Auch hier muss sich die schöne Hedy (mittlerweile Hedy Lamarr) gegen Männer wehren, die in einer Frau nur das schöne Spielzeug sehen.
Denn diese Frau hat Köpfchen. Und das Anfang des 20.Jahrhunderts, als die Uhren in Europa wieder rückwärts gedreht werden. Und das in einem Geschäft – dem Filmgeschäft – wo sich zum Erfolg durchzuschlafen zum Geschäftsmodell gemacht wurde (siehe der Fall Weinberg).

Und heute immer noch ist zu wenig bekannt, dass Hedy Lamarr eine hochtalentierte Erfinderin war.
Dieses Buch über eine hervorragende Frau ist typisch für das 20. und 21. Jahrhundert, in dem Frauen immer noch eher das 'Spielzeug' sind oder ausgebeutet, ausgenutzt und verachtet (siehe die momentane Situation im Iran).

Hedy Lamarr hat gezeigt, dass schöne Frauen auch Gehirn besitzen! Und dass dumme, machtgierige Männer ihr nie zugehört haben... (leider immer noch nichts Neues auf unserem Planeten). Eine Ich – Erzählerin führt uns durch das Buch, als ob Hedy selbst ihr Leben erzählt. Die US-Amerikanerin Marie Benedict schrieb das Buch, Marieke Heimburger übersetzte es aus dem Amerikanischen Englisch.

Sehr lesenswert und sehr nachdenkenswert!

Bewertung vom 25.04.2023
Südlich von Porto lauert der Tod
da Silva, Mariana

Südlich von Porto lauert der Tod


sehr gut

Ein Porto – Krimi (und hoffentlich nicht der letzte)

Ria Almeida aus Stuttgart, Polizistin, mit einem portugiesischen Vater, fährt in die Porto Region, um ihren Großvater zu begraben. Und dort lebt der andere Teil der portugiesischen Familie. Der Stuttgarter Teil hat zwar nie die Verbindung verloren, doch jeder lebt in seiner Welt. Anders als ihre Eltern möchte Ria in der Heimat ihres Vaters eine berufliche Auszeit nehmen. Nach beruflichen und privaten Problemen braucht sie Zeit für eine Neuorientierung. Nuno, ihr Jugendfreund, die Familie frägt sich, was ist passiert, warum macht sie vier Wochen Urlaub? Noch weiß keiner, dass sie eigentlich noch länger bleiben möchte...
In der Urlaubsidylle von Torreira, dem Ort von Rias Verwandtschaft, gibt es jedoch plötzlich einen verdächtigen Todesfall, als die Leiche einer jungen Frau gefunden wird. Erste Vermutung – ein dummer Unfall für die Bienenallergikerin. Einzig die Schwester glaubt nicht daran und macht gehörig Druck, den Leichnam obduzieren zu lassen. Dorfpolizist Joao (Gatte von Rias Kusine) kennt sich eher mit Falschparkern aus als mit Todesfällen. Noch schlimmer - die Leiche verschwindet vom örtlichen Beerdigungsunternehmen. Schluss mit Urlaub - Ria gerät in diese seltsame Mordermittlung. Ein Kommissar aus der Stadt übernimmt die Leitung. Er hält Ria anfänglich für eine Kollegin und die beiden 'mögen' sich, sie hält ihn für einen Chauvi und er... Trotz, dass Ria sich heraushalten wollte, hängt sie jedoch binnen kurzem tiefer in der Geschichte als sie will.

Titelbild - im oberen Teil, das krimiübliche Landschaftsbild, im unteren Teil die berühmten und wunderschönen portugiesischen Fliesen. Das deutet natürlich sofort auf die Region hin – Portugal!
Da ich viele Bekannte in Porto habe kommt dieses Buch sehr gut! Neben portugiesischen Begriffen erfähre ich auf diese Weise sehr viel über das Land und die Leute.
Für ein Erstlingswerk ganz solide! Unterhaltsam geschrieben!

Bewertung vom 16.04.2023
Tod in Siebenbürgen / Paul Schwartzmüller ermittelt Bd.1
Werrelmann, Lioba

Tod in Siebenbürgen / Paul Schwartzmüller ermittelt Bd.1


gut

Imposibil

Im Prolog, mit dunkler Ahnung, wartet eine Frau unterhalb von Draculas Schloss auf ihren Liebsten...und ein ebenso dunkles Wesen kriecht aus einem Fenster vom Schloss...

Ein Brief kommt an, just in dem Moment, als Paul Schwartzmüller (freier Journalist und Autor) das Jobangebot seines Lebens erhält – er soll fest angestellter Redakteur werden. Und nun dieses Einschreiben mit einer rumänischen Briefmarke. Darauf abgebildet die Lügenbrücke von Sibiu, (Hermannstadt).
Paul erbt unerwarteter Weise den Hof seiner Tante Zinzi und macht sich sofort auf den Weg nach Siebenbürgen. Er war früher oft da, in Hermannstadt, im Dorf seiner Tante. Als Heranwachsender. Doch seit Jahrzehnten war er nicht mehr in seiner Heimat. Denn Paul und sein Vater sind aus Rumänien geflüchtet und sein Vater hatte immer behauptet, Tante Zinzi sei tot.
Außer seinem früheren besten Freund Sorin erscheinen Paul alle anderen vor Ort recht unfreundlich und nicht willkommend heißend. Auch für Paul ist die Reise – in seine Vergangenheit – nicht einfach.

Sorin arbeitet auf Schloss Bran als Touristenführer. Paul begleitet ihn. Das angebliche Draculaschloss Bran ist mit schaurigen Dingen ausgestattet. Und Sorin macht Witzchen dazu... Nach einer durchzechten Nacht mit Sorin wird Paul morgens von der seltsamen Maia geweckt. Im Schloss starb ein Mann, grausam... Und Sorin verhaftet die Polizei als Verdächtigen. Jetzt beginnt der Krimi! Doch gleichzeitig passieren mysteriöse Dinge... ein Schatten, das Mädchen, Maia... Paul ist etwas komisch, dafür sind andere umso sympathischer, z.B. Maia. Und nicht vergessen, das Land hat einer der schlimmsten Diktatoren erlebt...

Als Paul auf die Frage „was wollen Sie denn in Rumänien“ antwortet - ich stamme von dort, ich bin ein Siebenbürger Sachse. Es ist so herzzerreißend wie Menschen ihre Herkunft verleugnen mussten. Und es ist so schön mitzubekommen wie Paul wieder seine Heimat entdeckt, etwas, was ihm doch fehlte.

Das Titelbild: Schloss Bran (was als Draculas Schloss bezeichnet wird) mysteriös umschwabbelt von Nebelschlieren. Ein sehr schönes, landschaftliches Bild - aufregend. Aber eben typisch für Krimis...
Das Buch ist informativ, zur Region, zum Schloss, zur Legende von Graf Dracula, zum Land Rumänien, zur fiktiven Lebensgeschichte von Paul und vor allem macht es Appetit auf die kulinarischen Genüsse, es liest sich gut und weckt Neugierde auf Rumänien.