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bookloving
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Munich

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Insgesamt 321 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2023
Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2 (MP3-Download)
Yokomizo, Seishi

Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2 (MP3-Download)


ausgezeichnet

*Mitreißende Fortsetzung der japanischen Krimiklassiker-Reihe*
Nach dem viel versprechenden Auftaktband „Die rätselhaften Honjin-Morde“ liegt nun mit „Mord auf der Insel Gokumon“ ein weiterer fesselnder Krimiklassiker des in Japan bekannten und vielfach ausgezeichneten Kriminalautors Seishi Yokomizo (1902 – 1981) in deutscher Übersetzung vor. Im Mittelpunkt seiner nach Ende des 2. Weltkriegs begonnenen und insgesamt 77 Fälle umfassenden Krimireihe steht der junge Privatdetektiv Kosuke Kindaichi.
Ganz im Stile von Werken aus der Feder von Agatha Christie oder Arthur Conan Doyle bietet dieser japanische Krimiklassiker jede Menge Rätselspaß und einen sehr raffinierten Kriminalfall! Zudem konnten mich das exotische japanische Flair und die faszinierende Zeitreise in die japanische Kultur und Geschichte sehr begeistern.
Angesiedelt ist der im Jahr 1949 spielende Fall auf der kleinen Insel Gokumon, auf der man hauptsächlich von der Fischerei lebt und deren Bewohner von Sträflingen abstammen. Auf der Heimreise nach Kriegsende verspricht Privatdetektiv Kosuke Kindaichi seinem schwer verletzten Kriegskameraden und Erben des Fischereigroßunternehmen - Chimata –im Falle seines Ablebens seine Familie auf Gokumon über seinen Tod zu informieren und zugleich seine drei Schwestern vor ihrem sicheren Tod zu bewahren. Angekommen auf der seltsamen Insel nimmt Kosuke seine ungewöhnliche Mission auf, stellt unauffällig Erkundigungen an, jedoch ist ihm völlig rätselhaft, wie er Chimatas mysteriöse Vorausahnung verhindern soll, bis es zu seinem Entsetzen auch schon zum ersten Todesfall kommt.
Der »Meister teuflischer Wendungen«, wie Seishi Yokomizo auch liebevoll genannt wird, hat einen sehr fesselnden Fall mit einem außergewöhnlichen Setting entworfen, die uns in eine unbekannte Welt mit befremdlichen Bräuchen und Traditionen entführt und uns zudem aufschlussreiche Einblicke in die alten Strukturen des japanischen Feudalismus gibt. Es entwickelt sich eine äußerst komplexe Handlung mit etlichen undurchsichtigen Akteuren und einigen höchst überraschenden Wendungen, die viel Raum zum eigenen Rätseln und Spekulieren lässt.
Der Autor hat mit seinem sympathischen Privatdetektiv Kosuke Kindaichi einen interessanten, authentisch wirkenden Protagonisten geschaffen. Auch wenn er sich bisweilen etwas ungeschickt anstellt und etwas unbedarft wirkt, sollte man seine gute Beobachtungsgabe und kriminalistischen Spürsinn nicht unterschätzen. Sein Ermittlungsstil hat mich oft an den des genialen Meisterdetektivs Hercule Poirot erinnert. Es macht großen Spaß, ihn bei seinen Befragungen und späteren Ermittlungen über die Schulter zu schauen und mitzuerleben, wie er dank beharrlicher Vorgehensweise, seiner akribischen Detailarbeit und cleverer Schlussfolgerungen den erschütternden Fall schließlich aufklären kann. Auch wenn für uns das Motiv und tragischen Hintergründe der Taten zunächst sehr befremdlich wirken, gelingt es dem Autor hervorragend, uns auch eingehende Einblicke in die Gedankenwelt und Sichtweise des Mörders zu geben, wodurch ihr persönliches Handeln und ihre bizarren Beweggründe offen gelegt werden. Dies trägt insgesamt dazu bei, die Tat aus ihrer Perspektive und im Hinblick auf die kulturellen Hintergründe besser nachvollziehen zu können.
ZUM HÖRBUCH:
Mit seiner angenehmen, gefühlvollen Stimme nimmt uns Schauspieler Denis Moschitto mühelos auf eine ungewöhnliche Zeitreise ins Japan der 1940er Jahre mit. Es gelingt ihm sehr gut, die befremdliche Atmosphäre und angespannte Stimmung auf der Insel einzufangen. Trotz der etwas antiquiert anmutenden Sprache und dem nüchternen, distanzierten Erzählstils schafft es Moschitto mit leichten Temposteigerungen und Stimmvariationen uns in die sich langsam entwickelnde Geschichte hinein zu ziehen, und die subtile Spannung schrittweise aufzubauen. Gekonnt versetzt er sich in die einzelnen Figuren hinein und schafft es, diese authentisch darzustellen, so dass sie vor unseren inneren Auge lebendig werden. Große Probleme hatte ich allerdings mit der Vielzahl an doch etwas gewöhnungsbedürftigen japanischen Namen und deren rasche Zuordnung im Handlungsverlauf.
Mit seiner eher zurückhaltenden Lesung unterstreicht Dennis Moschitto hervorragend die exotische Atmosphäre und den besonderen Charakter dieses tollen japanischen Krimiklassikers!

FAZIT
Eine spannende Fortsetzung der interessanten Krimiklassiker-Reihe aus Japan mit Kultstatus, der uns in faszinierende längst vergangene Zeiten entführt! Den sympathischen Privatermittler Kosuke Kindaichi sollte man unbedingt kennen lernen!

Bewertung vom 13.08.2023
Die Zeitreisende
Lemper, Ute

Die Zeitreisende


ausgezeichnet

*Beeindruckende Autobiografie*
Anlässlich ihres im Juli anstehenden 60. Geburtstags nimmt uns die international erfolgreiche Grande Dame des Chansons Ute Lemper in ihrer Autobiografie „Die Zeitreisende“ tatsächlich mit auf eine höchst spannende Reise „Zwischen Gestern und Morgen“ und beschert uns einen aufschlussreichen Blick auf ihr ereignisreiches Leben und ihre eindrucksvolle Karriere als eine gefeierte Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin mit einem beeindruckend umfangreichen Repertoire. Als Musicaldarstellerin, Showstar und Chanson-Interpretin genießt sie weltweit höchste Anerkennung.
Ute Lemper blickt zurück auf die vielen Stationen ihres künstlerischen und privaten Lebens, gewährt uns überraschend persönliche Einblicke auf die Höhen und Tiefen und erzählt über persönliche Glücksmomente, Enttäuschungen, Kummer und Sehnsüchte. Die vielfältigen Einblicke in ihre Erfahrungen und Bewältigung der Herausforderungen zeigen auf faszinierende Weise auf, wie sie zudem dank harter Arbeit, ihrem großen Talent und ungebrochenem Engagement zu der Ausnahmekünstlerin wurde, die sie heute ist. Hierbei spart sie auch einige traumatische Situationen in ihrem Leben nicht aus und lässt uns an zutiefst menschlichen, verletzlichen Aspekten teilhaben, die über das von den Medien über sie als Powerfrau und emanzipierte Femme Fatale portraitierten Glamourbildes hinausgehen und eher die Realität abbilden.
Die melancholisch-kraftvolle Stimme von Ute Lemper spiegelt sich auch in ihrem oft poetischen, variantenreichen und ausdrucksstarken Schreibstil. Mühelos konnte ich sie mir als sanft- verführerische Diva im Marlene Dietrich-Styling mit einem Glas in der Hand lasziv auf einem Barhocker sitzend vorstellen und zugleich in ihre Lebenserinnerungen eintauchen.
Die herausragende Ausnahme-Künstlerin spricht sehr offen und ungeschönt über die Anfänge ihrer Karriere in den 80er-Jahren, ihre großen und kleinen Erfolge, die Herausforderungen ihres Nomadenlebens, ihre spannenden künstlerischen Projekte aber auch herben Rückschläge im Laufe ihrer langen Karriere, während sie gleichzeitig ihre Rolle als Mutter von vier Kindern auszubalancieren hatte. Es ist aber auch ein faszinierender Blick zurück auf eine bewegte Zeitgeschichte mit bedeutsamen zeitgeschichtlichen Erlebnissen und politischen Geschehnissen, an die auch wir uns zurückerinnern können.
Spannend sind ihre Schilderungen über wichtige künstlerische Begegnungen und Zusammenarbeit mit vielen berühmten Künstler*innen aus verschiedensten Ländern und Kontinenten, bei denen sich oft neue kreative Richtungen und inspirative Projekte ergaben.
Besonders beeindruckend fand ich die eingefügten Passagen aus ihrer ersten Autobiografie „Unzensiert“, die im Jahre 1995 erschienen ist. Hier erleben wir eine faszinierende Gegenüberstellung von Vergangenheit und Gegenwart, die sich deutlich in Sprache und Emotionalität unterscheidet. Sehr aufschlussreich ist es, die damals so enthusiastischen und leidenschaftlichen Schilderungen zu Beginn ihrer Karriere zu lesen, über die Häme und ungnädigen, verletzenden Kritiken durch die deutsche Presse zu erfahren und kommentierend Lempers retrospektive, reife und deutlich abgeklärtere Sichtweise auf die Vergangenheit und Neubewertung der Geschehnisse und ersten Erfolge aber auch der Persönlichkeit ihres jüngeren Ichs mitzuerleben.
Im Laufe der fesselnden literarischen Zeitreise macht sie sich schließlich auch Gedanken über die Weltgeschichte und parallele historischen Ereignisse in einer sich immer schneller verändernden Welt.
Abgerundet wird die interessante Autobiografie im Mittelteil mit sehr stimmungsvoll zusammengestellten Fotografien der Künstlerin aus ihren vergangenen künstlerischen Schaffensphasen, die ihre Entwicklung so anschaulich dokumentieren.

FAZIT
Eine interessante literarische Reise durch das Leben einer beeindruckenden Künstlerin mit bewegter Vita und faszinierenden Persönlichkeit sowie ein eindrucksvolles Dokument unserer Zeitgeschichte.
Nicht nur für Ute Lemper Fans eine mitreißende Lektüre!

Bewertung vom 13.08.2023
Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2
Storm, Andreas

Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2


ausgezeichnet

*Spannender Krimi um einen politisch brisanten Kunstraub*
„Die Akte Madrid" des deutschen Autors Andreas Storm ist der zweite Band seiner neuen spannenden Raubkunst-Krimi-Reihe, in deren Mittelpunkt der Kunsthistoriker und Experte für Beutekunstforschung Lennard Lomberg steht.
Auch in der packenden Fortsetzung seiner Reihe mit interessanten kunsthistorischen Hintergrundinformationen ist es Storm erneut hervorragend gelungen, sorgsam recherchierte historische Fakten und Geschehnisse, politische Zusammenhänge sowie Biografien von historischen Persönlichkeiten mit seiner fiktiven Geschichte zu verweben. So bekommt man viele Zusatzinformationen, um auf eigene Faust weitere Themenbereiche zu recherchieren.
Wie der Autor ausführlich in den Anmerkungen im Anhang erläutert, basiert beispielsweise eine seiner Figuren zu großen Teilen auf dem realen Vorbild des ehemaligen BRD-Honorarkonsuls in Malaga und mutmaßlichen Mitglied der Gestapo Hans Hoffmann, der noch lange Zeit nach dem zweiten Weltkrieg enge Kontakte zu führenden deutschen Politikern pflegte.
Der vielschichtige Krimi ist in verschiedene, sich abwechselnde Handlungsstränge angelegt, die uns an diverse Schauplätze in Spanien, nach Bonn und Südfrankreich führen. Zugleich sind diese auf drei Zeitebenen angesiedelt; neben Rückblicken ins Jahr 1928 und in die 1940er Jahre spielt die Haupthandlung in der Gegenwart von 2016.
Im neuen Lomberg-Fall geht es um ein gestohlenes, während der Franco-Diktatur requiriertes und später verschollen geglaubtes surrealistisches Portraitgemälde, das Lomberg nun in geheimer Mission für den deutschen Verteidigungsminister aufspüren soll. Ein höchst brisanter Fall für ihn, lassen sich doch rasch unsägliche Verbindungen zur dunklen Vergangenheit von dessen Vater und seiner sorgsam vertuschten Rolle bei den brutalen Enteignungen von politischen Gegnern und Veräußerung von Kunstwerken während des Franco-Regimes herstellen. Vieles spricht dafür, dass das blutige Erbe des Vaters seine Karrierepläne gefährden könnte. Bei den Recherchen vor Ort in Granada wird Lomberg von seiner Lebensgefährtin Kriminalrätin Sina Röhm unterstützt. Mit Hilfe der „Akte Madrid“ decken sie politische Verstrickungen mit den Behörden der jungen Bundesrepublik auf, die auf Hinterzimmerkonspirationen zur Vertuschung von unliebsamen Wahrheiten sowie einer Unterstützung von Francos Unrechtsregime in Madrid hindeuten, und stechen damit in ein Wespennest. Doch neben den politischen Intrigen scheinen auch Lombergs persönliche Konflikte eine wichtige Rolle zu spielen.
Nach dem äußerst packend gestalteten Einstieg nimmt die komplexe, sehr raffiniert verwobene und wendungsreiche Handlung immer mehr an Fahrt auf. Gekonnt entführt Storm uns nicht nur in die faszinierende Welt der Kunstgeschichte, sondern gibt uns auch Einblicke in wichtige Hintergründe zu Kunstraubzügen in Spanien während der Franco-Diktatur, bei denen auch einige skrupellose Nazi-Schergen beteiligt waren, den grausamen Diktaturverbrechen an den politischen Gegnern, aber auch der erst spät einsetzenden Aufarbeitung der franquistischen Repression und ihrer zahllosen Opfer.
Die zahllosen Charaktere mit ihren Hintergrundgeschichten auf den unterschiedlichen Zeitebenen, immer neue aufgedeckte Puzzleteilchen und bedeutsame Details sorgen für viel Spannung und Abwechslung beim Miträtseln. Um den Überblick nicht zu verlieren, kann man die Übersichtskarten von Granada und Bonn mit den wichtigsten Schauplätzen auf der Innenseite der Umschlagklappen sowie das ausführliche Personenregister im Anhang zurate ziehen.
Storm ist es gelungen, seinen Protagonisten Leonard Lomberg mit seinen Ecken und Kanten vielschichtig und plastisch auszuarbeiten, so dass ich mich inzwischen recht gut in ihn hineinversetzen konnte. Auch die vielen Nebenfiguren sind interessant und facettenreich angelegt, so dass sie ausreichend lebendig wirken.
Nach der schlüssigen Aufklärung des Falls und dem verheißungsvollen Ausklang, bin ich schon sehr gespannt, welcher neue Fall Kunsthistoriker Lomberg in London warten wird.

FAZIT
Eine fesselnde, komplex angelegte Fortsetzung rund um einen politisch brisanten Kunstraub in Spanien – erneut hervorragend recherchiert, mit einer höchst unterhaltsamen Mischung aus Fiktion und Fakten und vielen überraschenden Wendungen!

Bewertung vom 06.08.2023
Die Erinnerungsfotografen
Hiiragi, Sanaka

Die Erinnerungsfotografen


ausgezeichnet

*Berührende, tiefsinnige Erzählung*
Für ihren originellen und wundervoll warmherzigen Roman „Die Erinnerungsfotografen“ hat die japanische Autorin Sanaka Hiiragi eine berührende und nachdenklich stimmende Geschichte ersonnen, die mich mit ihrer poetisch-mystischen Note und tiefgründigen Botschaft rasch gefangen genommen hat.
In drei sehr einfühlsam erzählten Episoden nimmt uns die Autorin an einen faszinierenden Ort, der eine Art Zwischenreich darstellt, in das man kurz nach dem irdischen Ableben übergangsweise gelangt, bevor man sich auf den endgültigen Weg ins Reich der Toden begibt. Hier haben die Verstorbenen die Möglichkeit, ihre kostbarsten Emotionen und glücklichsten Erinnerungen aufleben und so ihr Leben noch einmal Revue passieren zu lassen. Im Mittelpunkt steht der liebenswürdige Erinnerungsfotograf Hirasaki, der Verstorbene in seinem gemütlichen Fotoatelier willkommen heißt und ihnen dabei hilft, sich zu erinnern und Ungelöstes zu klären, um sich endgültig von der irdischen Welt verabschieden zu können. Mit Hilfe von für jedes Lebensjahr ausgewählten Fotos sollen die Gäste von Herrn Hirasaki bedeutungsvolle Stationen ihres Lebens in einer Art Kaleidoskop rekonstruieren und können so schließlich in Frieden ihre letzte Reise ins Jenseits antreten.
Der feinfühlige Schreibstil mit seiner Leichtigkeit und der richtigen Prise Humor lässt eine außergewöhnliche Atmosphäre mit viel japanischem Flair entstehen.
Ob nun die betagte Kindergärtnerin, das ermordete Yakuza-Mitglied oder das vernachlässigte Mädchen – mit feinen Strichen fängt die Autorin die Lebensschicksale und Persönlichkeiten dieser so unterschiedlichen Menschen ein und bringt uns ihre jeweilige Vorgeschichte eindringlich nahe. Der Autorin gelingt es hervorragend, uns aufschlussreiche Einblicke in die spirituellen Hintergründe der japanischen Kultur zu vermitteln und insbesondere den besonderen Umgang mit dem Tod in der japanischen Gesellschaft, der tief in Traditionen und religiösem Aberglauben verwurzelt ist, näher zu bringen.
Die beeindruckende Schlichtheit und die sorgsam durchdachte Inszenierung der tiefsinnigen Geschichte mit ihren subtilen Details und vielen Lebensweisheiten versprühen einen ganz einzigartigen Charme.
Nach einer überraschenden Wendung fügt sich am Ende alles zu einem logischen, stimmigen Ganzen zusammen. Der tröstliche Ausklang und die wundervolle Botschaft dieses recht kurzen, aber sehr bewegenden Werks über die Kunst des glücklichen Erinnerns konnten mich sehr begeistern.

FAZIT
Eine berührende, einfühlsam erzählte Geschichte über geglücktes Leben, die Schönheiten des Alltags und die friedvolle Reise ins Jenseits mit hochinteressanten Einblicken in die japanische Spiritualität und Kultur.
Für Liebhaber von eher leisen Geschichten sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 06.08.2023
Die Affäre Alaska Sanders
Dicker, Joël

Die Affäre Alaska Sanders


ausgezeichnet

*Ein fesselnder Page-Turner*
Mit seinem neuesten Roman „Die Affäre Alaska Sanders“ hat der Franko-Schweizer Bestsellerautor Joël Dicker erneut einen großartigen, hochkomplexen Kriminal- und Gesellschaftsroman verfasst, der mich trotz seines enormen Umfangs mit seinem packenden Plot und den lebensnah gezeichneten Charakteren außerordentlich fesseln konnte.
Im Mittelpunkt des ereignisreichen Romans steht ein 11 Jahre zurückliegender Kriminalfall um den brutalen Mord an der jungen Alaska Sanders 1999 in der Nähe der Kleinstadt Mount Pleasant in New Hampshire, der damals recht schnell aufgeklärt und die mutmaßlichen Täter ermittelt wurden. Der uns bereits von vorherigen Romanen bekannte Protagonist und Ich-Erzähler ist der inzwischen beruflich erfolgreiche Autor Marcus Goldman. Dieser wird von Sergeant Perry Gahalowood, seinem alten Bekannten aus dem Fall um seinen früheren Mentor und charismatischen Universitätsprofessor Harry Quebert und ehemals an den Mordermittlungen Involvierten, auf den Mordfall aufmerksam gemacht. Ein neuer anonymer Hinweis lässt nun erhebliche Zweifel an den damaligen Geschehnissen aufkommen, so dass die beiden beschließen, den alten Fall erneut aufzurollen. Rasch wird klar, dass bei der Affäre um die schöne Alaska Sanders nichts so ist, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint!
Es entspinnt sich eine äußerst verschachtelte, aber genial angelegte Handlung, bei der ein ständiger Wechsel zwischen unterschiedlichen Erzählperspektiven und den in Vergangenheit und Gegenwart angesiedelten Handlungssträngen erfolgt. Hierdurch erhalten wir einen facettenreichen Blick auf die Ereignisse und erfahren zudem in den clever eingebauten Rückblenden wichtige Fakten aus der Vergangenheit. Es bereitet großes Vergnügen in den immer rätselhafter werdenden Fall einzutauchen, die sympathischen Ermittler bei ihren Nachforschungen zu begleiten, Mitzurätseln und den wahren Ereignissen auf die Spur zu kommen. Zudem gibt es einen weiteren Handlungsstrang, in dem Marcus Goldman versucht, den verschwundenen Harry Quebert aufzuspüren. Ganz nebenbei werden zudem immer wieder Details aus Dickers genialem Erstling „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert" aufgegriffen.
Es ist bei der Vielzahl an Figuren, ihren sorgsam gehüteten Geheimnissen und immer neuen verdächtigen Details äußerst schwierig noch den Überblick zu behalten. Nach und nach lässt Dicker geschickt die vielen Fäden seiner zahllosen Handlungsstränge zusammenlaufen, deckt immer neue Intrigen und persönliche Verstrickungen auf. So manche heiße Spur erweist sich als Irrweg und offensichtlich Verdächtiges als geschickt platzierte falsche Fährte, so dass man bis kurz vor der überraschenden Auflösung des vielschichtigen Falls, der Enthüllung des wahren Täters und seiner Beweggründe, die uns schließlich in erschreckende Abgründe der menschlichen Psyche blicken lassen, weitgehend im Dunkeln bleibt.
Dicker ist es hervorragend gelungen, seine zwei außergewöhnlichen Hauptfiguren sehr vielschichtig und mit einigen Ecken und Kanten auszuarbeiten, Sie erhalten durch Rückblicke in ihre tragische Vergangenheit zusätzliche Tiefe und Glaubwürdigkeit. Auch die übrigen Nebenfiguren sind eine bunte Mischung an unterschiedlichsten Charakteren, die insgesamt nachvollziehbar geschildert sind.
Dicker ist es mit seinem mitreißenden Erzählstil, seiner komplexen Geschichte und etlichen Twists und Turns erneut gelungen, mich so zu fesseln, dass ich den Roman gar nicht mehr aus der Hand legen konnte, bis sich schließlich alle Puzzleteile zu einem schlüssigen Bild zusammengefügt hatten.

ZUM HÖRBUCH:
Mit dem Sprecher Torben Kessler wurde eine sehr gute Wahl getroffen. Mit seiner angenehmen, einfühlsamen Stimme versteht er es hervorragend, uns sofort in die fesselnde Geschichte hinein zu ziehen und an die unterschiedlichen Handlungsorte mitzunehmen. Mit leichten Temposteigerungen und Verändern der Sprechlautstärke sorgt er für Abwechslung, fängt unterschiedliche Stimmungen ein und lässt gekonnt Spannung aufkommen. Die Stimmen der unterschiedlichen Figuren differenziert er nur mit feinen Nuancen, wobei man dennoch stets den jeweils Sprechenden erkennt. Aufgrund der vielen, abwechselnden Handlungsstränge und unzähligen Figuren ist allerdings einer gewisse Disziplin und Aufmerksamkeit notwendig, um dieser komplexen und wendungsreichen Geschichte folgen zu können. Dennoch ein sehr mitreißendes und lohnendes Hörerlebnis!

FAZIT
Ein äußerst fesselnder und unterhaltsamer Page Turner - mit einem komplexen Kriminalfall und lebensnah gezeichneten Charakteren!

Bewertung vom 05.08.2023
Der Mordclub von Shaftesbury - Ein Herz und eine tote Seele / Penelope St. James ermittelt Bd.2 (eBook, ePUB)
Winston, Emily

Der Mordclub von Shaftesbury - Ein Herz und eine tote Seele / Penelope St. James ermittelt Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

*Charmanter Cosy Crime*
„Der Mordclub von Shaftesbury - Ein Herz und eine tote Seele” von der deutschen, unter dem Pseudonym Emily Winston scheibenden Autorin Angela Lautenschläger ist eine kurzweilige und amüsante Fortsetzung ihrer vielversprechenden Wohlfühlkrimi-Reihe „Penelope St. James ermittelt“, die in dem kleinen britischen Örtchen Shaftesbury angesiedelt ist.
Aufgrund der Bezeichnung MORDCLUB im Titel sollte man sich aber nicht in die Irre führen lassen! Es handelt sich hierbei nicht um eine Fortsetzung der Mrs Potts' Mordclub-Reihe von Robert Thorogood oder „Der Donnerstagsmordclub“-Reihe von Richard Osman.
Nachdem im Auftakt der neuen Reihe meiner Meinung nach der Kriminalfall etwas zu wenig im Vordergrund der Handlung stand, ist der Autorin mit dem zweiten Band ein toller humorvoller Cosy Crime gelungen, der mich mit einem fesselnden Mordfall zum Miträtseln bestens unterhalten hat.
Im Mittelpunkt des Krimis steht erneut die junge, quirlige Protagonistin Penelope St. James mit ihrer gehobenen Partnervermittlungsagentur, die schon bald erneut mithelfen soll, den brutalen Mord am Priester des verschlafenen Nests aufzuklären. Doch auch ein furchteinflößender Rabe und mysteriöse Diebstähle bei den Dorfbewohnern halten die junge Hobby-Ermittlerin auf Trab. Nur gut, dass ihre Nachforschungen tatkräftig von der teilweise sehr verschrobenen Dorfgemeinschaft unterstützt werden. Der witzige, abwechslungsreiche Erzählstil der Autorin lässt das Kopfkino rasch anspringen, so dass man mühelos in die turbulente Geschichte eintauchen kann und die verschiedenen Schauplätze des idyllischen Örtchens Shaftesbury schön vor Augen hat.
Die Autorin versteht es von Beginn an hervorragend, uns mit turbulenten Verwicklungen, netter britischer Wohlfühlatmosphäre und gelungener Situationskomik zu unterhalten. Etliche unerwartete Wendungen und geschickt gelegte falsche Fährten sorgen dafür, dass es an Spannung nicht mangelt und man nach Herzenslust miträtseln kann.
Besonderes Highlight sind wieder die vielen lebendig gezeichneten Bewohner von Shaftesbury, die die Handlung mit ihren liebenswerten bis verschrobenen Eigenheiten bereichern und mir inzwischen ans Herz gewachsen sind. Mit den sehr individuell ausgearbeiteten und lebendig gezeichneten Charakteren hat die Autorin eine wirklich abwechslungsreiche Mischung gefunden. Schön, dass auch die Beziehung von Penelope zum sympathischen, allein erziehenden Tierarzt Sam sich weiterentwickelt, und seine wundervolle 8-jährige Tochter Lilly so manchen grandiosen Auftritt hat.
Der unbedarften, manchmal im dörflichen Umfeld etwas deplatziert erscheinenden Penelope gelingt es mit ihrem Aktionismus, ihrer herzerfrischenden Art sowie der richtigen Portion Glück und Bauchgefühl aber schließlich erneut, den recht verwickelten Fall zu lösen. Beigetragen haben dabei natürlich auch zahlreiche Akteure aus der verschrobenen Dorfgemeinschaft.
Ich freue mich schon sehr auf ein Wiedersehen in Shaftesbury!

FAZIT
Eine sehr kurzweilige und recht fesselnde Fortsetzung der neuen Cosy Crime-Reihe rund um die sympathische Hobbyermittlerin Penelope und die nette verschrobene Dorfgemeinschaft von Shaftesbury!

Bewertung vom 05.08.2023
Die Schwabinger Morde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.2 (eBook, ePUB)
Aicher, Petra

Die Schwabinger Morde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

*Fesselnde Fortsetzung*
Mit „Fräulein Anna, Gerichtsmedizin - Die Schwabinger Morde“ setzt die Münchner Autorin Petra Aicher ihre vielversprechende historische Roman-Serie rund um die junge in der Münchener Gerichtsmedizin arbeitende Anna Zech aus einfachen Verhältnissen und den adeligen Skandalreporter Fritz von Weynand fort.
Angesiedelt ist der zweite Band vor dem historischen Hintergrund des gerade begonnenen Ersten Weltkriegs 1914. Es entspinnt sich erneut eine abwechslungsreiche und fesselnde Geschichte, die mich mit den vielschichtigen Nachforschungen der beiden sympathischen Protagonisten rund um das Auffinden eines toten Säuglings im Hinterhof mitten im Schwabinger Künstlerviertel sowie beeindruckendem Zeit- und Lokalkolorit schnell in ihren Bann gezogen hat.
Die Autorin nimmt uns mit auf eine lehrreiche Zeitreise in die bayerische Hauptstadt München und vermittelt mit ihren lebendigen Beschreibungen und den eindrucksvollen historischen Einblicken in das Alltagsleben und die Münchner Gesellschaft ein stimmiges Bild der damaligen Zeit. In den gut recherchierten zeitgeschichtlichen Rahmen hat sie nicht nur interessante historische Fakten eingestreut sondern lässt uns auch hautnah am bemerkenswerten Stimmungswechsel in der einst blühenden Metropole teilhaben. Nach anfänglichem Hurra-Patriotismus machen sich bereits die fatalen Auswirkungen des brutalen, erst wenige Wochen währenden Kriegs für die Bevölkerung bemerkbar.
Sehr anschaulich führt uns die Autorin auch die damaligen gesellschaftlichen Unterschiede zwischen den Adeligen und dem Rest der Bevölkerung sowie die allgegenwärtigen Doppelmoral vor Augen, und gewährt uns sehr aufschlussreiche und nachdenklich stimmende Einblicke in das oftmals ausweglose Leben der Frauen zu jener Zeit in einer von Männern dominierten Welt.
Dank des lebendigen, abwechslungsreichen Erzählstils können wir uns an der Seite der beiden sympathischen Protagonisten in die historische Vergangenheit abtauchen. Rasch werden hineingezogen in die spannenden Nachforschungen des inzwischen gut eingespielten Ermittlerduos und ihrer verzweifelten Suche nach der Mutter des toten Säuglings. Der fesselnde und sehr wendungsreiche Fall lädt zum Miträtseln ein und hält so manche falsche Fährten für uns bereit. So zieht die Spannung immer weiter an und gipfelt schließlich in einem packenden Showdown. Obwohl ich einige Hintergründe erahnt habe, konnte mich die stimmigen Auflösung am Ende dennoch überraschen.
Die vielschichtige Geschichte lebt aber vor allem von der interessanten Dynamik und den oftmals höchst amüsanten Schlagabtauschen zwischen den beiden so unterschiedlichen Protagonisten Anna und Fritz. Ihre verschiedenen Charaktere sind glaubwürdig und mit viel Liebe ausgearbeitet, so dass sie mit ihren Eigenarten sehr lebensnah wirken. Die junge Krankenschwester Anna Zech ist trotz ihrer einfachen Herkunft eine bemerkenswerte, sehr selbstbewusste Protagonistin, die als Obduktionsassistentin in der Münchner Gerichtsmedizin in ihrer ungewöhnlichen Arbeit richtig aufgeblüht ist. Doch auch der adlige Friedrich von Weynand, der seiner unglücklichen Ehe zu entfliehen versucht, und als proletarischer Journalist Fritz Nachtwey in München Skandalgeschichten für seine Zeitung schreibt, hat im Laufe der Handlung neue interessante Facetten hinzugewonnen und lässt neben seiner unnahbaren, flapsigen und oft zynischen Art auch seine Verletzlichkeiten und liebenswerten Seiten erkennen.
Ihre charakterliche Weiterentwicklung ist zudem sehr authentisch gezeichnet, und die beiden ergänzen sich bei ihren gemeinsamen Ermittlungen hervorragend. Sie verbindet inzwischen eine tiefe, von Respekt und Zuneigung geprägte Freundschaft, aus der sich durchaus auch noch mehr entwickeln könnte. Ich bin sehr gespannt, wie es mit ihnen weitergehen wird.

FAZIT
Eine gelungene Fortsetzung der unterhaltsamen historischen Romanreihe - mit einem fesselnden und höchst verzwickten Kriminalfall, sehr sympathischen Charakteren, tollem historischen Flair und viel Münchner Lokalkolorit!

Bewertung vom 30.07.2023
Das Restaurant der verlorenen Rezepte / Die Food Detectives von Kyoto Bd.1
Kashiwai, Hisashi

Das Restaurant der verlorenen Rezepte / Die Food Detectives von Kyoto Bd.1


sehr gut

*Kulinarisches Wohlfühlbuch*
In seinem kurzweiligen und wundervoll warmherzigen Roman „Das Restaurant der verlorenen Rezepte“ entführt uns der japanische Autor Hisashi Kashiwai in die faszinierende Welt der japanischen Kulinarik und Kultur.
In sechs sehr einfühlsam und berührend erzählten Kurzgeschichten zeigt Kashiwai den hohen Stellenwert von Essen in unserem Leben auf. Facettenreich beleuchtet er die komplexe Beziehung zwischen Essen und unseren wertvollsten Erinnerungen an uns nahestehenden Menschen sowie die damit verbundenen nostalgischen Sentimentalitäten.
Aufgrund des großen Erfolgs in Japan sind inzwischen zwei weitere Bände dieser charmanten, herzerwärmenden Wohlfühl-Bestsellerreihe erschienen.
Im Mittelpunkt der unterschiedlichen Episoden, die allesamt gleich einem Ritual nach einem ähnlichen Muster ablaufen und in sich abgeschlossen sind, stehen die sympathischen Protagonisten Nagare Kamogawa und seine zwanzigjährige Tochter Koishi. Gemeinsam betreiben die beiden ein einzigartiges, sehr unscheinbares kleines Restaurant mit höchst raffinierten, traditionellen Gerichten in Kyoto. Dem Kamogawa-Café ist zugleich ein Detektei-Büro angeschlossen, das bestimmten Restaurantbesuchern einen speziellen Service anbietet und dabei helfen soll, in Vergessenheit geratene Rezepte wieder aufzuspüren und zugleich über die wiederbelebten Geschmackserlebnisse verlorene persönliche Erinnerungen und Emotionen zurückzubringen. Ob nun die geliebte Nudelsuppe der verstorbenen Ehefrau oder das Makrelen-Sushi aus der Kindheit - durch den detektivischen Spürsinn, sorgfältige Nachforschungen und besonderer Hingabe sind sie auch bei höchst diffizilen Fällen in der Lage, die Gerichte aus der Vergangenheit des Kunden nach zu kochen, die vergessenen Erinnerungen freizulegen und ihnen dabei zu helfen, sich mit der Vergangenheit zu versöhnen sowie Glück und Zufriedenheit in der Gegenwart zu finden. Die Charakterisierung der verschiedenen Persönlichkeiten der Gäste mit all ihren Geheimnissen, Ecken und Kanten ist dem Autor gut gelungen, so dass es spannend ist, nach und nach ihre individuelle Vorgeschichten zu ergründen.
Mit seinem stimmungsvollen, feinfühligen Schreibstil, der eine charmante Leichtigkeit vermittelt, gelingt es dem Autor hervorragend, das japanische Flair heraufzubeschwören und eine unnachahmliche Atmosphäre entstehen zu lassen. Es bereitet sehr viel Spaß, den Protagonisten bei der Zubereitung ihrer kulinarischen Genüsse über die Schulter zu blicken und aufschlussreiche Einblicke in die exotischen Zutaten und Besonderheiten der japanischen Küche zu erhalten. So wird je Episode zu einem unvergesslichen kulinarischen Erlebnis und macht Lust auf japanische Gaumenfreuden!
Trotz berührender Momente und vieler Lebensweisheiten, die zum Nachdenken anregen, hätte ich mir insgesamt etwas mehr Tiefgang und eine gewisse Raffinesse bei den Geschichten gewünscht.

FAZIT
Ein unterhaltsames „Wohlfühlbuch“ voller japanischem Flair - mit liebenswerten Charakteren und berührende, einfühlsam erzählte Geschichten über die Bedeutung von köstlichem Essen und kostbaren Erinnerungen!
Ein kulinarischer und literarischer Genuss für Japan Liebhaber und alle, die es noch werden wollen!

Bewertung vom 30.07.2023
Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie / Die Dresden Reihe Bd.1
Stern, Anne

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie / Die Dresden Reihe Bd.1


sehr gut

*Interessanter Auftakt einer neuen historischen Saga*
Der historische Roman „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ ist der viel versprechende Auftakt eines neuen groß angelegten Epos aus der Feder der deutschen Bestsellerautorin Anne Stern, die vielen durch die historische Hebammen-Erfolgsreihe rund um die Berliner Hebamme Hulda Gold ein Begriff sein wird.
In ihrer neuen abwechslungsreichen Saga widmet sich die Autorin der wechselvollen Geschichte der weltberühmten Semperoper in Dresden. Im Mittelpunkt der Handlung, die im Dresden um 1841 angesiedelt ist, steht die junge, charakterstarke Protagonistin Elise Spielmann, die davon träumt, eine gefeierte Violinistin zu werden. Es ist eine Geschichte voller Leidenschaft, Dramatik und historischer Fakten, die den Leser von der ersten Seite an in ihren Bann zieht.
Die äußerst faszinierende Ausgangskonstellation hat mich auf Anhieb angesprochen, denn wer möchte sich nicht von der Magie der Musik und berührenden Schicksalen vor und hinter den Kulissen des Opernhauses verzaubern lassen und ein Fest der Sinne erleben.
Durch Sterns lebendigen, bildhaften Schreibstil gelingt es, uns mühelos auf eine Reise in eine längst vergangene Zeit entführen zu lassen. Rasch tauchen wir in die historische Vergangenheit Dresdens Mitte des 19. Jahrhunderts ein und lernen eine von gesellschaftlichen Konventionen geprägte Welt kennen, in der es für Frauen noch kaum möglich ist ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Auch die damalige Welt von Theater, Oper und Musik ist sehr anschaulich eingefangen und kenntnisreich in die fesselnde Handlung eingeflochten. Gekonnt inszeniert die Autorin die faszinierende Opernwelt und den Alltag am königlichen Hoftheater mit all seinen Intrigen und Machtspielen als Spiegelbild der damaligen Gesellschaft, die sich voller Gegensätze und Abgründe präsentiert.
Man spürt deutlich, dass Stern für ihren Roman umfangreiche Recherchen angestellt hat und so ist es ihr hervorragend gelungen, mit den vielen historischen Details nicht nur ein authentisches und spannendes Zeitbild zu zeichnen, sondern auch das damalige Dresden zum Leben zu erwecken.
Hautnah erleben wir vor der zeitgeschichtlichen Kulisse die unterschiedlichen Charaktere mit ihren Problemen und Tragödien, ihren Ängsten und Sehnsüchten und verfolgen gebannt ihr Schicksal. Die Figuren sind allesamt detailliert und vielschichtig angelegt, so dass sie sehr lebensnah und stimmig wirken.
Sehr gut gefallen hat mir vor allem die sympathische, sehr aufgeweckte Protagonistin Elise Spielmann, die schwierige Entscheidungen zu treffen hat - für ihre heimliche Liebe zu dem mittellosen, talentierten Malergehilfen Christian Hildebrand, die gegen alle Konventionen verstößt, oder für eine traditionell arrangierte Ehe mit einem deutlich älteren, wenig sympathischen Mann und seiner unheilvollen, geheim gehaltenen Vergangenheit. Wird es ihr entgegen aller Widerstände gelingen, ihrer großen Leidenschaft für die Musik nachzugehen und sich als Violinistin feiern zu lassen? Leider fehlte der Handlung im Mittelteil für meinen Geschmack etwas die Spannung und Dynamik.
Nach dem etwas abrupten, wenig überraschenden Ausklang darf man sehr gespannt sein, wie sich die Geschichte für die beiden in der Fortsetzung insbesondere angesichts der heraufziehenden politischen Veränderungen weiterentwickeln wird.

FAZIT
Ein gelungener Auftakt einer neuen historischen Saga rund um die Semperoper - mit einer stimmigen Mischung aus Liebesgeschichte, faszinierenden Einblicken in eine Welt voller Dramatik, Leidenschaft und Musikalität und viel historischem Flair! Eine fesselnde Zeitreise ins Dresden Mitte des 19. Jahrhunderts!

Bewertung vom 30.07.2023
In Schweden stirbt es sich am schönsten
Motte, Anders de la;Nilsson, Måns

In Schweden stirbt es sich am schönsten


ausgezeichnet

*Spannende Fortsetzung des herrlich skurrilen schwedischen Wohlfühlkrimis*
Nach dem vielversprechenden Auftakt der neuen Cosy Crime-Reihe *Die Österlen-Morde* hat der schwedische Bestseller-Autor Anders de la Motte gemeinsam mit Komiker und Moderator Måns Nilsson mit dem zweiten Band „In Schweden stirbt es sich am schönsten“ eine höchst gelungene Fortsetzung nachgelegt, die mich bestens unterhalten konnte.
Angesiedelt ist auch der neue Fall, der uns in die faszinierende Welt der Antiquitäten, Trödelmärkte und so mancher finsteren Machenschaften rund um echte Raritäten entführt, in der malerischen Provinz-Region Österlen im schönen südlichen Schweden. Der dreiste Mord an einem sehr unbeliebten Antiquitätenhändler mitten auf einem Trödelmarkt in Gegenwart von hunderten Menschen und dazu das Rätsel um das gleichzeitige Verschwinden einer wertvollen chinesischen Antiquität stellt die 28-jährige Kommissarin Tove Esping von der lokalen Polizei vor große Herausforderungen, bei denen sie ihre Fähigkeiten endlich gerne unter Beweis stellen möchte. Doch zu ihrem großen Verdruss muss sie erneut gemeinsam mit dem 49-jährigen bekannten Mord-Ermittler aus Stockholm Peter Vinston ermitteln, der immer noch in Österlen seinem Erholungsurlaub macht. So muss sich das ungleiche Ermittler-Team wieder zusammenraufen, um diesen recht verzwickten und äußerst wendungsreichen Fall schließlich aufzuklären.
Dieser Krimi kann nicht nur mit seinen leicht verschrobenen, aber sehr liebenswerten Charakteren, viel Humor und gelungener Situationskomik punkten, sondern sorgt mit seinen spannenden, komplexen Ermittlungen zum verzwickten Mordfall für viel Stoff zum Mitraten und Spekulieren. Das schwedische Autorenduo hat sich wirklich eine fesselnde Handlung ausgedacht, die uns mit gut platzierten falschen Fährten, etlichen Verdächtigen mit nachvollziehbaren Motiven und überraschenden Twists auf Trab hält, und zieht den Spannungsbogen bis zum großen Finale immer weiter an. Ganz in klassischer Tradition wird die schlüssige Auflösung des Falls vor allen versammelten Beteiligten und großem Publikum höchst spektakulär präsentiert. Auch wenn ich einige Zusammenhänge und Hintergründe der Tat bereits erahnte, war einiges schließlich auch für mich eine Überraschung.
Das Autorenduo hat die beiden sympathischen Hauptfiguren Peter Vinston und Tove Esping mit ihren besonderen Eigenarten mit viel Liebe zum Detail angelegt, so dass sie trotz ihrer liebenswerten Marotten überaus lebendig und facettenreich sind. Auch die gelegentlichen Einblicke in ihr Privatleben sind geschickt in die Handlung eingewoben. Insbesondere der liebenswürdige, etwas steife Vinston mit seinen schrulligen Kleidungsgewohnheiten, seiner Überkorrektheit und witzigen Tierphobie sorgt immer wieder für nette Schmunzelmomente. Es bereitet zudem großen Spaß, dem ungleichen Ermittler-Duo Vinston und Esping bei ihrer unfreiwilligen Zusammenarbeit über die Schulter zu schauen sowie ihre Animositäten und vielen subtilen Stichelleien mitzuerleben. Obwohl diese eigenwilligen und völlig unterschiedlichen Charaktere sich immer noch aneinander aufreiben, entwickelt sich ihre Beziehung zueinander doch allmählich weiter und zeigt schließlich auch Spuren von gegenseitiger Zuneigung und Respekt.
Daneben gibt es natürlich auch zahlreiche interessante Nebenfiguren, die allesamt gelungen und glaubwürdig ausgearbeitet sind und für Abwechslung sorgen.
Ich bin gespannt, ob es für die beiden einen weiteren gemeinsamen Fall geben wird und freue mich schon sehr auf eine Fortsetzung dieser herrlich skurrilen Cosy Crime-Reihe.
FAZIT
Ein spannender und humorvoller Wohlfühlkrimi mit wundervoll verschrobenen Charakteren, tollem schwedischen Flair und einem kniffligen, sehr undurchschaubaren Fall zum Miträtseln!
Ein äußerst unterhaltsames und natürlich unblutiges Lesevergnügen, das eine perfekte Urlaubslektüre ist!