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Benutzername: 
morgain66
Wohnort: 
Ludwigshafen

Bewertungen

Insgesamt 102 Bewertungen
Bewertung vom 13.04.2014
Die zerbrochene Puppe
Vogt, Judith;Vogt, Christian

Die zerbrochene Puppe


ausgezeichnet

Der Künstler Naðan von Erlenhofen und seine Frau, die Physikerin Æmelie wollen auf einem Kongress eine ganz neue Erfindung vorstellen. Eine Brennstoffzelle, wie sie die Welt noch nie gesehen hat und mit deren Hilfe ganz neue Möglichkeiten offen stehen. Doch noch am gleichen Abend wird Æmelie getötet, die Pläne gestohlen und Naðan bleibt nichts, als Æmelies Porzellanpuppe Ynge. Er schwört Rache und da er nicht sicher sein kann, ob seine Frau wirklich tot ist, denn ihr Körper ist verschwunden, macht er sich voller Hoffnung auf den Weg zu der Insel Æsta, einer schwimmenden Stadt auf einem Eisberg, zu der ihn eine kleine Spur geführt hat. Ohne Hilfe und ohne Geld versucht er herauszufinden was auf dieser Insel gespielt wir und kommt einem schrecklichen Geheimnis auf die Spur. Und dann beginnt auch noch die Puppe mit ihm zu sprechen.

Da ich bei Lovelybooks bei der Leserunde zu "Eis und Dampf" einer Steampunk-Anthologie teilnehmen möchte und erfuhr, dass alle Geschichten mit dem Buch "Die zerbrochene Puppe" zu tun haben, schnappte ich mir das Buch das sowieso schon auf meinem SuB lag und begann neugierig zu lesen. Was für ein Glück, denn ich bekam Steampunk vom Feinsten. Luftschiffe, Maschinen, verrückte Wissenschaftler und Professoren, Intrigen, starke Frauen, Huren, Verräter, Kämpfe, die Geschichte hat alles was das Herz des Lesers begehrt.

Die Beschreibungen der schwimmenden Stadt Æsta sind sehr gut gelungen. Fabriken, schwarzer Rauch überall, arme Menschen, die in den Fabriken schuften, Reiche, die die Armen ausbeuten und mitten drin Naðan auf der Suche nach seiner Frau oder zumindest nach ihrer Leiche, die er beerdigen möchte. Immer dabei die Puppe Ynge, die plötzlich beginnt mit Æmelies Stimme mit ihm zu sprechen. Es war schon ein seltsames Bild das ich im Kopf hatte. Ein erwachsener Mann, der immer eine Puppe mit sich trägt und auch noch mit ihr spricht.

Die Charaktere der Geschichte waren einfach nur klasse. Leider verschwand Æmelie viel zu früh, denn ich fand sie sehr interessant. Aber auch Tomke und die Gräfin waren tolle Figuren. Genau wie der total irre Professor. Naðan machte im Laufe der Geschichte eine starke Verwandlung durch. Am Anfang war er mir nicht sonderlich sympathisch, denn er war ein rassistischer Snob erster Klasse. Er hatte schrecklich viele Vorurteile und hielt sich für etwas besseres. Nur leider hilft ihm das kein bisschen auf Æsta.

Der Schreibstil des Autorenpaares ist sehr bildhaft, flüssig und wunderbar zu lesen. Wir bekommen auch ein paar Einblicke in das nordische Leben und ich kann absolut keinen negativen Punkt finden. Keine Seite war langweilig oder unnötig und die Geschichte zog wie ein Film durch meinen Kopf. Ich konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen und darum vergebe ich auch 5 von 5 Punkte, den Favoritenstatus und eine Leseempfehlung an alle Steampunk-Freunde oder die, die es noch werden wollen.

© Beate Senft

Bewertung vom 11.04.2014
Der Distelfink
Tartt, Donna

Der Distelfink


ausgezeichnet

Eigentlich sollte es ein ganz normaler Tag im Leben von Theo Decker werden. Da er und seine Mom noch Zeit zu überbrücken haben, entschließen sie sich zusammen das Museum zu besuchen. Seine Mutter interessiert sich sehr für Kunst und möchte ihrem Sohn ein paar besondere Gemälde zeigen. Doch dann passiert schreckliches und Theos Mutter ist tot. Sein Vater ist ein Jahr zuvor abgehauen und der 13-jährige steht plötzlich ganz alleine da. In seiner Verwirrung und dem Chaos nach dem Tod seiner Mutter hat er ein Gemälde entwendet, das sein ganzes weiteres Leben bestimmten soll. Er trifft ein paar falsche Entscheidungen und steht plötzlich an einem Punkt, an dem er nicht mehr weiter weiß. Ist jetzt wirklich alles vorbei? Gibt es nur noch den Ausweg des Selbstmordes? Oder gibt es doch noch Hoffnung?

Dieses Buch hat es wirklich in sich. Genau wie für ihre anderen Bücher hat die Autorin auch an diesem jahrelang gefeilt, recherchiert und geschrieben. Und das merkt man diesem Buch auch an. Hier stimmt jeder Satz, jedes Wort sitzt an der richtigen Stelle. Die Geschichte beginnt in New York. Theo und seine Mum haben eine sehr enge Beziehung. Zwischen ihm und seinem Vater ist eine große Distanz. Der Vater ist fast immer betrunken und hat so gut wie kein Interesse an seinem Sohn. Als er schließlich verschwindet, trauern ihm Frau und Sohn auch nicht hinterher. Aber als Theo seine Mutter verliert, verliert er auch seinen Lebenswillen. Er funktioniert nur noch wie ein Automat. Nicht einmal die vielen Veränderungen in seinem Leben können ihn aus seiner Trauer herausholen.

Theo versackt schließlich in Alkohol und Drogen. Doch er findet auch einen Freund der ihm näher steht als sonst irgend jemand zuvor. Mit Ausnahme seiner Mutter natürlich. Die Protagonisten sind sehr gut ausgearbeitet und facettenreich. Donna Tartt ist es gelungen, ihren Personen so viel Leben einzuhauchen, dass ich oft dachte, ich müsste Theo oder Boris jeden Moment begegnen. Ich konnte sie regelrecht vor mir sehen. Ihre Mimik, ihre Gestik, ihr ganzes Sein. Das schaffen nur sehr wenige Autoren. Ich litt so sehr mit Theo und konnte gleichzeitig alles aus einer gewissen Distanz betrachten.

Hier ist mal ein kleiner Ausschnitt der mich besonders berührt hat:
"Die Leute spielten Roulette oder Golf, pflanzten Gärten, handelten mit Aktien, hatten Sex, kauften neue Autos, machten Yoga, arbeiteten, beteten, renovierten ihre Häuser, regten sich über die Nachrichten auf, verhätschelten ihre Kinder, tratschten über die Nachbarn, studierten Restaurant-Kritiken, gründeten wohltätige Organisationen, unterstützten politische Kandidaten, nahmen an den U.S. Open teil, speisten und reisten, lenkten sich mit allen möglichen Spielzeugen und Geräten ab und überfluteten sich unaufhörlich mit Informationen und Texten und Kommunikation und Unterhaltung aus allen Richtungen, um vergessen zu machen wo wir waren, was wir waren. Aber bei hellem Licht betrachtet ließ es sich auf keine Weise schönreden. Es war von oben bis unten beschissen. Zeit im Büro absitzen, gehorsam 2,5 Kinder Nachwuchs gebären, bei seiner Pensionsfeier höflich lächeln und dann an seinem Bettlaken kauen und im Pflegeheim an Pfirsichen aus der Dose ersticken. Es war besser, nie geboren worden zu sein - nie etwas gewollt - nie etwas gehofft zu haben. " (Seite 633)

Am Ende des Buches gibt es noch eine Passage über gut und böse, die ich auch unglaublich gut fand. Die letzten ca. 40 Seiten würde ich am Liebsten auswendig lernen, weil sie mich so tief beeindruckt haben. Ich weiß, dass Donna Tartts Schreibstil nicht jedem liegt, ihre genauen Beschreibungen und Liebe zum Detail. Aber für mich flogen die 1022 Seiten geradezu vorbei. Ich las mich in einen regelrechten Rausch. Darum vergebe ich für "Der Distelfink" volle 5 von 5 Punkten und den Favoritenstatus für eine absolut außergewöhnliche Geschichte. Wer "Die geheime Geschichte" mochte wird "Der Distelfink" lieben.

© Beate Senft

32 von 46 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.04.2014
Abgesang
Hope, Anna

Abgesang


ausgezeichnet

Es ist der Herbst im Jahre 1920, als die englische Regierung auf die Idee kommt, einen unbekannten Soldaten in allen Ehren zu bestatten, stellvertretend für alle Soldaten die im Krieg fielen und von denen keine Gräber vorhanden sind. Am Tag des Waffenstillstandes soll es soweit sein und es wird eine große Menschenmenge erwartet. Durch die Augen von 3 verschiedenen Frauen erleben wir dieses Ereignis.

Ada, die ihren 18-jährigen Sohn in den Krieg ziehen sah und der nie wieder zurück kehrte. Trotz einem unpersönlichen Brief, der sie von seinem Ableben unterrichtet, ist sie davon überzeugt, dass Michael noch lebt. Mit ihrer Unfähigkeit um ihren Sohn zu trauern und danach abzuschließen gefährdet sie ihre Ehe, denn ihr Mann kann das kaum noch ertragen.

Die fast 30-jährige Evelyn hat ihren Verlobten im Krieg verloren. Obwohl sie aus reichem Hause kommt fängt sie in einer Munitionsfabrik an zu arbeiten. Möchte sich dafür bestrafen, dass sie noch am Leben ist. Später nimmt sie einen Job in einer Behörde an, die für die Rentenzuteilung zuständig ist. Sie will nicht mehr glücklich sein. Genau wie ihr Bruder Edward, der durch die Schrecken des Krieges anfängt zu trinken. Auch er kommt, wie so viele mit dem Grauen nicht zurecht, das er erlebt hat.

Hattie ist mit ihren 19 Jahren die Jüngste. Kurz nach dem ihr Vater starb, kam ihr Bruder schwer traumatisiert vom Krieg nach Hause. Körperlich unversehrt, kann er doch keiner Arbeit mehr nachgehen, weil seine Seele so zerstört wurde. Hattie kündigt ihren Job und fängt in einem Tanzpalast als Miettänzerin an. Sie hofft, dadurch vielleicht einen reichen Mann kennenzulernen der sie aus der Verzweiflung und die Notwendigkeit ihre Familie Finanziell versorgen zu müssen, herausholt.

Was für eine Geschichte. Das Buch erfasst nur 5 Tage, aber die haben es in sich. Die Autorin schafft es perfekt die Stimmung der Nachkriegszeit aufzufangen und dem Leser die Melancholie dieser Zeit nahe zu bringen. Ihre Beschreibungen der "Helden des Krieges" haben mir sehr zu schaffen gemacht. Arme zerbrochene Männer, oft Körperlich versehrt müssen bei der Regierung um finanzielle Unterstützung betteln. Müssen sich erniedrigen obwohl sie Tag für Tag ihr Leben für ihr Land aufs Spiel gesetzt haben. So hatte ich das vorher noch nie gesehen. Es gab kaum Arbeit für diese Männer, die wieder nach Hause zurückgekehrt waren.

Wie egoistisch und klein kamen mir dagegen Hatties Probleme vor. Sie konnte nicht verstehen, warum diese Männer sich so hängen ließen. Warum ihr Bruder nachts schreit und am Tag ins Leere starrend am Tisch sitzt. Sie will Leben, tanzen, alles einfach hinter sich lassen. Von vorne beginnen. Vergessen was war.

Das können Evelyn und Ada nicht so einfach. Sie wollen auch gar nicht vergessen, nicht nach vorne schauen, denn das bedeutet Leben.

"Abgesang" ist mit Sicherheit kein Buch für mal schnell zwischendurch, trotzdem möchte ich eine absolute Leseempfehlung aussprechen.. Schon alleine dafür, weil es der Autorin gelungen ist, mich an der Verzweiflung Teil haben zu lassen, die die Menschen kurz nach dem Krieg befallen hatte . Ich fand das Buch großartig und darum vergebe ich 5 von 5 Punkten und den Favoritenstatus.

© Beate Senft

4 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2014
Überleben unter 1,3 Milliarden Irren
Aschen, Jan

Überleben unter 1,3 Milliarden Irren


weniger gut

Jan Aschen und seine Frau wandern aus nach China. In Schanghai lebt er in einem abgeschotteten Ausländerviertel dem so genannten Expat-Compound und hat einen Job in der Werbebrache. In seinem Buch schreibt er über sein Leben in der neuen Umgebung und über die großen Unterschiede zwischen China und Deutschland. Er amüsiert sich über die Fälscherwut der Chinesen, dem billigen aber manchmal fragwürdigen Essen, den Taxifahrern und ihrem rasanten Fahrstil und den wahnsinnig hohen Preisen für westliche Produkte.

Ganz so begeistert hat mich dieses Buch nicht. Jan Aschen lebt abgeschottet in einem Viertel in dem nur Ausländer leben, er spricht so gut wie kein chinesisch, weil es ihm zu schwierig ist, kauft in westlichen Supermärkten ein und behauptet dann mitten im Geschehen zu sein? Das finde ich mehr als fragwürdig. Sein Haus ist im westlichen Stil ausgestattet, seine Freunde kommen fast alle aus Deutschland oder zumindest werden chinesische Freunde nie erwähnt.

Anders seine Frau, die sich Mühe gibt chinesisch zu sprechen und eine Weltmeisterin im feilschen ist, wo Jan lieber total überteuerte Preise zahlt. Er belacht die Arbeitsmethoden der Chinesen, behauptet Schanghai hätte keine Sehenswürdigkeiten, sei tagsüber total hässlich und nur nachts zu ertragen. Ich frage mich wirklich, warum der Autor unbedingt dort leben möchte. Denn eigentlich lebt er ja nicht viel anders als in Deutschland. Nur, weil das Essen so billig ist? Oder man Dinge zu Essen bekommt, die man auf der westlichen Speisekarte nicht findet?

Irgendwann gehen Herrn Aschen dann seine Anekdötchen aus und vieles wird nur noch wiederholt. Außerdem protzt er sehr mit seinem Alkoholkonsum, was ich nicht gerade toll finde. Das einzig Gute an dem Buch ist der tolle Schreibstil, der sich leicht und flüssig lesen lässt. Ich finde, dass das Buch total überbewertet wird und kann leider nur 2 von 5 Punkte vergeben. Mir hat es gar nicht gefallen und witzig fand ich es auch nicht. Aber wie immer: Bildet euch eine eigene Meinung.

© Beate Senft

Bewertung vom 23.03.2014
Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens (eBook, ePUB)
Niedlich, Sebastian

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens (eBook, ePUB)


sehr gut

Martin ist noch ein Kind, als er am Sterbebett seiner Oma den Tod kennenlernt. Dieser ist begeistert, dass ihn endlich jemand sehen und hören kann, denn so ein Leben als Tod ist doch recht einsam. Von diesem Moment an, taucht er immer wieder bei Martin auf und ist glücklich endlich einen Freund zu haben. Dass er damit Martin zu einem Außenseiter macht, ist ihm so ziemlich egal. Der hat den Ruf eines Sonderlings, weil er so oft vermeintliche Selbstgespräche führt und sich auch ansonsten sehr seltsam benimmt. So gehen die Jahre vorbei und der Tod versucht Martin zu überreden, eines Tages seinen Job zu übernehmen. Der hat aber nicht nur Vorteile und Martin ist von der Idee gar nicht begeistert....

Alleine das Cover des Buches und der Titel sind genau nach meinem Geschmack und auch ohne den Klappentext war mit gleich klar, dass ich dieses Buch lesen muss. Und ich wurde mit einer ziemlich schrägen Geschichte belohnt. Es ist ja nicht alltäglich, dass man plötzlich den leibhaftigen Tod kennen lernt und der unbedingt der beste Freund sein will. Das hat natürlich auf Vorteile, denn der kann in Windeseile seinen Standort wechseln und andere verrückte Dinge tun.

Aber es ist auch nicht einfach, wenn wenn einen alle komisch anschauen, weil man ständig wild gestikuliert und mit sich selbst spricht. Es ist schwer für Martin Freunde zu finden, vor allen Dingen nach einem schrecklich Vorfall während des Sportunterrichts. Und dann gibt es da noch Anja, seine heimlich Liebe, die sich aber gar nicht für ihn zu interessieren scheint.

Die Charaktere des Buches sind einfach herrlich. Irgendwie hat hier jeder einen an der Waffel. Das macht die Personen so sympathisch. Durch das unerwartete Auftauchen des Todes kommt es immer wieder zu verrückten Situationen und auch dass Martin nicht einsehen will, dass jeder Tod vorherbestimmt ist, macht die Sache nicht besser.

Die Geschichte ist schnell und einfach zu lesen und der Humor ist manchmal ziemlich schwarz. Aber es ist nicht alles zum Lachen, manches stimmt auch nachdenklich oder ließ mich mit einem traurigen Gefühl zurück. Ich vergebe für diese außergewöhnliche Story 4 von 5 Punkten und eine Leseempfehlung für alle die schwarzen Humor mögen und nicht nur eine Geschichte zum Lachen erwarten. Ich bekam jedenfalls genau das, was ich erwartete.

© Beate Senft

Bewertung vom 17.03.2014
Der Medicus von Heidelberg
Serno, Wolf

Der Medicus von Heidelberg


ausgezeichnet

Lukas Nufer hat in seiner Kindheit ein einschneidendes Erlebnis. Als seine Stiefmutter in den Wehen liegt, gibt es kaum noch Hoffnung für sie, denn das Baby hatte sich nicht gedreht und kann nicht auf die Welt kommen. Ein Todesurteil für die Mutter. Doch Lukas Vater will nicht auch seine 2. Frau verlieren und holt das Kind mit der gefährlichen Schnittentbindung auf die Welt. Ein Eingriff, den kaum eine Mutter überlebt. Aber als Kaponenmachen hat er viel Erfahrung gesammelt und seine Frau überlebt den Eingriff genauso wie sein neugeborener Sohn. Von diesem Augenblick an möchte Lukas Medicus werden. Und nicht einer, der nur dasteht und Anweisungen gibt, sondern einer, der selbst Operationen durchführt. Also geht er erst nach Basel und als dort die Schule durch ein Erdbeben zerstört wird, macht er sich auf den Weg nach Erfurt. Ihm zur Seite steht Schnapp, ein Hundewelpen den er in der zerstörten Stadt gefunden hatte. Während des Studiums freundet er sich mit Martin Luther an, der dort die Rechtswissenschaften studieren möchte. Als die Pest ausbricht und Lukas trotz nicht abgeschlossenem Studium versucht den Menschen zu helfen, macht er sich einige Feinde. Und auch später in Heidelberg warten große Gefahren auf ihn.

Alleine schon der Titel machte mich sehr neugierig auf das Buch, denn ich lebe in der Nähe von Heidelberg. Außerdem interessiere ich mich sehr für die Medizin zu früheren Zeiten. Also blieb mir doch gar nichts anderes übrig als dieses Buch zu lesen. Und ich wurde in keinster Weise enttäuscht.

Wolf Serno hat hier ein gut recherchiertes und sehr spannendes Buch geschrieben. Vor allen Dingen die Figuren des Lukas Nufer und des Martin Luther fand ich einfach super. Sie waren sehr gut ausgearbeitet und genau so hatte ich mir den jungen Luther immer vorgestellt. Auch die beiden Frauen Odilie und Therese gefielen mir sehr gut und entwickelten sich im Laufe des Buches immer weiter. Selten war ich am Ende eines Romans so traurig die lieb gewordenen Personen verlassen zu müssen wie hier.

Der Autor hat einen tollen bildhaften und flüssigen Schreibstil, der mich die Geschichte hautnah miterleben ließ und nach viel zu kurzer Zeit waren die 685 Seiten gelesen.
Das Studium fand ich sehr interessant und oft musste ich über die medizinischen Erkenntnisse schmunzeln. Die Erklärungen der Professoren waren aber auch zu köstlich. Von der 4-Säfte-Lehre hatte ich schon viel gehört, aber dass der männliche Same durch Blut gebildet wird, das durch den ganzen Körper fließt und dann im Hoden umgewandelt wird, war mir genauso neu, wie dass er sich dann mit dem weiblichen Samen vermischt. Trotz allem haben die Ärzte früher Menschen geheilt, auch wenn sie oft sehr barbarisch zu Werke gingen.

Auch auf die Pflanzenlehre und die Werke der Hildegard von Bingen wurde eingegangen. Das war alles sehr interessant für mich. Das Leben der Menschen am Anfang des 16. Jahrhunderts wird sehr authentisch dargestellt und die fiktive Geschichte rund um Lukas Nufer war sehr spannend und einfach großartig.

Von mir bekommt dieser mehr als gelungene Roman um einen jungen Medicus 5 von 5 Punkte, den Favoritenstatus und eine Leseempfehlung an alle die historische Romane mögen. Das war mein erstes Buch von Wolf Serno und mit Sicherheit nicht mein Letztes.

© Beate Senft

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.