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Bewertungen

Insgesamt 63 Bewertungen
Bewertung vom 06.09.2021
Die letzten Romantiker
Conklin, Tara

Die letzten Romantiker


gut

Starker Start, seichter Abgang - 1981 stirbt Ellis Avery Skinner im Alter von 34 Jahren plötzlich und unerwartet. Seine Witwe Antonia „Noni“ fällt daraufhin in eine schwere Depression, die gut 3 Jahre anhält und die die Kinder Renee, Caroline, Joe und Fiona - 11 bis 4 Jahre – „die Pause“ benennen. In dieser Zeit sind die vier sich nahezu komplett selbst überlassen und unterstützen und kümmern sich gegenseitig umeinander. Schlussendlich findet Noni zurück ins Leben und „die Pause“ gilt als vermeintlich gut von allen Familienmitgliedern überstanden. Vermeintlich, da man in zahlreichen Rückblenden erfährt, dass diese Phase bei jedem Familienmitglied seine tiefgreifenden und lebensprägenden Spuren hinterlassen hat.
Der Einstieg in den Roman hat mich von der ersten Minute an gefesselt. Im Jahre 2079 ist die betagte Fiona im Rahmen einer Gedichtlesung mit ihrer Vergangenheit konfrontiert und leitet in die zahlreichen Rückblenden, beginnend mit „der Pause“ ein. Die Autorin Tara Conklin schildert sehr ergreifend und einfühlsam die Stimmungen der Kinder, driftend zwischen kindlicher Unbeschwertheit und erwachsener Verantwortung für die gesamte Familie. Jede Figur wird von Beginn an sehr differenziert und individuell gezeichnet.
Das starke und sehr emotionale Bild, das dieser erste Teil des Romans entstehen ließ, flaute dann leider aber zum Ende hin ab. Jede der Figuren hat auf ihre persönliche Art die Erfahrungen der Kindheit verarbeitet. Was hier an Einblicken in die einzelnen Lebensläufe, gewebt um eine Tragödie innerhalb der Familie, gewährt wird, wurde mir dann zum Ende hin aber auf eine Art zu langatmig und zu wiederkehrend. Die finalen Auflösungen der einzelnen Lebensläufe kamen dann hingehend so schnellläufig daher, dass diese eher in einem Epilog im Jahre 2079 Platz gefunden hätten. - Mein Fazit: Starker Start, leider ein für meinen Geschmack zu seichter Abgang.

Bewertung vom 26.08.2021
Junge mit schwarzem Hahn
vor Schulte, Stefanie

Junge mit schwarzem Hahn


ausgezeichnet

Wunderschöner, stiller Debutroman! Der Junge Martin lebt in einer dunklen, längst vergangenen Zeit voller Aberglauben und Tyrannei. Als kleines Kind tötete der Vater die gesamte Familie und verschonte nur ihn und einen schwarzen Hahn, den der Junge fortan als einzigen Besitz immer bei sich trägt. Die Dorfbewohner meiden ihn, da sie glauben, dass er mit dem Teufel im Bunde sei. Erst recht, als in seiner Anwesenheit ein junges Mädchen von einem dunklen Ritter verschleppt wird. Gemeinsam mit einem Maler macht der Junge sich auf, in die Welt hinauszuziehen, und das Kind zu suchen.

Faszinierend ist die Figur des Martin, der, obwohl er bereits in jüngsten Jahren auf grausame Art die Liebe und Geborgenheit der Familie verloren hat, für seine Mitmenschen nichts als ein offenes, reines Herz und – ich kann es nicht anders sagen – Licht übrig hat. Der inmitten von Ablehnung, Dummheit und Aberglauben seine Klugheit und sein Einfühlungsvermögen für sich und andere einsetzt. Dieser Junge zieht nun, anfangs gemeinsam mit dem Maler, in die Welt hinaus, um das Mädchen zu retten. „… und der Maler schreit das Kind an, ob es damit aufhören könnte, ein einziges Kind retten zu wollen, einer Mythe nachzujagen, wo um sie herum nichts als Tod und Elend ist. Alle gilt es zu retten, aber alle sind verloren. Doch Martin denkt anders. Ein gerettetes Leben ist alle Leben.“

Auf seinem Weg erlebt der Junge zahlreiche Begegnungen, die mal hoffnungsvoll, mal verstörend-elend oder skurril sind, wie etwa die Gloria oder die 4-köpfige reiche Familie. Jeder dieser Situationen begegnet der Junge mit offenem, reinen Herzen und bringt auf seine Art ein kleines bisschen Licht in die dunkel-düstere, teils ausweglose Situation.

Der Weg des Jungen durch das Land hin zu seiner Bestimmung und der alles entscheidenden Prüfung liest sich wie eine Parabel an die Menschen und erlaubt viel Interpretationsspielraum für den Leser. Genau das hat mich an dem Buch vom ersten Moment an fasziniert, gibt es doch keine einzige Figur, die nicht ihre Rolle, ihre Aufgabe in dieser Reise zu spielen hat.

Schon jetzt ist dieses Buch eines meiner Highlights 2021 und ich hoffe, in Zukunft noch mehr von der Autorin lesen zu können.

Bewertung vom 25.08.2021
Löwenherzen
Neitzel, Gesa

Löwenherzen


ausgezeichnet

Wunderbare Afrika-Lektüre - Zurück in meinen eigenen Urlauben im Süden Afrikas – so zumindest ist es mir beim Lesen von Gesa Neitzels neuem Buch ergangen. Darin beschreibt sie die gemeinsame Reise mit ihrem Freund (und heutigen Ehemann) Frank im Land Rover „Ellie“ von Botswana über Namibia bis nach Sambia im Zeitraum von 2015 bis 2020. Das Wunderbare an Gesa Neitzels Büchern? Sie sind einerseits tolle Urlaubsberichte. Fernab des Safaritourismus entdeckt man mit den beiden Protagonisten faszinierende Landstriche, erfährt wunderschöne Beschreibungen der Natur und begegnet vielen wilden kleinen und großen Tieren und unbekannten Pflanzen. Und einem tollen, farbigen Fototeil in der Mitte des Buchs. Andererseits und ganz besonders in diesem neuen Buch erhält man über die vielen kleinen und großen Ereignisse und Begegnungen, die die Autorin immer wieder in ihre Berichte einfließen lässt, so viele wunderschöne und authentisch liebevolle Einblicke. In das Leben der Menschen vor Ort, den Einklang mit der Natur aber auch die vielen Herausforderungen, die das Leben im südlichen Teil Afrikas für die Menschen mit sich bringt. In die Bedeutung des Tourismus für diese Länder als aktive Maßnahme zum Schutz ganzer Herden und Bestände aber auch zum langfristigen Beitrag zum Artenschutz generell. Und dann bleiben für mich ganz persönlich viele kleine Dinge hängen, die ich selbst so auch auf Safari in Südafrika erlebt habe und die mir beim Lesen sofort wieder präsent sind: die beeindruckende Weite der Landschaften, die unfassbare Ruhe und Dunkelheit, die einen auf Safari erwartet. STILLE. Allein mit der Natur. Die großzügige Herzlichkeit der Menschen. Die Faszination für andere Kulturen und Lebensformen. Und die Begegnung mit wilden Tieren – Elefanten! – die einen demütig und dankbar zurücklässt. Welch ein Glück, diese Länder erleben zu dürfen!