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Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 135 Bewertungen
Bewertung vom 14.04.2015
Erst wirst du verrückt und dann ein Schmetterling
Kuyper, Sjoerd

Erst wirst du verrückt und dann ein Schmetterling


ausgezeichnet

"Es war echt ein Tag, um große Pläne zu verwirklichen. Um Meister zu werden. Um sich zu verlieben. Um mit einer Spraydose den eigenen Namen auf den Mond zu schreiben." (S. 9)

In "Erst wirst du verrückt und dann ein Schmetterling" geht es um Kos und seine Familie. Die besteht neben Kos aus einem alleinerziehenden Vater und Kos´ drei Schwestern. Die Geschwisterliebe kommt nicht immer durch, das muss man einfach mal so festhalten. Von den vier Geschwistern pflegt vielmehr jeder seine eigene kleine Schrulligkeit. Irgendwie ist hier jeder ein wenig verschroben und eigen, selbst die Nebenfiguren im Buch passen in keine Schublade. Als der Vater eines Tages wegen eines Herzinfarktes ins Krankenhaus muss, stehen Kos und seine Schwestern vor der wagemutigen Aufgabe, das familieneigene Hotel allein für einige Tage zu führen. Diese Tage bringen einige Überraschungen mit sich, sei es in Form von unerwartetem Besuch, Geldnöten, Liebe, die in der Luft liegt, oder einfach den typischen Teenagerproblemen, mit denen sich Kos und seine Schwestern so rumplagen müssen, darunter das erste Verliebtsein, imaginative Freunde, Identitätsfindungen.
Ich muss sagen, mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Diese bunte und kuriose Familiengeschichte in Einzelepisoden ist wirklich lesenswert. Ein wenig schwer getan habe ich mit der schon erwähnten merkwürdigen Geschwisterbeziehung, die an vielen Stellen so lieblos und gleichgültig daherkommt, dass ich mir für Kos ein wenig mehr... nun ja, Liebe gewünscht habe. In meinen Augen hat Autor Kuyper hier auch ein wenig stark aufgetragen, das Gegängele zwischen Bruder und Schwestern hätte hier und da ruhig etwas "normaler" sein können. Aber sonst haben mir sowohl die inhaltlichen Wendungen als auch die schrägen Charaktere wirklich gut gefallen. Ich habe so viele einzelne Sätze und Anmerkungen im Text gefunden, die ich mir markiert habe, weil sie schön klangen, etwas sehr Wahres ausgedrückt haben oder einfach erinnerungswürdig erscheinen. Das ja eigentlich eher ernste und schwermütige Grundthema (Vater muss wegen Herzinfarkt ins Krankenhaus und die Kinder hüten das Hotel - überfordert - allein) wird von Sjoerd Kuyper so ungewöhnlich und liebenswert angetastet, dass es unweigerlich Mut und Hoffnung vermittelt. Man fühlt mit Kos mit, der seine Erlebnisse dieser paar Tage wie eine Art Tagebuch auf einem Tonbandgerät festhält. Sehr nette Idee übrigens.

Bewertung vom 06.04.2015
Die sieben Schwestern Bd.1
Riley, Lucinda

Die sieben Schwestern Bd.1


sehr gut

Dies ist das zweite Buch, das ich von Lucinda Riley gelesen habe. Das erste, "Das Orchideenhaus" hat mich leider ziemlich enttäuscht, da ich mit dem Sprachstil und dem Kitsch in der Handlung nicht wirklich zurecht kam. Hier, in "Die sieben Schwestern" ist von diesen schwülstigen, künstlich aufgesetzten Sätzen nicht mehr viel zu spüren, was mich beim Lesen sehr gefreut hat. "Die sieben Schwestern" lässt sich vielmehr schön und flüssig lesen. Auch bezüglich der Handlung kam ich mit diesem Buch der Autorin weitaus besser zurecht und habe Maias Suche nach ihrer Familie und ihrer Herkunft gern verfolgt. Die Story weist - zugegeben - aber ein paar kleinere Längen auf. Nicht immer ist alles, was geschrieben wird, wirklich von Belang, und oftmals ziehen sich die Ereignisse. Hier und da habe ich gerade im letzten Buchdrittel ein, zwei Seiten überblättert, ich gebe es zu.
Ich muss auch sagen, ich fand es gleich zu Beginn des Buches mehr als fragwürdig, wie es in heutigen Zeiten funktionieren und erlaubt sein soll, dass ein älterer, allein stehender Mann sieben junge Mädchen von überall her auf der Welt adoptieren darf. Das hat mir ehrlich gesagt ein wenig Stirnrunzeln verursacht, ich finde das gelinde gesagt merkwürdig. Auch die Namensgebung der Mädchen ist in meinen Augen gewöhnungsbedürftig. Die Schwestern werden von ihrem Ziehvater nach den Plejaden, einer Sternansammlung, benannt, was an sich ja eine schöne Idee ist. Aber da im Fortlauf jede der Schwestern nur noch mit Spitznamen angesprochen wird, sind CeCe, Star und Elektra zugegeben recht eigenwillige Namen.
Und diese Sieben werden alle ihre eigene Geschichte bekommen, denn "Die sieben Schwestern" ist offenbar ein Reihenauftakt und dafür legt er gute Grundsteine. Interessante Charaktere, alle ein wenig geheimnisvoll, und durch die große Frage "Wo komme ich her? Wo sind meine Wurzeln?" ist eine gewisse Spannung vorprogrammiert. Maia ist die Erste, die, nachdem ihr Adoptivvater gestorben ist, die erhaltenen Informationen zur ihrer eigentlichen Familie nutzt und sich auf die Suche in Brasilien macht. Dort sammelt sie gemeinsam mit dem Schriftsteller Floriano Daten und Fakten ihrer Familiengeschichte und begibt sich gedanklich damit viele Jahrzehnte zurück zu einer tragischen Liebesgeschichte ihrer Urgroßmutter. Die Geschichte von Maia handelt damit sowohl im Jetzt als auch Anfang des 20. Jahrhunderts.

"Die sieben Schwestern" ist ein Buch zum Schmökern während des Urlaubs oder verregneten Nachmittagen. Manches ist vorhersehbar, so zum Beispiel die Entwicklung zwischen Maia und Floriano. Manches ist überraschend, und durch das Zusammenspiel aus den Handlungssträngen von heute und damals erlebt man gleich zwei tragisch-süße Liebesgeschichten, die durch die Schauplätze in Brasilien für mich besonders reizvoll wurden. Ich lese viel zu wenig Bücher, die in Südamerika spielen. Und gespannt, wo es die nächste der sieben Schwestern hinführen wird, bin ich durchaus.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.03.2015
Nacht ohne Namen
Nuyen, Jenny-Mai

Nacht ohne Namen


sehr gut

Mit "Nacht ohne Namen" hat die Autorin eine interessante Ideenkiste geöffnet. Als ich anfing, das Buch zu lesen, wusste ich überhaupt nicht so recht, worum es gehen und was mich erwarten würde. Die Anfänge der Geschichte von Nicky und Canon haben mich dann positiv überrascht. Lokalisiert in der Metropole Berlin, mitten zwischen Sozialbauwohnungen und B-Bahnschächten, wird die Bekanntschaft zwischen beiden mit einem ganz besonderen Zauber dargestellt. Man liest nur aus der Perspektive von Nicky, erfährt nicht viel über Canon; nur das, was Nicky eben selbst weiß. Oder zu wissen glaubt. Und trotzdem spürt man auf jeder Seite, dass zwischen beiden eine besondere Verbindung besteht, die über die täglichen Treffen in der U-Bahn hinausgeht.
Dann jedoch wird man als Leser mitten hinein in die Welt der Dämonen geworfen - Dämonen, die in der Romanwelt der Jenny-Mai Nuyen ganz normal in Menschengestalt unter uns weilen. Das fand ich einerseits zwar sehr gut ausgedacht, gleichzeitig wurde es für mich da holprig, der Geschichte zu folgen. Den Dämon Jucitell Tallis, der an Nickys Seite steht, fand ich dank seines vielseitigen und schillernden Auftretens sehr interessant, wenn auch etwas aufdringlich. Das wiederum lag an seinem Naturell bzw. seiner Rolle als Inkubus. Während ich dem Geplänkel zwischen Menschen- und Dämonenwelt anfangs noch gern gefolgt bin, wurden für mich die Zusammenhänge und Verbindungen zunehmend schwierig zu folgen. Gerade im letzten Buchdrittel fand ich alles ein wenig konfus und undurchsichtig, wer mit wem und gegen wen agiert, mit welchen Absichten und unter Anweisung welchen Dämons.
Letztendlich hat mir das Buch durch seine kurzweilige Art, seine Ideen und einnehmenden Sprachstil gut gefallen. Einmal angefangen, will man wissen, was passiert, und bleibt automatisch dran. Berlin als Handlungsort ist in meinen Augen super ausgewählt in seiner Vielschichtigkeit und auch Nicky als Handlungsträgerin konnte bei mir punkten. "Nacht ohne Namen" ist ein gutes, lesenswertes Buch; trotzdem wollte der letzte Funke zum richtigen Begeistertsein einfach nicht recht überspringen bei mir.

Bewertung vom 03.03.2015
MUC Bd.1
Mocikat, Anna

MUC Bd.1


sehr gut

"MUC" spielt in einer trüben und tristen Zukunft, von der man sich heute wünscht, sie möge nie Wirklichkeit werden. Pia aber lebt in dieser Welt. Sie flüchtet aus ihrem Dorf in den Alpen, um sich auf den Weg nach MUC zu begeben - dem ehemaligen München, wo sie ihren Bruder zu finden hofft.
Ich muss sagen, dass sich die Geschichte "MUC" ganz anders entwickelt, als ich zunächst gedacht habe. Anstatt einer actiongeladenen, fast dystopisch anmutenden Endzeitgeschichte wird in eher ruhiger Art von Pias Erlebnissen berichtet, die auf ihrer Reise die Schrecken und Nöte der Menschen nach dem großen Sterben selbst erleben muss. Für einen Debütroman fand ich das Buch beeindruckend, gut ausgedacht und gleichzeitig unterhaltsam und realistisch und geschrieben.
Denn insgesamt gesehen wirkt die von Frau Mocikat entworfene postapokalyptische Welt interessant und durchaus glaubwürdig und vorstellbar - bis auf ein paar kleine Dinge vielleicht, die mich haben stutzen lassen. (So kann beispielsweise nicht ganz glauben, dass sich eine Konservendose nach über 100 Jahren noch problemlos öffnen lässt und dass die Pfirsiche darin tatsächlich noch ihre Süße und Konsistenz behalten haben...) Aber abgesehen von solchen kleinen Aspekten fand ich die Ideen, die die Autorin eingebaut hat, wirklich gut gemacht, wenn auch etwas langatmig an mancher Stelle. Ich hätte mir rückblickend ein wenig mehr "Action" gewünscht, denn wirklich Spannung kann das Buch nicht bieten, eher eine Erzählung über Pia und ihren Weg. Insgesamt dauert es, bis die Handlung wirklich Fahrt aufnimmt und MUC als Schauplatz eine Rolle spielt. Die Ereignisse, die Pia dann in MUC ereilen, sind anders, als ich zunächst gedacht habe - wissen aber dennoch zu unterhalten.
Diese Ereignisse wurden für mich aber vor allem durch die Nebenfiguren lebhaft, denn Pia selbst blieb mir die meiste Zeit leider recht fremd. Auf mich erschien sie eher wie eine ahnungslose 12-Jährige, die zum ersten Mal die Welt erkundet (was irgendwie ja auch stimmt), und nicht wie eine mutige 20-Jährige, die sich den Gefahren in den Weg stellt. Ich habe in ihr leider keine tapfere Heldin sehen können, auch wenn sie sich im Laufe der Zeit natürlich verändert. Trotzdem blieb bei mir vor allem der Eindruck eines kindlich-naives Mädchens hängen, den ich bis zur letzten Seite nicht wirklich abschütteln konnte.

Insgesamt gesehen kann "MUC" durch ein interessantes postapokalyptisches Szenario sowie gut verpackte Ideen der Autorin punkten. Mir war das Buch dennoch ein wenig zu "geradeaus" mit zu wenig Spannungsanteilen und verblüffenden Momenten, auch wenn es als Debütroman bemerkenswert ist.

Bewertung vom 03.03.2015
Das Beste, das mir nie passiert ist
Rice, Jimmy;Tait, Laura

Das Beste, das mir nie passiert ist


ausgezeichnet

"Das Beste, das mir nie passiert ist" ist eine herzliche und niedliche Geschichte übers (heimlich) Verliebtsein, die gänzlich ohne Kitsch oder übertriebene Gefühlsduseleien auskommt. Dank der zwei sympathischen Hauptfiguren Alex und Holly, die es seit Jahren nicht schaffen, sich ihre Gefühle einzugestehen bzw. vielmehr diese dem jeweils anderen zu gestehen, entwickelt sich dieses Buch zu einem Pageturner, der sich bestens zum "gemütlichen Weglesen" an einem einzigen Wochenende eignet. Die Kapitel werden abwechselnd aus Hollys und Alex' Sicht erzählt, was teilweise sehr unterschiedliche Sichten auf die Geschehnisse in (nebenbei gesagt: meiner absoluten Lieblingsstadt) London aufwirft, und vor allem ein Thema immer wieder antastet: die verpassten Chancen des Lebens.
Hier geht es aber nicht nur um das Hin und Her des Verliebtseins, sondern auch um solche Fragen, was denn das Leben eines Endzwanzigers eigentlich ausmacht. Oder ausmachen sollte, wenn man sich mit den so verhassten und dennoch immer wieder von allen Seiten auftauchenden Erwartungen und Klischees dieser Lebenszeit konfrontiert sieht. Genau den gleichen Problemen sehen sich Alex und Holly gegenüber: während so viele ihrer Jugendfreunde längst verheiratet, mindestens aber glücklich liiert, und teilweise schon mit Kindern und Eigenheim versorgt sind, stehen beide ein wenig abseits, weil sie das Richtige in ihrem Leben einfach noch nicht gefunden haben. Das macht die Geschichte in meinen Augen sehr realitätsnah und wahrscheinlich hat sie mir auch deswegen so gut gefallen.
Vor allem hat mir aber diese kleine Liebesgeschichte, die sich durch alle Kapitel zieht, gefallen. Die langsame Entwicklung der gemeinsamen Geschichte von Alex und Holly, die sich und der Liebe nach 11 Jahren vielleicht doch noch eine Chance geben...?
Klare Leseempfehlung an alle Träumer und Hoffnungsvollen, die sich unweigerlich an irgendeiner Stelle in diesem Buch wiederfinden werden - entweder in Holly oder in Alex. Ich zumindest habe mich oft beim zustimmenden Kopfnicken während des Lesens erwischt.

Bewertung vom 03.03.2015
Der Mann im Heuhaufen
Hasselbusch, Birgit

Der Mann im Heuhaufen


gut

"Der Mann im Heuhaufen" ist eine typische Wohlfühl-Frauen-Romanze, die ein paar Stunden netter Leseatmosphäre bietet. Locker leicht und amüsant schreiben, das kann Frau Hasselbusch. Manchmal braucht man ein solches Buch eben einfach, auch wenn man zwar schon zu Beginn ahnt, wie das alles wohl ausgehen wird. Aber eigentlich macht das nichts, denn genau das erwartet man ja auch von dem Buch.
Trotzdem ist dieses hier eins jener Bücher, die man während des Lesens zwar ok findet, die aber leider kaum Potential haben, um danach noch wirklich im Kopf zu bleiben, sobald man einmal die letzte Seite zugeklappt hat. Schuld daran waren für mich zum einen die Hauptfigur Charlotte selbst, zum anderen manch unglaubwürdige Wendungen in der Handlung.
Charlotte war mir leider zu anstrengend als Handlungsträgerin. Als Freundin würde ich sie nicht unbedingt haben wollen, ich muss es so sagen. Sie tendiert zum vorschnellen Verurteilen ihrer Mitmenschen, wenn diese nicht haargenau das tun, was sie erwartet. Sie hört nicht richtig zu und neigt zu Vorurteils-schwangeren Gedanken, weil sie zu eilig bewertet und einfach nicht jede Möglichkeiten durchdenkt, wodurch vielerlei Missverständnisse im Laufe der Handlung entstehen. Die waren für meinen Geschmack einfach einen Tick zu unglaubwürdig, irgendwie "too much". In solchen Momenten wünsche ich mir immer, man könne ins Buch greifen und die Figur einfach mal schütteln, um ihr klar zu machen, dass sie gerade ziemlich dumm handelt. Diese dauernden Missverständnisse im Laufe des Geschehens, die so unrealistisch wirken, haben mein Leseerlebnis einfach getrübt.
Außerdem kam für mich zu wenig Gefühl rüber in der Geschichte zwischen Charlotte und ihrem unbekannten Mr. X. Die Begegnung im Bahnabteil, die sich Charlotte so ins Gedächtnis brennt, konnte ich mir zwar gut vorstellen und auch nachvollziehen, dass sie für Charlotte etwas besonderes bedeutet. Aber letztlich reicht sie in meinen Augen nicht als Erklärung aus, warum Charlotte plötzlich ihr ganzes Leben hinterfragt und meint, sie müsse diesen Mann unbedingt finden, damit ihr Leben besser wird. Dafür fehlte mir Emotion und Gefühl, dieser knisternde Funke, der eine Liebesgeschichte so besonders macht. Natürlich ist das schwer, wenn Charlotte auf der Suche nach ihrem Unbekannten ist und in der eigentlichen Geschichte keinerlei Interaktion zwischen beiden stattfinden kann. Trotzdem ging mir das Ende dann ein wenig zu holterdipolter. Die restliche Handlung und die Sorgen und Nöte diverser Nebenfiguren fand ich ganz nett zu lesen, das war jedoch mehr so nebenher plätschernd. Nette Lektüre für zwischendurch, aber wenig nachhaltend.

Bewertung vom 03.03.2015
Die Falle
Raabe, Melanie

Die Falle


ausgezeichnet

"Die Falle" ist eins der spannendsten Bücher, die ich in der letzten Zeit gelesen habe - und das, obwohl hier strenggenommen eigentlich gar nicht viel passiert. Keine ausschweifenden Handlungsstränge, keine übermäßigen Aktionen oder Irrungen und Wirrungen, die einem das Hirn verknoten. Und trotzdem gelingt es der Autorin Melanie Raabe, ihren Thriller mit nur wenigen Kniffen zu einem echten Pageturner zu machen. Fürs Zusammenzählen der handelnden Personen in diesem Buch braucht man keine ganze Hand. Und der Handlungsort ist überschaubar einfach gehalten, denn Linda Conrads hat seit über 11 Jahren ihr Haus nicht mehr verlassen und tut dies auch jetzt nicht, obwohl sie den Plan gefasst hat, sich am vermeintlichen Mörder ihrer Schwester zu rächen. Und was tun, wenn man selbst nicht vor die Tür gehen kann? Man lässt den Mörder zu sich kommen.
Ich habe schon nach wenigen Seiten auf ein perfides Katz-und-Maus-Spielchen gehofft zwischen Linda und dem Mann, der ihr Leben ruiniert hat - und genau das habe ich auch bekommen. Die Dialoge sind geschliffen, auf den Punkt und richtiggehend atemberaubend - und zugleich verwirrend. Ebenso wie Linda weiß man als Leser ab einem Punkt nicht mehr, was man eigentlich glauben soll. Ich konnte zumindest keine Pause beim Lesen machen, als ich den Schlagabtausch zwischen beiden verfolgte. Und damit ist es natürlich noch nicht getan. "Die Falle" hat noch einiges mehr zu bieten, unter anderem eben das, was den Titel des Buches ausmacht.
Hier sind keine Beschreibungen von blutrünstigen Taten eines kaltblütigen Killers zu finden, die einem den Schlaf rauben. Ein solcher Thriller ist "Die Falle" nicht. Viel mehr gibt die Geschichte viele Einblicke in das Seelenleben von Linda und spielt auf sehr psychologische Art und Weise mit ihren Sorgen und Ängsten. Die Darstellung der Geschehnisse erfolgt weitestgehend in Echtzeit und macht das Lesen nochmal extra spannend.
Fazit: Ich bin begeistert. All jenen, die Lust auf einen mitreißenden, perfiden, aber zugleich blutarmen Thriller haben, kann ich "Die Falle" sehr empfehlen.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.02.2015
Love Letters to the Dead, deutsche Ausgabe
Dellaira, Ava

Love Letters to the Dead, deutsche Ausgabe


gut

Als ich erstmalig vom Inhalt des Buches "Love letters to the dead" gehört hatte, dachte ich mir, dass das eine wunderbare Romanidee sei und dass dies bestimmt eins dieser "besonderen" Bücher sei, die einem nach dem Lesen einfach im Kopf bleiben werden: Laurel, die vor kurzem ihre Schwester verloren hat, schreibt Briefe an berühmte, aber schon längst verstorbene Personen; und schafft es durch diese Briefe, sich mit dem Tod ihrer Schwester auseinander zu setzen - etwas, das ihr lange nicht möglich war.
Umso enttäuschter war ich aber leider, als ich das Buch nach dem Lesen zuklappte, denn die Umsetzung der eigentlichen Idee ist in meinen Augen nicht wirklich gelungen. Zwar fand ich manche Passagen im Buch wirklich schön, melancholisch und nachdenklich stimmend geschrieben. An zwei Stellen musste ich richtig weinen, die trieben mir einfach die Tränen in die Augen. Aber diese zwei Stellen waren eben letztlich schon fast alles an Gefühl, was ich hier auf den vielen Seiten spüren konnte. Dass diese im Prinzip sehr emotionale Sache des Briefe-Schreibens mich - eine eigentlich sehr gefühlsduselige Person, die schnell mal anfängt zu heulen, wenn etwas zu schön oder zu traurig ist - doch eher kalt ließ, lag, wenn ich so zurückdenke, vor allem an folgenden Schwierigkeiten:

Laurels Briefe-Schreiberei erinnert tatsächlich mehr an Tagebucheinträge als an Briefe. Oftmals liest sich alles wie eine Auflistung von Dingen, die Laurel an diesem Tag gemacht hat. Nicht besonders spannend und nicht besonders temporeich. Oftmals hat mir das Lesen hier wirklich zu lange gedauert, weil einfach nichts passiert; und insgesamt hätte das Buch in meinen Augen auch gut ein Drittel kürzer sein können - es wäre an Inhalt dennoch nichts verloren gegangen.
Manche Briefe sind mir zudem einfach überhaupt nicht ans Herz gegangen, konnten mich nicht berühren. Das sind vor allem solche Briefe, deren "Grund" mir nicht einleuchtete. Laurel schreibt Briefe an Personen, wenn ihr am Tag etwas passiert oder ihr begegnet ist, das sie an eine bestimmte verstorbene Person erinnert hat. Wenn sie an River Phoenix schreibt, weil sie eben einen Film mit ihm gesehen hat, oder nach dem Hören eines Janis Joplin-Songs an eben diese schreibt, dann konnte ich das nachvollziehen. Es gibt aber auch Briefe, die einfach völlig ohne Bezug stehen. Manchmal konnten die Schilderungen von Laurel keinen richtigen inhaltlichen Zusammenhang erstellen zwischen dem, was sie bewegt, und der Person, an die sie schreibt. Das glich dann eben tatsächlich nur einem Tagebucheintrag - womit ich überhaupt kein Problem gehabt hätte als Roman. Aber dieses zwanghafte Formulieren an irgendwelche berühmten Toten - das verwirrte mich immer mehr.
Aber auch Laurel selbst hat es mir nicht leicht gemacht. Sie trauert um ihre Schwester, und in der Trauer tun Menschen mitunter komische Dinge, das ist schon klar. Aber auf mich machte Laurel stets den Eindruck, als würde sie sich verbiegen, ihr eigenes Ich komplett verstecken, einfach nicht sie selbst sein, nur um anderen zu gefallen und bei anderen anzukommen, um Freunde zu finden. Das ging auch weit über das "normale" Nacheifern der großen Schwester hinaus. Und gerade dann finde ich diese Briefe-Schreiberei - die doch eigentlich so persönlich sein soll - irgendwie ironisch, wenn ich beim Lesen immerzu daran denke, dass Laurels wahres Ich bei den Briefen nur so selten hervorblitzt und ich sie bis zuletzt kaum als "Laurel" kennenlernen konnte.
Schließlich (und ohne zuviel verraten zu wollen) fand ich das Ende bzw. die Auflösung leider völlig überzogen. Ich spreche dieser Handlungsidee keinesfalls ihren realen Bezug ab, den es durchaus sicher irgendwo leider geben wird. Aber als ich die letzten Seiten des Buches las, kam ich nicht umhin, das alles als irgendwie zu unglaubwürdig und zu aufgesetzt anzusehen.

Bewertung vom 14.01.2015
Wörter auf Papier
Vawter, Vince

Wörter auf Papier


ausgezeichnet

„Als Kind sollte man sich doch aussuchen dürfen, woran man denkt, und jedes Wort sagen können, das man will. Für mich galt beides nicht.“ (S.173)

Der Held dieses Buches stottert. Sein Name ist Victor Vollmer und dieses „V“ in seinem Namen stellt ihn nahezu immer vor unüberwindbare Hürden. Denn gerade das „V“ gehört für ihn für zu jenen schier unaussprechlichen Buchstaben, die einfach nicht aus seinem Mund kommen wollen; schon das Denken an das Aussprechen seines Namens bereitet ihm Bauchschmerzen.
Victor neigt daher dazu, lieber gar nichts zu sagen, oder zumindest nicht viel. Nur mit seinen Eltern, seiner Nanny und wenigen Freunden, die ihn kennen, kann er sich unterhalten. An und für sich kommt er damit gut zurecht in seinem Leben. Dann jedoch kommt der Sommer, in dem er den Job seines Freundes Rat als Zeitungsausträger übernehmen soll. Das Austeilen selbst ist nicht das Problem – das Abkassieren des Lohns am Ende der Woche dagegen schon. Denn dort wird er nicht um das Reden herumkommen…
In diesem Sommer macht Victor viele und außergewöhnliche und wichtige Bekanntschaften. Wichtig, weil sie ihm zeigen, dass es so viele andere Dinge gibt, die das Leben ausmachen, und dass das Stottern dabei eigentlich völlig nebensächlich wird. Und dass jeder sein eigenes Päckchen zu tragen hat. Allen neuen Freunden voran ist wohl der sehr belesene Mr. Spiro zu nennen, ein Nachbar, der Victor zuhört, ihn zum Reden ermuntert und ihm dabei hilft, seine Ängste in Bezug auf das Sprechen zu überwinden.
Mir haben vor allem die ruhigen Töne im Buch gefallen. Jede Auseinandersetzung mit den für Victor so unaussprechlichen Buchstaben, die Gedanken, die ihm durch den Kopf gehen, wenn er weiß, er muss gleich ein für ihn unmögliches Wort ausformulieren – diese Schilderungen fand ich ganz wunderbar und sehr schön nachzuvollziehen. Es ist eine eher unaufgeregte Geschichte in den 50er Jahren der USA, die nicht nur die Hürden des Stotterns thematisiert, sondern auch andere Probleme der damaligen Zeit aufgreift, wie beispielsweise die Rassenfeindlichkeit. Sein Kindermädchen Mam ist schwarz, und so muss Victor immer wieder aufs Neue erleben, was Diskriminierung und Benachteiligung einer geliebten Person bedeutet. Diese ganze Thematik stimmt nicht nur Victor, sondern auch den Leser sehr nachdenklich.
Die Geschichte von Victor ist letztlich auch deshalb ganz besonders, weil sie autobiografisch ist. Vince Vawter ist selbsternannter „Stotterexperte“ und meistert sein Leben dennoch. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Buch eine Herzensangelegenheit für ihn war, um anderen Mut zu machen, sich nicht zu verstecken.

Fazit:
„Wörter auf Papier“ hat mich sehr positiv überraschen können. Mit seiner ruhigen, autobiografischen Geschichte gelingt es dem Autoren, die Sorgen und gefühlten Beklemmungen eines Stotterers beim Artikulieren zu vermitteln. Gleichzeitig gelingt es ihm zu zeigen, dass es nicht darauf ankommt, welche Beeinträchtigungen man vielleicht mit sich herumträgt, sondern wie man damit umgeht.