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Bewertungen

Insgesamt 1511 Bewertungen
Bewertung vom 23.07.2024
So ist das nie passiert
Collins, Sarah Easter

So ist das nie passiert


sehr gut

Dinge zerbrechen nicht von selbst

Obwohl das Verschwinden von Willas kleiner Schwester Laika schon mehr als zwanzig Jahre her ist, hat sie nie die Hoffnung aufgegeben, sie irgendwo und irgendwann zu finden. Ein seltsamer Eintrag auf der von ihr erstellten Homepage gibt ihr Rätsel auf. Aber alle sind der Meinung, dass Willa endlich einsehen muss, dass Laika nicht mehr lebt. Dann ändert ein Abend mit Freunden plötzlich buchstäblich alles.

Die Perspektiv- und Zeitwechsel machen die Geschichte teilweise etwas konfus. Am Ende fügt sich zwar alles, aber es ist schon ein schwieriger Weg dahin. Die Chance, die Macht und die Tücken von Erinnerungen zu thematisieren, hat Sarah Easter Collins leider nicht gut genutzt. Das finde ich schade, zumal da wirklich eine Menge Potenzial gewesen wäre. Stattdessen lernt der Leser die unterschiedlichen Figuren näher kennen. Dabei bleibt es nicht aus, dass man Sympathien und Antipathien entwickelt. Die Blindheit der einen oder anderen Figur schockierte mich jedoch gewaltig.

Die Sprachmelodie, die die Autorin nutzt, ist zur Story stimmig. Als ich gerade ein Länge erwischte, kam sie mit einer Wendung um die Ecke, die mich hellwach machte und geradezu an die Story fesselte. Von diesem Punkt an änderte sich die Geschichte grundlegend und schockierte mich auf eine völlig unerwartete Weise. Dass ich dann auch noch mit dem Ende einverstanden war, macht mir fast schon Sorgen. Da entdecke ich eine Seite an mir, die mir bisher fremd war!

So wirklich ins Herz schließen konnte ich keine der Figuren, bis auf Elfrieda Laschamp. Die Handlungsweise diverser Figuren kann ich nicht nachvollziehen und sie schockieren mich. Wie viel Macht manche Menschen über andere Menschen haben, ist schockierend. Im Grunde erzählt das Buch auch mehr ohne Worte, als mit. Das, was zwischen den Zeilen steht, ist so viel wichtiger und tragender. Das Buch ist also rundum außergewöhnlich und alles, aber keine leichte Lektüre. Nein, Dinge zerbrechen nicht von selbst und Fesseln muss man sprengen.

Der Originaltitel Things don’t break on their own gefällt mir viel besser, er passt so viel schöner und besser. Da ist es oft schade, dass die Verlage abweichen und nicht direkt übersetzen. Der deutsche Titel kann sehr irritieren, wenn man ihn auf die Erinnerungen bezieht, statt auf die tatsächlichen Ereignisse.

Auch wenn ich streckenweise dachte, dass mich das Buch enttäuscht, hat es mich am Ende doch noch versöhnen können. Von mir bekommt es vier Sterne.

Bewertung vom 23.07.2024
Wir treffen uns im nächsten Kapitel (MP3-Download)
Bickers, Tessa

Wir treffen uns im nächsten Kapitel (MP3-Download)


gut

Schwieriges Thema für einen Liebesroman

Erin hat versehentlich eins ihrer Lieblingsbücher mitsamt einer ihr wichtigen Postkarte in den öffentlichen Bücherschrank gestellt, der in London wohl ein wenig anders funktioniert, als bei uns. Man nimmt ein Buch mit und bringt es nach dem Lesen wieder zurück. Als sie ihr Buch endlich wieder hat, stellt sie fest, dass ein Fremder auf ihre Kommentare, die sie am Rand hinterlassen hatte, geantwortet hat. Dieser Fremde lädt sie ein, ihn im nächsten Buch zu treffen. Es entsteht eine außergewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden. Dann stellt der Fremde, James, fest, dass er Erin kennt. Und das darf sie nicht erfahren.

Die Story selbst wirkt durch das, was Erin und James verbindet, ohne dass sie es wissen. Irgendwann muss natürlich einer von beiden dahinterkommen und ab diesem Zeitpunkt ändert sich die Stimmung total. Witzig finde ich das Buch eigentlich an keiner Stelle, eher empfinde ich besonders Erin als schwierige Person. Auch James ist nicht ganz so unschuldig an der Situation, insgesamt ist er aber eher in der Opferrolle. Bei beiden sehe ich auch den Freundeskreis als versagend an. Die Verwicklungen sind schon hin und wieder nicht ganz unkomisch, dennoch bleibt das Hauptthema bitter ernst. Am ehesten sympathisiere ich noch mit James, obwohl ich ihn hin und wieder auch ganz gern kräftig geschüttelt hätte.

Dass man als Außenstehender nach und nach viel über das Leben von Erin und James erfährt, ist für das Ende wichtig, wirkt zeitweise aber überflüssig. Dafür gefällt mir die eingebildete Anwesenheit von Bonnie sehr gut. Ich mag solche emotionalen Momente sehr und jeder, der schon einen geliebten Menschen verloren hat, wird das mehr oder weniger stark selbst kennen.

Schade finde ich, dass nicht mehr auf die Bücher eingegangen wurde, über die die beiden sich ausgetauscht haben. Das hätte jede Menge Potenzial geboten und das Interesse an diesen Büchern beim Leser geweckt. So knapp gehalten bleibt dieser Effekt leider aus.

Die Sprecher haben mich an manchen Stellen fast so genervt, wie die Figuren, die sie darstellen. Besonders wenn London englisch ausgesprochen wurde, fand ich das affig und nicht stimmig. Trotzdem waren die beiden eine gute Wahl.

Für eine lockerleichte Sommerunterhaltung ist das Thema zu ernst, aber wirklich tiefgründig und anspruchsvoll ist die Story dann doch nicht. Daher ergibt das bei mir insgesamt drei Sterne.

Bewertung vom 22.07.2024
Healing Kitchen - Quick & Easy
Rebo, Shabnam

Healing Kitchen - Quick & Easy


gut

Nicht ganz konsequent

Mag sein, dass man mit dem Alter vernünftiger wird. Der Geschmack ändert sich ja ein Leben lang. Warum also nicht auch die Einstellung? Auf alle Fälle bemerke ich an mir selbst, dass ich anders auf meine Ernährung achte, als ich es noch vor wenigen Jahren tat. Daher hat mich dieses Buch geradezu magisch angezogen. Dass ich nicht vegan leben möchte, aber nicht sehr oft Fleisch esse, also quasi Teilzeitvegetarier bin, passt nicht ganz zum Buch, das gebe ich zu. Hier sind alle Gerichte vegan. Für mich sind leider Tofu, Mandelmilch und Co. Ersatzprodukte, die ich nicht verwenden möchte, da sie mir auch nicht schmecken.

Mich stört ziemlich schnell etwas ganz heftig: Die Autorin verwendet z.B. Knoblauchpulver und Zwiebelflocken. Auch Konserven werden häufig verwendet. Für mich ist das komplett gegen den Sinn des Buches. Auf hochverarbeitete Produkte verzichten bedeutet für mich auch, solche Lebensmittel nur frisch zu verarbeiten, nicht industriell verarbeitet, und sei es auch nur getrocknet. So ist für mich die Idee der gesunden Ernährung, die heilen soll, nicht konsequent umgesetzt. Die Saatencracker sind eine leckere Knabberei, doch musste ich auch hier umstellen, denn obwohl ich Saaten oft und viel verwende, habe ich nicht alle im Rezept aufgezählten da. Hanfsaaten und Chiasamen fehlen mir komplett und Leinsamen liebe ich, aber ungeschrotet.

Insgesamt sind es nicht allzu viele Rezepte, die ich für mich nutzen kann, zumal ich ganz viele Lebensmittel, die hier verarbeitet werden, nicht mag. Trotzdem bereichert mich das Buch. Schon allein die Informationen zu den Unverträglichkeiten und Stoffen, die diese auslösen, sind sehr interessant und hilfreich. Der klassische Aufbau der Rezepte ist gut und übersichtlich. Die Fotos zu den Rezepten zeigen mir direkt, ob mich ein Rezept anspricht oder nicht. Das ist mir immer besonders wichtig. Es werden eben viele Zutaten benötigt, die ich nicht standardmäßig im Vorrat habe. Damit hatte ich in solch einem Ausmaß nicht gerechnet.

Auch wenn all das gerade recht negativ klingen mag, finde ich das Buch doch gelungen. Es ist nur nicht ganz das, was ich mir gewünscht habe. Dafür kann aber weder das Buch, noch die Autorin etwas. Die Gerichte sind mit Liebe zusammengestellt, abwechslungsreich und sprechen auch optisch sehr an. Dass sie dem Körper gut tun, ist nicht verwunderlich. Die Kritik geht hauptsächlich an die Verwendung einiger Zutaten, die meiner Meinung und Erfahrung nach dem Körper leider eben doch nicht gut tun. Daher gebe ich insgesamt drei Sterne.

Bewertung vom 20.07.2024
Anna O. (MP3-Download)
Blake, Matthew

Anna O. (MP3-Download)


gut

Flucht in den Schlaf

Anna Ogilvy liegt seit der Nacht, in der man sie neben zwei Leichen fand, im Tiefschlaf. Ist sie die Mörderin, spielt sie ihre Krankheit nur oder steckt viel mehr hinter all dem? Ist jemand, der schlafwandelnd Verbrechen begeht, schuldfähig? Der Psychologe Dr. Benedict Prince ist Experte für Verbrechen, die im Schlaf begangen wurden. Er soll Anna O. wecken. Doch viele Augen sind auf ihn gerichtet und die Zeit wird knapp. Ben ahnt nicht, in welcher Gefahr er sich befindet.

Inwieweit Matthew Blake den Namen und Titel bewusst gewählt hat, weiß ich nicht. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Frauenrechtlerin Bertha Pappenheim als Patientin Anna O. von Josef Breuer und Sigmund Freud geführt. Sie war keine Schlafwandlerin, auch keine Mörderin und lag auch nicht im unerklärlichen Tiefschlaf, sondern litt unter der damals besonders bei Frauen gern diagnostizierten Hysterie. Mir scheint, ganz zufällig ist die Namenswahl dennoch nicht.

Gleich zu Anfang erfährt man von Bens Privatleben, seiner gescheiterten Ehe und seiner Tochter. Auch das Umfeld von Anna O. wird beschrieben, wie sie war, was sie machte und wie sie aufwuchs. Die Theorie über Schuld und Unschuld von Schlafwandlern, die Verbrechen begehen, ist schon interessant. Und die Vorstellung, dass jemand jahrelang im Tiefschlaf ist, gleich Dornröschen, ist für sich genommen schon erschreckend genug. Dem Koma gleich, dennoch anders, ein Dahindämmern und keiner weiß, wann dies endet, das ist für mich eine grausame Vorstellung. Dornröschen schläft, aber wieso und wie und wann kommt der Prinz, der sie wachküssen kann?

Erzählt wird aus unterschiedlichen Perspektiven, sodass man von Anfang an das Gefühl hat, besser informiert zu sein und den Überblick zu haben. Doch Blake hat ein paar erstaunliche Twists eingebaut, die ich nicht habe kommen sehen. Trotzdem hat mich der Thriller insgesamt nicht ganz überzeugen können. Vielleicht war die Auflösung doch ein wenig zu drüber, zu theatralisch und realitätsfern. Trotz gut gemachter kurzer Kapitel und unterschiedlicher Perspektiven sind ein paar Längen vorgekommen, die im krassen Gegensatz zu den sich überschlagenden Ereignissen gegen Ende stehen. Das war auf gewisse Weise verwirrend und nicht mein Geschmack. Erschwerend kommt hinzu, dass mich keine einzige Figur soweit erreichen konnte, dass ich Sympathie für sie empfand. Mir waren irgendwie alle egal. Im Nachhinein gesehen gab es jede Menge Hinweise und Wortspiele, die auf das Ende hindeuten. Möglicherweise ist die Story aber auch einfach etwas überfrachtet mit gleichzeitiger unnötiger Aufblähung unwichtiger Szenen.

Die Sprecher für das Hörbuch sind sehr klug ausgewählt worden. Sie haben sehr viel dazu beigetragen, dass ich durchhalten konnte. In vielen Teilen war die Story wirklich fesselnd, in anderen aber dann zu abgedreht und konstruiert, sodass ich insgesamt nicht über drei Sterne komme. Gute Idee, aber nur semi-gut ausgearbeitet.

Bewertung vom 16.07.2024
Lieblingsrezepte aus deinem Airfryer
Dusy, Tanja

Lieblingsrezepte aus deinem Airfryer


sehr gut

So viel mehr als nur TK-Snacks!

Zunächst muss man sich mal vom Begriff der Heißluftfritteuse trennen. Diese Geräte haben mit Fritteusen wenig bis gar nichts zu tun. Es sind kleine Heißluftöfen und als solche machen sie einen großartigen Job. Mit diesem Begriff fällt es sicher einigen leichter, die Vielfältigkeit der Gerichte, die man darin machen kann, zu erkennen. Ich nutze meinen kleinen Küchenhelfer super gern und auch tatsächlich nicht nur ein, zwei Mal im Jahr. Daher freue ich mich immer über neue Ideen und Rezepte, auch wenn ich selbst es liebe, einfach mal auszuprobieren, was noch so alles geht.

Die meisten Rezepte sind in der klassischen Form, also Zutatenliste und Arbeitsschritte. Bei einigen Varianten wird davon abgewichen und man findet die Zutaten im Text, wo sie fett hervorgehoben sind. Etwas ungewöhnlich, aber auch nicht ganz so schlecht. Rein vegetarische Rezepte finden sich neben Rezepten mit Fleisch. Vegane Rezepte sind nicht enthalten. Die Angaben zu Nährwerten pro Portion und Zeitangaben sind vorhanden. Exotische Zutaten werden nicht benötigt, aber das eine oder andere Zubehörteil, das nicht bei jedem Airfryer automatisch mit dabei ist.

Die Rezepte sind oft recht einfach, aber lecker und vor allem abwechslungsreich. Manche sind etwas aufwendiger, doch lohnt sich das allemal. Bei einigen Rezepten stört mich jedoch, dass zusätzlich noch Topf, Herd oder Pfanne benötigt werden. Eigentlich hatte ich erwartet, einfach nur mit einem einzigen Küchengerät, nämlich dem Airfryer, auszukommen.

Die Kapitel sind farblich erkennbar, und zwar Bits & Bites; Eat more Veggies; Fisch & Fleisch; Voll süß. Schon hier erkennt man, dass mit Spaß und Freude gekocht wird und für jeden etwas dabei sein sollte. Mich sprechen sehr viele der Rezepte an, einige erstaunen mich und insgesamt habe ich sehr viele neue Anregungen und fest übernommene Rezepte für mich gefunden. Gerne gebe ich daher vier Sterne!

Bewertung vom 16.07.2024
Feuerjagd
French, Tana

Feuerjagd


ausgezeichnet

Das irische Mädchen und der amerikanische Ex-Cop

Der Sommer in Ardnakelty in Irland ist unerträglich heiß. Die Farmer fürchten um ihre Ernten und die Nerven liegen blank. Trey ist 15 und nicht sehr begeistert, dass ihr Vater nach vier Jahren wieder aufgetaucht ist. Sie hat sich mit dem Expolizisten Cal angefreundet und von ihm viel über das Schreinern gelernt. Der Fremde, den ihr Vater mitgebracht hat, bringt das Dorf in Aufruhr, ebenso seine Idee, mit ihm an das große Geld zu kommen. Trey spürt, dass Gefahr droht, und nutzt ihr Wissen auf ihre Weise.

Obwohl es nicht die Südstaaten sind, erinnert mich dieser Thriller an die Bücher von Joe R. Lansdale. Die Figuren sind ebenso lebendig und in unaussprechlichen Situationen, kämpfen sich gegen alle Widrigkeiten durchs Leben und sind dabei nicht zimperlich. French trägt keine Samthandschuhe, hat es aber auch nicht nötig, jede brutale Szene bis ins Detail zu beschreiben. Das Ungesagte ist bei ihr dennoch klar und deutlich vernehmbar. Wie Lansdale legt auch sie den Finger in die Wunde und zeigt Kritik an der Gesellschaft. Die Kraft dieses Thrillers ist umwerfend. Diese Autorin zeigt, dass Frauen mindestens so gut schreiben können, wie Männer. Auch Thriller!

Erst nach Beenden des Werkes wurde ich darauf aufmerksam, dass dies im Grunde ein zweiter Band ist. Das hat mich erstaunt, denn ich hatte an keiner Stelle das Gefühl, dass mir Wissen fehlt, das für das Verständnis wichtig wäre. Die Figuren sind herrlich lebensecht angelegt, sodass sie vor meinem geistigen Auge sofort Form annahmen. So sehr ich viele davon mag, die Nervenenden zeigen immer an, vorsichtig zu bleiben und niemandem außer Cal volles Vertrauen zu schenken. Man spürt, dass jeder in der Gegend irgendetwas zu verbergen hat und weiß nie genau, wer ein falsches Spiel treibt. Das hält die Spannung natürlich durchweg hoch. Die Geschichte entwickelt sich in einem sehr angenehmen Tempo. Längen entstehen nicht. Die Story macht auf Anhieb süchtig und man will unbedingt dranbleiben, kann kaum aufhören. Das ist ohne Frage ein deutliches Indiz für hohe Qualität!

Das Niveau der Sprache ist den Figuren angepasst. Die Autorin hat eine sehr gute Beobachtungsgabe und ein Auge für Details, die eine wichtige Rolle spielen, verliert sich aber darin nicht. Bei ihr braucht es keine Zufälle oder zurechtgebogene Geschehnisse, um Wendungen und Knalleffekte zu erzielen. Fast möchte ich sagen, der natürliche Verlauf der Ereignisse schafft das ganz von alleine. Man hat das Gefühl, das Dorf und die Dorfgemeinschaft so gut zu kennen, wie die eigene im realen Leben. So mag ich das und das wird dann eben auch mit fünf Sternen belohnt.

Bewertung vom 16.07.2024
Der Bademeister ohne Himmel
Pellini, Petra

Der Bademeister ohne Himmel


ausgezeichnet

Hubert, Linda, Ewa und der Rest der Welt

Die 15jährige Linda möchte sich eigentlich das Leben nehmen, aber zwei Menschen halten sie davon ab, ohne es zu wissen. Das ist ihr einziger Freund, Kevin, der mit der Tatsache, dass die Welt zerstört wird, nicht umgehen kann und Hubert, ein Bademeister im Ruhestand, Ende Achtzig, mit vorangeschrittener Demenz. Linda entlastet drei Mal die Woche nachmittags die polnische Pflegekraft Ewa. Ewa hat ein großes Herz, ist aber manchmal ein bisschen unsensibel, findet Linda, die Hubert lieber nicht sagt, dass seine Frau vor sieben Jahren gestorben ist, wenn er sie sucht, sondern erklärt, sie sei beim Einkauf. Der Teenager tut sowohl dem Patienten, als auch der Tochter und nicht zuletzt der Pflegerin gut mit der frischen, liebevollen und humorvollen Art. Doch die Zeit bleibt leider nicht stehen!

Petra Pellini ist hier ein so unsagbar wunderschönes Buch gelungen, dass ich es kaum in Worte fassen kann. Sie stellt hier zwei komplett gegensätzliche Leben gegenüber, deren Mittelachse eine polnische Pflegekraft mit ihrer ganz eigenen bewegenden Geschichte bildet. Drumherum kreist der Nachtfalter, die Tochter von Herbert, die nicht loslassen kann und will, dabei aber nicht selten herzloser wirkt, als sie tatsächlich ist. Das ganze Gebilde ist gleichzeitig fest und haltgebend, aber auch fragil und wackelig. Vor allem aber triggert es mich enorm. Doch empfinde ich es auf diese Weise als tröstlich, heilend und helfend. Dafür danke ich der Autorin aus allertiefstem Herzen!

Die Figuren sind wunderbar klar gezeichnet und in der Hörbuchversion gibt Marie-Isabel Walke jeder über die Erzählfigur Linda eine unfassbar gut gelungene Stimme. Besonders Ewa ist einfach entzückend dargestellt. Ich habe alle, einschließlich des Nachtfalters, ganz tief ins Herz geschlossen! Das Vergessen belastet natürlich alle sehr. Wie man damit umgehen kann, das lässt Pellini ihre Protagonistin Linda mit einer Kraft zeigen, die nur Teenager haben. Auch die Belastungen, die Pflegekräfte, die rund um die Uhr im Einsatz sind, haben, werden einfühlsam, aber deutlich, gezeigt. Das alles zusammen ergibt ein kleines Universum, das sich ständig neu formiert, aber insgesamt immer gleich bleibt.

Leider gerät dieses Universum aus der Bahn. Ohne zu viel zu verraten möchte ich sagen, dass ich nichts dagegen tun konnte, dass die Tränen liefen. Die Ereignisse überschlagen sich und kommen doch so, wie man es eigentlich schon kommen sah. Wie man mit dieser neuen Situation dann umgehen kann, zeigt Pellini mit ihren Romanfiguren auf ebenso realistische, wie wunderschöne Art. Es gibt kein Falsch, nur unterschiedliche Formen von richtig. Eine Aussage, die schöner nicht sein könnte.

Für mich eines der schönsten Bücher des Jahres und auf alle Fälle eines, das mich bewegt, die Seele zum Klingen bringt und in meinem Herzen bleibt. Fünf Sterne und eine herzliche Leseempfehlung!

Bewertung vom 10.07.2024
Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21
Lieder, Susanne

Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21


weniger gut

Völlig anders als erwartet

Dass mich hier keine echte Biographie erwartet, sondern ein Roman, der an die Biographie der Agatha Christie angelehnt ist, wusste ich. Dennoch hat mich das eine oder andere im Text dann doch irritiert, da es stark von dem abweicht, was ich von Agatha Christie weiß. Das wurde noch zusätzlich verstärkt durch die mir nicht ganz einleuchtenden Zeitsprünge im Roman. Auch wenn ich irgendwann die immer mal wieder auftauchenden Längen nervig fand, war ich doch erstaunt, dass quasi mittendrin das Ende kam. Christie lebte bis 1976, die Story endet jedoch 1928, also eigentlich genau da, wo es endlich interessant und für sie persönlich schön wird.

Ich weiß nicht, wie es jemandem geht, der ganz ohne Vorkenntnisse an diese Story geht. Für mich ist sie jedenfalls sehr enttäuschend und unbefriedigend. Christies Jugend und die entsprechenden Gedanken bzw. auch Nicht-Gedanken nehmen mir zu viel Raum ein. Die Schriftstellerin kommt zu kurz. Auch wenn ich es unterhaltsam finde, wie sie mit Poirot und Jane Marple diskutiert, wie sie auf ihre Namen kam und wie die Figuren quasi aus dem Nichts langsam Gestalt annehmen, reißt es das Ruder nicht herum. Ich hatte mir Christies Leben als Roman erwartet, bis weit nach 1928, keinen Roman über ihre nicht sehr glückliche Jugend und erste Ehe.

Es mag an mir und meiner Erwartung liegen, doch für mich ist dies ein Roman, den ich lieber nicht genossen hätte. Eva Becker hat das Buch sehr gut eingelesen, konnte es aber ebenfalls nicht retten. Zwei Sterne.

Bewertung vom 10.07.2024
Columbusstraße
Dahmen, Tobi

Columbusstraße


weniger gut

Die Schrecken des Krieges

Die Familie Dahmen lebte in der Columbusstraße in Düsseldorf Oberkassel und darüber erzählt Tobi Dahmen in seiner Graphic Novel. Es geht um die Zeit des zweiten Weltkrieges und all der Gräuel, die in dieser Zeit geschehen sind, über die aber nicht gesprochen wurde.

Grundlage dazu sind Gespräche mit seinem Vater Karl-Leo und Briefe seiner Vorfahren. Die Rahmenhandlung stellt der Abschied von Tobias von seinem Vater dar, und zwar der endgültige. Am Ende des Lebens eines Elternteiles möchte man wohl gern dessen Geschichte geradezu festhalten. Ganz besonders dann, wenn sie mit einer solchen Zeit verknüpft ist.

Wie wir es eigentlich alle wissen, wurde alles Schlechte aus der Zeit vor und während des Krieges abgestritten, geleugnet, nicht ausgesprochen. Selbst in den Briefen, die Eberhard Dahmen seiner Familie nach Hause schickt, beschönt er die Zustände. Die Bilder zeigen die Wahrheit, die Briefe nur das, was nicht einer Zensur zum Opfer fallen würde. Man sieht allen Familienmitgliedern an, wie sie immer mehr verzweifeln und abbauen. Das ist gut gelungen dargestellt. Doch insgesamt hat mich das Buch nicht ansatzweise so erreicht, wie ich das angenommen hatte.

Die Zeitsprünge und die Sprünge von einem Ort zum anderen sind zahlreich und verwirrend. Die weit über 500 Seiten lesen sich mühsam. Das liegt leider nicht nur an der bedrückenden Zeit, den Schrecken und Unsäglichkeiten, sondern auch am Stil. Oftmals musste ich zurückblättern, da ich die Gesichter schlecht auseinanderhalten konnte.

Am Ende findet sich noch ein sehr ausführlicher Glossar, der wichtige Punkte noch einmal aufgreift und sehr gut erklärt.

Es fällt mir schwer, ein Buch, das so klar aufzeigt, wie schlimm die Zeit des Nationalsozialismus war und dass dies nie wieder kommen darf, schlecht zu bewerten. Aber ich möchte und muss ehrlich bleiben. Mich hat das Buch nicht ansatzweise so bewegt, wie die Erzählungen meiner Großeltern und anderer Zeitzeugen. Daher kann ich leider nur zwei Sterne geben.

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Bewertung vom 02.07.2024
La Cucina Romana - Die Trattoria-Küche der Signora Lella
Trabalza, Renato

La Cucina Romana - Die Trattoria-Küche der Signora Lella


sehr gut

Leidenschaft über Generationen

In den 1960ern war Elena Fabrizi in Italien jedem Kind ein Begriff. Sie war Schauspielerin im komödiantischen Bereich und jeder mochte sie. Dass sie ihre Leidenschaft, das Kochen und Essen, lebte sie in ihrer Tattoria aus. Wie in Italien so üblich, war die ganze Familie mehr oder weniger inbegriffen und involviert. Schnell war das Lokal beliebt und berühmt und so ist es kein Wunder, dass es heute noch ihre Enkel in ihrem Stil und Sinne und natürlich mit ihren Rezepten weiterführen. Deshalb entstand dann auch dieses Buch, das so viel mehr als ein Kochbuch mit italienischen Rezepten ist.

Man erfährt viel über Signora Lella, ihr Leben, ihre Passion, ihre Familie. Vor dem Start des Rezeptteils finden sich allgemeine Hinweise und Grundrezepte. Die Fotos von Land, Leuten, dem Restaurant uvm. sind zwar wirklich wunderschön, aber sie ersetzen mir nicht die fehlenden Bilder bei vielen Rezepten, denn nicht bei jedem ist eines. Da ich dazu neige, Rezepte ohne Foto vom Ergebnis, also dem Gericht, hintenüber fallen zu lassen, ist das für mich sehr ärgerlich. Das tote Milchlamm hätte ich so übrigens auch nicht wirklich sehen müssen!

Die Rezepte sind in die Kapitel Milchlamm; Artischocke; Das Fünfte Viertel; Pecorino Romano; Schweinebäckchen; Fleisch; Der Gemüsegarten; Fisch; Der Hühnerstall; Süßspeisen unterteilt, wobei jedes davon mit einem ausführlichen Text dazu beginnt. Der Titel des jeweiligen Gerichts wird sowohl in Deutsch, als auch Italienisch angegeben. Die Gestaltung ist wunderbar und sehr liebevoll gemacht. Es gibt Markierungen, Unterstreichungen und Anmerkungen, sodass es aussieht, als wäre das Buch schon zigmal genutzt worden. Ich liebe das, weil ich selbst auch in Rezeptbücher schreibe, um meine persönlichen Änderungen festzuhalten. Zutatenliste und Arbeitsschritte sind sauber gegliedert und aussagekräftig. Die Zutaten sind teilweise etwas exotischer, im Allgemeinen aber gut zu bekommen. Nährwert- und Arbeitszeitangaben sucht man vergeblich. Mich stört das nicht, da ich meist sowieso ein anderes Tempo habe, als die Autoren von Rezeptbüchern. Bei den Nährwertangaben kann es für manche schwieriger werden. Ich denke aber, man erkennt, welche Gerichte mächtig und welche weniger kalorienreich sind.

Bis auf die fehlenden Fotos an einigen Rezepten mag ich dieses Buch sehr gern, obwohl ich nicht allzu viele der Rezepte in mein Repertoire übernehme. Hier ist die Familie ganz außergewöhnlich, ganz vorneweg natürlich Signora Lella. Schon allein das ist etwas Besonderes. Vier Sterne!