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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
JosefineS
Wohnort: 
Schwarzenberg
Über mich: 
https://bibliomanie-hoch2.blog/

Bewertungen

Insgesamt 143 Bewertungen
Bewertung vom 17.09.2021
Der Tod und das dunkle Meer
Turton, Stuart

Der Tod und das dunkle Meer


ausgezeichnet

Der Teufel steckt im Detail
1634 sticht die Saardam in Batavia, Indonesien in See. Ihr Ziel: Amsterdam, ihr Fracht: hochranginge Adelige, Offiziere, Gewürze, ein Geheimnis von unschätzbarem Wert, einen Gefangenen und den Teufel höchst selbst. Kurz vor Abfahrt des Schiffes verkündet ein Aussätziger, dass die Saardam vom Teufel verflucht und dem Untergang geweiht ist. Der gefangene an Bord des Schiffes, gerade noch gefeiert für das Aufspüren einer gestohlenen Kostbarkeit, findet sich in Ketten auf dem Weg zu seiner Hinrichtung in Amsterdam wieder. Bald beginnt ein unheimlicher, unerklärlicher Spuk auf dem Schiff, dem Arendt, der Beschützer des gefangenen Sammy, ohne seinen klugen Freund entgegentreten muss. Stimmen flüstern des Nachts von tiefsten Sehnsüchten und Wünschen, doch alles hat seinen Preis und der Teufel spielt selten fair. Schafft Arendt dem Spuk auf dem Schiff auf die Schliche zu kommen oder werden alle im dunklen Meer versinken?
Der Tod und das dunkle Meer, ist der zweite Roman des freiberuflichen Reisejournalisten Stuart Turton. Das Buch ist ein wirklicher Genre Mix und vereint kriminalistische, fiktionale und Grusel Elemente in einem historischen Setting. Mich hat das Buch ab der ersten Seite völlig in den Bann gezogen. Der Start mitten im Geschehen, das Kennenlernen der handelnden Personen, mit dem Protagonisten gemeinsam und die unheilvolle Atmosphäre, die über dieser Schiffsreise aufragt, sorgten für einen grandiosen Einstieg. Das Niveau steigert sich stetig, hinter jeder Ecke lauerte ein Geheimnis, eine alte Schuld, Bekanntschaften, Liebschaften, Machtkämpfe, Hass und Missgunst. Wie auch in seinem ersten Werk gibt es viele, für die Handlung relevante Personen über die und deren Machenschaften es den Überblickt zu behalten gilt. Somit, ist „der Tod und das dunkle Meer“ kein Buch was man mal eben zwischendurch lesen kann, man sollte sich schon ganz darauf konzentrieren können um den Faden nicht zu verlieren. Umso gewaltiger ist dieses Konstrukt an Story, welches er am Ende sogar vollständig aufschlüsselt. Der Charakter Sammy Pipps erinnert auf den ersten Blick stark an Sherlock Holmes und auch die Beziehung zu Arendt lässt an seinen Side-Kick denken, definitiv ließ sich Stuart Turton von den beiden inspirieren. Trotzdem gibt es zwischen den Ermittler Duos auch erhebliche Unterschiede, was sie zu mehr als einem Doyle Abklatsch macht. 600 Seiten lang jagt ein Cliffhanger das nächste gelüftete Geheimnis und umgekehrt. Mir fiel es deswegen schwer das Buch aus der Hand zu legen, da das historische Setting, die Geheimnisvolle Atmosphäre, der völlig unklare Ausgang der Geschichte und das bedingungslose ausgesetzt sein der Situation, haben mich restlos begeistern können. Stuart Turtons Schreibstil blieb gleichbleibend dynamisch, wie bildhaft ohne für mein Verständnis ausschweifend zu werden.
Fazit: ein großartiges Buch, welches sich vieler Stilmittel bedient um eine fulminante, mitreißende Geschichte zu konstruieren, welcher man sich mit voller Aufmerksamkeit widmen sollte um bei dem Tempo mithalten zu können und nicht unter zu gehen.

Bewertung vom 10.09.2021
Der Sohn des Odysseus
Thor, Annika

Der Sohn des Odysseus


ausgezeichnet

Von alten Helden und jungen Heldentaten
Der Krieg um Troja ist endlich vorbei, alle überlebenden Helden kehren heim. Alle, außer Telemachos Vater, der allseits bekannte und kluge Odysseus. Sein Sohn, der noch Windeln trug bei seiner Abreise, fiebert nach 10 Jahren des Krieges Sehnlichst der Ankunft des Vaters entgegen. Doch aus Wochen werden Monaten und so fliegt ein Jahr um das andere dahin. Lebt Odysseus überhaupt noch und wenn ja warum kehrt er nicht zurück? Während seine Mutter Penelope die Geschicke in Ithaka lenkt werden die Stimmen nach einem neuen Herrscher immer lauter. Zu Telemachos Sehnsucht nach dem Vater gesellt sich bald auch die Angst um ihre Zukunft. Doch was soll der junge Prinz, der seinem Vater so unähnlich ist, schon groß ausrichten?
„Der Sohn des Odysseus“ ist eine fiktive Adaption, der Odyssee und erzählt im Kinder-/ Jugendbuch Format diese alte Geschichte, auf eine lockere, fantastische und aufbegehrende Art, aus der Sicht des Sohnes. Wir begleiten Telemachos durch die Tage seiner Kindheit, Erinnerungen, Begegnungen und erfahren zwischendurch immer wieder welchen Hindernissen und Gefahren sein Vater auf dessen Reise ausgesetzt ist. Odysseus Abenteuer werden geschickt durch Träume von Penelope und Telemachos Kinderfrau in die Erzählung eingebaut. So schreitet die Handlung abwechslungsreich voran. Das mentale Heranwachsen des Sohnes ist ein wesentlicher Schwerpunkt dieses Buches. Trotz der alt griechischen Umgebung begegnen ihm Konflikte, jugendliche Zerrissenheit „Wer bin ich?“, „Wo ist mein Platz?“ und „Genüge ich dem Anspruch?“, die auch unsere heranwachsenden immer noch bewegen. Dieser Disput wurde unterschwellig sehr schön in das Werk eingebaut. Als er beginnt zum Mann zu reifen häufen sich die Auseinandersetzungen um die Herrschaft, Telemachos muss trotz großer Mutlosigkeit handeln. Der Ausgang ist ein gelungenes Sinnbild für die Überwindung, der Kindheit zu entsteigen, in der fremde Freunde zu finden, über sich selbst hinaus zu wachsen und lang gehegte Träume manchmal fahren lassen zu müssen, um glücklich zu werden. Annika Thor vermittelt faktisch und altersgerecht eines der bedeutendsten Werke der griechischen Mythologie, wie ein echtes Abenteuer bei dem man mit fiebert. Sogar das Ende des trojanischen Krieges und andere von Odysseus zahlreichen Listen bringt sie geschickt in ihrer Erzählung unter, was das Buch sehr rund gemacht hat ohne gezwungen zu wirken. Es war abwechslungsreich, spannend, unkompliziert zu lesen und immer wieder von detailreichen Illustrationen begleitet. Somit ist das Buch nicht nur für Kinder ab 10 Jahren ein abenteuerreicher Einstieg in griechische Mythologie, sondern sicher auch etwas für Erwachsene.
Fazit: Wunderschön umgesetzte, altersgerechte Erzählung der Odyssee, aus der Sicht eines Jungen, der sich seinen Heldenstatus erst erkämpfen muss. Für jedes Alter lesenswert.

Bewertung vom 24.08.2021
Die Seherin von Troja
Graham, Jo

Die Seherin von Troja


schlecht

Dem Schicksal ergeben
Als Möwe, die Tochter einer aus dem brennenden Troja verschleppten und versklavten Frau, mit sieben Jahren einen Unfall hat, taug sie nichts mehr zur Feldarbeit. Aus Verzweiflung bringt ihre Mutter sie zum Tempel der Pythia, die deren Gabe spürt. So wird Möwe erst deren Schülerin und nach dem Tod der Alten, zur neuen Pythia. Durch göttliche Fügung kann Möwe eines Morgens die Stadt vor schlimmerem bewahren. Die Männer der neun schwarzen Schiffe, die sie für Piraten hält erweisen sich jedoch als Prinz Äneas und einen Teil der überlebenden aus Troja, die gekommen waren um die Frauen ihres Volkes zu befreien. Frauen wie Möwe und deren Kinder. Sie kann nicht anders als sich ihnen anzuschließen. So wird sie zu Äneas Seherin. Doch das Schicksal und die Götter haben stürmische Zeiten für das heimatlose Volk vorgesehen.
Jo Graham ist US Amerikanische Autorin und verfasst vor allem historische Romane, mit einem leichten Fantasy Touch. Genau zwei Fallstricke haben mich bei diesem Buch arg ins straucheln gebracht. Der erste, war ihr wandeln wirklich weit ab von Vergils Äneis, womit sie mich im Nachwort zumindest zum Teil besänftigen konnte. Denn sie hatte durch aus ihre, historisch nachvollziehbaren, Gründe davon abzuweichen. Wer also denkt, aufgrund des Kommentars unter dem Klappentext „Erzählung der Äneis aus Sicht der Seherin“ einen perspektiven Wechsel, nahe gehalten am Ursprungswerkes von Vergil lesen zu können, könnte ebenfalls stolpern. Leider mussten wir auch auf die, für die griechische Mythologie sonst so üblichen, Sagenumwobenen Kreaturen gänzlich verzichten. Zum zweiten und viel gravierenderem Fallstrick wurde leider die Gestaltung der Story. Die wirklich interessanten Passagen, die auch für Tiefe in diesem Buch hätten sorgen können, wurden nebenbei in zwei Sätzen abgehandelt. Stattdessen ergingen wir uns in endlosen, zum Teil sinnlosen Dialogen, die geschwollener hätten oft nicht sein können und nicht im Geringsten zum restlichen Niveau des Werkes passten. Zu dem, überschwemmten Tändeleien, das anschmachten untereinander und Versuche dem zu widerstehen ständig die Erzählung. Der Einstieg war interessant, wirklich einehmend waren aber nur noch die letzten 100 Seiten, leider hätte man den Rest davor getrost weglassen können. Eine gefühlt endlose Reise, durch oberflächliche Handlung und nicht enden wollenden Dialogen, von diesem Buch habe ich leider deutlich mehr erwartet.
Fazit: ein wirklich enttäuschender historischer Roman, der leider außer einem wunderschönen Cover und den letzten 100 mitreißenden Seiten so gar nichts zu bieten hatte.

Bewertung vom 28.07.2021
The Chill - Sie warten auf dich
Carson, Scott

The Chill - Sie warten auf dich


sehr gut

Die Unerbittlichkeit von Rache und Wasser
Galesburg wurde vor 100 Jahren geflutet und gegen den Willen der Bewohner zum Stausee umfunktioniert. Die Legende um das große Zerwürfnis zwischen den Einwohnern und den Bauherren, lebt bis heute in den Nachfahren, jener Vertriebener, am Fuße des Stausees „The Chill“ weiter. Als die andauernden Regenfälle den Damm an seine Grenzen zu bringen droht, ahnt niemand, dass die Rache unablässig, über all die Jahre am Staudamm nagte, so unerbittlich wie Wasser Stein durchdringt.
Scott Carson ist das Pseudonym des US- Thriller Autors Michael Koryta. The Chill vereint die Themen Staudämme, alte Sagen und Mythen umwobene Bergdörfer und die Arbeit unter Tage, die auch in meiner Heimat ähnlich vorzufinden sind. Aus diesem Grund hat mich das Buch wahrscheinlich so unglaublich abgeholt. Ich mochte auch diese von Anfang an unsichere Atmosphäre, was wirklich am Stausee passiert ist. Dreht sein Protagonist durch oder gehen hier wirklich übernatürliche Dinge vor sich? Die Story an sich hat einen guten Fluss, man steigt mitten im Geschehen ein und Stück für Stück setzen sich die Informationen zusammen, stets begleitet von unterschwelliger Spannung. Trotz der, in der Geschichte verbauten, übernatürlichen Elemente, handelt es sich um einen Roman und ist als solches auch zu betrachten. Wer Grusel, wie in einem Horrorroman erwartet, könnte enttäuscht werden. Die Charakter Entwicklung des Protagonisten ist gut ausgearbeitet. Das straucheln im Lebensabschnitt, eine jugendlich hitzige Dummheit, die einstige Ideale zum Wanken bringt und den Sinn des Daseins in Frage stellt. Die eigene Verzweiflung und Ohnmacht über das geschehene, die Flucht ins Chaos, was auch als Hilferuf deuten kann. Doch zum Schluss scheint sich alles zu fügen, einen Sinn hinter all dem zu geben. Ich mochte auch den mysteriösen Hintergrund zu den Geschehnissen beim Bau des Dammes. Weil meine Heimat stark dem Handlungsort und den dortigen Begebenheiten ähnelt, konnte ich mir vieles sehr bildlich vorstellen. Gerade die Szenen unter Tage sind womöglich schwer zu fühlen, wenn man sowas noch nie gesehen hat. Die Handlung überschlägt sich nicht vor Ereignissen, jedoch läuft die Spannung unterschwellig aber kontinuierlich bis zum Ende des Buches. The Chill ist keine Horror Story zum Gruseln und zittern, auch wenn Mystery Elemente verbaut wurden, liegt der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte auf dem Damm, dessen Statik und einem Wassertunnel, welche dementsprechend erläutert werden und zum Verständnis des ganzen einfach beitragen. Wen technische und statische Details schnell langweilen, der sollte die Finger von diesem Roman lassen. Wer sich Aufgrund der aktuellen Geschehnisse von Flutkatastrophen oder deren Beschreibung getriggert fühlt sollte auch vom Kauf absehen. Mich konnte das Buch sehr wohl überzeugen, da die Handlung und Charaktere gut auf einander aufbauen, die Effekte hier gezielt eingesetzt waren und mich diese Bergdorfatmosphäre sehr eingefangen hat.
Fazit: ein Roman, der fiktionale, mysteriöse Elemente enthält, jedoch auch in der Substanz der Geschichte gut recherchiert wurde. Wenn man sich etwas auf die Thematik einlassen kann und Details nicht scheut, kann man durchaus gut unterhalten werden. Wer auf Aktion, Grusel und Spuk aus ist, läuft Gefahr sich zu langweilen.

Bewertung vom 14.06.2021
Weltraum / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.4
Kessel, Carola von

Weltraum / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.4


sehr gut

Spielerisch das Lesen lernen

Mit einfachen Texten und interessantem Sachwissen wird das Lesen, ab Lesestufe 2 trainiert. Das eigenständige Lesen wird, dank kurzer Kapitel und großer Fibel Schrift gut unterstützt. Die Seiten sind zum besseren Textverständnis mit lehrreichen Illustrationen und vielen Fotos versehen.

Ein sanfter Einstieg in das Thema Weltraum. Auch zum Vorlesen sehr gut geeignet, denn die große Schrift ist auch für Erwachsene angenehm zu lesen. Der Inhalt der Texte ist bewusst einfach gehalten, damit es für die Anfänger auch lesbar bleibt. Sowohl Themenauswahl als auch die Illustrationen sind in meinen Augen sehr gelungen. Die Fragen, die Kinder in diesem Alter bewegen, sind gut verständlich erklärt ohne zu sehr ins wissenschaftliche abzudriften. Dank der Illustrationen und Bilder ist alles im Text stehende noch einmal anschaulich dargestellt. Das Sonnensystem, Verhältnis von Sonne, Mond und Erde, schwarze Löcher, die Raumfahrt und viele andere Themen finden hier Platz. Für die Leserätsel benötigen die Kleinen definitiv Kenntnis über alle Buchstaben, mit etwas Hilfe der Eltern lassen sich einige jedoch auch schon im Vorschulalter lösen. Am Ende des Buches befindet sich noch ein tolles Lese Quiz um das erlernte Wissen abzufragen. Die Auflösung zu den Leserätseln befindet im hinteren Teil des Buches, so wie ein Lese Lotto aus Bildern und den dazu passenden Beschreibungen. Hier wären vor gefalzte Karten schöner gewesen, weil es mir etwas widerstrebt das Kind im Buch rumschnippeln zu lassen.

Fazit: ein tolles Buch für Erstleser um das Lesen zu trainieren und sich spielerisch Sachwissen anzueignen.

Bewertung vom 14.06.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1


sehr gut

Reihenauftakt mit der dunklen Seite Wiens und einem unkonventionellen Duo

Wien 1893, der junge Inspektor Leopold von Herzfeld ist der neue Sonderling in der Polizei Direktion. Ein Schnösel, der mit allerhand neuen Methoden um sich schmeißt. Bei dem Versuch ihn anderweitig zu beschäftigen, um ihn vom neuen Fall des Mädchenmörders fern zu halten, stolpert er über einen merkwürdigen Selbstmord und einen noch viel merkwürdigeren Totengräber. Der kauzige Augustin Rothmayer, Totengräber in der 5. Generation, nimmt kein Blatt vor den Mund. Er ist jedoch hochgebildet, liebt klassische Musik und ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der Toten. Ob Leo nun will oder nicht, Augustin ist immer in den unpassendsten Momenten zur Stelle. Doch dieser Fall ist, trotz seiner Erfahrungen zu groß für ihn allein, er braucht dringend Hilfe aber muss es denn ausgerechnet dieser schrullige Totengräber sein?

Mit „Das Buch des Totengräbers“ legt Oliver Pötzsch den Grundstein für eine neue Reihe historischer Kriminalromane, mit einem unkonventionellen Duo. Bekannt wurde der Autor durch die Henkerstochter Saga, deren Inspiration, die eigene Familien Geschichte war. In diesem Buch begegnen sich zwei Charaktere die unterschiedlicher nicht sein könnten, an einem der dunkelsten Flecken, die Wien zu bieten hat. Der Protagonist Leopold, jung, ungestüm, bestrebt die Wiener Polizei und deren Ermittlungsarbeit zu revolutionieren, womit er nicht gerade auf Begeisterung stößt. Sein eher unfreiwilliger Sidekick, der Totengräber Augustin arbeitet gerade, dank seines umfassenden Wissens über Tote und deren Zersetzung an einem Almanach für Totengräber, daher auch der Titel des Buches. Bis auf die Auszüge am Anfang der Kapitel aus eben jenem Buch, hat die Story leider wenig damit zu tun, was mich persönlich etwas enttäuscht hat. Ich hatte mir mehr Bezug auf das Buch erhofft. Auch die gelegten Fährten waren etwas zu großzügig und offensichtlich, wer aufmerksam folgt, dem wird bei Zeiten klar, wer sich hier an den Frauen vergeht. Den kompletten Zusammenhang konnte man zwar nicht erahnen aber ein Teil war einfach zu typisch und trotz Ablenkungsmanöver vorhersehbar. Ab und an stolperte ich über Begriffe und Technik, die mir für diese Zeit zu modern schienen, doch es ist sauber recherchiert und bis auf ein kleines Gadget alles Zeitgemäß. Was mich von Anfang bis Ende begeistert hat, war der Wiener Dialekt der Hiesigen Personen. Die derbe Ausdrucksform und eben der Dialekt verleihen dem Ganzen eine hohe Authentizität. Leo stolperte mir ab und an zu sehr durch die Geschichte, auch wenn er als Protagonist führende Momente hatte, scheint er all zu oft nur Spielball der Ereignisse zu sein und die Ermittlungen stagnierten dabei gefühlt ein ums andere Mal. Nichts desto trotz war die Story durchweg ansprechend, das ganze drum herum war gut konzipiert und einnehmend, somit bekam die Geschichte mehr Tiefe als eine reine Mordermittlung. Die Struktur der Ermittlungen kamen aber über das 0815 – „good old“ Krimiroman nicht hinaus, da hätte ich mir das 19. Jahrhundert spürbarer gewünscht. Bei so viel Exzentrik der handelnden Personen, darf die Handlung selbst auch noch etwas Extravaganz abbekommen, sonst geht sie etwas unter.

Fazit: ein interessanter, historischer Kriminalroman, dessen Charaktere, wie der charismatisch derbe Totengräber, mit Wiener Dialekt, dem eigentlichen Fall fasst den Rang ablaufen.

Bewertung vom 27.05.2021
Das Jahr der Hexen (eBook, ePUB)
Henderson, Alexis

Das Jahr der Hexen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Das ist sowohl der Anfang, als auch das Ende
Immanuelle führt ein ärmliches Leben in Bethel. Ihr Großvater, einstiger Apostel, verstoßen wegen der Sünden ihrer Mütter, ist mit seiner Familie dazu verdammt ein geduldetes Leben am Rande der Gesellschaft zu führen. Sie tut was sie kann um ihren Verwandten zu helfen und ein sittsames Leben zu führen, doch irgendwas ist in ihr, etwas Dunkles, sie hört den Ruf der bösen Wälder. Eben jene verbotenen Wälder, in denen die Dunkelheit herrscht aus der kaum jemand jemals zurückkam. Doch ihre sündige Mutter war vor 17 Jahren eine der wenigen und sie trug ein Geschenk unter dem Herzen. Als Immanuelle eines Abends in diesen Hain gerät, nimmt das Verhängnis aller, seinen vorherbestimmten Lauf. Sie ist Bethels Schicksal, doch wird sie diese verkommene Stadt retten oder deren Untergang besiegeln?
Das Jahr der Hexen ist der Debütroman, der in Savannah groß gewordenen Amerikanerin Alexis Henderson. Der Hang zu dunklen Geister Geschichten ist, auch dank des Geburtsortes schon immer ein Teil von ihr und ist in den Real wirkenden Angstszenen und der Düsternis des Romans, deutlich spürbar. Das Buch umfasst viele Dark Fantasy Elemente und thematisiert Hexerei in einer fiktiven Erzählung. Eine erdachte Kolonie, zu einer nicht bekannten Zeit, ein alter Krieg zwischen Licht und Schatten, Gut und Böse, Gläubigen und vermeintlichen Sündern. Hier gerät ein Mädchen, welches beide Seiten in sich trägt, zwischen die Fronten. Ich bin sonst kein großer Fantasy Fan, doch diese Erzählung hatte eine derart starke Sogwirkung auf mich, dass ich der Geschichte nur schwer länger fernbleiben konnte. Die Düsternis, Verfehlungen der Gemeinde, der Kampf um die Entscheidung, das Richtige zu tun und die Ungewissheit, wer ist ihr morgen noch wohlgesonnen. Das alles fügt sich, trotz der noch jungen Protagonistin, dem Drama und der unterschwelligen Romanze zu einer tollen Story zusammen und wächst zu so viel mehr heran. Geborgenheit, Verrat, Zweifel, Verantwortung, Angst, Sehnsucht und Verlust, machen aus diesem Buch eine mitreißende Lektüre. Durch die stabile Erzählweise aus Immanuelles Sicht, ließ sich der Text angenehm lesen. Wenn gleich ich zwischendurch meine Bedenken hatte, dass es in eine Love-Story abrutschen und kitschig werden könnte, wurde ich doch positiv überrascht. Das Ende kann ich als heftig, wenngleich auch versöhnlich für mich beschreiben.
Fazit: auch wenn der Plot keine Neuerfindung des Rades ist, konnte mich die Geschichte und ihre düstere Atmosphäre um den verwunschenen Wald der Hexen, dem Drama um Emmanuelle und ihr Leben, den Glaubenskampf um Gut und Böse, unglaublich in den Bann ziehen.

Bewertung vom 12.05.2021
Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1


ausgezeichnet

Das gewiefteste Seniorenquartett der Krimi Literatur
In Choppers Chase, der luxuriösen Seniorenresidenz trifft sich jeden Donnerstag im Puzzlezimmer eine ganz besondere Bande. Der selbsternannte Donnerstagsmordclub befasst sich für gewöhnlich mit Cold Case Verbrechen, doch kaum bringt Elizabeth Joyce, deren Fähigkeiten noch von Nützen sein könnte, mit ins Team, passiert plötzlich ein Mord in der Nachbarschaft. Die scharfsinnig, rüstigen Hobby Detektive, bestehend aus einer ehemaligen Geheimagentin, einer Krankenschwester, einem in die Jahre gekommenen Vollblut Gewerkschaftsführer und einem Psychologen, machen sich sofort munter auf die Suche nach Spuren. Dabei Stellen die vier so einiges auf den Kopf, dass sogar den ermittelnden Beamten bei dieser unerwartet spitzfindigen Bande kaum mehr aus dem Staunen kommen.
Der Donnerstagsmordclub ist ein „Cosy Crime“ Roman, dem es weder an Leichen, ungewöhnlichen Protagonisten und erst recht nicht an britischem Humor fehlt. Die vier hält, trotz ihres Alters absolut nichts auf, sie schleichen sich ein, manipulieren und sind im Tatsachen verbiegen mehr als geschickt. Es sind Rentner, wer denkt da schon böses? Doch ausgerechnet dieser Umstand bringt die herrlich komischen Momente dieses Falls zustande. Während also die Polizei die vier noch munter belächelt, ziehen sie im Hintergrund schon die Fäden und fördern charmant so manches zu Tage. Der Humor ist immer wieder herrlich und typisch britisch, trocken auf den Punkt, genau richtig dosiert und platziert, mit einem Hauch Sarkasmus. Doch es gibt jede Menge zu tun, die Liste der Verdächtigen wird scheinbar immer länger und allzu leicht verliert man da den Überblick. Nach und nach klärt sich jedoch auf, wer hier welchen Dreck am Stecken hat. Das meiste war unvorhersehbar, weswegen sich der Schluss auch etwas Traurig und Wehmütig für mich gestaltete. Nichtsdestotrotz bleibt das Ende aufschlussreich für restliche Fragen und versöhnlich Rund nach dem ganzen Trouble. Da die Kapitel kurz gehalten sind, lässt es sich schnell und flüssig lesen. Joyce neigt zwar in ihren Kapiteln zur Plauderei, was sich hin und wieder etwas zog, jedoch wunderbar vom Rest des Textes abhob, da ihre Auftritte Tagebucheinträge sind und sie sich somit realistisch vom Erzähler Text abgrenzen konnte. Das Hörbuch ließ sich sehr angenehm hören, da der Schreibstil nicht all zu extravagant ist und man der Story so gut nebenbei lauschen konnte. Ein absoluter Pluspunkt des Audio Books war, dass es zwei Sprecher gab. Somit wurden Joyces Kapitel von weiblicher Stimme begleitet und die restlichen von einer männlichen. Beide verfielen auch nicht dem Versuch die Stimme in ihrem Kapitel dem anderen Geschlecht anzupassen, sondern sprachen auch andere Geschlechter neutral weiter, was die angenehmen Stimmen konstant bleiben ließ.
Fazit: ein großartig humoristischer Krimi, bei dem man, dank des rüstigen Scharfsinns von vier Rentnern lachen und rätseln im gleichen Maß genießen kann. Leichte, kurzweilige Lektüre, mit jeder Menge Charme und britischem Humor, welche sich sowohl gut lesen, als auch ausgezeichnet Hören lässt.

Bewertung vom 09.04.2021
Die Sagen der Antike
Stoll, Heinrich Wilhelm

Die Sagen der Antike


ausgezeichnet

Die schönsten und bedeutendsten Sagen
Bis in die heutige Zeit sind in unserem Sprachgebrauch Redewendungen aus längst vergangenen Zeiten bekannt. Doch wie kam es zu Ausdrücken wie dem „Zankapfel“ oder „bezirzen“? Der Glanz einstiger Heldensagen, Mythen und Kriege der Antike hält bis heute an und fesselt die Menschen im gleichen Maße. Heinrich Wilhelm Scholls, im 19. Jahrhundert erschienene, 2 bändige Sammlung der bedeutendsten griechischen Sagen befinden sich hier in diesem Werk. Es finden sich jedoch nicht nur die großen Epen und Tragödien dieser Zeit, wie der Trojanische Krieg, die Odysee oder das Leben des Herakles und des Theseus, sondern auch kleinere Anekdoten wie Narkissos und Echo oder die von Amor und Psyche. Die, deren Synonyme heute noch geläufig sind und deren Geschichten uns ein menschliches Spiegelbild vorhalten. Auf unserer Reise durch die Antike treffen wir auch hinterhältige Schlitzohren wie Sisyphos und vom Schicksal gebeutelte, wie Diadolos und Oidipus. Der Fokus ist also deutlich weniger auf die Götter an sich gerichtet. Scholl hält sich nicht mit Erklärungen über eben jene, deren Entstehung oder Kriege auf. Somit ist das Buch für neugierige Einsteiger gut geeignet, setzt aber einen gewissen Wissensgrundstock über griechische Gottheiten vor raus. Durch die Wiedergabe der Mythen in seinen eigenen Worten, macht Heinrich Wilhelm Scholl es für die Leser einfacher zu verstehen als die Texte der antiken Autoren, welche jedoch immer zu Beginn vermerkt sind mit dem jeweiligen Werk. Es finden sich aus diesen auch originale Auszügen, welche gut eingearbeitet wurden.
Fazit: wunderschöne Sammlung, von zum Teil chronologisch erzählten Sagen, mit Illustrationen bekannter Reliefs. Wenn auch nicht gänzlich allumfassend, ein Muss für Liebhaber griechischer Mythologie, jedoch auch ein guter Einstieg in diesen Bereich.

Bewertung vom 07.04.2021
Rattenkönig
Engman, Pascal

Rattenkönig


gut

Die letzte Frau, die mich ignorierte.
Als in Stockholm eine Frau ermordet aufgefunden wird, ist schnell ein Verdächtiger gefunden. Es liegt nahe wer es war, schließlich gibt es auch genug Indizien. Doch ist es wirklich so einfach wie es scheint? Vanessa Frank stößt auf Ungereimtheiten, Widersprüche und weitere Morde an jungen Frauen. Verbissen versucht sie die Parallelen zu finden, doch gefährlicher Weise besitzt sie als Kommissarin großes Potenzial zum nächsten Opfer einer Bewegung zu werden. Die so genannten „Incels“ verbindet nicht nur eine unfreiwillige Enthaltsamkeit, sondern auch daraus resultierender, abgrundtiefer Hass auf Frauen.
Pascal Engmann ist schwedischer Journalist, Rattenkönig ist der 2. Band aus seiner Reihe um die Kriminalkommissarin Vanessa Frank. Das Buch lässt sich unabhängig vom 1. Band lesen, da relevante Details noch mal aufgeführt werden, jedoch könnte es den Ausgang des ersten Buches spoilern. Der Einstieg in die Story war für mich sehr zwiegespalten. Kurze Kapitel und der flüssige Schreibstil machen es sehr kurzweilig, jedoch erscheint die Geschichte bis zur Hälfte sehr plan- und ziellos. Mir fehlte da einfach der Bezug zu der im Klappentext erwähnten Incel Bewegung. Durch die kurzen Kapitel und die immer wieder wechselnden Blickwinkel der vielen handelnden Personen wirkte es unruhig, wirr und kaum spannend, da es gefühlt einfach nicht vom Fleck ging und der Zusammenhang fehlte. Sobald sich jedoch die Teile aufeinander zu bewegten wurde es Interessant, packend und auch schon wieder etwas zu erschreckend Realitätsnah. Diese „Incel“ Bewegung gibt es tatsächlich und deren, zum Teil durch traumatische Erfahrungen hervorgerufenen Hass, kommt der Realität öfters näher als es mir lieb gewesen wäre. Mit dem Antagonisten habe ich mich wirklich schwergetan, vor allem wegen seiner reduzierenden Einstellung Frauen gegenüber, dadurch hat er seine Wirkung als Charakter nicht verfehlt. Engmann hält uns hinter einem Krimi auch den sozialen, ethischen Spiegel, im Umgang miteinander vor Augen. Nichts rechtfertig diese Taten, doch die auslösenden Faktoren sind ebenso durch nichts zu entschuldigen. Möglicherweise wäre hier für einige Themen eine Trigger Warnung angebracht.
Fazit: alles in allem ein stimmiges Buch, was nach anfänglichem Durcheinander durchaus, auf seine Weise überzeugen konnte. Die Thematisierung über den Umgang der Menschen untereinander ist zum Teil erschreckender als der eigentliche und solide Kriminalfall, der dadurch etwas in den Hintergrund gerät.