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Traeumerin109

Bewertungen

Insgesamt 221 Bewertungen
Bewertung vom 20.11.2018
Miracle Man
LeMarque, Eric;Seay, Davin

Miracle Man


sehr gut

Ein langer, kalter Weg zu Gott

Eric LeMarque erzählt seine Geschichte: vom erfolgreichen Profisportler zum „Krüppel“, von einem Menschen, der nur um sich selbst kreist, hin zu einem, der auch anerkennen kann, dass er nicht alles unter Kontrolle haben kann. Der Weg dahin ist allerdings sehr hart und auch ungewöhnlich. Während eines Sturms am Berg verschollen, hat Eric keine Chance, den Weg zurückzugehen und ist acht Tage in Schnee und Eis auf sich allein gestellt, mit nur minimaler Ausrüstung.
Es ist eine einfache Geschichte mit einer klaren Botschaft, die man gut lesen kann. Eric selbst erzählt, was er erlebt hat, wie in seinem Leben davor bereits die Weichen dafür gestellt wurden und wie es danach weiterging. Dabei ist er sehr ehrlich und selbstkritisch und gibt immer wieder offen zu, an welchen Stellen er Fehler gemacht hat, wird aber nicht selbstgeißlerisch und pathetisch. Eine Erzählweise, die ihn sehr sympathisch macht, obwohl er das natürlich im Zuge der ganzen Geschichte bei Weitem nicht immer war und ist. Sehr ergreifend beschreibt er, was in ihm vorgeht, während jener acht Tage und danach. Es ist ein Erlebnis, das keiner sich wünscht und das wohl auch kaum jemand überlebt hätte. Er benutzt eine sehr direkte Sprache, ohne etwas schönzureden oder kunstvoll zu umschreiben, auch das gefällt mir sehr gut. Nicht zuletzt ist die Geschichte sehr spannend, schließlich möchte man auf jeden Fall wissen, wie er da wieder herauskam, und dann ist das ja noch lange nicht das Ende: Was hat diese Geschichte aus ihm gemacht, wie hat sie ihn verändert? Die Antwort auf diese Frage ist auch ein wichtiger Teil seiner Botschaft, die er an andere weitergeben möchte.
Jedoch ist es für mich kein Buch, das ich unbedingt nochmal lesen oder zur Hand nehmen würde. Es ist kein schlechtes Buch, ein spannender Erlebnisbericht eines Menschen, vor dem man auf jeden Fall Respekt haben sollte. Aber es hat mich nicht vollends gepackt. Der Mensch Eric LeMarque erscheint mir nach wie vor sehr fremd und weit weg. Vielleicht liegt das auch daran, dass trotz der intensiven Schilderung seines Innenlebens immer noch ein Stück fehlt, was das Bild komplett gemacht hätte.
Fazit: Ein Buch, zu dem es nicht viel mehr zu sagen gibt, als dass es eine spannende Geschichte über die sehr außergewöhnlich herbeigeführte Veränderung eines Menschen beinhaltet. Wenn man solche Geschichten gerne liest und auch selbst etwas daraus zieht, dann kann ich dieses Buch auf jeden Fall empfehlen.

Bewertung vom 20.11.2018
Lebendig!
Herbst, Michael

Lebendig!


gut

Mit Jesus und wie Jesus

In seinem Buch beschäftigt sich Michael Herbst mit der Frage, wie es gelingen kann, im alltäglichen Leben mit all seinen kleinen und großen Herausforderungen ein mündiges Christsein zu leben. Dabei betont er immer wieder, dass wir dafür mit Jesus und wie Jesus entscheiden, denken und handeln müssen. Dann sind wir nicht nur mündige, sondern auch lebendige Christen.

Ein Buch, das mich ein wenig mit zwiespältigen Gefühlen zurückgelassen hat. Zunächst einmal finden sich hier viele gute Gedanken zu wichtigen Fragen, denen man in seinem Leben wohl nur schwer ausweichen kann. Dabei steht im Vordergrund die Liebe, jedoch nicht als billiges Gefühl, sondern als Hingabe, eine Liebe welche die Komfortzone verlässt und sich uns als Gottes Liebe immer wieder zuwendet, auch wenn wir sie ablehnen. Diese Liebe, so Michael Herbst, brauchen wir, und darüber kommen wir auch nie hinaus. Ein sehr vielversprechender Einstieg ins Buch. Wir sollten uns bewusst sein, dass wir nicht allein lebendig und mündig leben können, und so weg vom ständigen Kreisen um uns selbst kommen. Aber der Autor spricht auch die Abwesenheit Gottes an, welche Christen wie Atheisten gleichermaßen erleben. Der Unterschied bestünde lediglich darin, dass Atheisten im Angesicht dieser Abwesenheit die Geduld verlieren. Weitere sehr schöne Passagen sind z.B. Betrachtungen über einen Raum in jedem von uns, in dem es weint, über Arbeit als Gottesdienst oder über das Vaterunser als „Abenteuer-Gebet“. Was dem Autor sehr wichtig ist, ist dass wir nicht einfach bitten und warten, dass etwas vom Himmel fällt, sondern erwachsen und mündig auch selbst tätig werden: Letztlich war es dann Gott, der mich vielleicht anstupst, nicht ich, aber er war es auch nicht ganz ohne mich. Entscheidend ist auch meistens nicht, was wir konkret machen, sondern was für Menschen wir durch das werden, was wir tun oder lassen. Deshalb nimmt uns Gott bestimmte Entscheidungen auch nicht ab, sondern wir müssen in dem Wissen, dass es nicht die EINE richtige Entscheidung gibt, dass aber Jesus mit uns geht, selbst entscheiden. Wie gesagt, sehr viele gute Gedanken zu alltäglichen Dingen, wie sie zusammenhängen und vor allem, wie wir sie mutig und mündig angehen können. Einiges lohnt auf jeden Fall das Weiterdenken. So auch die Frage, wofür Gott mir eigentlich Leidenschaft gegeben hat und was ich daraus in meiner Lebenslage machen kann. Im Grunde geht es dem Autor darum, Jesus nachzufolgen trotz unerhörter Gebete, Plänen, die scheitern und auch, wenn wir in unsere Abgründe schauen.
Jedoch muss ich andererseits auch sagen, dass dieses Buch nicht für jeden geeignet ist. Meiner Meinung nach ist es eher ein Buch für bereits gläubige Christen, in dem Zweifel zwar angesprochen werden, aber nicht wirklich Raum bekommen. Sollte man also noch auf der Suche sein, wird man hier eher nicht fündig werden. Für mich persönlich nicht unbedingt hundertprozentig geeignet, was aber kein Kriterium gegen das Buch ist, schließlich gibt es nun mal solche Bücher. Dieses hier hat auf jeden Fall seine Berechtigung. Für mich war vieles zu starr und eindeutig, um dem Anspruch an ein Lebendigsein, wie der Buchtitel es fordert, zu genügen. Alles in allem ist das Christentum, wie ich es in diesem Buch gefunden habe, keins, das mich auf diesem Weg weiterbringen würde. Dafür ist die Sprache zu salbungsvoll, dafür stehen da zu viele Sätze, die man so oder so ähnlich schon oft gehört hat und die deshalb nicht hilfreicher oder stimmiger werden.
Fazit: Eins von diesen Büchern, die zwar viele wichtige Themen behandeln und immer wieder mit einfachen und klaren Erkenntnissen aufwarten können, dabei mich als Leser allerdings nicht wirklich berühren, weil irgendetwas fehlt. Vielleicht etwas mehr von dem Autor selbst, vielleicht aber auch schlicht und einfach eine gewisse Bereitschaft, zuzugeben, dass das was da steht nicht letztgültige Wahrheiten sind. Für mich also leider kein Buch, dem ich die volle Punktzahl geben kann.

Bewertung vom 13.11.2018
Neuländisch
Boppart, Andreas

Neuländisch


gut

Ein Gott, der uns hinaus ins Weite führt

Es gibt in unserem Leben, unseren Beziehungen und unserem Glauben noch unendlich viel unentdecktes Land, das es zu entdecken gilt. Dafür sind wir, so Andreas Boppart, geschaffen. Gott will, dass unser Herz weit wird und wir die Enge hinter uns lassen, die uns oft in vielem umgibt. Wir sollen immer wieder unsere Grenzen sprengen, nur so kommen wir voran. Das beste Beispiel dafür ist unser Glaube, der auch nicht statisch ist, sondern sich stets ändert und uns vor neue Herausforderungen stellt.
Zunächst einmal muss ich die Optik des Buches loben, denn die ist auf jeden Fall sehr ansprechend. Ein hübsches Cover, und im Buch immer wieder grüne Überschriften und grün unterlegte Textstellen. Das alles lädt erstmal zum Lesen ein.
Andreas Boppart beschreibt unser Leben als Abenteuer, mit dem wir nie fertig sind und in dem wir immer wieder Neuland betreten müssen. Neuländisch steht dabei für alles an dieser Lebensweise: Neugier, Sehnsucht, nicht abstumpfen, weiter glauben, mutig sein. Alles Dinge, die wir, wenn wir ehrlich sind, sowieso gerne möchten, nur schaffen wir es oft einfach nicht, manchmal auch ohne es zu merken. Das alte Land ist doch oft sehr bequem und verführerisch. Dennoch betont der Autor, dass Neuland zwar nicht immer einfach und auch nicht immer angenehm ist, dafür aber immer gut.
„Das Leben ist entweder ein großes Abenteuer oder nichts.“
Auch die Natur lehrt uns, dass, was sich nicht bewegt, stirbt. Soweit kann man sich Andreas Boppart nur anschließen. Er beschäftigt sich hier mit einem sehr wichtigen Thema, welches man gar nicht überschätzen kann. Wo gibt es vielleicht in unserem Leben enges Denken? Auch oder gerade in Bezug auf andere Menschen? Oft verurteilen wir allzu schnell, denken nicht weit genug. Umso näher wir aber Gott kommen, desto weiter und leichter werden die Dinge in allen Bereichen, denn das ist genau das, was Gott möchte: Zusammen mit uns Neuland betreten.
So weit, so gut. Dennoch hat mich das Buch nicht völlig überzeugt. Der Autor schreibt nicht schlecht, aber ich hatte auch das Gefühl, vieles doppelt zu lesen. Immer wieder sind die Kapitel unterbrochen von Bibelstellen. Die dürfen natürlich vorkommen, schließlich haben wir es hier mit einem christlichen Buch zu tun. Aber in dieser Häufung stören sie den Lesefluss und ziehen auch die Kapitel unnötig in die Länge. Schließlich muss auch ein christlicher Autor nicht jede einzelne Aussage mit einem Bibelzitat belegen.
Fazit: Ein Buch, das erstmal ganz nett ist, aber viel mehr auch nicht. Weder hat mich der Inhalt richtig vom Hocker gerissen, noch die Art der Aufbereitung. Kann man mal lesen, muss man aber nicht unbedingt gelesen haben.

Bewertung vom 13.11.2018
Das Meisterwerk
Rivers, Francine

Das Meisterwerk


gut

(Kein) Meisterwerk

Mit Roman Velasco und Grace Moore treffen zwei Welten aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Er ist ein erfolgreicher Künstler und wohnt in einem großen Haus, sie hält sich und ihren kleinen Sohn mit Aushilfsjobs über Wasser. Als Romans neue Assistentin merkt sie bald, dass er ein Geheimnis hütet, doch auch sie selbst hat eine scheinbar undurchdringliche Mauer um sich aufgebaut. So treffen zwei im Grunde zerbrochene Menschen aufeinander, die sich nur vorsichtig einen Schritt aus der Deckung heraustrauen.
Nachdem ich schon einige Bücher von Francine Rivers kannte, die mir alle sehr gut gefallen haben, war ich gespannt auf dieses und habe mich auf das Lesen gefreut. Doch ich muss leider sagen, dass das Buch mich als erstes Buch der Autorin nicht überzeugt hat. Zwar ist die Geschichte, wie ich es von ihr gewohnt bin, spannend und lässt den Personen viel Raum, sich zu entwickeln. Doch das war es diesmal auch schon. Ansonsten wirken Handlung und Personen eher hölzern und unglaubwürdig. Was passiert, wird teilweise unglaublich abgehackt beschrieben, wie eine Abfolge von Handlungen, die nichts miteinander zu tun haben, teilweise könnte man sagen, da wird das Geschehen relativ emotionslos „runtergeleiert“. Das hatte zur Folge, dass ich mich immer wieder aus der Geschichte ausgeschlossen fühlte, weil kein richtiger Fluss aufkommen wollte. Auch unbedeutende, kleinere Aktionen der Protagonisten werden erwähnt, scheinbar ohne größere Bedeutung. Das fand ich sehr schade, weil ich diesen Stil sonst bei der Autorin nicht gewohnt bin und er doch ein wenig befremdlich ist. Auch die Personen haben mich diesmal nicht überzeugt. Zwar hat Francine Rivers ihr selbst gestecktes Ziel, über die Auswirkung von Traumata bei erwachsenen Menschen zu schreiben, einigermaßen erreicht, aber trotzdem konnte ich gar nichts mit den Hauptpersonen anfangen. Sie wirken sehr distanziert, was nicht nur an dem jeweiligen Trauma liegt, sondern einfach daran, dass man als Leser gar nichts darüber erfährt, was in ihrem Inneren vorgeht. Stimmungsschwankungen und auch größere Meinungsänderungen „passieren“ einfach ohne überzeugende Erläuterungen.
Auch die Art, wie in dem Buch von Gott und dem Glauben geredet wird, hat mich sehr enttäuscht. Die Personen denken zwar, dass der jeweils andere sehr natürlich mit diesem Thema umgeht, tatsächlich handelte es sich meistens nur um eine Abfolge von Plattitüden und salbungsvollen Sätzen, die alles andere als bewegen oder gar mitreißen. Und von Natürlichkeit keine Spur, es wirkt im Gegenteil alles etwas gezwungen. Ich habe weder eine eindringliche christliche Botschaft gefunden, noch überhaupt einen authentischen, lebensnahen Glauben bei den Personen, so wie sie beschrieben werden.
Was das Buch ein bisschen gerettet hat, sind die bereits erwähnte, trotz allem vorhandene Spannung und das Ende. Das wieder war inspirierend und passend. Dennoch: Alles in allem nicht genug.
Fazit: Ein Buch, das leider hinter anderen Büchern der Autorin weit zurücksteht und das ich daher auch nicht weiterempfehlen würde.

Bewertung vom 13.11.2018
Mein heller Abgrund
Wiman, Christian

Mein heller Abgrund


ausgezeichnet

Dieses Buch stand, das muss ich zugeben, eine Weile bei mir im Regal, bevor ich angefangen habe, es zu lesen. Dann aber hat es mich richtig beeindruckt, geradezu überwältigt. Mit so einem Feuerwerk der Sprache hätte ich nicht gerechnet. „Mein heller Abgrund“ ist ein Buch voller Poesie und tiefer Wahrheiten, das mich immer wieder zutiefst berührt hat. Es ist ein Buch voller Schmerz und Hoffnung, voller Trauer , Angst und Freude. Christian Wiman benutzt eine unvergleichliche Sprache, um uns auf uns selbst zurückzuwerfen.
Das Thema: Der Autor, welcher nach eigener Aussage jahrelang überhaupt nicht an Gott dachte, bekommt die vernichtende Krebsdiagnose. Diese ändert alles und führt unter anderem zu dieser wunderbaren Sammlung von Gedichten, Zitaten und Überlegungen, über viele Jahre hinweg geschrieben, immer vor dem Hintergrund des Bewusstseins des eigenen möglichen Todes. Der Autor spricht dabei auf eine Art und Weise von Gott und seinem Glauben, die ganz anders ist als die, welche man sonst meistens antrifft. Aber, wie ich finde, auch sehr viel echter und ehrlicher. Da sind keine unumstößlichen Gewissheiten, außer der einen: Gott ist Kontingenz, ist Ungewissheit.
„In der Minute, in der man anfängt, mit Gewissheit über Gott zu sprechen, ist er fort.“
Was ihn zum Glauben geführt hat, ist die Erkenntnis, dass seine alten Vorstellungen nicht ausreichen für das, was das Leben an Trauer und Schmerz, aber auch an Freude zu bieten hat. Eine sehr schöne Beschreibung: Gott, der nicht wie ein Sturm in unser Leben hineinbricht, sondern ihm einfach mehr Sinn verleiht als alles andere. Der Autor hat dabei eine sehr intensive Art, von Gott zu sprechen bzw. zu schreiben, die mich sehr berührt hat und die ich so noch in kaum einem anderen Buch gefunden habe. Abseits von überzogenen Erwartungen und Klischees, Sätzen, die so viel leichter dahergesagt sind als gefühlt. Gott ist immer bei uns? Ich bin mir sicher, niemand fühlt das immer so, wir alle müssen auch mit Gottes Abwesenheit in unserem Leben klarkommen und Christian Wiman hat dies nicht nur erkannt, sondern versucht in einem immer wieder auch verzweifelten Ringen, dafür eine Sprache zu finden. Was er letztlich sucht, ist eine Sprache für das Gefühl des Verlorenseins, das mit unserem Leben untrennbar verbunden ist. Er schreibt von einem Gott, den er als einen Gott der Trauer und der Liebe, der Abwesenheit und des Beständigen, aber auch des vernichtenden Schweigens erlebt.
Christian Wimans Art, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen, ist die vielleicht beste und bewegendste, die man sich vorstellen kann, sodass am Ende vor allem eines bleibt: Hoffnung und Ermutigung. Gleichzeitig berichtet er auch von seiner nie enden wollenden Suche nach Gott, welche im Titel des Buches wunderschön zusammengefasst ist. Er gibt auf die Frage, warum er trotzdem Christ ist, eine ebenso einfache wie überzeugende Antwort: wegen jenes Momentes am Kreuz, in dem Jesus rief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ Dies lässt, so Wiman, nur den Schluss zu, dass die Einsamkeit in menschlichem Leid eine Illusion ist, denn Gott ist bei uns. Diese Erkenntnis hat nichts zu tun mit oft gehörten und zitierten Beteuerungen auf diese altbekannte Frage, sondern hat einen anderen, viel tieferen Klang.
Auf dieses Buch muss man sich einlassen, viele Abschnitte vielleicht sogar mehrmals lesen. Und wahrscheinlich wird man trotzdem bei nochmaligem Lesen immer wieder Neues entdecken. Vieles ist kompliziert, aber nicht auf abschreckende Weise, sondern eher so, dass es zum Nach- und Weiterdenken anregt.
Fazit: Dieses Buch muss man selbst gelesen zu haben, denn es in wenigen Sätzen zusammenzufassen ist unmöglich. Wir haben es hier mit einem Autor zu tun, der anerkennt, dass man nicht alles verstehen kann und wird, und der das auch gar nicht erst versucht. Der von Gottes Liebe sprechen kann, ohne pathetisch zu werden und den mahnenden Zeigefinger zu erheben. Ein philosophisches, theologisch

Bewertung vom 08.11.2018
Größer als der Schmerz
Tuff, Antoinette;Tresniowski, Alex

Größer als der Schmerz


ausgezeichnet

Das Mitgefühl, das Gott uns zu erweisen gebietet

Wie kam es dazu, dass Antoinette Tuff in der Schule, in der sie arbeitet, eines Tages in den Lauf eines Gewehres blickt? In diesem Buch erzählt sie ihre ganz persönliche Geschichte, die sie schließlich befähigte, voller Mitgefühl zu reagieren, als es darauf ankam. Für sie ist klar: Gott hat sie auf genau diesen Tag vorbereitet.
Ein wunderbares Buch mit einer traurigen, aber auch wunderschönen Geschichte, das mich echt umgehauen hat. Die Autorin, Antoinette Tuff, erzählt sehr bewegend und unglaublich authentisch ihre Geschichte einer letztendlich gescheiterten Ehe, eines behinderten Kindes und von ihrem Wunsch, sich umzubringen. Es ist die Geschichte eines vereitelten Amoklaufes, verknüpft mit Rückblicken und Erinnerungen – definitiv eine Geschichte, die unter die Haut geht, und die doch nichts von mitleidheischender Dramatik hat und auch ganz ohne Selbstmitleid auskommt. Es bleibt das Bild einer starken Frau um Gedächtnis, vor der man nur den Hut ziehen kann. In all dem bleibt sie bescheiden und betont stets, dass dies keine Geschichte über außergewöhnlichen Heldenmut ist, sondern eine Geschichte darüber, wie es ist, ein Gefäß Gottes zu sein. Es spricht ein tiefes Gefühl des Verlorenseins durch ihre Zeilen, bis sie einen Menschen trifft, der genauso verloren ist, und nur deshalb kann sie ihm wahrscheinlich helfen. Deshalb spricht mindestens ebenso viel Hoffnung und Gottvertrauen aus ihr, wenn sie sagt, dass Gott es wirklich tut: Er schickt uns Menschen, die wir brauchen, wenn wir sie brauchen und wie wir sie brauchen. Das Schöne ist, dass in dem Buch klar wird, dass ihr Gottvertrauen nicht einfach so vom Himmel gefallen ist. Es ist durch viele Schmerzen und Kämpfe gegangen.
„Ich versuchte die Würde in denen zu sehen, die Schwierigkeiten hatten und den Funken in denen, die in der Dunkelheit verweilten. Ich versuchte, für die stark zu sein, die schwach waren und ich versuchte, diejenigen aufrecht zu halten, die fallen würden.“
Ein beeindruckendes Plädoyer dafür, nicht immer nur auf sich selbst zu schauen, sodass wir der Mensch sein können, der zu sein Gott uns vorbereiten möchte, jederzeit offen dafür, dass Gott uns bittet, für jemanden ein Engel zu sein.
Fazit: Ich muss ehrlich sagen, auch wenn ich das Buch toll finde, die Sprache hat mich anfangs nicht umgehauen. Sie ist manchmal unbeholfen, stilistisch auf jeden Fall verbesserungswürdig. Doch gerade das macht auch den Reiz dieses Buches aus, denn eines ist die Sprache sehr wohl: Unglaublich ehrlich und genau dadurch berührt sie mich. Ich habe einen wahnsinnigen Respekt davor, wenn jemand so ehrlich seine Geschichte erzählen kann, ohne groß auszuschmücken oder abzuschweifen. Es ist die Geschichte einer Frau, die es schafft, einem anderen Menschen das Mitgefühl zu erweisen, das Gott uns zu erweisen gebietet, wie sie selbst es so schön ausgedrückt hat. Kann ich nur weiterempfehlen.

Bewertung vom 23.10.2018
Das Kind aus dem versteckten Dorf
Joubert, Irma

Das Kind aus dem versteckten Dorf


ausgezeichnet

Spannend und einfühlsam
Mentje muss untertauchen, als sie 9 Jahre alt ist. Zuerst verschlägt es sie in ein verstecktes Dorf im Wald, in dem außer ihr nur Juden leben. Als sie dort nicht mehr bleiben kann, flieht sie zu ihrer Tante nach Arnheim und bekommt dort die Auswirkungen des Krieges am eigenen Leib zu spüren. Doch sie lässt sich nicht unterkriegen…
Nach den vorherigen Büchern der Autorin habe ich dieses mit Spannung erwartet und mich sehr darauf gefreut. Es hat mich nicht enttäuscht! Wie stets bei Irma Joubert, haben wir es mit einer ganz besonderen Geschichte zu tun, auch diesmal wieder aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Dabei sind eine spannende Handlung, authentische und mutige Charaktere sowie ein Rück- und Einblick in die damaligen Verhältnisse zu einem durchweg stimmigen Ganzen verflochten. Die Protagonistin Mentje hat es mir schnell angetan, da sie eine bemerkenswerte Persönlichkeit besitzt und trotz aller Rückschläge und Schwierigkeiten nie aufgibt. Also habe ich mit ihr mitgelitten, mitgefiebert und mitgekämpft. Dazu kommt die Geschichte, die von Anfang an Mentjes Gefühlsleben sehr einfühlsam beschreibt und spätestens nach dem Umzug zur Tante nach Arnheim auch unglaublich spannend ist, sodass ich das Buch kaum aus der Hand legen wollte. Außerdem wird ein sehr authentischer und erschütternder Einblick gewährt in das Leben unter dem Schatten des Zweiten Weltkrieges: Angst, Hunger, Zerstörung und Tod waren an der Tagesordnung. All diese Dinge kommen auch in diesem Roman zur Genüge vor, ohne ihnen mehr Raum einzugestehen als sie tatsächlich hatten.
Fazit: Mal wieder ein wunderbares Buch von dieser Autorin, die immer sehr feinfühlig und fesselnd zu schreiben versteht. Ich kann es nur, wie auch alle anderen Bücher von ihr, weiterempfehlen!

Bewertung vom 04.10.2018
Was Christen glauben
Wilckens, Ulrich

Was Christen glauben


weniger gut

Überzeugtes Christsein?
Ulrich Wickens hat hier eine Artikelreihe in Form von Impulsen zusammengestellt, die sich am Kirchenjahr orientieren und gleichzeitig für ihn wesentliche Inhalte des christlichen Glaubens zusammenfassen. Er selbst hat diese kurzen Texte im Rahmen des Reformationsjahres fast wöchentliche geschrieben. Unter anderem geht es darin auch um Glaubensfragen, die alle Christen, ob evangelisch oder katholisch, gleich beantworten, womit er für die Einheit der Kirche plädiert.
Dies war ein Buch, mit welchem ich mir sehr schwer getan habe. Lange bin ich nicht über den ersten Abschnitt, eine einleitende Darstellung des Vaterunsers, hinausgekommen, da mich schon hier vieles irritiert hat. Im Allgemeinen wurde es dann einfacher, sobald die relativ kurzen Impulse anfingen. Diese sind auch gut zwischendurch zu lesen, da sie immer nur ein paar Seiten umfassen. Gut gefallen hat mir die kurze und prägnante Art dieser Texte, die nicht zu viele Worte verlieren. Allerdings bestehen sie oft zur Hälfte aus Bibelzitaten.
Im Großen und Ganzen kann man wohl sagen, dass der Autor sehr klare Überzeugungen vertritt. Schade finde ich, dass er in meinen Augen keinerlei Raum für Zweifel und vielleicht andere Ansichten lässt, die es aber de facto gibt und auch geben dürfen muss. Es sind auch teilweise Überzeugungen, die ich ganz und gar nicht teile, und die, auch wenn der Autor es anders schreibt, nicht wirklich biblisch begründet sind. Das finde ich immer merkwürdig und ein bisschen schade. So wirken seine Ansichten oft sehr einengend und hin und wieder befremdlich. So bspw., wenn es um ein Gebet geht, „was man jetzt täglich auswendig beten sollte“, was schon mehr als ein Vorschlag ist. Auch seine Begründungen und Schlussfolgerungen, was das Vaterunser anbelangt, klingen oft unnötig kompliziert und verworren, und sind auch nicht unbedingt immer nachvollziehbar. Auch die im Titel gestellte Frage, woran Christen eigentlich glauben, wird nicht wirklich beantwortet.
Fazit: Allgemein wirken weite Teile des Buches auf mich wie fromme Reden mit wenig Inhalt, wenn ich ehrlich bin. Da werden theologische Floskeln in einer sehr hochgestochenen, salbungsvollen Sprache verwendet. Vielleicht gibt es Leser, denen diese Art der Lektüre mehr zusagt als mir. Ich jedenfalls würde das Buch nicht empfehlen. Dafür ist es mir zu steril und festgefahren.

Bewertung vom 27.09.2018
Was Macht mit Menschen macht
Liebelt, Markus

Was Macht mit Menschen macht


gut

Machtfallen begegnen
In christlichen Gemeinden verbergen sich, wie überall, vielfältige Machtspielchen und Verlockungen, bewusste und unbewusste, die auf Dauer die Gemeinschaft nachhaltig schädigen können. Wie diese rechtzeitig erkannt und beim Namen genannt werden können, davon handelt dieses Buch. Aber auch, wie dadurch das menschliche Miteinander täglich beeinflusst wird, vielleicht ohne dass wir es merken.
Ein für mich sehr schwer zu bewertendes Buch. Ich gehöre wahrscheinlich nicht direkt zur Zielgruppe als jemand, der in keinster Weise in einer geistlichen Leitung tätig ist. Zum Inhalt und Schreibstil kann ich dennoch etwas sagen. Der Autor beschreibt schließlich auch allgemeine menschliche Mechanismen der Machtausübung, die überall anzutreffen sind. Ein an sich sehr interessantes und vielschichtiges Thema, mit dem man sich auf jeden Fall beschäftigt haben sollte. In gewisser Weise hilft das Buch dabei, denn es befasst sich sehr strukturiert mit den verschiedensten Machtmechanismen, denen wir begegnen. So listet er verschiedene Faktoren auf, die oft eine Rolle spielen, wenn es um Macht geht: Zeit, Geld, Wissen, Dominanz usw. Des weiteren beschäftigt er sich mit verschiedenen Konstellationen, die Machtgedanken evozieren können: der Generationenkonflikt, die Macht der Seelsorge und die Macht des Wortes. Keines von diesen Themen sollte man leichtfertig übergehen. Der Autor bemüht sich ebenfalls, mit vielen Missverständnissen aufzuräumen. So mahnt er Vorsicht an, wenn es z.B. darum geht, Gottes Willen zu erkennen und anderen mitzuteilen. Auch hier lauert wieder die Versuchung, in Wirklichkeit ganz eigene Motive durchzusetzen. Im Prinzip sollte jeder, auch wenn er denkt, gegen Machtgedanken gefeit zu sein, seine Handlungsabsichten stets genau hinterfragen.
Es gab allerdings auch einiges, was mich in der einen oder anderen Weise gestört hat. Da wäre zunächst der Umgang des Autors mit der Bibel. Viele Dinge begründet er damit, dass sie „im Neuen Testament nicht vorgesehen“ seien oder nicht „biblisch begründet“ werden können. Das sind meiner Meinung nach sehr schwammige Formulierungen, die zu kurz greifen. Schließlich sind Gemeinde, Leitung und Kirche heute viel komplexer und auch ganz anders als damals. Deshalb können sich nicht alle Fragen in der Bibel direkt beantworten lassen. Wohlgemerkt, der Autor spricht hier nicht von einer Übereinstimmung mit der Schrift im Geiste, sondern von einem direkten Begründen organisatorischer Strukturen aus der Bibel. Außerdem sind die Erklärungen oft sehr ausfernd. An vielen Stellen schreibt er sehr klar und deutlich, durchaus realistisch. An anderen wiederholt er sich mehrmals, wählt nur geringfügig andere Formulierungen. Dadurch wurde das Lesen zwischenzeitlich sehr langatmig, da nichts Neues hinzukam. Zudem verwendet er einige Begriffe recht konsequent ohne Artikel, redet bspw. von „Gemeinde, die etwas tun muss“ statt von „der Gemeinde“. Das ist zwar nur eine Kleinigkeit, hat mich jedoch auch jedes einzelne Mal irritiert und gestört.
Fazit: Ein schwierig zu lesendes Buch, da trotz einiger interessanter Passagen viele Teile sehr langatmig geworden sind. Der Autor drückt sich oft oberflächlich-diffus aus und an einigen Stellen schien mir auch das Thema des Buches in den Hintergrund gerückt. Insgesamt wohl kein Buch, das ich weiterempfehlen würde.