Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
eiger
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 277 Bewertungen
Bewertung vom 02.04.2022
Ostfriesischer Hass. Ostfrieslandkrimi
Kriminalinski, Andreas

Ostfriesischer Hass. Ostfrieslandkrimi


ausgezeichnet

Ein Boßelwettkampf ist angesagt. Dabei wird eine Holz- oder Gummikugel mit einem Durchmesser von ca. 9 bis 12 cm Durchmesser verwendet. Diese wird mit viel Schwung über die Straße gerollt. Beim klassischen Boßeln spielen zwei Mannschaften. Doch das Turnier zwischen der ostfriesischen Mannschaft aus Pewsum, einer Versicherungsagentur, und den Oldenburger wird nie stattfinden.

„Am Morgen des Wettkampftages wird Johann Hagena, der Kapitän der ostfriesischen Mannschaft, der als ihr bester Werfer Garant für den Sieg ist, in Pewsum erschlagen aufgefunden. Die Tatwaffe ist eine blutverschmierte Boßelkugel. Und die Brutalität der Tat lässt darauf schließen, dass sich lange aufgestauter Hass entladen hat.“ (aus der Inhaltsangebe des Verlages)

Es ist der schon 6. Fall für die Krummhörn Cops, die beiden so unterschiedlichen Polizisten. Der eine, Petersen, ein Ex- V-Mann aus dem Hamburger Milieu und der andere Morthorst, ordentlich bis zur Pedanterie, belesen und gewissenhaft . Mittlerweile haben sie sich zusammen gerauft und bilden ein gutes Team, weil jeder die Stärken des anderen zu schätzen weiß.

Bald stellt heraus, dass Johannes Hagena nicht sonderlich beliebt war und viele Feinde hatte, bei Kollegen und Kunden. Einen Hinweis auf seinen Mörder finden die Ermittler sofort. Auf dem Boden ist noch ein mit Blut gemaltes »F« zu sehen, mit dem der Tote anscheinend noch einen Hinweis auf den Täter geben wollte. Bei den Verdächtigen gibt es so einige Namen, die ein „F“ enthalten, doch die Arbeit der Polizisten wird nicht unbedingt erleichtert.

Der Schreibstil von Andreas Kriminalinski ist flüssig und liest sich ausgezeichnet. Ich konnte mir alle beschriebenen Charaktere sehr gut vorstellen und war immer wieder überrascht von der aktuellen Entwicklung des Falls oder um genauer zu sein – der Fälle.
Schließlich ermittelt Oma Schwidden parallel in einem eigenen Fall – Struppi, der Hund einer Bekannten, ist spurlos verschwunden. Deshalb greift Oma Schwidden auf bewährte Methoden zurück und ruft eine Sonderkommission ins Leben. So wird der neue Krimi mit viel Humor bereichert.

Die Überraschung ist groß, als es am Ende sogar zu einer Überschneidung mit dem gelösten Mordfall kommt.
Die Ermittlungen und zahlreichen Spuren werden gekonnt zu einem spannenden und völlig unerwarteten Finale geführt. Es passt alles zusammen. Die Lösung des Falls ist in sich schlüssig und nachvollziehbar.

Fazit:
Ein gelungener Krimi mit viel Lokalkolorit, der von Beginn an unterhält und mit vielen unerwarteten Wendungen punkten kann. „Ostfriesischer Hass“ ist Lesevergnügen pur. Spannend und unterhaltsam – deshalb vergebe ich gern 5 Sterne und empfehle das Buch allen Freunden von guten Ostfrieslandkrimis.

Bewertung vom 13.03.2022
Odenwald - HeimatMomente
Lohs, Cornelia

Odenwald - HeimatMomente


ausgezeichnet

Der Reiseführer „Odenwald – 50 Mikroabenteuer zum Entdecken und Genießen“ von Cornelia Lohs, erschienen bei 306°, ist kompakt, handlich und bietet einen guten Überblick über den Odenwald. Das Format ist "handtaschen-kompatibel".

Er stellt den Odenwald anhand von 5 Regionen mit Karten in 50 kleinen bebilderten Beschreibungen, hier Mikroabenteuer genannt, vor. Dabei beschreibt die Autorin jeweils alles Wissenswerte zu Natur, Geschichte und Kultur. Außerdem gibt es nicht nur eine genaue Lagebeschreibung, sondern auch konkrete Hinweise zur Anreise mit dem Auto und mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die vorgestellten Orte und Sehenswürdigkeiten sind vielfältig und abwechslungsreich. Man wird neugierig den Spuren zu folgen und eigene Entdeckungen zu machen.
Außerdem gibt es Empfehlungen zu den Top Ten Sehenswürdigkeiten des Odenwaldes und am Ende sogar ein kleines Wörterbuch, um sprachliche Besonderheiten zu verstehen.

Fazit.:
Der Reiseführer ist gut verständlich und vermittelt einen soliden Gesamtüberblick zu Landschaft, Kultur und Geschichte des Odenwalds. Die praktische Karten im Buch erleichtern die Orientierung.
Aus meiner Sicht ist dieser handliche und gut strukturierte Reiseführer mit einem optimalen Bild-Text-Verhältnis unbedingt zu empfehlen.

Bewertung vom 11.03.2022
Auricher Geheimnisse. Ostfrieslandkrimi
Windebruch, Martin

Auricher Geheimnisse. Ostfrieslandkrimi


ausgezeichnet

„Auricher Geheimnisse“ von Martin Windebruch ist der zweite Fall für das Ermittlerteam Wiebke Jacobs und Dr. Evert Brookmer, die beide aus Aurich stammen, beruflich aber unterschiedliche Wege gegangen sind, bevor sie beide wieder im örtlichen Polizeidienst tätig werden.

Im Naturschutzgebiet am Ewigen Meer, was aber kein Meer, sondern der größte Hochmoorsee Deutschlands ist, entdeckt der Cockerspaniel einer Urlauberin einen Toten. Es ist der 42 Jahre alte Beamte Christopher Cornelius, der bei der Unteren Naturschutzbehörde in Aurich tätig war. Da Geld und Portemonnaie vorhanden sind, kann ein Raubmord schnell ausgeschlossen werden.

Doch die Suche nach Motiv und Täter gestaltet sich zäh, was auch ein wenig auf den Krimi abfärbt. Die Ermittler konzentrieren sich auf das berufliche Umfeld des Opfers, da sein Privatleben unauffällig und kaum vorhanden war.

So müssen Wiebe und Evert zunächst auf der Dienststelle untersuchen, für welch Projekte der Beamte zuständig war. Bald wird klar besonders beliebt war er weder bei Kollegen noch bei Bürgern. Überall stoßen die Ermittler auf Probleme. Der Bürgerverein der Neubausiedlung Radbod-Land möchte den Bau von Windrädern verhindern. Der Landwirt Claus Fennen, der immer wieder Abfall illegal entsorgte, hatte Anzeigen von der Naturschutzbehörde erhalten und Frau Mommsen von der Naturschutzstiftung Ewiges Meer e. V. wollte den Naturpark erweitern und war schon in einen sehr heftigen Streit mit ihm geraten. Der Letzte, der Christopher Cornelius bei einem Termin lebend gesehen hat, ist der Geschäftsmann Ubbo Beninga. Doch er ist seit Tagen spurlos verschwunden.

Martin Windebruch erzählt eine vielschichtige und komplexe Geschichte, die interessante Einsichten in die Konflikte zwischen der Bewahrung von Natur und wirtschaftlichen Interessen ermöglicht. Dabei arbeiten Wiebke und Evert als Team richtig gut zusammen und ergänzen sich. Insbesondere die bodenständige Wiebke ist mit ihrem Wissen um ihre ostfriesische Heimat sehr sympathisch. Auch Evert, der in dem Labrador Retriever Fiete einen treuen und anhänglichen Freund gewonnen hat, kann mit Sach- und Menschenkenntnis überzeugen.
So gelingt es dem Team die beiden Mordfälle, die in einem Zusammenhang stehen, schlüssig und nachvollziehbar aufzuklären. Nicht zuletzt dank eines Gedankens von Oma Tieske, die die Polizisten seit Kinderzeiten nicht nur mit Kaffee und Süßigkeiten aus ihrem Kiosk versorgt, sondern auch ein ausgezeichnetes Gedächtnis für Menschen hat.

Die Kriminalgeschichte ist gut durchdacht und in sich schlüssig gelöst. Die Personen sind authentisch und ihre Handlungsweisen nachvollziehbar. Der Schreibstil liest sich sehr gut.

Fazit:
Ein interessanter Krimi mit viel Lokalkolorit, der viele Verdächtige vorweist und mit einigen unerwarteten Wendungen punkten kann. Spannend und überraschend trotz einiger etwas zäher Ermittlungen am Beginn – deshalb vergebe ich gern 4 Sterne und empfehle das Buch allen Freunden von guten Ostfrieslandkrimis.

Bewertung vom 20.02.2022
Tage der Entscheidung / Palais Heiligendamm Bd.3 (eBook, ePUB)
Grünig, Michaela

Tage der Entscheidung / Palais Heiligendamm Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Auch der dritte Teil der opulenten Familiensage um die Hoteliersfamilie Kuhlmann von Michaela Grünig fügt sich perfekt die Geschichte ein. Er schildert die ereignisreiche Zeit von 1933 bis 1939 vor Kriegsausbruch. Es sind jene Jahre des Beginns der Nazidiktatur als die Demokratie abgeschafft wurde, Andersdenkende, Homosexuelle und Juden rücksichtslos verfolgt wurden und die Propagandamaschinerie auf Höchsttouren lief.

Auch in Bad Doberan und im Palais Heiligendamm sind die Auswirkungen sicht- und spürbar. Michaela Grünig versteht es ausgezeichnet Geschichte lebendig und erlebbar zu erzählen. Ihr Personenspektrum bildet ein illustres Bild der verschiedenen politischen Richtungen und Strömungen jener Zeit. Durch die Einbeziehung von vielen Nebenfiguren und –handlungen wird das Historienbild komplex und vielfältig.

Im Mittelpunkt des dritten Bandes steht mit Julia die dritte Generation der Familie Kuhlmann. Sie bricht die Schule ab, nachdem sie erlebt wie ihre beste Freundin Ava als Jüdin in der Schule ständig an den Pranger gestellt wird. Nein, die Nazi-Ideologie ist für Julia unerträglich. Die Lehre im Hotel bereitet ihr Freude und ähnlich wie ihre Mutter Elisabeth hat sie ein Händchen für das Hotelgewerbe. Sie ist sich für keine Arbeit zu schade und kann auch mit den Gästen gut umgehen. Aus Julia ist eine sympathische junge Frau geworden, die auch manchen Männern auffällt. So ist es nicht erstaunlich, dass sie schon bald zwischen zwei Verehrern steht. Im Gefolge eines Besuchs von Goebbels mit seiner Entourage lernt sie den charismatischen Abenteurer Hugo Lessing kennen, von dem man als Leser auch nie so genau weiß, wie er wirklich denkt. Einerseits gibt er den linientreuen Nazi, andererseits riskiert er viel, als er persönlich die Jüdin Ava über die Grenze nach Frankreich bringt. Julias anderer Verehrer ist der Hamburger Jurist Fabian von Schlenzdorf, der im Widerstand tätig ist und für mich vielleicht etwas zu blass geraten ist.

Um das Zeitgeschehen komplex widerzuspiegeln erzählt Michaela Grünig auch von weiteren Mitgliedern der Familie aus anderen Perspektiven. Zum einen ist es Julias Onkel Paul, der sich als Persönlichkeit in diesem Band enorm entwickelt hat. Seine Tätigkeit im Propagandaministerium in Berlin verschafft dem Leser tiefe Einblicke in das Innere des Naziregimes. Nein, Paul verfällt nicht diesen Lügen und Halbwahrheiten – im Gegenteil distanziert er sich immer mehr davon. Er wächst über sich hinaus, als ihm unverhofft seine alte Liebe Robert als Gefangener der Nazis begegnet und er alles riskiert um ihn und einen weiteren Gefangenen zu befreien.
Luise die berühmte Schauspielerin und Julias Tante scheint endlich ihr privates Glück mit dem Unternehmer Willy Darboven gefunden zu haben. Doch es ist ihr nicht vergönnt es zu genießen, denn Willy, der einem Wirtschaftsverbrechen auf die Spur gekommen ist, verschwindet spurlos. Sein wertvollstes Gemälde entdeckt Luise auf Görings Anwesen Carin Hall. Da erinnert sich Luise an seine Worte, wenn das Bild jemals woanders ist, gibt es mich nicht mehr. Dieser Weckruf macht aus Luise eine andere. Findet sie den Weg in den Widerstand?
Es ist nicht die einzige Frage, die offen bleibt. Michaela Grünigs Roman zeigt so viele Facetten und Schicksale, dass man als Leser gern mehr erfahren möchte. Was wird aus Elisabeths Bruder Friedrich, dessen Frau Margot leitend in einem Institut für Rassenhygiene tätig ist. Wird Minna, die in Paris lebt, jemals ihren Mann Albert, der in die Sowjetunion ging wiedersehen? Gelingt Julius, Elisabeth und Oskar ein Neuanfang in Amerika? Wie geht es mit Julia, Paul und dem Palais Heiligendamm weiter?

Fazit:
Mit dem Roman hat die Autorin eine gelungene Fortsetzung großen Familiensaga gestaltet. Die dargestellten Personen sind authentisch und ihre Persönlichkeiten mit differenziert ausgearbeitet. Verschiedene Handlungsstränge werden geschickt miteinander verknüpft. Alles ist in einem flüssigen Tempo sehr gut erzählt. Die

Bewertung vom 19.02.2022
Der Tote mit der Teetasse. Ostfrieslandkrimi
Bekker, Alfred

Der Tote mit der Teetasse. Ostfrieslandkrimi


ausgezeichnet

„Am Tatort im ostfriesischen Wybelsum bietet sich Kommissar Steen ein obskures Bild. Offenbar wurde Cornelius Grootmann beim Teetrinken überraschend erschossen, die Tasse baumelt noch an seinem Finger.“ (aus der Inhaltsangabe des Verlages)

Ein solch bizarrer Tatort überrascht selbst Kommissar Steen bei seinem 12. Fall. Der Tote ist in der Gegend kein Unbekannter – Cornelius Grootmann war ein erfolgreicher Immobilienunternehmer, für manche eher ein Immobilienhai und nicht sonderlich beliebt. Auch bei seiner Familie war er nicht unumstritten. Überhaupt die familiären Verhältnisse sind für Kommissar Steen und seine Kollegen die erste Herausforderung. Es gibt eine Exfrau, die im Koma liegende Frau und Kinder mit Partnern aus beiden Ehen. Das Testament wurde mehrfach geändert und an jenem Nachmittag wurde die aktuelle Neufassung, die mehr als eine Überraschung enthielt, der Familie verkündet.

Tatmotive und Verdächtige gibt es zur Genüge, doch eine heiße Spur ist lange nicht in Sicht. Erzählt wird eine komplexe und phantasievolle Geschichte mit Liebe zum Detail. Die Tatwaffe, die im Besitz des Toten war, und mit der er auch erschossen wurde, erweist sich bald als entscheidender Fund, um den Fall aufzuklären. Dabei stoßen Kommissar Steen und seine Kollegen auf einen ungeklärten Mordfall der Vergangenheit und der Schlüssel zur Lösung scheint gefunden. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn unerwartete Wendungen geben den Ermittlungen wieder eine neue Richtung. Hier helfen Kommissar Steen seine Menschenkenntnis und seine schier unendliche Geduld weiter. Aber auch seine Kollegen tragen dazu bei einzelne Puzzlestückchen des Falls zu finden.

Die Lösung ist in sich absolut stimmig und schlüssig. Die Personen sind authentisch und ihre Handlungsweisen nachvollziehbar. Der flotte Schreibstil liest sich ausgezeichnet.

Fazit:
Ein kurzweiliger Krimi mit viel Humor und Lokalkolorit, der von Beginn an unterhält und mit einigen unerwarteten Wendungen punkten kann. „Der Tote mit der Teetasse“ ist gelungen und Lesevergnügen pur. Spannend und unterhaltsam – deshalb vergebe ich gern 5 Sterne und empfehle das Buch allen Freunden von guten Ostfrieslandkrimis.

Bewertung vom 06.02.2022
Ein Leben für die Freiheit der Frauen / Die Hafenärztin Bd.1
Engel, Henrike

Ein Leben für die Freiheit der Frauen / Die Hafenärztin Bd.1


ausgezeichnet

Henrike Engels Roman „Die Hafenärztin. Ein Leben für die Freiheit der Frauen“ ist der dramatische Auftakt einer spannungsreichen Serie um die Ärztin Anne. Im ersten Band trifft sie an einem frühen Morgen des 2. Januars 1910 mit dem Schiff aus London in ihrer Geburtsstadt Hamburg ein. „Sie kam nicht aus freien Stücken.“ (Henrike Engel) Ein Geheimnis umgibt die Ärztin von Beginn an, das aber im Verlauf des Romans kaum gelüftet wird.

1910 leben in den Elendsquartieren der Hansestadt Zehntausende Menschen auf engstem Raum, wegen der hohen Mieten und des geringen Angebots häufig mehrere Familien in einer Wohnung. Ein Drittel der Einwohner lebt in den fast mittelalterlichen Gängevierteln am Hafen, unter katastrophalen hygienischen und sozialen Bedingungen. Hier herrscht Prostitution, ist Kleinkriminalität wie zum Beispiel Lebensmittel- und Kohlendiebstahl alltäglich.

„Als eine der ersten Ärztinnen Deutschlands hat Anne gerade ein Frauenhaus eröffnet. Ihre Mission ist es, Frauen zu helfen, denen Leid zugefügt wurde. Als die couragierte Pastorentochter Helene bei ihr auftaucht und mitarbeiten will, unterstützt Anne die junge Frau in ihrem Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun.“ (aus der Inhaltsangabe des Verlages).

Zwei Leichen von jungen Frauen werden entdeckt, die offensichtlich Kontakt zu der sozialen Einrichtung von Anne hatten. Es beginnt eine spannende Geschichte, die den Leser schnell fesselt. Wer waren die beiden Opfer, die professionell hingerichtet wurden? Warum mussten sie sterben?

Mit dem fussballbegeisterten Kommissar Berthold Rheydt betritt ein weiterer sympathischer Protagonist das Geschehen. Er ermittelt akribisch und steht neuen Methoden und Verfahren aufgeschlossen gegenüber. So ist es nicht verwunderlich, dass er bald interessante Spuren findet, die aber nicht jedem genehm sind. Dennoch hat er die Unterstützung seiner Vorgesetzten und findet aufschlussreiche Verbindungen zu den kolonialen Aktivitäten jener Zeit.

Henrike Engel gelingt es den Leser mitzunehmen und ihn tief eintauchen zu lassen in die Salons progressiver Bürger, das scheinbar gutbürgerliche Pfarrhaus von Helenes Eltern und immer wieder in die dunklen Gassen des Gängeviertels am Hafen. Hier wird anhand von Schicksalen gezeigt, wie schwer das Leben für die Bewohner war – ein täglicher Kampf ums Überleben.

Sie erzählt in drei Teilen eine spannende Geschichte. Ihr Schreibstil ist flüssig und sehr gut zu lesen. Die handelnden Personen sind sehr gut beschrieben und charakterisiert. Menschenkenntnis und Sachkunde bereichern den Roman. Ihre Recherchen zum historischen Hintergrund können mit einer gut in die Zeit eingebetteten Handlung überzeugen.

Der Roman lässt sich ausgezeichnet lesen und die Spannung steigt stetig an, bis zu einem Ende, mit dem ich nicht gerechnet habe. Das Buch zeigt die Lebens- und Arbeitsbedingungen am Anfang des 20. Jahrhunderts sehr anschaulich. Es berichtet lebendig und vielschichtig vom Kampf für Frauenrechte, soziale Gerechtigkeit und dem täglichen Überlebenskampf. Es ist ein beeindruckender historischer Roman für den die Autorin sehr gut recherchiert hat und dem ich 5 Sterne gebe.

Für jeden historisch interessierten Leser ein empfehlenswertes Buch. Ich freue mich schon auf den zweiten Band und bis gespannt, was Anne noch erleben wird und warum sie London fluchtartig verlassen musste.

Bewertung vom 23.01.2022
Sisi - Kaiserin wider Willen / Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe Bd.8
Pataki, Allison

Sisi - Kaiserin wider Willen / Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe Bd.8


sehr gut

Der neue Roman „ Sisi – Kaiserin wider Willen“ der amerikanischen Autorin Allison Pataki erschien 2021 in der Reihe „Außergewöhnliche Frauen zwischen Liebe und Aufbruch“ des Aufbau TB Verlages.
Er umfasst nur eine kurze Zeitspanne von 1853 – 1867 aus dem Leben von Sisi. Es sind jene Jahre als aus der bayrischen Prinzessin die populäre Kaiserin Sisi am Habsburger Hof wurde. Ihr Roman endet mit der Krönung des Kaiserpaares als Könige von Ungarn. Allison Pataki hat erzählt eine fiktive Geschichte, die ordentlich recherchiert wurde, aber keine Romanbiografie ist. Es könnte sich alles so ähnlich zugetragen haben.

Der Autorin gelingt es dem Leser einen emotionalen Zugang zu Sisi als historische Person zu verschaffen. Sie ist eine vielschichtige Persönlichkeit mit vielen ganz unterschiedlichen Facetten. Die Autorin versucht die Gefühle ihrer Protagonistin zu zeigen, die die Ursache für ihr Handeln und ihre Eigenheiten sind. Dabei erzählt sie alles aus Sisis Sicht die in ein Leben geworfen wurde, worauf sie nicht vorbereitet war. Die Folgen bieten Stoff für Romane und Filme.

Ein junges Mädchen von 16 Jahren wird überraschend „Kaiserin am Hof der mächtigen Habsburger, dem Zentrum der politischen Intrige und feudalen Ränkespiele. Die Ehe mit Kaiser Franz Joseph wird aus Liebe geschlossen, und es gelingt der freien, naturverbundenen Frau, die Zuneigung ihres Volkes zu gewinnen. Doch schon bald muss Sisi sich fragen, wie sie die Rolle der Monarchin erfüllen kann, ohne sich selbst zu verlieren - und ohne die Liebe zu Franz Joseph aufs Spiel zu setzen.“ (aus der Inhaltsangabe des Verlages)

Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd. Die Autorin erzählt mit einer ausdrucksstarken Sprache bildhaft von Menschen und ihren Schicksalen. Ihre Protagonisten sind authentisch und sehr differenziert beschrieben. So könnte es gewesen sein, wenn sich Franz Joseph und Elisabeth allmählich fremd werden. Eine Mutter, der man die Kinder nimmt, wie es Erzherzogin Sophie getan hat, kann daran psychisch zerbrechen. Niemand weiß genau, wie es in Elisabeth aussah. Doch ihre Reaktionen, die beginnende fieberhafte Reisetätigkeit, die Konzentration auf ihre Schönheit und ihr Aussehen sind möglicherweise eine Folge. Die Autorin versucht Erklärungen für den Mythos zu finden und erzählt eine phantasievolle Geschichte.

Wer einen leichten Einstieg in die Biographie von Sisi, jenseits der allbekannten Filme und Mythen möchte, dem empfehle ich diesen Roman. Gern vergebe ich 4 Sterne, denn Teile des Romans waren für meinen Geschmack etwas zu kitschig.

Bewertung vom 28.12.2021
Der Traum vom schönen Leben / Dallmayr Saga Bd.1
Graf, Lisa

Der Traum vom schönen Leben / Dallmayr Saga Bd.1


ausgezeichnet

„Dallmayr. Der Traum vom schönen Leben“ von Lisa Graf, erschienen 2021 beim Penguin Verlag, ist der erste Teil einer Saga um die Familie Randlkofer, die das Unternehmen Dallmayr führt. Der erste Band um fasst die Zeit vom Winter 1897 bis zum Dezember 1899. In 6 Abschnitten wird bewegende Familien- und Zeitgeschichte mitreißend erzählt.

Als Kind war Lisa Graf mit ihrer Oma oft bei Dallmayr in München. Als sie später in einen Zeitungsartikel las, dass eine Frau für den Erfolg des Geschäfts verantwortlich war, wurde ihre Neugier geweckt und Recherchen in Archiven inspirierten sie zum Roman. Geschickt verknüpft sie die wenigen bekannten Fakten mit fiktiven Personen und Geschichten und lässt so eine Epoche vor den Augen des Lesers lebendig werden.

Tatsächlich führte Therese nach dem Anton Randlkofers 1897 das Geschäft alleine weiter. Jetzt wird im Roman ein Familiengeheimnis, von dem auch Therese nichts ahnte, enthüllt. Die sympathische Nichte Balbina, die die Familie unterstützt und im Haushalt hilft, ist die Tochter von Anton. Aber ausgerechnet Paul, der älteste Sohn, hat sich in sie verliebt.

Nun muss Therese handeln und daraus ergeben sich neue und sehr interessante Handlungsstränge, denn Paul wird mit einem väterlichen Geschäftsfreund auf Reisen nach Hamburg und auf die Kanaren geschickt, um seinen Horizont zu erweitern und Balbina zu vergessen. Doch es passiert noch viel mehr, was Lisa Graf unterhaltsam und kurzweilig zu berichten weiß. Der Import der ersten Bananen beruht tatsächlich auf historischen Fakten und sorgt zu jener Zeit für Furore in München.

Antons Bruder Max hält eine Frau nicht für fähig ein Geschäft zu leiten, obwohl sein eigenes nicht gerade erfolgreich läuft und intrigiert gegen Therese. Wie es ihr gelingt sich zu behaupten und noch zu expandieren, muss man einfach selbst lesen. Ihre Mitarbeiter, die sie mit strenger Hand führt, sind Gold wert und das weiß sie als kluge Geschäftsfrau auch zu schätzen. Ein ganz besonderer Fall ist der Lehrling Ludwig, der eine ungeahnte Entwicklung nimmt, die mit seiner Leidenschaft für Schokolade begann.

Lisa Graf, die schon viele Krimis geschrieben hat, kennt sich mit Spannung bestens aus und erzählt mit ihren ausgedachten Figuren unterhaltsame Geschichten, die den Leser fesseln und begeistern.

Fazit:
Mit dem Roman hat die Autorin den Auftakt einer interessanten Familiensaga gestaltet. Die vorgestellten Personen sind authentisch und ihre Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Facetten ausgearbeitet. Verschiedene Handlungsstränge wurden geschickt miteinander verknüpft. Alles ist in einem flüssigen Tempo spannend erzählt. Es bleiben noch viele Fragen zur Familie offen.
Aus meiner Sicht ist das Buch eine klare Leseempfehlung. Gern vergebe ich fünf Sterne. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.