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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1986 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2024
Daniel Kehlmann über Leo Perutz / Bücher meines Lebens Bd.6
Kehlmann, Daniel

Daniel Kehlmann über Leo Perutz / Bücher meines Lebens Bd.6


sehr gut

Das Werk eines große Meisters

Daniel Kehlmann über Leo Perutz ist wieder einmal ein Buch aus der Reihe Bücher meines Lebens.
Der Schriftsteller Leo Perutz ist etwas für Kenner und auch ein ewiger Geheimtipp, aber ist nicht vergessen. Auch weil sein Werk überwiegend noch aufgelegt wird.
Daniel Kehlmann schreibt wie gewohnt sorgfältig und angemessen.
Über Leo Perutz als Mensch gibt es nicht viel zu sagen, da der Autor immer sehr zurückhaltend war. Deshalb steht hier sein Werk im Vordergrund.
Am meisten geht Kehlmann auf Perutz Meisterwerk Nachts unter der steinernen Brücke ein. Er arbeitet heraus wie komplex der Text ist, der aus mehreren Erzählungen besteht, die aber doch miteinander verbunden sind.
Nicht auf alle Perutz-Romane wird in diesem Buch eingegangen. Dafür fehlte es an Raum. Dennoch hat Kehlmann Perutz Qualitäten gut herausgearbeitet.

Bewertung vom 11.09.2024
Tee für die Geister
Vuklisevic, Chris

Tee für die Geister


gut

Es ist ein ungewöhnlich erzählter Roman, wobei man als Leser direkt angesprochen wird. Um ehrlich zu sein, mag ich so was nicht besonders.
Man gewinnt auch anfangs  schwer Zugang zu der Handlung. Doch das wird mit der Zeit.

Die Hauptfiguren, Egonia und Felicite, sind aber schon interessant. Nach langer Zeit treffen sie doch wieder, nachdem ihre Mutter gestorben ist. Es gibt einige Rückblenden.

Chris Vuklisevic kann man zu gute halten, das sie etwas wagt und Originalität kann man ihr nicht absprechen.

Bewertung vom 11.09.2024
Israel, 7. Oktober
Yaron, Lee

Israel, 7. Oktober


sehr gut

Die Journalistin Lee Yaron erzählt die Geschichten von Opfern und Überlebenden des 7.Oktober 2023. Dabei geht sie respektvoll mit ihnen um, dennoch sind es teils drastische Passagen.
Nebenbei erzählt die Autorin auch immer wieder Herkunft und Geschichte der Opfer sowie von der historischen Geschichte Israels in diesem Kontext.
Die Schilderungen vermitteln, was am 07.10.2023 geschah.
Der Untertitel ist zutreffend. Es ist vor allen auch ein Protokoll eines beispiellosen Gewaltakts.
Joshua Cohen hat das eindringliche Nachwort zum Buch geschrieben.

Bewertung vom 10.09.2024
Ankommen
Dzihic, Vedran

Ankommen


sehr gut

In Ankommen erzählt der Autor von seinem Ankommen als jugendlicher Flüchtling des Bosnienkriegs in Österreich.
Er zitiert sinnvoll aus Texten, in denen er eigene Erfahrungen/Empfindungen wieder erkennt.
Hannah Arendt, Heinz Bude, Tanja Maljartschuk, Aleksandar Hemon und immer wieder Michel Friedman,
Das bereichert das Buch. Als Leser spürt man, wenn Zitate nur als Namedropping eingesetzt werden. Das ist hier nicht der Fall.
Durch seine eigenen Erfahrungen und Überlegungen entsteht ein Buch zum Thema, das den Leser nicht gleichgültig lässt.
Das Buch, das Teil der Essayreihe Übermorgen ist, widmet der Autor seinem Vater.

Bewertung vom 09.09.2024
In den Wald
Vaglio Tanet, Maddalena

In den Wald


ausgezeichnet

Rückkehr aus dem Wald
Der Debütroman der italienischen Schriftstellerin Maddalena Vaglio Tanet ist sehr atmosphärisch gestaltet und interessant, denn es hat ein geheimnisvolles, rätselhaftes Element.
Die 42jährige Lehrerin Silvia verschwindet eines Tages ohne ersichtlichen Grund aus ihrer Wohnung in den Wald. Die Handlung zieht ihren Reiz daraus, dass man als Leser natürlich erfahren will, was sie dazu veranlasst hat.
Eine zweite wichtige Figur ist die Schülerin Giovanna. Sie ist keine gute Schülerin, wird von ihrem Vater geschlagen und leidet darunter, in die Pubertät gekommen zu sein. Auf der Gebirgsalm ihres Onkels fühlt sie sich frei.
Gewalt ist verbreitet und wird fast wie normal wahrgenommen.
Eine weitere wichtige Figur ist der Schüler Martino, der neu in der Gegend ist und dem Biella am Fuße der Alpen zunächst nicht besonders gefällt. Doch er wrd es sein, der die Lehrerin, die sich im Wald versteckt, findet.
Die Gespräche zwischen ihnen enthüllen ein Stück Leben.
Die Autorin vermag es, die Situationen ihrer sensiblen Figuren nachdrücklich zu beschreiben und findet ausgezeichnete Formulierungen, die zu einer eigentümlichen Stimmung führen. Dazu gehört aber auch die ländliche Umgebung von Piemont.
Ein mehr als gelungener Roman!

Bewertung vom 08.09.2024
Und später für immer
Jarck, Volker

Und später für immer


sehr gut

In der Scheune
Und später für immer ist ein Roman, der unmittelbar in den Monaten 1945 vor Kriegsende ansetzt. Im Mittelpunkt der Soldat Johann Meinert, der desertiert ist und sich auf dem Hof seiner Tante versteckt. Ihn begleiten seine Tagebuchaufzeichnungen.
Das Buch basiert auf das Tagebuch des Großvaters des Autors Volker Jarck.
Im Mittelteil des Buches sind viele Tagesbuchabschnitte enthalten. Es gibt auch Rückerinnerungen an Johanns Hochzeit mit Emmy, doch er musste schnell wieder in den Krieg ziehen.
Diese vielen Tagesbuchstellen verleihen dem Buch einen Touch von Authentizität.
In seinem Versteck trifft er außer seiner Tante nur das Nachbarmädel Frieda, die ihn nicht verrät. Zwischen ihnen gibt es kontroverse Dialoge, die dem Buch Würze und auch ein wenig Witz geben.
Erstaunlich ist ansonsten wie unpolitisch Johann ist, eigentlich auch das Buch. Das passt aber für mich auch irgendwie, denn zu dem Thema ist alles schon gesagt.
Man erfährt auch von Johanns Hoffnungen für die Zeit nach dem Krieg. Johanns Zustand ist der eines Wartendes, ein Zwischenstand zwischen Furcht und Hoffnung.
Das Buch ist gut geschrieben und schnell gelesen.

Bewertung vom 07.09.2024
Ich fürchte, Ihr habt Drachen
Beagle, Peter S.

Ich fürchte, Ihr habt Drachen


ausgezeichnet

Die Drachen von Bellemontagne

Peter S.Beagle ist eine lebende Legende des Fantasy-Genres. Mit Ich fürchte, Ihr habt Drachen gibt es erfreulicherweise wieder einen Roman auf deutsch und der ist gut gemacht. Einerseits routiniert, aber doch frisch und mit interessanten Figuren,die sich ihrer selbst nicht immer ganz sicher sind, und aus denen wirklich etwas gemacht wird. Cerise, eine selbstbewusste Prinzessin, Reginald, ein junger Prinz und Robert, der Drachenkämpfer. Obwohl Robert als eine Art Kammerjäger wirkt, hat er doch auch Sympathien für die Drachen. Immer wieder hadern alle 3 Protagonisten mit sich und stellen ihre Rollen in Frage.
Schauplatz ist das Königreich Bellemontagne.
Dann tauchen aber Drachen bisher unbekannter Art und ein gefährlicher Zauberer auf.
Trotz des humorvoll anklingenden Buchtitels hat der Roman auch düstere Momente.
Peter S.Beagle gelangen immer wieder Beschreibungen und Formulierungen, die mich regelrecht begeistern.

Bewertung vom 07.09.2024
Fischgrätentage
Laznia, Elke

Fischgrätentage


ausgezeichnet

Vom Leben und Altern
Elke Laznia ist eine Salzburger Autorin. In diesem Buch behandelt sie Themen wie Altern, Krankheit, Pflegen und auch Sterben.
Den ersten Teil sehe ich als Langgedicht bestehend aus vielen, überaus eleganten Versen.
Es überzeugt der Rhythmus der Verse
Im zweiten Teil folgen weitere, mehrteilige Gedichte.
Nachkommen, Lavendellied, dein Hunger von hier, Blattwerk, Mutterkraut und andere.
Auffällig ist das durchgehend hohe Niveau!

Bewertung vom 06.09.2024
Nachwasser
Paris, Frieda

Nachwasser


ausgezeichnet

Im Handgelenk ein Vogel oder das lange Gedicht

Überraschend und erfreulich, dass Lyrik für den Österreichischen Buchpreis nominiert wird.
Nachwasser ist ein Langgedicht, bei dem man als Leser dicht an der Entstehung des Textes dran ist.
Erste Themen sind Kindheit, Eltern und Geschwister, eine verlorenen Liebe, besonders aber das Schreiben selbst.
Es gibt Bezüge auf Literaten wie Ingeborg Bachmann, Cesar Aira, Hilde Domin, Elke Erb und vor allen Dingen Friederike Mayröcker.
Mit Mayröckers Gedichten treten die von Frieda Paris in einen Dialog.
Eine junge Stimme begegnet der 2021 verstorbenen großen Wortmutter, wie Frieda Paris sie nennt.
Was für ein Debüt!

Bewertung vom 05.09.2024
Die Glückslieferanten
Hiiragi, Sanaka

Die Glückslieferanten


gut

Lieferservice aus dem Himmel

Wer das erste Buch Die Erinnerungsfotografen mochte, wird auch mit Die Glückslieferanten etwas anfangen können. Während sich das erste Buch den Verstorbenen widmete, geht es hier um die Überlebenden.
Wieder wird in Episoden erzählt. Eine Form, die man mögen muss, um das Buch zu genießen. Ein gewisser Reiz liegt auch darin, dass es japanische Literatur ist und die japanische Lebensweise des Alltags zeigt.

In der ersten Episode geht es um eine alte Frau, deren Freundinnen, mit denen sie zusammengelebt hatte, verstorben sind. Sie ist entsprechend deprimiert, doch dann bringt eine Lieferantin eine letzte Botschaft der verstorbenen Freundinnen.
Danach geht es um die junge Fumika, die sich mit ihrer störrischen Oma zerstritten hatte. Eine weitere Geschichte besteht sogar aus fünf Kapiteln und auch der Epilog ist lesenswert.

Es ist ein Buch mit positiven Botschaften.