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Frie
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Hamburg
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Leseratte

Bewertungen

Insgesamt 65 Bewertungen
Bewertung vom 24.10.2021
Was bleibt, wenn wir sterben
Brown, Louise

Was bleibt, wenn wir sterben


ausgezeichnet

Ein schön gestalteter Einband mit Vögeln, die aufsteigen.
Der Titel lässt vermuten,  dass man im Buch Antworten auf die Frage erhält, was von uns bleibt, wenn wir einmal gehen. So konkret, wie es der Titel vermuten lässt, wird es nicht. Es ist eben auch nicht so einfach...
Frau Brown schreibt auf zwei Ebenen: zum einen lässt sie uns teilhaben an ihrer eigenen Entwicklung im Zusammenhang mit dem Tod ihrer Eltern. Sie stellt überrascht fest, dass ihr Dinge nicht möglich sind, deren Ausbleiben ihr zuvor bei anderen ein Augenrollen entlockt hätte. Sie schreibt sehr ehrlich und zeigt Wege auf, die man in einer solchen Situation gehen kann.
Dieser Teil des Buches ist fast therapeutisch. Das liegt auch daran,  dass sie das Thema Tod und Trauer gemieden hatte, bis es sie selbst betraf.
Der andere Teil des Buches beschreibt konkrete Schilderungen über Menschen, für die sie eine Trauerrede gehalten  hat.
Das ist zum einen wegen der sehr unterschiedlichen Lebensläufe und -situationen interessant, zum anderen, weil sie Einblick in die familiäre Situation der Trauernden gibt und deren Art, damit umzugehen.
Auf jeden Fall hat der Leser einen guten Überblick über die vielen Arten von Trauer und lernt, dass es diverse Wege gibt, die Trauernde gehen.
Tod und Trauer sind schon lange ein Teil meines Lebens. Aber auch für mich gibt es eine Idee, die ich zuvor nicht kannte.
Ein optimistisch geschriebenes Buch, bei welchem man lachen und weinen kann.
Ich vergebe 5 Punkte und finde es für Anfänger wie Fortgeschrittene in Sachen Trauer empfehlenswert.

Bewertung vom 17.10.2021
Barbara stirbt nicht
Bronsky, Alina

Barbara stirbt nicht


ausgezeichnet

Ein schöner gelber Einband mit einer Kanne und einem Kaffeefilter im Stile sozialistischer Kunst.
Der Einband gibt schon ein bisschen preis, worum es im Buch geht: es beginnt mit der Zubereitung von Kaffee.
Walter sieht sich gezwungen, seinen Kaffee selbst zuzubereiten, nachdem Barbara, seine Frau, erkrankt.
Die meisten Leser werden Walter nicht mögen,  da er ein mürrischer Mann mit einem kruden Frauenbild ist. Was man ihm lassen muss: er stellt sich seiner Aufgabe,  nachdem Barbara das Bett nicht mehr verlassen will und erlebt dabei allerlei.
Alina Bronsky macht es uns mit Walter nicht leicht,  aber vor allem macht sie es Walter nicht leicht.
Der muss nun vieles lernen und feststellen,  dass seine Sicht auf die Dinge eine beschränkte war. Nun greift er ein: in sein Leben aber auch in das anderer.
Bronsky lässt uns nur an den Ergebnissen seines Handelns teilhaben, nicht aber an seinen Gedankenprozessen. So erleben wir mit Walter turbulente Momente; er wird sogar in einer Koch Community zum heimlichen Star. Seine Kinder wissen nicht,  ob sie sich freuen oder doch lieber heulen sollen,  da hat was in der Erziehung nicht geklappt und auch die erwachsenen Kinder wollen sich irgendwie nicht weiter entwickeln.
Da Walter beschlossen hat, dass Barbara nicht stirbt,  bereitet er ihr am Ende des Buches eine riesige Überraschung. Man kann davon ausgehen,  dass das nicht zuende gedacht war und nach der letzten Zeile beides eigene Kopfkino.
Wer Alina Bronsky mag, wird an diesem Buch auch Gefallen finden. Sie hat einen schrägen Humor, den nicht jeder mögen wird. Da es genau meine Art Humor ist, vergebe ich 5 Punkte. Aus meiner Sicht eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 04.10.2021
Wenn die Faust des Universums zuschlägt
Wimmer, Johannes

Wenn die Faust des Universums zuschlägt


ausgezeichnet

Das Cover ist düster, der Titel lässt vermuten, dass hier jemand seinem Schicksal ausgeliefert sein könnte. Warum das nicht so ist, versuche ich zu beschreiben.
Ich hatte mich gefragt, wie Dr. Wimmer wohl den Verlust seiner kleinen Tochter verarbeitet hat, als ich ihn kürzlich im Fernsehen sah. Insofern war ich sehr interessiert daran, sein Buch zu lesen,  als ich davon hörte.
In diesem Buch lässt er uns teilhaben: an einem sehr großen Verlust,  den er schon vor Jahren hat hinnehmen müssen; an seinen Strategien,  die er nutzt, um Dinge auszuhalten; an verschiedenen Lebenssituationen, in welchen er Handlungsoptionen hat Lernen können,  die ihm geholfen haben.
Immer wieder beschreibt er mit sehr schönen Worten seine tiefe Liebe zu seiner Frau und Maxi, seiner Tochter, die das Paar am Ende gehen lassen muss.
Phasenweise ist die Geschichte fast nicht zu ertragen und es laufen einem die Tränen beim Lesen herunter.
Und doch ist man am Ende glücklich.
Glücklich, weil die Eheleute diese Prüfung bestanden haben; glücklich, weil sie erneut Eltern werden. Aber auch glücklich,  weil man dabei sein durfte, wie sich zwei Menschen einer so tragischen Situation stellen und nicht daran zerbrechen wollen sondern dem Ganzen Würde verleihen.
Ich kann dieses Buch bedingungslos empfehlen. Es ist trotz der tragischen Geschichte gut zu lesen; man hat das Gefühl,  zum Freundeskreis des Paares zu gehören.
Ein mutiges Buch eines gereiften Mannes. Gut, dass Dr. Wimmer Arzt ist. Er kann bestimmt anderen gut helfen.

Bewertung vom 04.10.2021
Das geheime Leben des Albert Entwistle
Cain, Matt

Das geheime Leben des Albert Entwistle


sehr gut

Ein ansprechender Einband mit gelackten Elementen, welcher Teile des Inhalts bildlich umsetzt. Das Cover verspricht einen positiven Inhalt; dieses Versprechen kann das Buch einlösen.

Wir lernen Albert kennen,  der durch seine anstehende Pensionierung und den Tod seiner Katze zu Recht Sorge hat, dass er nun gänzlich vereinsamen wird.
Er lebt in seinem Elternhaus, pflegt keinerlei soziale Kontakte und hat keine Hobbys.

Aber er hat eine Vergangenheit und in dieser wurzelt die Chance für seine Zukunft.
Albert nutzt diese Chance und dabei begleiten wir ihn. Das Leben meint es gut mit ihm und er begegnet bei seiner Wandlung keinen Schwierigkeiten.

Das Setting der Geschichte hätte Potenzial: es geht um Homosexualiät, Menschen mit Migrationshintergrund, allein erziehende Mütter, Einsamkeit, Feigheit, nicht gelebte Leben, falsche Erwartungen von Eltern an ihre Kinder, Homophobie, Fremdenfeindlichkkeit, Freundschaft,  Coming Out, Liebe, Krankheit und vieles mehr.
Das alles wird aber nur an- und nicht beleuchtet. Alles ist in Zuckerwatte ( vermutlich in der Farbe des Einbands) verpackt und das ist die Schwäche des Buches. Der Autor wollte an allem 'vorbei kommen ' und hat sich, vermutlich,  weil er zu viel wollte, den Themen dann nicht in der Tiefe widmen können. Schade, dass das auch für die Figur des Albert gilt: seine Wandlung kommt quasi aus dem Nichts und der Leser ist irritiert, wie aus einem menschenscheuen Postboten plötzlich jemand wird,  der sich für andere interessiert und mutig sein Leben in die Hand nimmt.

Die Übersetzerin hat Redewendungen eins zu eins ins deutsche übersetzt, was dazu führt, dass Albert öfters warme Gefühle hat. Das ist unfreiwillig komisch.

Ich kann dieses Buch empfehlen, wenn man z.B. eine Urlaubslektüre sucht. Vier Punkte gibt es, weil es leicht zu lesen ist, das Cover ansprechend ist und nichts verspricht,  was das Buch nicht gehalten hätte. Für mich persönlich wäre etwas mehr Tiefgang schöner.

Bewertung vom 20.09.2021
Das Buch der verschollenen Namen
Harmel, Kristin

Das Buch der verschollenen Namen


gut

Ein Buch mit diesem Einband hätte ich im Laden links liegen lassen. Allerdings der Klappentext weckte mein Interesse.
Die Erlebnisse von Eva sollen von einer wahren Geschichte inspiriert sein.
Sie ist Jüdin, flieht vor den Nazis und findet sich in einem Bergdorf wieder, in welchem sie jüdischen Kindern zur Flucht verhilft.
Dabei spielen zwei Männer eine Bedeutung: einer, den sie im Zuge dieser Unterstützung kennen lernt und ein anderer aus ihrer Vergangenheit.
Als ich atemlos bei ca. der Mitte des Buches ankam dachte ich frustriert: schon die Hälfte vorbei. Bis dahin nimmt sich die Autorin Zeit, Eva nahe zu kommen und die verschiedenen Facetten ihres Lebens zu beleuchten.
Mit der zweiten Hälfte des Buches ging es mir ganz anders. Plötzlich wurde mir alles zu viel: die Eskalation der Situation mit ihrer Mutter, die Suche nach dem Vater; das Auftauchen einer Person aus der Vergangenheit; der 'gute' Deutsche,  der Kontakt zu den Kindern; die emotionale Verwirrung des Herzens, diese Aufzählung ließe sich lange weiterführen...
Es entsteht der Eindruck,  dass in diesem Buch der gesamte Holocaust bei einer Person 'stattfinden' muss. Das wird dem Thema nicht gerecht; könnte man doch zu Teilaspekten ganze Bücher schreiben.
Beim Ende dachte ich dann: das jetzt auch noch...Bitte nicht..
Schade, ich hab mehr erwartet.
Trotz der interessanten Geschichte vergebe ich nur drei Punkte wegen des unpassenden Covers und der ausgeuferten Geschichte. Das Buch lässt sich gut lesen, hat bei mir aber keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.