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Lesehonig
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Berlin

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Insgesamt 198 Bewertungen
Bewertung vom 28.10.2023
Marthas Geheimnis / Die Zuckerbaronin Bd.1
Sahler, Martina;Wolz, Heiko

Marthas Geheimnis / Die Zuckerbaronin Bd.1


ausgezeichnet

Die Schwestern Martha und Gwendolin Schinder sind die Töchter des Schmugglerkönigs vom Bayrischen Wald. Saccharin war das Schmuggelgut um 1908. Der Zucker des armen Mannes. Während der teure Zucker die Industriellen zu Geld und Wohlstand brachte, waren die Ärmeren auch auf die Süße erpicht. Als 1878 die Chemiker Fahlenberg und Remsen den künstlichen und günstigen Süßstoff Saccharin entwickelte, entspann sich ein Machtkampf zwischen den Interessensgruppen. Das Saccharin wurde in Deutschland verboten und so entspann sich ein reger Schwarzmarkthandel. Während Martha wild und märtyrerisch ihren Vater auf den Schmuggelfahrten begleitet, ist die stille Gwendolin gegen das Treiben. Als die Schwestern beim Erntedankfest den Industriellensohn Alexander kennenlernen, müssen sie ihr Geheimnis unbedingt wahren und dennoch ihr Glück finden.
Wieder einmal wurde ich in ein Stückchen Geschichte entführt, dass mir völlig unbekannt war. Durch die Figuren des Romans wurde der historische Hintergrund so lebhaft, dass ich ihn sicher nicht vergessen werde. Unglaublich wie doch schon damals die Interessen der reichen Bevölkerung im Mittelpunkt auch der Gesetzgebung standen. Die Schwestern fand ich obwohl sehr unterschiedlich, gleichermaßen liebenswert. Eine wirklich zauberhafte Geschichte mit historischem Hintergrund, der uns die Menschen dieser Zeit sehr nahebringt. Ich werde meinen Tee künftig mit mehr Würde süßen.

Bewertung vom 24.10.2023
Der Geruch von Ruß und Rosen
Rabinowich, Julya

Der Geruch von Ruß und Rosen


sehr gut

Obwohl sie nun endlich in Deutschland in Sicherheit lebt, findet Medina keine Ruhe. Ihr Vater befindet sich noch immer in dem Land, aus dem sie ihre Flucht angetreten haben. Medina versucht in ihrer neuen Heimat zur Ruhe zu kommen und Pläne für die Zukunft zu machen, doch sie weiß wirklich Ruhe kann sie erst finden, wenn sie weiß, was aus ihrem Vater geworden ist. Also macht sie sich heimlich auf die Suche nach ihm und kehr zurück in ihr Heimatland. Begleitet wird sie dabei von ihrer Tante Amina, die auch erst Ruhe finden kann, wenn sie mit ihrer Vergangenheit abgeschlossen hat.
Diese Geschichte steht für so viele Flüchtlingsgeschichten. Der Leser erfährt deshalb keine näheren Einzelheiten über das Land, aus dem die Familie floh. Andere Leser unserer Leserunde machten mich darauf aufmerksam, dass es sich bei diesem Buch um den dritten Teil der Geschichte handelt. Das erklärte mir dann auch, warum ich manche Beziehungen zwischen den Protagonisten nicht verstanden habe und manche Figuren rätselhaft für mich blieben. Hier wäre ein Hinweis im Klappentext sehr hilfreich gewesen. Obwohl der Schreibstil sehr einfach und schlicht ist, wird man doch immer wieder von starken Sätzen überrascht die einen berühren. Erst sehr spät habe ich verstanden, dass die Geschichte in Form eines Tagebuches geschrieben ist. Das fand ich dann stilistisch wieder sehr gelungen. Die Geschichte von Medina und ihrer Familie steht stellvertretend für so viele Flüchtlingsschicksale unserer Zeit. Für Menschen die traumatisiert und entwurzelt versuchen in der Fremde Fuß zu fassen. Ein wichtiges Buch für unsere Zeit und unsere Gesellschaft. Ich empfehle jedoch die Vorgängerbände „Dazwischen: ich“ und „Dazwischen: wir“ zu lesen, um sich im Leben von Medina besser zurecht zu finden.

Bewertung vom 17.10.2023
Geheimnisse um das Märchenschloss
Benke, Alexandra

Geheimnisse um das Märchenschloss


ausgezeichnet

Ein Bauernhof im Allgäu ist der Schauplatz eines spannenden Abenteuers für die vier Kinder Lotta, Rosalie, Tim und Xaver. Neben vielen Tieren, die die Kinder begeistern entdecken sie auf dem Hof auch ein geheimnisvolles Bergkristall-Zimmer und dessen Besitzer den Jungen Friedrich. Dieser ist irgendwie anders als andere Kinder. Er strahlt etwas Besonderes aus, dass merken nicht nur die vier Freunde, sondern auch ein zuerst gefährlich wirkender Hund, der in Friedrichs Gegenwart friedlich wird. Rund um das Schloss Neuschwanstein erleben die Kinder viele aufregende Ferientage und Abenteuer. Wer bereits einmal in dieser Gegend war, weiß welche Mystik und Faszination von dem Schloss und den Sagen rund um das Schloss ausgeht. Dieses Gefühl hat die Autorin ganz wunderbar eingefangen und in eine aufregende Geschichte verpackt. Ich habe das Buch zusammen mit meiner 9-jährigen Tochter gelesen und sie hat es total geliebt. Die Geschichte war spannend und das Setting einfach traumhaft! Total nach unserem Geschmack! Sehr gut haben uns auch die Illustrationen gefallen. Sie haben die geheimnisvolle Stimmung greifbar gemacht und Rosalie, Tim, Xaver und Lotta lebendig. Ein tolles Familienbuch, nicht nur für die Urlaubsreise ins Allgäu, sondern einfach auch zum dahin träumen.

Bewertung vom 08.10.2023
Eigentum
Haas, Wolf

Eigentum


sehr gut

Ein langes Leben ist nun vorbei. Doch war es erfüllt? Ja, es war erfüllt von einem Wunsch, der nie in Erfüllung ging- Eigentum zu besitzen. Wolf Haas schreibt ein sehr persönliches Buch, über sein 1923 geborene Mutter. Angetrieben von dem Wunsch ein Haus oder Wohnung ihr eigen nennen zu können, kämpft sie sich durch die unterschiedlichsten Arbeitsstellen und sammelt so immer mehr Wissen und Können an. Und auch Geld kann sie durch viel Sparsamkeit anhäufen. „Doch dann kam die Inflation und das ganze Geld war weg!“ Ist ein Satz, der sich durch das schmale Büchlein schlängelt und an vielen Stellen seinen Kopf herausstreckt. Verbittert und hart ist die Mutter über die Jahre geworden. Immer in der Erkenntnis bis zum Tod hinter einem unerfüllten Wunsch hinterhergejagt zu sein. Überraschend vertraut war mir diese Jagd doch aus meiner eigenen Familiengeschichte. Generationen, die sich abmühten, vom Munde absparten und denen doch am Ende nichts übrig blieb außer Resignation. Und wie ist es mit uns? Die wir auf die nächste Beförderung hoffen, auf mehr Gehalt und die Wünsche, die man sich damit erfüllen kann und dann erschrocken feststellen, dass die Inflation am Ende nicht mehr übriglässt als vorher. Es ist nur ein kurzer Einblick, den wir von den vielen Jahrzehnten Leben der Mutter erhaschen können, und doch reduziert auf das eine große Dilemma des Lebens, nämlich nie genug zu bekommen zu haben und zu besitzen. Und während der eine Verbittert ist, ist dies vielleicht gerade das, was den anderen weitertreibt.

Bewertung vom 07.10.2023
Das Versprechen einer neuen Zeit / Sturmjahre Bd.2
Scott, Lia

Das Versprechen einer neuen Zeit / Sturmjahre Bd.2


sehr gut

Der erste Weltkrieg ist beendet und Archie kehrt verwundet in seinen Heimatort in Schottland zurück. Dort in seinem Pub wohnt Vika, die Frau, die er liebt mit ihrem Sohn. Doch Archie fällt es schwer nach den traumatischen Erlebnissen im Krieg wieder zurück ins normale Leben zu finden. Als Vikas Sohn einführt wird reagiert Archie über und stürzt sich ohne Vikas Einwände anzuhören in eine Befreiungsaktion. Für Vika ein echter Vertrauensbruch, der sie weg von ihrer Liebe, nach Glasgow ins Armenviertel treibt.
Neben einer zauberhaften Liebesgeschichte bietet dieser Roman auch viel historische Hintergründe. Wie weitreichend dieser Krieg die Menschen doch beeinflusst hat, und dass auch in Gegenden, die einem sicher nicht zuerst einfallen, wenn man an den Ersten Weltkrieg denkt. Wie viele Männer damals doch ihr Leben lassen mussten und wie die Frauen versuchten sich und ihre Kinder durchzubringen ist hier sehr bewegend dargestellt. So ist Schottland nicht nur ein Ort voll Zauber und Magie, schöner Landschaften und blühender Wiesen, sondern auch sehr rau und hart. Und doch sind die Menschen in Lia Scotts Roman voller Hoffnung und Liebe füreinander. Das hat mir wirklich gut gefallen und das hier und jetzt vergessen lassen.

Bewertung vom 25.09.2023
Das Sams und der blaue Drache / Das Sams Bd.9
Maar, Paul

Das Sams und der blaue Drache / Das Sams Bd.9


ausgezeichnet

Eigentlich hatte Papa Taschenbier dem Sams strengstens verboten die Wunschmaschine zu benutzen. Aber nun ist es Herbst und die Kinder lassen draußen ihre Drachen steigen. Und das Sams würde zu gerne dabei sein. Aber leider ist der Drachenladen gerade geschlossen und der Besitzer kommt erst in ein paar Tagen wieder. Da unser Sams nicht das Geduldigste ist, geht es natürlich doch an die Wunschmaschine und wünscht sich einen blauen Drachen. Und die Wunschmaschine liefert…einen blauen Drachen. Jedoch keinen starren mit Schnur, sondern einen echten, der feuerspeien und reden kann. Es beginnt ein niedliches und spannendes Versteckspiel zwischen Sams, Drachen und Herrn Taschenbier und Frau Rotkohl.
Schon als Kind habe ich die Bücher vom Sams geliebt. Umso mehr freue ich mich diese jetzt mit meiner Tochter zu lesen. Dieses hier kannte ich selbst noch nicht und war ganz hingerissen von der Geschichte mit dem niedlichen kleinen Drachen und dem ganzen Schabernack, den die zwei anstellen. Das Sams reimt natürlich auch wieder wild und lustig vor sich hin. Frau Rotkohl zetert und erzieht und Herr Taschenbier freut sich durch das Sams so viel Spaß und Abenteuer in seinem tristen Leben zu haben. Begleitet wird diese schöne Geschichte von zauberhaften Illustrationen, die einem das Lesen versüßen. Ein rundum gelungener Sams-Spaß.

Bewertung vom 22.09.2023
Sylter Welle
Leßmann, Max Richard

Sylter Welle


sehr gut

Strandkorbfeeling, Fischbrötchen vs Möwenkampf und auch ein bisschen Schickimicki. Das zeichnet für mich seit meiner Kindheit der Urlaub auf Sylt aus. Für den Protagonisten Max, sind es noch ganz andere Dinge. Vor allem verbindet er mit diesen Urlauben seine Großeltern, die Omma Lore und den Oppa Ludwig. Zwei nicht ganz unstrittige Charaktere der älteren Generation. Aber das macht sie so lebensecht. Lore zeigt ihre Liebe nicht durch übertriebene Körperlichkeit wie Wangenkneifen oder durch teure Geschenke und das Kreisen ums Enkelkind, sondern durch kleine Gesten und Interesse. Während Ludwig in seiner eigenen ganz strukturierten Welt zu Hause ist. Als Erwachsener besucht Max seine Großeltern, die gerade Urlaub in der „Sylter Welle“ machen. In den drei Tagen seines Besuchs tauchen wir als Leser ab in die unzähligen Kindheitserinnerungen und lernen so die Familie kennen. Jeder hat seinen Platz, seinen Charakter und seine Gewohnheiten. Mit viel Liebe, Witz aber auch schonungsloser Ehrlichkeit bringt uns der Autor die Mitglieder seiner Familie näher. Durch die Auswahl seiner Anekdoten und den überaus bildhaften Schreibstil werden die Figuren menschlich und vertraut. Ihr Charakter zeugt von Tiefe und Vielschichtigkeit, wie ihn nur echte Menschen haben können. Es ist wirklich ein schönes Buch, dass wunderbar erzählt, ohne belehren zu wollen. Für viele Leser wird es Kindheitserinnerungen wecken. Und manchmal ist es gut, aus der Vogelperspektive auf die Mitglieder seiner Familie zu schauen, ohne sie zu werten, sondern sie zu nehmen wie sie sind und sich darüber zu freuen das sie da sind. Das hat mich dieses Buch gelehrt.

Bewertung vom 17.09.2023
Miss Kim weiß Bescheid
Cho, Nam-joo

Miss Kim weiß Bescheid


ausgezeichnet

„Miss Kim weiß Bescheid- Storys“ von Cho Nam-Joo
In diesem Buch erwarten einen acht verschiedene Geschichten koreanischer Frauen. Alle eint die Elegie des Lebens und der stille Protest gegen ihre ihnen zugedachte Rolle. Gut ausgebildete junge Frauen, die unter der Last der Arbeit und gleichzeitigen Rolle als Mutter, Ehefrau und Haushälterin zusammenbrechen und sich trübsinnig und resigniert dazu entschließen ihre Arbeit zu kündigen. Oder Frauen kurz vor ihrer Pension, die schwer gearbeitet haben und sich nun ihren Lebenstraum erfüllen wollen, von denen jedoch erwartet wird, dass sie sich um ihre Enkelkinder kümmern. Bestürzt hat mich jedoch auch eine Story zur sexuellen Belästigung von Schulmädchen, deren männliche Klassenkammeraden die knappe Schuluniform nutzten, um den Mädchen unter die Röcke zu filmen.
Zwischen Deutschland und Südkorea liegen rund 8100 km und dennoch kamen mir die Erzählungen und Gefühle der Frauen stark bekannt vor. In Deutschland wird händeringend nach Fachkräften gesucht, während viele Mütter verzweifelt nach Betreuungsmöglichkeiten ihrer Kinder suchen, um arbeiten gehen zu können. Die Frauen in Cho Nam-Joos Geschichten protestieren nicht laut, sie leiden eher still und versuchen selbst ihr Leben für sich erträglich zu gestalten. Und die Absurdität dieses Dilemmas wird in der Geschichte mit den sexuell belästigten Mädchen deutlich. Die Mütter der beschuldigten Jungen laufen Sturm und bedrängen die Mutter eines der Mädchen ihre Aussage zu ändern, da sie Nachteile für die Karriere ihrer Söhne vermuten, wenn ein Vermerk in ihrer Schulakte steht. Ketzerisch stellte ich mir die Frage, warum wir Frauen eigentlich immer wieder unglücklich in diese Rollen verfallen, wenn wir es doch eigentlich sind, die die Jungs aufziehen, ihnen Regeln und Werte mitgeben. Sind wir es dann nicht auch die die Macht darüber haben, wie die Gesellschaft einmal aussehen soll? Cho Nam-Joo regt sehr zum Nachdenken an. Nicht, indem sie uns klare Botschaften sendet, sondern indem sie uns Geschichten erzählt, die viele Frauen von uns kennen und so ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt. Großartige Erzählkunst!

Bewertung vom 04.09.2023
Vatermal
Öziri, Necati

Vatermal


ausgezeichnet

Arda ist schwer krank. Während er auf der Intensivstation liegt, schreibt er einen Brief an seinen unbekannten Vater. Metin hat die Familie verlassen als Ardan noch sehr klein war und ist zurück in die Türkei gegangen, wo er eine neue Familie gegründet hat. Ardan blieb zurück mit seiner älteren Schwester Aylin und der Mutter, die beide nicht gut miteinander auskommen. Die Mutter hatte selbst keine glückliche Kindheit. Als ihre Familie nach Deutschland ging sollte es ein Neuanfang sein und wurde doch nicht neu nur anders. Obwohl sich Ardan in seinem Brief an seinen Vater wendet, erzählt er uns viel von den beiden Frauen in seinem Leben, Aylin und ihrer Mutter. Die Konflikte, die die beiden austragen, wie beide versuchen auf ihre eigene Weise glücklich zu werden und wie sie doch verzweifelt um eine Perspektive im Leben kämpfen. Aber wir erfahren auch viel über Arda, wie er als Außenseiter unter Außenseitern aufwächst, am Rand der Gesellschaft, weil ihn die Gesellschaft dort platziert hat. Ich bin tief in diese Geschichte hinabgetaucht und habe die Perspektive der unterschiedlichen Figuren eingenommen und mich in allen irgendwie zu Hause gefühlt. Necati Öziri schenkt uns wunderschöne Sätze, die noch lange nachhallen, die wieder zurechtrücken, was die Gesellschaft in ihrer Arroganz auseinanderzerrt. Zurecht steht dieses Buch auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, denn es beinhaltet so viel und erfasst so klar, was kaum ein anderes Buch vermag.

Bewertung vom 28.08.2023
Wilde Jagd
Freund, René

Wilde Jagd


ausgezeichnet

Seine Frau hat ihn verlassen und seine Tochter möchte nichts mehr von ihm wissen. Unschuldig daran ist er nicht, der 53-jährige Philosophie-Professor Quintus, aber gewollt hat er es sicher nicht. So zieht er sich in sein einsames Elternhaus im kleinen Ort Stein am Gebirge zurück, um sein Leben neu zu sortieren. An seiner Seite der Hund seiner Tochter, der ihn zwingt zumindest etwas Routine im verlotterten Tagesablauf zu pflegen und eine Wohltat für uns Leser. Schon bald begegnet Quintus der seltsamen Altenpflegerin Evelina die auf der Suche nach ihrer verschwundenen Schwester ist. Mehr und mehr merkwürdige Ereignisse häufen sich in dem kleinen Ort, die Quintus aus der Façon bringen und auf ganz neue Wege. Das Buch wurde in das Genre Roman eingestuft, was meiner Meinung nach dem nicht gerecht wird. Es hat viel von einem Kriminalroman, jedoch auch Witz, Spannung eine Prise Esoterik, handelt von Selbstfindung in der Mitte des Lebens, Anthropologie und Soziologie. Während der arme Quintus selbstmitleidig die seit 14 Jahren abgelaufenen Dosen-Ravioli kalt in sich hineinstopft, pflegt die verzweifelte Evelina den alten Zillner mit einem Auge in der Realität mit dem anderen in eine Zwischenwelt gerichtet. Und während die Gerüchte durchs Dorf wabern, einer dem anderen nicht traut und die Fußpflegerin Sabine den Philosophen mit erschreckenden Erkenntnissen über den Menschen als solchen, blass werden lässt, werden wir Leser in eine Geschichte gezogen, in der einfach nichts klar ist (nicht mal das Genre). Verzweifelt klammert man sich an Strohhalme, um im Strom der Geschichte wenigstens etwas Halt zu finden, der einem jedoch zwei Seiten weiter schon wieder entrissen wird. Mich hat diese Geschichte total gepackt. Ich war amüsiert, gespannt, aufgeregt und am Ende fassungslos. Für mich war es in jedem Fall ein Jahreslesehighlight.