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Gabrielle

Bewertungen

Insgesamt 74 Bewertungen
Bewertung vom 08.01.2018
Nirgendwo in Afrika
Zweig, Stefanie

Nirgendwo in Afrika


ausgezeichnet

Das Buch hält vom Inhalt her absolut, was die Beschreibung verspricht und sprachlich übertraf es sogar noch meine Erwartungen, da es als in einem Mainstreamverlag erschienenes Buch einen durchaus anspruchsvollen Schreibstil mit sogar einigen Fremdworten hat. Leider wollen die meisten Leser heutzutage nur noch Literatur im Trivialstil lesen, wie ich aus den zahlreichen Negativkritiken zum Buch entnommen habe. Da ist es nicht verwunderlich, dass gute Literatur in unserem Land kaum noch eine große Leserschaft erreicht. Und natürlich ist es kein Reiseführer, wie von anderen Lesern bemängelt.
Denn dieses Buch ist gute Literatur! Gleich zu Beginn hat mich die Geschichte der jüdischen Flüchtlingsfamilie gefesselt, da der Roman sowohl spannend als auch poetisch geschrieben ist. Die wunderschöne, bildhafte Sprache voller Oxymora und Metaphern, welche die Ausdrucksweise der Afrikaner nachempfinden und darum neben den Beschreibungen direkt auf diesen Kontinent versetzen, mag zu Beginn gewöhnungsbedürftig sein. Wenn man sich darauf einlässt, gibt sie jedoch umso mehr das Gefühl, mit afrikanischen Augen zu lesen.
Sehr einfühlsam sind die Gemütszustände der Flüchtlinge widergespiegelt. Auf den letzten Seiten des Buches habe ich voller Mitgefühl geweint, was die wenigsten Bücher bei mir heutzutage noch erreichen. Nicht ein einziges Mal wurden Klischees um Afrika bedient, sondern eine ganz ungewohnte Sichtweise offengelegt, die durchaus authentisch auf mich wirkte.
Wenn ich könnte, würde ich diesem Buch noch einen Zusatzstern verleihen!

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Bewertung vom 21.12.2017
Für immer Weihnachten
Winterberg, Linda

Für immer Weihnachten


ausgezeichnet

Engel tragen nicht immer Flügel

In dieser fesselnden und gefühlvollen Weihnachtsgeschichte, die im Frankfurt der 50er-Jahre spielt, öffnet ein Esel die Herzen der Protagonisten. Über den Inhalt will ich sonst nichts weiter verraten, um den Lesern nicht die Spannung zu verderben.
Sehr bewegend hat die Autorin Linda Winterberg ihre Protagonisten dargestellt, die realistisch die Nachkriegsgesellschaft sowie das beginnende Wirtschaftswunder widerspiegeln, während die Traumata der Vergangenheit noch lange nicht überwunden sind. Dass dies eine gerade begonnene neue Beziehung schwer belastet und einzig die Liebe alles heilen kann, weiß wohl auch der Zwergesel Herrmann, der die Menschen zusammenführt. Und all dies hat die Autorin wunderbar in einen historisch ebenso perfekt recherchierten Handlungsort eingebunden.
Eine wundervolle Weihnachtsgeschichte in leicht verständlichem Schreibstil, die besonderen Wert auf Mut zum Zusammenhalt legt. Denn keiner lebt für sich allein!

Bewertung vom 13.12.2017
Die Nebel von Avalon / Avalon-Saga Bd.6
Bradley, Marion Zimmer

Die Nebel von Avalon / Avalon-Saga Bd.6


ausgezeichnet

„Die Welt ist nur das, was die Menschen glauben...“
Wie viel Wahrheit liegt doch in diesem Zitat aus dem Buch und wie viel Wahrheit liegt auch im tieferen Sinn in diesem Buch!
Inwieweit tatsächlich die ursprünglichen alten und keltischen Riten und Glaubensinhalte in diesem Roman der Wahrheit entsprechen, wissen heutzutage allerdings noch nicht einmal die Historiker zu belegen. Die Autorin hat sich jedoch nach eigener Aussage, die sie im Anhang ausführt, sehr um Authentizität bemüht, wie man beim Lesen auch spürt. Natürlich ist es nur ein Roman, der auch der Fantasie sehr viel Raum gibt. Und mindestens eine Stelle konnte ich finden, die bei der Recherche wohl nicht überprüft wurde, als nämlich ein Rosenkranz am Gürtel einer edlen Dame auftaucht, der doch erst im 13. Jahrhundert vom sogenannten Heiligen Dominikus erfunden wurde. Aber die wenigen Kritikpunkte, wie auch die etwas verwirrend dargestellte Persönlichkeit der Gwenhwyfar, erscheinen unwichtig angesichts des gesamten Werkes und schlagen sich darum nicht in meiner Punktevergabe nieder. Es gibt viele wunderbar weise Aussagen die man hier als Aphorismen wiedergeben könnte. Dabei ist die Geschichte von König Artus, die hier aus der Sicht von seiner Halbschwester Morgaine erzählt wird, superspannend, wunderschön gefühlvoll und sprachlich ausgewogen fließend zu lesen.
Ich habe diesen Roman, der einen Blick auf das Leben der Frauen im beginnenden Mittelalter wirft, sehr genossen. Dieses Buch ist ein moderner Klassiker, der sehr plastisch die vorchristliche Zeit Europas durch das Beispiel der legendären Insel darstellt. Ein grandioses Epos, geschrieben um 1983, inspiriert von den alten Sagen um König Artus und durchdrungen von einer modernen Spiritualität, die durchaus ihren Ursprung in alten Religionen haben könnte. Ein absolutes Muss für jeden Liebhaber der Historie!

Bewertung vom 18.10.2017
Ivy und Abe
Enfield, Elizabeth

Ivy und Abe


weniger gut

Der Beginn und das Ende des Buches waren sehr berührend, dazwischen fehlte jegliche Gefühlsregung. Es entstanden große Längen durch tiefgehende Beschreibung oberflächlicher Liebesgeschichten, die auch kaum variierten. Der Schreibstil der Autorin ist schön und eingängig, die selbstreflektierenden Gedankengänge der Protagonistin Ivy treffend und meistens psychologisch realistisch, der Aufbau und die Idee, das Thema zu präsentieren, interessant; die Übersetzung in einem sehr guten Deutsch und man findet in diesem Buch keinen Schreib- oder Druckfehler, was heutzutage leider schon Seltenheitswert hat. Dennoch kann ich diesem Buch keine bessere Bewertung geben.

Zum einen stimmt die Kurzbeschreibung auf dem Cover überhaupt nicht mit dem Buchinhalt überein. Man erwartet eine Geschichte mit einem roten Faden durch das ganze Buch. Tatsächlich sind es verschiedene Geschichten, in denen die Protas lediglich die gleichen Namen tragen. Wenn derjenige, der die Kurzbeschreibung auf dem Cover verfasst hat, das Buch auch gelesen hätte, müsste man nicht so sehr mit der dadurch falsch eingestimmten Einstellung zum Buch kämpfen. Man geht mit einer völlig falschen Vorstellung ans Lesen.

Zum anderen ist es auch kein Roman, sondern eine Sammlung von unzusammenhängenden Kurzgeschichten, die für mich lediglich von Interesse gewesen wären, wenn in jeder Sequenz die gleichen Charaktere die Liebe tatsächlich immer anders erlebt hätten, z. B. auch mit häuslicher Gewalt, also mit der Thematisierung von Tabuthemen, oder eben einer wahren Liebe, die sich mehr um den anderen bemüht, kämpft, sich aneinander die Ecken und Kanten abstößt und nicht lapidar über das Verlorengehen der Liebe in der Beziehung hinweggeht, was dann eben beim Leser auch keinerlei Gefühlsregung mehr auslöst. Es ist eine Aneinanderreihung von teilweise oberflächlichen Geschichten, die für mich jeglichen Unterhaltungswert verloren hatten. Der Protagonist Abe ist mir unsympathisch, da Liebe für ihn nur aus Körperlichkeit besteht. Die zu Beginn aufgebaute Spannung ist nach zwei Kapiteln weg und die jetzt übrig gebliebenen Situationsbeschreibungen sind zwar schön ausgearbeitet, langweilen mich aber. Wenn es denn ein zusammenhängender Roman gewesen wäre, der tatsächlich vom Ende an eine Lebensgeschichte von Ivy und Abe über die verschiedenen Zeitstationen zurück bis zu ihrer Kindheit erzählt hätte, wäre es sicherlich ein wunderbares Buch geworden. So wurden zwei Möglichkeiten zu einem guten Buch in einem zusammengewürfelt und erzähltechnisch nicht logisch verständlich und unterhaltend umgesetzt.

Weiterhin stört mich die Zeitangabe ihres Alleinseins im Zusammenhang mit ihrer Lust auf Sex. Sie ist nämlich – laut Plot - schon derart lange ohne Beziehung, dass sie die Erinnerung an Sex und die Lust darauf nicht mehr verspürt - nämlich volle 2 Jahre! - Also 2 Jahre sind meines Erachtens noch nichts, reichen auch nicht zum Verarbeiten einer vergangenen Beziehung, und es passt mir nicht, dass allgemein in den Medien (auch im TV) der Maßstab gesetzt wird, dass 2 Jahre ohne Beziehung unglaublich lange wären! Die meisten Single-Frauen, die ich kenne – mich eingeschlossen - sind übrigens auch schon mindestens 5 Jahre ohne Beziehung. Das sollte mal in unserer Gesellschaft als - leider - Normalzustand akzeptiert werden, denn meistens wollen die Männer sich gar nicht mehr auf eine Beziehung einlassen, haben Angst ihre Verletzlichkeit zu zeigen. Gerade als älter werdende Frau, so wie Ivy in diesem Buchabschnitt, hat man da kaum Möglichkeiten, außer der Mann sucht sich eine Hausfrau für alles oder nur ein Betthaserl und legt keinen Wert auf echte Gefühle. Sorry, das liegt mir jetzt gerade mal auf der Seele! Aber vielleicht zeigen die Protas in diesem Buch auch deshalb so wenig Gefühl und Verletzlichkeit, wenn es um die Liebe geht…

Bewertung vom 13.09.2017
Du kannst mich einfach nicht verstehen
Tannen, Deborah

Du kannst mich einfach nicht verstehen


ausgezeichnet

Interessant und aufschlussreich ist dieses Buch für jeden, der die Verständigung mit seinem Gegenüber, besonders mit Gesprächspartnern des anderen Geschlechtes verbessern will. Denn wir alle möchten uns dem anderen mitteilen können – MIT unseren Mitmenschen das Leben TEILEN, gehört und vor allem verstanden werden.
Dass Männer vom „Mars“ sind und Frauen von der „Venus“ – sprich, von einem anderen Planeten, war auch schon bis zu mir gedrungen, aber dass die Geschlechter jeweils sogar eine völlig andere Sprache, einen sogenannten Genderlekt, und Körperhaltung während eines Gespräches sprechen, war mir neu und das Buch löste bei mir während des Lesens öfter einen Aha-Effekt aus.
Anhand von vielerlei aufgezeichneten Gesprächsbeispielen von Männern und Frauen verschiedenen Alters, ab Kindergartenalter, werden diese Unterschiede aufgezeigt und auch die dahinterstehende Denkweise erläutert. Obwohl das Buch, das auf Forschungen in der Heimat der Autorin und Linguistin Deborah Tannen, basiert, deshalb recht USA-lastig ist, kann man die Erkenntnisse und Rückschlüsse sehr gut auf Deutschland ausweiten, da es ja in etwa dem selben Kulturkreis entspricht und ich absolut deutsche Verhaltens- und Gesprächsweisen darin wiedererkannt habe. Außerdem wurden auch Beispiele aus anderen Kulturen und Mentalitäten gegeben, die Vergleiche zuließen.
Durch das ganze Buch hindurch spürt man die hehre Absicht der Autorin, keine Distanzen zwischen den Geschlechtern schaffen, sondern das Verständnis der Menschen untereinander fördern zu wollen. Sie gibt dazu Anregungen, die alten Muster mitunter zu verlassen, toleranter und flexibler zu werden. Dies betont sie auch ihn ihrem Schlußsatz, den ich hier zitieren möchte: „Wenn wir die Unterschiede in dem, was ich Gesprächsstil nenne, verstehen, sind wir vielleicht noch immer nicht in der Lage, die Entstehung von Meinungsverschiedenheiten zu verhindern, aber wir haben eine größere Chance zu vermeiden, dass sie außer Kontrolle geraten.“

Bewertung vom 14.08.2017
Die Skorpionin
Krämer, Manfred H.

Die Skorpionin


ausgezeichnet

Spannend von der ersten bis zur letzten Zeile

Gleich zu Beginn hat dieser Krimi einen grausig spannenden Einstieg und es wird schnell klar, dass es kein Unfall, sondern ein perfide geplanter Mord ist. Es bleibt nicht bei einem Mordfall, wobei es sich nicht immer um den gleichen Mörder handelt. Mehrere Kriminalfälle scheinen ohne Zusammenhang und je Kapitel abgeschlossen zu sein. Oder gibt es am Ende doch einen Zusammenhang? Jedenfalls ist es spannend, aber auch erschreckend möglich... oder der Realität nachempfunden? Besonders wenn es um sexuellen Missbrauch von Kindern geht, hofft man, es wäre alles der Fantasie des Schreibers entsprungen – aber wir wissen, dass dem leider nicht so ist.

Es geht dem Autor dabei nicht um Gewaltverherrlichung und ebenso nicht um eine Bagatellisierung von Lynchjustiz. Dabei hat Manfred H. Krämer eine sehr schöne, teilweise poetische Sprache für die Beschreibung der Hergänge sowie der äußerst hässlichen Charaktere, dass das Schmökern für anspruchsvolle Leser ein Genuss ist. Auch die hohe Qualität des Taschenbuches mit seinem reliefgeprägten Einband, dem angenehm zu lesenden Satz und seinen eingefügten QR-Codes zum Betrachten von stimmungsuntermalenden Recherchefotos auf der Verlagsseite steigern die Freude an diesem Buch. Zwar habe ich dennoch ein paar Sprach- und Worttrennungsfehler im Text gefunden, diese mindern jedoch nicht das Lesevergnügen.

Warum die Protagonistin an ihrem Sportauto die Vibrationen und das Geräusch des Motors, die Fliehkraft in den Kurven und den Geruch des Leders liebt, erschien mir zwar selbst für eine Mörderin etwas unweiblich, aber vielleicht hat der Autor dem Fotomodel diese männliche Note mit Absicht gegeben. Auch die fleischfressende Ziege war mir suspekt und ich musste mich durch eigene Recherchen erst davon überzeugen, dass dies tatsächlich möglich sein könnte. Aber all diese Gedanken zeigen, wie sehr dieser Krimi fesselt und nicht nur oberflächliche Unterhaltung bietet.

Am Ende bleibt die Frage: Wie viel Gewaltbereitschaft steckt bei entsprechender Provokation noch in jedem von uns?