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Benutzername: 
BabsyZ
Wohnort: 
Waiblingen

Bewertungen

Insgesamt 71 Bewertungen
Bewertung vom 10.05.2022
Die sieben Männer der Evelyn Hugo
Reid, Taylor Jenkins

Die sieben Männer der Evelyn Hugo


ausgezeichnet

Als die junge Journalistin Monique Grant den Auftrag erhält, für ihre Zeitung einen Bericht über die große Diva Evelyn Hug und die anstehende Auktion ihrer Kleider zu schreiben, ahnt sie nicht, auf welches Wagnis sie sich einlässt und wie nachhaltig es ihr Leben verändern wird. Denn Evelyn will endlich die ganze Wahrheit über ihr skandalöses Leben erzählen und Monique soll ihre Biografin sein.
Je mehr sich die Gespräche zwischen Schauspielerin und Journalistin dem Ende näher, um so mehr wird klar, dass Evelyn ein Geheimnis hütet, das Monique ganz direkt betrifft.

Dieser Roman ist einfach wunderbar. Taylor Jenkins Reid versteht es, das glamouröse Hollywood vergangener Tage vor dem Auge der Leser/innen wieder auferstehen zu lassen. Zwangsläufig drängen sich die Gedanken an Marilyn Monroe, Elizabeth Taylor oder Katherine Hepburn auf. Das ist leicht und mitreißend geschrieben, dabei immer authentisch und sehr tiefgründig. So werden Menschen beschrieben, die für ihren Traum von Ruhm und Unsterblichkeit Lügen, Betrügen, oft auf Kosten anderer und dabei ihr eigenes Glück verleugnen. Und es ist ein Plädoyer für Toleranz in jeder Beziehung, sei es Hautfarbe, Herkunft oder sexuelle Orientierung.

Mein Fazit: Ein hinreißender Roman über die schöne Scheinwelt Hollywood mit Tiefgang. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 08.05.2022
Die Psychologin
Flood, Helene

Die Psychologin


sehr gut

Die Psychologin Sara und ihr Mann Architekt Sigurd sind jung, stehen beide am Anfang der Selbstständigkeit und chronisch mit sich und ihrem Leben überfordert. Während Saras Praxis für Jugendliche schleppend anläuft arbeitet ihr Mann bis spät in die Nacht. Das Haus, das die beiden geerbt haben, ist im Umbau, doch auch dieser kommt nicht voran. Über all diesen Problemen droht das junge Ehepaar zu zerbrechen, als Sigurd sich morgens zu einem Wochenendausflug mit Freunden verabschiedet. Doch er kommt nie an, ein paar Tage später wird seine Leiche gefunden. Während die Polizei nach dem Täter fahndet häufen sich seltsame Vorfälle in Saras Haus und es scheint, sie gerät zusehends selber in Gefahr.

Die Psychologin ist ein solider Thriller mit einer durchaus interessanten Handlung. Erzählt wird ausschließlich aus der Sicht von Sara. So werden wir Zeugen der Therapiestunden mit ihren Patienten, der schlaflosen Nächte in einem leeren Haus, der Befragungen durch den Polizisten Gundersen und vieler Erinnerungen an die viel zu früh verstorbene Mutter, den unzugänglichen und weltfremden Vater und natürlich der Ehe mit Sigurd. Das ist psychologisch sehr interessant, die Spannung allerdings bleibt dabei eher auf der Strecke. Diese nimmt erst gegen Ende durch eine Wendung zu und bietet dann ein recht gutes Finale. Insgesamt fehlte für meinen Geschmack die Authentizität: weder Sara noch die Polizeiarbeit sind in meinen Augen wirklich glaubwürdig dargestellt.

Mein Fazit: Solider, ruhiger Thriller, psychologisch interessant aber mit etwas wenig Spannung aber Gänsehaut-Momenten.

Bewertung vom 02.05.2022
Real Easy
Rutkoski, Marie

Real Easy


ausgezeichnet

Spannende Milieustudie

Aus dem Stripclub Lovely Lady in Fremont, Illinois verschwinden 1999 zwei Tänzerinnen. Eine wird kurz danach ermordet aufgefunden, die zweite ein paar Wochen später. Detectiv Holly Meylin und ihr Partner Victor Amador übernehmen den Fall und sind sich schnell sicher, dass es sich um einen Serientäte handeln muss. Ihre Ermittlungen konzentrieren sich auf das Umfeld des Clubs aber auch ein Polizist gerät ins Fadenkreuz.

Real Easy ist kein Thriller im herkömmlichen Sinn. Zwar geht es um die Suche nach einem Serienkiller, doch viel mehr Augenmerk wird auf das gar nicht einfache Leben der Protagonisten gelegt. So wird aus den unterschiedlichsten Perspektiven erzählt, immer wieder gibt es Erinnerungen und Rückblenden. Jeder, egal ob Stripperin oder Polizist, hat mit seinem eigenen Schicksal und den eigenen Dämonen der Vergangenheit zu kämpfen, sei es der Tod eines Kindes oder der alltägliche Rassismus und Sexismus, der uns alle umgibt. Das ist immer wieder berührend, stellenweise schockierend und von der ersten bis zur letzten Seite spannend. Ich wünsche mir weitere Bücher mit dem Gespann Meylin-Amador!

Mein Fazit: Spannende, psychologisch interessante Milieustudie und aufwühlender Roman. Sehr lesenswert!

Bewertung vom 01.05.2022
Kaiserstuhl
Glaser, Brigitte

Kaiserstuhl


ausgezeichnet

Champagner und deutsche Geschichte

1962 – das Wirtschaftswunder ist im vollen Gange, de Gaulle und Adenauer bereiten die Deutsch-Französische Freundschaft vor und die Kuba-Krise droht, den Weltfrieden erneut zu zerstören. Henny Köpfer betreibt in Freiburg die größte und exklusivste Weinhandlung der Stadt. Ihren Vater hat sie im Krieg verloren, dafür unter einem brennenden Baum einen kleinen Jungen gefunden – Kaspar, der wie ihr Sohn ist. Als dieser unangekündigt bei ihr auftaucht, mit einer Flasche Champagne der Marke Vossinger aus dem Jahr 1937, gerät Hennys Leben in Aufruhr. Diese nicht besonders wertvolle Flasche, die plötzlich zum begehrten Objekt wird, öffnet die Schleusen zu den Geheimnissen der Vergangenheit. Und sie führt Henny und ihre Lieben in Gefahr.

Kaiserstuhl ist ein unglaublich vielschichtiger Roman. Auf der einen Seite zeigt Brigitte Glaser mit den liebevoll und authentisch dargestellten Personen, welche Wunden der Zweite Weltkrieg hinterlassen hat, welche düstere Geheimnisse er für manche Menschen bedeutet hat. Familien, die auseinandergerissen wurden, Liebe, Verrat, Schuld, Zweckgemeinschaften, aus denen echte Freundschaften entstanden sind. Aber auch Nazi-Größen, die es meisterhaft verstanden haben, auch nach dem Krieg in die höchsten und einflussreichsten Positionen zu gelangen. Auf der anderen Seite eine Zeit des Aufbruchs, der Hoffnung, der Jugend. Erzählt wird die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, immer wieder in Rückblicken. Und immer kann man sich dabei sehr gut in die Personen und die Geschehnisse hineinversetzen.

Mein Fazit: ein wunderbarer und gut recherchierter Roman über die deutsche Geschichte und edle Tropfen. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 26.04.2022
Das Leben eines Anderen
Hirano, Keiichir_

Das Leben eines Anderen


ausgezeichnet

Identitätstausch und Lebenslügen

Scheidungsanwalt Akira Kido steht vor den Scherben seiner Ehe und ist mit seinem Leben unzufrieden. Da bittet ihn eine ehemalige Klientin um Hilfe in einer delikaten Angelegenheit: ihr zweiter Mann Taniguchi Daisuke, der vor einem Jahr verstorben ist, war in Wirklichkeit ein anderer. Kido macht sich auf die Suche nach der wahren Identität des Verstorbenen und stößt auf eine Welt, in der Männer mit zweifehafter oder krimineller Vergangenheit ihre Identität mit anderen tauschen. Während er sich der Wahrheit nähert, spielt er selber immer wieder mit dem Gedanken, sein eigenes Leben hinter sich zu lassen und kommt sich selbst dabei immer näher.

Das Leben eines anderen ist ein tiefgründiger aktueller japanischer Roman über Identitätskrisen, den Umgang mit der eigenen Vergangenheit und dem alltäglichen japanischen Rassismus zum Beispiel gegen Koreaner oder Chinesen. Gleichzeitig konfrontiert uns Hirano mit philosophischen Fragen: was prägt den Menschen, ist es seine Herkunft, seine Abstammung oder das Leben, das er selber wählt? Was macht Liebe aus? Das liest sich stellenweise fast emotionslos – ein typisch asiatischer Schreibstil – und ist an anderer Stelle von unglaublicher Poesie. Dabei zieht der Roman seine Spannung nicht aus einer temporeichen Handlung, sondern aus den unterschiedlichen, tragischen Lebensläufen der Protagonisten und den tiefen Einblicken in die Seele der Menschen.

Mein Fazit: Ein raffinierter und äußerst interessanter moderner japanischer Roman. Sehr lesenswert!

Bewertung vom 18.04.2022
Engel des Todes / Paul Stainer Bd.3
Ziebula, Thomas

Engel des Todes / Paul Stainer Bd.3


ausgezeichnet

Leipzig im März 1920. Nach dem so genannten Kapp-Putsch formieren sich unterschiedliche politische Gruppierungen, um gegen die neue Regierung zu protestieren. Die Lage spitzt sich dramatisch zu und gipfelt im „Blutsonntag“. In dieser sowieso angespannten Situation müssen Kriminalinspektor Paul Steiner und seine Kollegen eine Serie grauenhafter Morde aufklären. Alle Opfer wurden gewürgt und enthauptet, bei allen fand sich eine Fotografie des Jagdfliegerhelden von Richthofen. Während in Leipzig ein Bürgerkrieg tobt kommt die Polizei dem Täter auf die Spur.

Engel des Todes ist kein Krimi im klassischen Sinn. Es ist vielmehr ein spannender Roman über ein weiteres dunkles Kapitel deutscher Geschichte. Die Charaktere, allen voran Stainer, sind authentisch beschrieben, so dass man sich gut in ihr Denken und Handeln hineinfühlen kann. Ehemalige Soldaten, die von ihren Kriegstraumata verfolgt werden, eine Ausdruckstänzerin, die das Nachkriegspublikum gleichermaßen abstößt wie begeistert, der aufkeimende Nationalsozialismus zeigen die Zwanzigerjahre von ihrer düsteren Seite und laden dazu ein, sich mehr mit der Zeit zu beschäftigen. Das Leipzig der damaligen Zeit kann man sich lebhaft vorstellen, eine Karte auf den Innenseiten des Buchrückens des liebevoll gestalteten Buches hilft bei der Orientierung.

Mein Fazit: Ein spannender, gut recherchierter historischer Roman um den Kapp-Putsch und Menschen im Ausnahmezustand. Absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 06.04.2022
Die Sommerschwestern Bd.1
Peetz, Monika

Die Sommerschwestern Bd.1


sehr gut

Familientreffen mit Höhen und Tiefen

Es ist ein Familientreffen der besonderen Art, zu dem Henriette Thalberg ihre 4 Töchter Yella, Doro, Amelie und Helen zusammenruft. Sie alle haben keinen besonders innigen Kontakt zu einander, der Alltag hat die 4 grundverschiedenen Schwestern einander entfernt. Und dann findet das Treffen ausgerechnet im holländischen Bergen statt, dem Ort an der Nordsee, an dem die Familie bis zum viel zu frühen Unfalltod des Vaters jeden Urlaub verbrachte. Mit gemischten Gefühlen und vielen Geheimnissen im Gepäck treffen sich die Thalbergfrauen – doch das größte Geheimnis hat Mutter Henriette.

In ihrem neuen Roman erzählt Monika Peetz von den typischen Problemen und Kämpfen, die sich ergeben, wenn Familien nach langer Zeit wieder zusammenkommen. Während die einen in schönen Erinnerungen schwelgen, kämpfen andere mit den weniger guten Erlebnissen der Kindheit und Jugend. Dazu eine Mutter, der man es einfach nicht Recht machen kann. Leider fehlt mir bei dem Buch ein wenig die Tiefe, aus den verschiedenen Charakteren und den von Anfang an unterschwellig vorhandenen Geheimnissen hätte man einiges mehr gewinnen können. Sehr gut gefallen haben mir die Beschreibung der holländischen Nordseeküste, der Wetterwechsel, über den Himmel ziehenden Wolken, die Eigenarten der Niederländer.

Mein Fazit: Ein unterhaltsamer Familienroman, der ein wenig mehr Tiefe hätte vertragen können.

Bewertung vom 21.03.2022
Die Kinder sind Könige
Vigan, Delphine

Die Kinder sind Könige


ausgezeichnet

Erschreckend realistisch

Mélanie hat den Traum, den so viele junge Menschen heute träumen: berühmt zu werden. Nachdem sie beim Versuch, in einem Reality-TV-Format diesem Traum näher zu kommen scheitert, führt sie zunächst ein normales Leben, heiratet, bekommt Kinder. Doch sie ist unglücklich und gelangweilt. So kommt sie auf die Idee, Videos ihrer Kinder auf youtube zu veröffentlichen. Damit beginnt ihr neues Leben: Mélanie wird erfolgreiche youtuberin, ihr Sohn Sammy und vor allem Tochter Kimmy werden wahre kleine Stars. Doch der Ruhm hat seinen Preis: während immer neue Videos gedreht werden müssen, um Follower und Sponsor zufrieden zu stellen, wird Kimmy immer unwilliger. Als das kleine Mädchen schließlich beim Spielen verschwindet, taucht die Polizistin Clara in die ihr bis dahin unbekannte der Social Media ein und stellt schnell fest, dass es fast unmöglich ist, einen Verdächtigen zu finden, wenn Tausende jede kleine Einzelheit des Lebens der Verschwunden kennen.

Die Kinder sind Könige ist ein erschreckend realistischer Roman über die schöne neue Welt der Social Media und ihrer Gefahren. Vor allem Eltern, die ihre Kinder der Öffentlichkeit aussetzen, sie zum Teil regelrecht ausnutzen, ihr gesamtes Einkommen vom Auftritt der Kinder in der Öffentlichkeit beziehen, gehen ein hohes Risiko ein. Es geht hier nicht nur um die Gefahren des Stalkings oder des Neides. Vielmehr geht es um die Folgen, die ein Fehlen an Privatsphäre und Kind sein dürfen mit sich ziehen.
Das ist authentisch und einfühlsam beschrieben. Ein Roman, der eine eigene Sogwirkung entfaltet und sehr nachdenklich stimmt.

Mein Fazit: ein wichtiger, hoch aktueller und stellenweiser schmerzhafter Roman. Absolut lesenswert!