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Bri
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Kröslin

Bewertungen

Insgesamt 219 Bewertungen
Bewertung vom 04.06.2021
Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2
Benedict, Marie

Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2


ausgezeichnet

Die beeindruckende Frau Churchill

Der Roman «Lady Churchill» von Marie Benedict beleuchtet das Leben und Wirken Clementine Churchills, der Frau, die an der Seite ihres Mannes Winston bislang kaum Beachtung fand.
Das könnte sich mit diesem Buch ändern.

Aus der Ich-Erzählweise Clementines, die sich durch das gesamte Buch zieht, erfahren wir zu Beginn, wie sich Cat und Pug, so ihre Kosenamen füreinander, das erste Mal begegnen.

Auch beleuchtet dieser Roman sehr gut seine Arbeit und die Auswirkungen seiner politischen Entscheidungen- ebenso wie die ihren. 

So erfahren wir z.B., daß es ihr Verdienst war, daß die Schutzbunker im 2.Weltkrieg etwas hygienischer gestaltet wurden, auch stand sie zur Wache auf den Hausdächern und tat somit ihren Teil bei. 
Clementine scheute sich nicht, Frauen und Mädchen zum Kampf aufzurufen- und dies' auch selbst zu tun!

Sie war immer stark politisch interessiert und trat für das Frauenwahlrecht ein. 
Auch, wenn das oftmals nicht gern gesehen wurde.
Denn ihre Rolle als Mutter litt darunter- die Kindererziehung übernahmen meist andere- und sie selbst unter dem Verlust der Bindung zu ihren Kindern. 

Ihr Mann hingegen, der mächtigste Mann Europas, war egozentrisch, konnte nicht haushalten und oftmals plagten ihn Selbstzweifel, sodaß sie ihn aufbauen mußte. Häufig schrieb sie seine Reden, übte sie mit ihm ein, traf mit ihm wichtige politische Entscheidungen und fand viel zu wenig Anerkennung für ihr Engagement!

Im Laufe des Buches wird erneut klar, wie schwer das Leben an der Seite eines so wichtigen Mannes ist. Clementines Sorgen, ihre Liebe zu Mann und Kindern, Kriege und ihr Drang nach Veränderung- vor allem für die Frauen- ließen sie ein bewegtes, aber auch entbehrendes Leben führen.

Ein sehr spannender Roman, flüssig und ansprechend geschrieben über das Wirken einer absolut großartigen Frau! 
Absolut empfehlenswert und (wohl-)verdiente 5☆!

Bewertung vom 04.06.2021
Fair Play
Gulden, Kerstin

Fair Play


sehr gut

Wer nicht wagt: Klima-App

Wie wäre es wohl, wenn jeder von uns über eine App angezeigt bekäme, welche Auswirkungen das eigene und das Verhalten der anderen auf die Klima-Katastrophe hat? 
Eine Idee, für einen Wettbewerb an den Schulen, die letztlich ein Leben auslöscht!

Ein Schülerteam, zusammengewürfelt, versucht, die Idee einer Schülerin im Rahmen eines Schulwettbewerbs umzusetzen. Jeder von ihnen verfolgt unterschiedliche Interessen mit seiner Teilnahme. Und jeder von ihnen geht anders mit der Aufgabe um.
Und dann läuft alles ganz anders als geplant und die gute Absicht erstickt im Chaos.

Dieses Buch bietet einige tolle Denkanstöße wie z.B. unseren Umgang mit den digitalen Medien, ihren Einfluß auf uns (Überwachung, Selbstwertsteigerung durch Likes), die Klimakatastrophe, den Gruppenzwang ebenso wie die Selbstdarstellung (Lügen) einiger Influencer*innen.

Der Schreibstil ist sehr modern und leicht lesbar. Der Plot wird spannend und geradezu erschreckend realistisch erzählt.
Der Bezug zu "Die Welle" wurde schon erwähnt, es gibt Ähnlichkeiten, jedoch stellt sich diese Geschichte m.E. ganz anders dar.

Ich fühlte mich gut unterhalten- wenngleich ich das Ende etwas zäh und unbefriedigend fand- und kann dieses Buch mit 4,5 von 5 ☆ durchaus weiterempfehlen.

Bewertung vom 04.06.2021
Unterwasserflimmern
Schaller, Katharina

Unterwasserflimmern


weniger gut

*anders als "Salz auf unserer Haut"*

Eine junge Frau, ihr Partner und ihr deutlich älterer Geliebter. Das ist die Menage a trois, der wir zu Beginn begegnen.

Während sie (ohne Namen) unzufrieden mit ihrem Leben ist und mit allem hadert, sich nach Freiheit und Unabhängigkeit sehnt- träumt ihr langjähriger Freund Emil vom gemeinsamen Haus und Kindern.

Der Geliebte, Leo, verheiratet, inkl. Kinder, kennt all das schon aus seiner Ehe. Ihm reichen die körperlich-intensiven Treffen, abgehalten in seiner unpersönlichen, spärlich ausgestatteten Zweitwohnung.

Sie zwischen 2 Männern, gefangen. Oder einer ganzen Auswahl, die das Leben für sie bereithält. Doch was will sie wirklich?

Durch die Namenslosigkeit der Hauptfigur betrachtet man sie wie aus der Ferne und baut nur schwer eine Beziehung zu ihr auf. Weder biographisch noch emotional konnte ich Parallelen feststellen. So blieb sie mir immer fremd.

Dennoch bewundere ich ihre Furchtlosigkeit, ihr Urvertrauen und Neugier.
Alles saugt sie auf, atmet sie ein. Fremde Orte, Menschen, Situationen.

Und während Emil für sie beide die Zukunft plant und allein Entscheidungen für sie beide trifft, läßt sie sich nun treiben. An fremde Orte, zu unbekannten Menschen, entdeckt die Leichtigkeit des Seins, Sex mit einem ganz jungen Mann oder eben auch mit einer jungen Frau und ist von allem losgelöst.

Doch das Leben verlangt auch von ihr einen klaren Standpunkt. Sie kann nicht mehr weglaufen oder sich verstecken.

Der Sprachstil schwankt zwischen malerisch poetisch und zum Teil sehr vulgär.
Die Hauptfigur bleibt fremd, die Nebenfiguren blaß- nur am Rand betrachtet.

Ein Roman, der schon sehr besonders ist. Er zeigt einen kurzen Ausschnitt dem Leben einer Frau in den 30ern, die an einem Scheideweg steht. Der Ausgang der Geschichte war für mich unbefriedigend. War das erschütternde Ereignis nur in ihrem Kopf? Ein Spiel ihrer Gedanken?

Wer, wie beworben, etwas Vergleichbares zu "Salz auf unserer Haut" sucht, wird hier enttäuscht werden.

Bewertung vom 04.06.2021
Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz
MacDonald, Andrew David

Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz


ausgezeichnet

Der kanadische Autor Andrew David MacDonald legt mit seinem Roman „Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz“ sein Debüt vor.

Das Cover ist sehr aufwendig und liebevoll gestaltet. Nicht nur die Farben und Herzen faszinieren, sondern auch die Haptik.

MacDonald überzeugt mit einer schlüssigen Geschichte rund um seine Hauptprotagonistin, der 21jährigen Zelda. 
Zelda ist ein ganz besonderes Mädchen. Und obwohl sie Kurse für Menschen mit besonderen Bedürfnissen besucht, hat sie ihr Herz auf dem rechten Fleck und kommt gut in der Welt zurecht. Wenngleich sie dazu häufig die Hilfe ihres Bruders Gert  benötigt. Durch Hausregeln z.B., die auf einen Zettel notiert an der Haustür hängen.

Gert würde alles für seine Schwester Zelda tun- und steckt nun selbst in Schwierigkeiten, weil er sich mit "Arschgeigen" und "Unholden" eingelassen hat.

Da Zelda sich für Wikinger, Walküren, Legenden und außergewöhnliche Worte, von denen eines immer "das Wort des Tages" wird, interessiert- ist es nun an Zelda, Gert zu unterstützen.

Während Zelda sich bewußt ist, daß sie anders ist und doch ein ganz normales Leben führen möchte (mit Sex), sorgen sowohl Gert als auch Big Todd, Carol, Annie (AK47) und Dr. Laird liebevoll dafür, daß sie sich in unserer anstrengenden, schnellen Zeit gut zurechtfindet.

So stellt sich Zelda mutig und selbstbewußt gegen die Bösen. Und auch Rückschläge und Enttäuschungen nimmt sie entschlossen hin und gibt nicht auf! Sie baut sich ein eigenes Leben auf, findet einen Job, eröffnet ein Konto und zerstört doch nie das Band der tiefen Geschwisterliebe zu Gert.

Diese Debüt ist nicht nur zutiefst berührend, sondern zugleich ein Aufruf, die "Andersartigen" wahrzunehmen und ihnen mit Respekt zu begegnen.

Ein Buch, das zum Nachdenken anregt und sicherlich noch Nachklingen wird. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 04.06.2021
Sieben Quadratmeter Glück
Hahnfeldt, Marion

Sieben Quadratmeter Glück


sehr gut

Immer höher, schneller, weiter... geht das auch anders? Vom Minimalismus sprechen viele, Journalistin Marion Hahnfeldt wollte es mal selbst ausprobieren. Das einfache, reduzierte Leben. Und kaufte sich das "Chateau". Was als kurzes Experiment gedacht war, wurde zu einer eindrücklichen Reise in die Welt der Campingplätze mit seinen durchschnittlichen und auch skurrilen Bewohnern, mit Matschwegen im Dauerregen, stinkenden Gemeinschaftstoiletten, gröhlenden Jugendlichen 15cm vom eigenen Schlafplatz entfernt.


Aber auch mit zwischernden Vögeln am frühen Morgen, wunderschöne dunstigen Nebel-Sonnenaufgänge am See, wunderbar verlässliche Nachbarn und einem Becher Kaffee an einem freien Tag. Aber auch, wenn die Heizung nicht mehr zickt und eine wohltemperierte, mit Kerzenlicht erhellte 7qm Kuschelhöhle verspricht, dann teilt man dieses Glück mit der Autorin.


Und schlußendlich die Erkenntnis, wie wenig man braucht und wieviel man aus eigener Kraft schaffen kann, wenn man sich auf (das) Abenteuer (Leben) einläßt.


Ein tolles Buch, das eine Sehnsucht weckt- nicht unbedingt nach Camping- aber nach Innehalten, Neuanfang, Abenteuer, Überdenken alter Strukturen. Und damit vielleicht doch etwas für jeden von uns.

Bewertung vom 04.06.2021
Der Zirkus von Girifalco
Dara, Domenico

Der Zirkus von Girifalco


sehr gut

Das Cover verführt allein zum Verweilen... ein Hauch von Nostalgie, Leichtigkeit und südliches, italienisches Flair.

Nach "Der Postbote von Girifalco" nun die Fortsetzung mit "Der Zirkus von Girifalco" des von dort stammenden Autors Domenico Dara.

So treffen auch hier die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander in ihrer kleinen, eigenen Welt des Dorfes.
Hier kennt jeder jeden- zwischen dem Friedhof im Norden und der Nervenheilanstalt im Süden- auch, wenn einiges noch geheim und im Verborgenen geblieben ist.

Da wären Lulù, der „Verrückte“, der seine Mutter schmerzlich vermisst und sie in fast jeder Frau erkennt, die ihm begegnet. Archidemu, der sich selbst kasteit, seit sein kleiner Bruder unter seiner Obhut verschwand, Cuncettina- ungewollt kinderlos und sehr unglücklich mit ihrem Leben. Der Junge Angeliaddu, der sehnlichst seinen Vater kennenlernen möchte, dessen Mutter Taliana ihren unehelichen Sohn aber um jeden Preis beschützen will und dafür viel Leid inkauf nimmt.
Don Venanziu, offiziell homosexuell und der einzige Dorfschneider, beglückt fast alle Dorfbewohnerinnen- verspürt aber das Nachlassen seiner Potenz- und damit seiner Macht über die Frauen, sein Leben.... Was bleibt ihm dann?

Als unerwartet ein Zirkus im Dorf auftaucht, noch dazu zum alljährlichen Dorffest des Heilgen San Rocco, werden die Bewohner aus ihrem Alltag gerissen.
Aber auch für einige der Zirkusleute bedeuten die Begegnungen im Ort Veränderung.

Dieser Roman ist anders- tiefer und doch ganz leicht und zart, Dara nutzt poetische als auch derbe Sprache, um die Unterschiede (und Gemeinsamkeiten) seiner Charaktere hervorzuheben.

Dazu gibt es eine Vielzahl an parallelen Erzählsträngen, die erst nach und nach, das große Ganze ergeben.

Wenn man sich auf diesen ungewöhnlichen Schreibstil einläßt, wird man am Ende mit einer zauberhaften, dem Zirkus würdigen, magischen, Geschichte belohnt.

Bewertung vom 12.01.2021
Die geheime Kraft des Fettstoffwechsels
Kiechle, Marion;Gorkow, Julie

Die geheime Kraft des Fettstoffwechsels


gut

"Die geheime Kraft des Fettstoffwechsels" von Prof. Dr. Marion Kiechle und Julie Gorkow kommt mit seinem Erscheinungsdatum Anfang Januar sicher für Einige genau richtig, um ihre guten Vorsätze (auch in die Tat) umzusetzen! 

Das Buch ist sehr hochwertig gestaltet und enthält einige interessante und gut aufbereitete Informationen rund um die gesunde Ernährung, zum Fettstoffwechsel und auch ganz generell zur gesunden Lebensführung. 

Der Informationsteil umfasst 111 Seiten, ist abwechslungsreich und gut in angenehmer Schriftgröße. Es gibt Fotos, Diagramme, Tabellen und Bilder. Allerdings tauchen mehrfach Fehler auf- z.B. die bekannte Apfelform der Frau und Birnenform des Mannes im Text auch so beschrieben, werden in der Abbildung anders herum dargestellt.

Wer sich bereits etwas für Gesundheit und Ernährung interessiert, findet hier allerdings nur wenig Neues. Für mich persönlich war der neue Informationsgehalt eher gering, aber hier wird Wissen komprimiert für alle zusammengefaßt.

So lauten einige Unterthemen im Kapitel "Die Stoffwechselbooster":
Ernährung in den Wechseljahren, Intervallfasten als Stoffwechselturbo, 
Tipps für den Zuckerverzicht, 
Richtig trinken und (Überraschung!!) Bewegung als Stoffwechselbooster.

Zudem sind alle Gerichte vegetarisch- ich ernähre mich vegan- aber diese Überflutung mit Lupinen, Seitan und Tofu war auch mir zuviel. Einige Rezepte hab ich bereits vegan abgewandelt getestet, andere bereits vorher gekannt und gekocht- also auch hier nichts Neues für mich. Schade.


Für Anfänger und gerade Vegetarier sicher ein tolles Sachbuch. Für mich wird dies kein Buch, das bei mir bleibt.

Bewertung vom 20.10.2020
Ada
Berkel, Christian

Ada


sehr gut

Sprachlos ... scheint Ava bereits die erste Hälfte ihres Lebens verbracht zu haben. Nun möchte sie dies' mithilfe eines Psychotherapeuten aufarbeiten. Diesen Einstieg bekommen wir in die Ich-Erzählung eines Lebens, dem von Ada.

Das Cover ist ansprechend, das Gesicht einer jungen Frau- geheimnisvoll und nicht ganz scharf- eine ältere Photographie? definitiv jedoch mit hohem Wiedererkennungswert.

Schauspieler Christian Berkel ist (auch) ein grandioser Autor, das hat er bereits mit seinem Debüt "Der Apfelbaum" bewiesen, der von Kritikern und Lesern begeistert gefeiert wurde. "Ada" baut darauf auf, ist aber eine in sich geschlossene Geschichte und kann auch ohne die Vorkenntnisse gut verstanden werden.

Ada, 1945 geboren, lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter Sala in Argentinien, bis sie knapp 10jährig gemeinsam nach Berlin zurückkehren. Dort lernt sie ihren Vater Otto kennen, auch er ein Schweiger. Das glückliche Familienleben stellt sich nicht ein, Mutter Sala manisch-depressiv, Otto ein dauerarbeitender Arzt und mittendrin Ada, allein. Auch draußen, in diesem fremden Land fühlt Ada sich unwohl, unwillkommen.

Und das ist ihre Sehnsucht- ankommen, sich zuhause fühlen. Entwurzelt wie Ada ist, gelingt das nicht. Um sie herum leben die Erwachsenen so, als hätte es den Krieg nicht gegeben. Er wird einfach nicht erwähnt.

Christian Berkel hat eine Art, diese Geschichte so zu erzählen, daß man glaubt, tatsächlich einer Frau zuzuhören. Anfangs kindlich naiv, später aufsässig, dann gereifter, ja schon melancholisch bringt er uns Ada sehr nah. Ihre Suche nach ihren Wurzeln, ihrer Identität, nach Nähe, Zusammengehörigkeit- all das beschreibt er intensiv und das auf eine so leicht-verständliche Weise, daß man gar nicht aufhören möchte, ihm zu folgen.

Mir hat "Ada" vom beeindruckenden Schreibstil sehr gefallen, die Handlung wies' einige wenige Schwächen auf, dennoch mit 4* durchaus empfehlenswert.

Bewertung vom 20.10.2020
Dunkler Raum (eBook, ePUB)
Robert, Peter

Dunkler Raum (eBook, ePUB)


sehr gut

"Dunkler Raum" von Autor Peter Robert ist ein durchaus komplexer, kritischer Gesellschaftsroman mit einigen Mystery- und Horrorsequenzen, in dem es z.T. auch recht brutal zugeht.
Auffallend ist der durchgängig geradlinige Stil und das Halten der Spannung bis zum Ende.

Das Buchcover ist schlicht im Stil der Krimis der 70/80er gehalten.

Die Geschichte beginnt eher ruhig, im angenehmen Schreibstil. Lutz und Marion werden als Lehrerin und Hausmeister im Eliteinternat Gut Vogelstein eingestellt, sodaß sie mit ihren Kindern dorthin umziehen.
Scheint es zu Beginn wie der große Gewinn oder das Paradies, ändert sich dieser erste Eindruck recht schnell.

Im Kontrast dazu, der zweite Erzählstrang. Regina, alleinerziehende Mutter "im Ghetto", ungeliebt, fett, alkoholkrank? Und dennoch blitzt hier und da etwas wie Motivation auf. Aufzustehen, das Leben besser zu machen. Leider oft mit dem "falschen" Ergebnis.

Hauptprotagonist bleibt jedoch Lutz. Der erschreckt feststellen muß, daß nicht nur sein pubertierender Sohn sich massiv ändert, sondern offenbar alle Teens... überall auf der Welt. Alles gerät außer Kontrolle. Sie sind brutal, wirken wie ferngesteuert, bevor sie angreifen und die Hemmung zu Töten verlieren.

Ein großer Aspekt des Buches ist die (Gesellschafts)kritik. Da ging es leider zu wenig in die Tiefe, zu viele Themen wurden nur oberflächlich angekratzt. Klimawandel, Gentechnik, Alterseinsamkeit, Reichweite von staatlichen Behörden wie Jugendamt usw.

Einige Leser*innen bemängeln den Umfang des Buches mit über 750 Seiten. Da der Schreibstil flüssig und der Plot spannend war, hätte es für mich durchaus noch weitergehen können.

Ich würde dieses Buch empfehlen, wenn man nicht vor brutalen (dennoch realistischen) Szenen zurückschreckt, Dystopien mag, Gesellschafftskritik erträgt, und sich auf ein Gedankenexperiment einlassen kann, das nicht unvorstellbar ist.

Bewertung vom 20.10.2020
Das Wörterbuch des Windes
Blazon, Nina

Das Wörterbuch des Windes


sehr gut

Island ist für mich ein Sehnsuchtsort, die Geschichten von dort konnten mich bislang immer fesseln. So auch der neue Roman von Nina Blazon.

Swea, deren Ehe an der Untreue ihres Mannes zerbrochen ist, versucht auf der einsamen Insel einen Neubeginn.
Ihr zur Seite stehen der ehemalige Lehrer Einar und dessen scheuer Untermieter Jón.

Swea und Einar erzählen im Wechsel ihren Weg mit dem Wind, der Fokus jedoch liegt auf ihr. Swea's Leben liegt in Scherben, sie fühlt sich allein, verraten, was soll sie tun?

Einar ist überaus freundlich und hilfsbereit- lädt er doch Swea ein, bei ihm im Sommerhaus am Meer zu bleiben- und gibt nur wenig von sich preis. Seine verschlossene, z.T. kauzige Art lassen vermuten, daß auch er Verlust und Schmerz nur zu gut kennt.

Ebenso wie Jón, der sich nach der Arbeit in die Garage und in den Alkohol flüchtet.

Doch allen gemein ist die Sehnsucht... nach Freiheit, Liebe, dem Leben. So retten sie letztlich zu dritt Houdini, eine Stute mit extremer Fluchttendenz und schaffen es mehr als einmal, mich zu verblüffen.

Dieses Buch ist Magie! Der Worte, des Windes, den man beim Lesen spürt. Es ist heilsam. Jedem Ende wohnt auch ein Anfang inne.