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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Blubie
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Schönau

Bewertungen

Insgesamt 178 Bewertungen
Bewertung vom 13.03.2024
Lil
Gasser, Markus

Lil


ausgezeichnet

Dieses Buch liest man nicht oberflächlich schnell weg, nein, hier genießt man jeden einzelnen Satz.
Inhaltlich ist es ein Satirefeuerwerk ohne jeglichen Schenkelklopfer - eine Breitseite auf die bessere Gesellschaft Amerikas im Ausgehenden 19. Jahrhundert. Misogynie, Ableismus, Rassismus, Arroganz, Dekadenz, das alles finden wir in den Charakteren bei "Lil" wieder. Die Protagonisten teils real, teils fiktiv aber allesamt herrlich herausgearbeitet von liebenswert bis skurril und hassenswert ist alles dabei.
Lil eine starke Frau, die nach dem Tod ihres Mannes kleingemacht sogar ausgelöscht werden soll - weil es nicht sein kann, dass eine Frau so erfolgreich wie ein Mann ist. Die Stellung der Frau in der damaligen Gesellschaft, das ist ein nie enden wollendes Thema und Markus Gasser hat es zu einem Meisterstück in Buchform verarbeitet.
Sein Schreibstil ist scharfzüngig, pointiert und wunderbar sarkastisch. Das Setting und die Figuren wirken absolut real und man kann kaum aufhören zu lesen.
Dieses Buch ist, auch wenn die Themen manchmal enorm schwer zu verdauen sind, absolut vergnüglich zu lesen.
Ich gebe eine hundert prozentige Leseempfehlung!

Bewertung vom 12.03.2024
Annas Lied
Koppel, Benjamin

Annas Lied


ausgezeichnet

Was für ein hinreissend schönes Buch habe ich da grade beendet!
Benjamin Koppel hat seiner Großtante ein literarisches Denkmal gesetzt, das einer Liebeserklärung nahe kommt. Und diese hat sie sich redlich verdient!

Wir begleiten Hannah von ihrem achten Lebensjahr an in Dänemark, als junge Frau auf ihrer Flucht mit der Familie vor den Nazis nach Schweden bis hin zu ihrer Verehelichung nach Paris: Fast 100 Jahre Leben.
Aber wir lernen auch ihre Familie kennen, eine liebenswerte jüdische Familie ursprünglich aus Polen kommend, mit all ihren skurrilen Charakteren, mit ihren religiösen Traditionen und mit ihren Erwartungshaltungen an die Kinder.
Koppel schafft es großartig die Leichtigkeit vor dem Krieg einzufangen, die Unschuld der Kindheit, die ersten Kapitel musste ich oft laut lachen über den wunderbaren sarkastischen Humor, mit dem er so manche Situationen und Charaktere beschreibt.
Dann kommen die Kriegsjahre und der Ton im Buch wird deutlich tragischer, weg ist die heimelige lustige Stimmung... aber man kann einfach nicht aufhören zu lesen, will wissen wie es nun mit Hannah und ihrer Familie weiter geht.
Hannahas Leben ist nicht einfach, sie lebt nicht das Leben das sie möchte, muss immer hinter ihren Brüdern zurückstehen, ihre Bedürfnisse wegpacken zugunsten der traditionellen Familie und es zerreisst einem beim Lesen nicht nur einmal das Herz.
Hannah ist eine tolle Protagonistin, die ich liebgewonnen habe wie ein echtes Familienmitglied und Benjamin Koppel ist ein ganz großer Geschichtenerzähler.
Ulrich Sonnenberg hat dieses Lesevergnügen wunderbar übersetzt.
Lest es... un-be-dingt!

Bewertung vom 11.03.2024
Mein Name ist Lilith
Marmery, Nikki

Mein Name ist Lilith


schlecht

Das Buchcover und der Titel haben mich sofort angezogen. Ich mag dieses minimalistische Design, das schon klar macht, worum es geht. Die Figur der Lilith finde ich sowieso interessant und die Leseprobe hat mich fast verzaubert... denn die Autorin versucht sich am erzählerischen Stil der Bibel. Das alles war so stimmig - dazu noch Frauenpower! - also gleich mal gekauft.
Gottseidank als ebook sehr günstig... aber für den Schmarren leider immer noch zu viel.
Ja, der Stil war anfangs tatsächlich stimmig und ich mochte die Idee, der stolzen Lilith, die einfach weiß was sie will und sich von Adam nicht manipulieren lassen will. Auch dass Gott ursprünglich eine Lebensgefährtin hatte und nicht der einzige Gott auf Erden ist und deshalb eifersüchtig über seine Schäflein wacht... alles super (so ein bisschen Blaspehmie ist für eine Agnostikerin) schon völlig in Ordnung.
Aber dann wird's echt blöd... ich will nicht spoilern, falls sich die eine oder andere den Text reinziehen will... aber dass Lilith dann als "starke Frau" einfach mit Luzifer rum macht (so oft, dass man das ganze Ding als Dark-Romance-mit-spicy-Szenen abtun kann) und mit ihm durch die Gegend und die Jahrhunderte fliegt auf der Suche nach der Urgöttin.... och nö. Und dann fliessen im Schreibstil plötzlich auch noch moderne Redewendungen ein.

Nein, kein Wort mehr darüber... isses nicht wert.

Bewertung vom 07.03.2024
Notizen zu einer Hinrichtung
Kukafka, Danya

Notizen zu einer Hinrichtung


ausgezeichnet

Ich bin sprachlos!
Was natürlich nicht so besonders gut ist, wenn man eine Rezension zu einem Buch schreiben soll.
Das Jahr ist noch jung, und ich habe schon einige großartige Bücher in diesem Jahr lesen dürfen... aber dieses hier ist jetzt schon für mich ein absolutes Highlight.
Diese Geschichte hat mich wie der Blitz getroffen obwohl die Handlung nichts Neues ist. Wie viele Serienmörder Filme und Bücher habe ich wohl schon konsumiert, aber niemals auf diese Art und Weise erzählt bekommen.
Wir begleiten Ansel Packer auf seine letzten 12 Stunden vor seiner Hinrichtung, er hat vier Frauen ermordet. Aber wir erfahren nicht nur seine letzten Gedanken, sondern auch die tragische Geschichte seiner Familie, allerdings nicht als Rechtfertigung seiner Tat.
Zu Wort kommen außerdem noch seine Mutter, die Ermittlerin und die Schwester eines der Opfer.
So entstehen nach und nach intensive Frauenporträts, die Eindrücke hinterlassen. Geschichten von Leid und Missbrauch, aber auch von Stärke.
Und immer die Frage: Was wäre in einem anderen Leben? Was wäre aus mir, aus Dir geworden, wie hätte das Leben der Opfer ausgesehen, wenn sie keine Opfer gewesen wären. Dieser Roman stellt endlich auch die Opfer ins Rampenlicht.
Dieses Buch ist nichts für schwache Nerven, aber wer tragische Geschichten mag, den wird dieses Buch sicher genauso tief berühren wie mich.
Hier würde ich gerne 100 Sterne vergeben!
Auch vielen Dank an die tolle Übersetzung von Andrea O'Brien.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.03.2024
Die Halbwertszeit von Glück
Pelt, Louise

Die Halbwertszeit von Glück


gut

In diesem Fall, war ich mal wieder Coveropfer - aber auch der Klappentext und die eine oder andere positive Rezension haben mich verführt.
Die Idee hinter der Geschichte ist gut und hätte viel Potential, aber ich wurde mit dem Schreibstil der Autorin überhaupt nicht warm.
Da war leider zu viel vereint, was ich überhaupt nicht mag: stereotype Charaktere, Dialoge wie sie kein Mensch führt, schräge Metaphern und davon zu viel, eigenartige Umschreibungen, endlose Wiederholungen (falls die Leser:Innen den Faden verlieren), Overacting der Figuren, schlechte Recherche und an vielen Stellen zu arg konstruierte Situationen.
Wenn ich ganz ehrlich bin: ich habe mich durch die Seiten gequält... ich hätte das Buch auch abbrechen können, aber ich habe den Vollpreis bezahlt und ich wollte wenigstens alle Zusammenhänge verstehen.
Ich weiß, dass dieses Buch seine Liebhaberinnen finden wird und ja auch schon gefunden hat. Meinen Geschmack hat es leider überhaupt nicht getroffen, wahrscheinlich bin ich manchmal einfach zu pingelig.
Interessierten empfehle ich eine Leseprobe, wem der Schreibstil zusagt, der wird Freude an dem Roman haben.

Bewertung vom 04.03.2024
Wir sitzen im Dickicht und weinen
Prokopetz, Felicitas

Wir sitzen im Dickicht und weinen


ausgezeichnet

Felicitas Prokopetz hat ein - trotz weniger Seiten - intensives Buch geschrieben, das die verschiedensten Probleme zwischen Müttern und Kindern schildert, aber auch generell schwierige Familienverhältnisse zeigt.

Wir begleiten hauptsächlich die alleinerziehende Valerie und ihren sechzehnjährigen Sohn, die kein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter hat und gar keines zu ihrem Vater. Valeries Mutter war ebenfalls alleinerziehend, aus der Schweiz nach Wien gezogen, war immer konzentriert darauf ihr Studium nachzuholen und sich selbst zu verwirklichen. Immer auf der Suche nach einem neuen Mann, einem besseren Leben, hat sie Valerie vernachlässigt. So zumindest sieht es Valerie, ihre Mutter war immer stolz auf das eher freundschaftliche Verhältnis zwischen ihr und ihrer Tochter. Was Valerie zuwenig an Fürsorge bekam, gibt sie zuviel für ihren Sohn, der sich nun abnabeln möchte und ein Auslandsjahr in England anstrebt.

Wir lernen in der Geschichte aber auch die Großeltern Valeries kennen, vielmehr die Großmütter. Auch sie hatten es als Mütter nicht leicht, durch Herkunft und geschichtliche Ereignisse waren sie selbst eigentlich allein erziehend.
Prokopetz zieht einen roten Faden durch die Familie und zeigt auf, wie sehr wir durch Angehörige und ihren Erfahrungen geprägt werden und ein Nichtdarüberreden Auswirkungen auf ganze Generationen hat.

Stellenweise tut dieses Buch ziemlich weh, vor allem wenn man selbst Erfahrungen innerhalb einer dysfunktionalen Familie gemacht hat.
Der Schreibstil der Autorin ist schlicht und prägnant und ich habe den typisch wienerischen Klang sehr genossen, aber einfach war das Buch nicht.
Ein schönes und schmerzhaftes Debüt, das ich gerne empfehle.

Bewertung vom 02.03.2024
Nachbarn
Oliver, Diane

Nachbarn


ausgezeichnet

Die vielen lobenden Rezensionen über dieses Buch, sind nicht übertrieben, denn diese Kurzgeschichten, die in den 1960er Jahren von Diane Oliver geschrieben wurden, sind nicht nur literarisch ganz wunderbar, sondern obendrein auch noch geschichtlich extrem relevant.
Diane Oliver starb 1966 mit bloß 22 Jahren bei einem Motorradunfall, was mich sehr traurig stimmt, denn sie hätte uns noch viele Geschichten schenken können. Ihre Kurzgeschichten wurden erst vor kurzem wieder entdeckt und sind vielseitig, auch wenn es in allen um die Thematik "Schwarzes Leben" geht.

Eigentlich bin ich keine Freundin von Kurzgeschichten, ich lese lieber dicke Bücher, aber diese wertvolle Sammlung hat mich sehr neugierig gemacht. Natürlich hätte ich jede einzelne Geschichte lieber als 380 Seiten Buch gelesen, aber das soll keine Wertung sein - es ist einfach eine persönliche Geschmacksache.
Ich habe alle Geschichten gemocht, manche vielleicht ein wenig mehr als andere - berührt hat mich jede. Dankbar war ich für das Nachwort von Tayari Jones, denn es hat mir Hilfestellung bei der einen oder anderen Geschichte gegeben, die ich dann besser einordnen konnte. Ich empfinde es ebenso wie sie: diese Geschichtensammlung ist wie eine Zeitkapsel und Diane Oliver bietet uns einen unverfälschten Blick in die Stimmung der Bürgerrechtsbewegung.
Ich denke, dieses Buch gehört ganz oben auf die Liste der wichtigsten Bücher aller Zeiten. Ein Muss!
Übersetzt von Brigitte Jakobeit und Volker Oldenburg.

Bewertung vom 29.02.2024
Leuchtfeuer
Shapiro, Dani

Leuchtfeuer


ausgezeichnet

Hinter diesem traumhaft schönen Buchcover steckt eine Geschichte, die keinem chronologischen Ablauf folgt. Es ist eine Auswahl von Momentaufnahmen im Leben zweier benachbarter Familien, die nur wenige Berührungspunkte zueinander haben.
Es ist als würde man in einer Kiste mit alten Fotografien kramen und sich bei einzelnen Bildern an die Anekdote dahinter erinnern. Es sind tragische Momente, berührende Begebenheiten, dramatische Ereignisse, oder einfach nur alltägliche Situationen wie sie in Familien vorkommen.
Dani Shapiros Schreibstil ist teils sehr poetisch, sie ist einfühlsam wenn es um Stimmungen geht, aber auch bei Emotionen der Protagonisten. Die Zeitsprünge durch die Jahrzehnte sind ohne Wertung, aber nie verwirrend - und nach und nach entwickelt sich die Geschichte dieser beiden unterschiedlichen Familien. Es geht um traumatisierende Ereignisse, um das Nichtdarübersprechen, um Einsamkeit, Verlust und Trauer, Unverständnis und Verständnis, um Liebe und Freundschaft, um Höhen und Tiefen im Leben.
Trotz der dramatischen Ereignisse, ist es ein ruhiges atmosphärisches Buch, das mir sehr gefallen hat.
Ulrike Wasel und Klaus Timmermann waren die Übersetzer.

Bewertung vom 28.02.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


ausgezeichnet

Dieses Buch war eine krasse Achterbahnfahrt der Gefühle. Ich habe sämtliche Emotionen durchlebt, die man bei einem Buch empfinden kann: Abneigung, Skepsis, Genervtsein, Hass, Verständnis und zuguterletzt Nervenkitzel und Mitleid.
Kuang hat, meiner Meinung nach, mit "Babel" schon ein herausragendes Werk geschaffen, "Yellowface" ist völlig anders allerdings genauso brillant.
Sie erzählt in diesem Roman die Geschichte einer jungen erfolglosen Autorin, die sich nach dem Tod einer Freundin - erfolgreiche junge Autorin - deren unveröffentlichtes Manuskript unter den Nagel reißt und äußerst erfolgreich veröffentlicht. Aber nicht nur ist dies Diebstahl geistigen Eigentums, sondern auch noch kulturelle Bereicherung, da die Freundin asiatisch-stämmig war und sie selbst weiß ist.
Kuang thematisiert dies aber nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern sie läßt ihre Figuren darüber sprechen und argumentieren und als Leser ist man hin und hergerissen - versteht mal die eine Argumentation, dann die andere.
Sarkastisch beschreibt die Autorin den Werdegang eines Bestsellers, oportunes Gehabe innerhalb der Verlagsbranche, harte Bedingungen und die Kurzlebigkeit eines Buches. Und auch das Internet bekommt sein Fett ab, Social Media und Shitstorms, selbsternannte Experten, die - einem Mob gleich - Menschen förmlich zerreissen.
Die geschilderten Begebenheiten auf Twitter und Instagram sind erschreckend realistisch, als Nutzer dieser Plattformen erkennt man Ähnlichkeiten zu bestimmten Vorfällen, deren Zeuge man schon wurde. Diese Szenen waren extrem beklemmend zu lesen und die Angstzustände, das manische Verhalten der Hauptfigur Juniper, waren real zu spüren.
Ein absolut großartiges Buch, mit nicht wirklich sympathischen Protagonisten (was definitiv so gewollt ist), das von Satire bis hin zum Thriller einige Genres abdeckt, so etwas habe ich in der Tat noch nie zuvor gelesen. Bravo!
Und Jasmin Humburg hat das Buch tadellos ins Deutsche übersetzt.

Bewertung vom 26.02.2024
König von Albanien
Izquierdo, Andreas

König von Albanien


ausgezeichnet

Dies ist eigentlich kein neuer aktueller Roman von Andreas Izquierdo, sondern eine Neuauflage, erstmalig 2007 aufgelegt. Aber es war mein erster Roman des Autors von dem man in den letzten Monaten öfter schon gehört hat.
Und was soll ich sagen? Es war ganz großes Kino!
Also der Plot ist ja schon mal der Hammer: Otto Witte ein Hochstapler aus Deutschland, den es tatsächlich gab, behauptete 5 Tage König von Albanien gewesen zu sein, im Jahre 1913... also in den Vorkriegswirren. Verbrieft ist das alles nicht, aber Izquierdo hat eine äußerst glaubwürdig "Raubersgschicht" daraus gebastelt, die außerordentlich vergnüglich zu lesen ist.

Der Roman beginnt in einer Heilanstalt in Salzburg, wo der junge Doktorand Schilchegger auf Otto Witte trifft, der frisch eingeliefert wurde. Auf ihn wirkt er nicht krank oder verwirrt, im Gegenteil, er hat ein gutes Gespür für die Menschen um ihn herum, sein Charisma ist für alle greifbar. Es entwickelt sich eine Art Freundschaft zwischen den beiden und Otto erzählt dem Doktorand seine Geschichte.
Andreas Izquierdos Schreibstil ist exzellent, witzig aber niemals flach, die Charaktere - auch die Nebenfiguren - sind glaubwürdig und so liebevoll ausgestaltet, dass man sie förmlich greifen kann.
Sehr fundiert schildert er die Geschehnisse in Konstantinopel und Tirana, man kann die Luft riechen, die Geräusche hören... kein Wunder, er schreibt ja auch Drehbücher.
Aber auch wenn die Geschichte sehr humorvoll ist, so gibt es tragische Momente, die mich sehr berührt haben. Und diese komplette Mixtur macht diesen Roman zu einem Highlight für mich und es war definitiv nicht mein letztes Buch, das ich von Izquierdo lesen möchte.