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anushka

Bewertungen

Insgesamt 149 Bewertungen
Bewertung vom 26.09.2018
Hoffnung und Schicksal / Die Charité Bd.1 (MP3-Download)
Schweikert, Ulrike

Hoffnung und Schicksal / Die Charité Bd.1 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Gelungene Krankenhaus-Soap im 19. Jahrhundert

Elisabeth wohnt in einem der ärmsten Viertel Berlins und an den Frauen des Viertels sieht sie, welches Schicksal ihr mit einer Ehe bevorstünde. Sie sieht einen Ausweg darin, ihren Lebensunterhalt als Krankenwärterin an der Charité zu verdienen und entdeckt dabei ihre Leidenschaft für den Beruf und eine verbotene Liebe zu einem jungen Arzt. Martha arbeitet als Hebamme für Frauen aller Schichten. Ihr eigenes Leben ist jedoch ziemlich beschwerlich. Nach einer folgenschweren Entscheidung und weil sie ihrem Sohn ein besseres Leben ermöglichen will, tritt sie eine Arbeit als Totenfrau an der Charité an. Währenddessen könnte die Gräfin Ludovica ihr sorgenfreies Leben genießen. Doch ihr hypochondrischer Mann macht ihr das Leben schwer und sie sucht zunehmend Zuflucht in den Gesprächen mit dem Arzt ihres Mannes und ihrem Engagement für die Charité.

Ulrike Schweikert zeichnet in dieser Geschichte drei ganz unterschiedliche Frauenschicksale, die letztlich doch gar nicht so verschieden sind, da alle drei Frauen in ihrer jeweiligen Rolle gefangen sind und alle nicht das werden oder tun können, was sie gern wollen. Denn alle drei interessieren sich sehr für die Medizin. Doch das Medizinstudium bleibt ihnen als Frauen verwehrt. Dennoch sind alle drei nie verlegen, ihre Stärke zu zeigen und sich notfalls durchzusetzen, doch das kostet sie auch viel Kraft. "Die Charité" ist dennoch kein schwermütiges Sittengemälde, sondern ein über weite Strecken unterhaltsamer historischer Roman vor wohl recherchierter und historisch überzeugender Kulisse, der nicht die ein oder andere Gesellschaftskritik scheut wie beispielsweise der Umgang mit psychischen oder emotionalen Problemen, diese jedoch vielleicht etwas zu deutlich moralisierend präsentiert. Mit all seinen Verwicklungen und zwischenmenschlichen Beziehungen könnte man das Buch auch als Krankenhaus-Soap im 19. Jahrhundert betrachten, die jedoch keinesfalls oberflächlich, dafür aber mitunter emotional und dramatisch ist. Mich hat dieses Buch jedenfalls mitgerissen und gut unterhalten, wenn ich auch die ein oder andere Szene etwas eklig, weil sehr plastisch, fand.

Und da ich es als Hörbuch gehört habe, noch ein paar Worte zur Umsetzung: die Stimme der Sprecherin ist angenehm und passend, an einigen Stellen passt jedoch die Betonung nicht ganz. Zudem waren die Pausen zwischen den Perspektivwechseln zu kurz, sodass ich manchmal verwirrt und noch bei der vorherigen Protagonistin war. Insgesamt war dies jedoch eine gute Umsetzung, die zu fesseln wusste und die Aufmerksamkeit nicht abdriften ließ.

Bewertung vom 05.09.2018
Das weibliche Prinzip
Wolitzer, Meg

Das weibliche Prinzip


sehr gut

Aktuelles Thema, nicht ganz so spannend umgesetzt

2006 beginnt die schüchterne Greer ihr Studium an einem College. Ein Erlebnis mit einem Jungen einer Burschenschaft weckt in ihr die Empörung darüber, wie sie als Frau behandelt wird. Kurze Zeit später hält die berühmte Feministin Faith Frank einen Vortrag am College. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit erregt Greer Faiths Aufmerksamkeit und ist von ihr tief beeindruckt. Faith Frank wird Greers Leben nachhaltig beeindrucken, denn sie weckt in Greer die Sehnsucht, sich selbst zu verwirklichen und zu engagieren. Und so tritt Greer eine lange und nicht immer leichte Reise zu sich selbst an ...

Die Beschreibung klingt vielleicht etwas esoterisch, aber Wolitzer gelingt es, das Normale an diesem Lebensweg hervorzuheben. Aus wechselnden Perspektiven wird hier der Lebensweg Greers von ihrer Jugend bis ca. zur Mitte ihrer 30er nachgezeichnet, einerseits anhand ihrer eigenen Geschichte und andererseits anhand der Geschichte ihres Freundes und ihrer besten Freundin. Interessant an dem Buch ist, dass Wolitzer hier nicht auf das Spektakuläre setzt, nicht auf Parolen schreiende, sitzstreikende halbe Superheldinnen, sondern den Weg aufzeigt, den ein normales junges Mädchen nimmt, das sich an einer sexuellen Belästigung stört und zunehmend die vor allem kleinen Ungerechtigkeiten im Alltag wahrnimmt. Hier geht es nicht um drastische Aktionen im Stile von Greenpeace, sondern es wird erzählt, wie der moderne Feminismus funktioniert, dass er oft aus Spendensammeln und Kompromissen besteht und nicht selten auch innerhalb der eigenen Community kritisiert wird. Gleichzeitig ist es aber auch eine Art Coming-of-Age-Roman der jungen Greer, die einerseits langsam ihre eigene Stimme findet und sich andererseits zunehmend von ihrem großen Idol löst, das lange Zeit unerreichbar für sie war und irgendwann plötzlich doch fehlbar scheint. Thematisiert wird dabei auch, wie sehr Aktivisten heutzutage auf Geldgeber angewiesen sind und wie abhängig sie sich dabei machen bzw. wie sehr sie ihre eigentlichen Ziele unterordnen müssen. "Das weibliche Prinzip" ist dementsprechend meiner Meinung nach ein moderner Gesellschaftsroman, der ein sehr wichtiges Thema bearbeitet, das eigentlich aufgrund der aktuellsten Debatten und auch Bedeutung in der Vergangenheit noch zu selten in Romanen vorkommt.

Dennoch hat das Buch für mich ein kleines Manko und das ist der Spannungsbogen. Greers Desillusionierung in Bezug auf Faith hätte meiner Meinung nach ruhig dramatischer ausfallen können. An der ein oder anderen Stelle gibt es durchaus Dramatik und ergreifende Entwicklungen, diese bleiben jedoch bald wieder auf der Strecke. Ich hatte dahingehend mehr von dem Buch erwartet.

Insgesamt ist das Buch aber auf jeden Fall lesenswert, wenn man sich vorab bewusst ist, dass es sich nicht um ein sehr spannungsgeladenes oder hoch emotionales Buch handelt. Stattdessen ist es ein Entwicklungs-, Gesellschafts- und Aufklärungsroman, der aufzeigt, dass man nicht hoch politisch oder schon immer engagiert gewesen sein muss, um zu einer*m Aktivist*in zu werden.

Bewertung vom 07.08.2018
Ins Dunkel
Harper, Jane

Ins Dunkel


ausgezeichnet

Es soll eine Teambuilding-Maßnahme sein. Fünf Frauen und fünf Männer einer großen Firma sollen sich für drei Tage durch den australischen Busch schlagen, das Männerteam gegen das Frauenteam. Doch die Frauen sind nicht zum verabredeten Zeitpunkt am Zielpunkt. Als sie endlich auftauchen, fehlt eine von ihnen, Alice Russell. Das brisante daran: Alice hat kurz zuvor Unterlagen der Firma an die Steuerfahndung weitergegeben. Also wird auch Aaron Falk zum Fall hinzugezogen und gemeinsam mit seiner Kollegin beginnt er den Wettlauf gegen die Zeit, um Alice noch lebend zu finden.

Ich kenne den Vorgängerband um Aaron Falk nicht, deswegen kannte ich die Autorin und ihren Stil auch noch nicht. "Ins Dunkel" ist jedoch auch sehr gut alleinstehend lesbar, auch wenn immer wieder kleine Verweise auf vorherige Ereignisse fallen. Diese stören aber nicht, sondern machen eher neugierig auf den Vorgängerband. Ich hatte aber nicht das Gefühl, Information für das Verständnis dieses zweiten Bands zu vermissen.
"Ins Dunkel" war für mich ein sehr atmosphärischer Thriller. Das eher trockene Thema der Wirtschaftsspionage verknüpft die Autorin mit sehr plastischen Beschreibungen des australischen Dschungels und seiner Gefahren. Zudem ergänzt sie die Geschichte um einen weiteren Aspekt, der die Handlung noch um einiges unheimlicher machte. Zwischenzeitlich war die Stimmung für mich sehr unheimlich (ich lese allerdings nur noch eher selten Thriller) und das völlig ohne Blutvergießen oder brutale Szenen und auch die teils sehr lebensfeindliche australische Tierwelt wurde nicht übermäßig strapaziert. Viel von der Stimmung wurde einfach nur über die Atmosphäre und die plastische Schilderung der Einsamkeit, Hilflosigkeit und zunehmenden Verzweiflung von survival-technisch völlig unerfahrenen Frauen transportiert.
Die Handlung wird abwechselnd geschildert aus Sicht des Polizisten Aaron Falk, der versucht, das Geschehen zu rekonstruieren, und durch Rückblenden zum tatsächlichen Geschehen, das chronologisch geschildert wird, bis sich die beiden Stränge kurz vor dem Ende endlich treffen. Dramaturgisch war das schon richtig filmreif und auch sonst ließ das Buch immer wieder filmtaugliche Szenen vor dem geistigen Auge entstehen.
Die Auflösung fand ich passend, plausibel und bis zum Schluss durchaus überraschend und nicht actionmäßig überdreht. Die Autorin hat einen flüssigen Erzählstil, der nicht aufhält und die Spannung durchweg hochhält und der sich gut und schnell "wegliest". Das Buch ist sicher nichts, über das man im Anschluss noch lange nachdenkt oder viel Diskussionsbedarf hat. Dafür ist es aber gute und spannende Unterhaltung, das von psychologischer Spannung lebt und sich angenehm von der Masse im Thrillerbereich abhebt.

Bewertung vom 31.07.2018
Alligatoren
Spera, Deb

Alligatoren


ausgezeichnet

Südstaatendrama und Gesellschaftsroman

South Carolina, 1922: Getrude Pardee lehnt an einer Zypresse in einem Sumpf und belauert einen 3-Meter-Alligator, der sein Gelege bewacht. Das Tier würde Gertie und ihre vier Töchter auf Monate satt machen. Denn der Mann Alvin ist dem Alkohol verfallen, seit der Baumwollkäfer im Jahr zuvor die komplette Ernte vernichtet hat und seiner Frau erlaubt er nicht, zu arbeiten. Nun reicht das Geld hinten und vorn nicht mehr und Alvin lässt seine Wut immer häufiger an Getrude und den Töchtern aus. Die findet sich schließlich vor der Tür von Annie Coles wieder, bittet dort um einen Job und lässt tagelang eines ihrer Kinder bei der Haushälterin Retta zurück. Doch auch hier ist bei Weitem nicht alles gut. Die Plantagenbesitzerin Mrs. Coles betrauert noch immer einen Sohn, den ein Familiengeheimnis das Leben kostete. Nun, mit einem jungen Kind im Haus, kann sie nicht länger die Augen davor verschließen. Und auch Annie ist nicht frei, darf ihre eigene Näherei nur führen, so lange es ihrem Mann genehm ist. Zur Seite steht ihr jedoch die in erster Generation von der Sklaverei freie schwarze Haushälterin Oretta, die zwar einen liebenden Ehemann hat, aber von der Gesellschaft generell unterdrückt wird.

Diese drei Frauen führen eigene Leben, die sich an bestimmten Stellen immer wieder überschneiden, in denen sie sich gegenseitig zur Hilfe kommen und von denen jede auf ihre Weise für ihre Unabhängigkeit kämpft. "Alligatoren" ist ein packendes und emotionales Drama aus wechselnden Perspektiven, das sehr überzeugend die Beklemmung eines Lebens in den Sumpfgebieten, die Einengung durch starre und veraltete Konventionen, die Kleingeistigkeit in den Südstaaten zur damaligen Zeit und nicht zuletzt die bedrückende Schwüle transportiert. Die Figuren sehen sich einer Unzahl an Hürden gegenüber, unter ihnen häusliche Gewalt, Rassismus, Diskriminierung und finanzielle Abhängigkeit. Getrude ist bei Weitem keine Sympathieträgerin, aber das Mitgefühl für eine Frau in ihrer Situation und Ausweglosigkeit steigt mit jeder Seite, ob der Ungerechtigkeit, die ihr widerfährt. Gezwungenermaßen muss sie Stärke für sich und ihre Töchter zeigen. Getrude ist ein Sinnbild der Personengruppe, die man im heutigen Amerika als "white trash" bezeichnet.
Dass jedoch die höheren Gesellschaftsschichten nicht weniger verroht sind, zeigt Annie Coles Leben, das in vielen Dingen gar keinen so großen Kontrast zu Getrude bildet, auch wenn die Familie Geld hat. Doch auch wenn es ihr eigenes Geld ist, liegt die Entscheidungshoheit bei ihrem Mann, der ihre Arbeit mit der Näherei immer wieder herabwürdigt. Genau wie ihre Beziehung zu ihrem Sohn, der immer wieder versucht, sich dem Vater zu widersetzen und seinen eigenen Weg zu gehen. Da hat es der zweite Sohn schon leichter, der sich dem Vater bedingungslos unterordnet und seine Wünsche auch innerhalb der Familie umsetzt. Und über allem schwebt der Geist des toten Sohns, während die beiden Töchter den Kontakt zu den Eltern komplett abgebrochen haben.
Die oftmals im Hintergrund beobachtende Retta, die still und heimlich die meisten Geheimnisse kennt, muss sich Gedanken machen, wie sie mit zunehmendem Alter abgesichert ist. Denn klar ist: wird sie zu alt oder gebrechlich zum Arbeiten, wird sie einfach ersetzt und niemand wird sich um sie kümmern. Und natürlich erlebt sie tagtäglich den Rassismus gegen Farbige auch am eigenen Leib.

Speras Figuren sind meiner Meinung nach sehr tiefgründig und detailliert ausgearbeitet. Dieses Südstaatendrama um die drei Frauen hat mich sehr mitleiden lassen, es hat mich aber auch bezüglich der Gesellschaftsdarstellung und -kritik überzeugt. Es zeigt ein Amerika der 1920er, das weit entfernt ist von Modernität, Gleichbehandlung und Gleichberechtigung. Für mich ist "Alligatoren" ein sehr empfehlenswertes Buch, das effekttechnisch und optisch zwar eher zurückhaltend daherkommt, beim Lesen aber wichtige Seiten offenbart und dabei beim Lesen immer noch "unterhält".

Bewertung vom 31.07.2018
Agnetas Erbe / Die Frauen vom Löwenhof Bd.1
Bomann, Corina

Agnetas Erbe / Die Frauen vom Löwenhof Bd.1


sehr gut

Unterhaltsam, mit Luft nach oben

Schweden, 1913: Agneta ist eine Grafentochter. Mit Mitte 20 hat sie es geschafft, sich von den Erwartungen ihrer Familie zu lösen und entfernt in Stockholm Kunst zu studieren. In ihrer Freizeit engagiert sie sich für Frauenrechte. Ein Telegramm beordert sie zurück zum Gut der Familie, wo sie sich vor dem aufgebahrten Körper ihres Vaters wiederfindet. Und auch ihr Bruder überlebt das Unglück auf dem Löwenhof nicht. Plötzlich ist Agneta die Erbin und neue Herrin eines Gutes und muss ihre adlige Rolle erfüllen, die sie in tiefe Konflikte stürzt. Mit ihrer humanistischen Einstellung versucht sie, den Hof umzukrempeln. Und natürlich erwacht auch bald die Sehnsucht nach Liebe in ihr ...

Ich habe mich am Anfang sehr schwer getan. Nach den ersten Kapiteln war ich ziemlich unzufrieden. Der Schreibstil war mir ein wenig zu umgangssprachlich und die Geschichte an manchen Punkten nicht ganz logisch. Gemäß der Konventionen, die geschildert wurden, hätte Agnetas Umgang mit Männern in Stockholm eigentlich nicht so einfach und unproblematisch sein dürfen. Auch wirkte sie mir für ihr Alter zu jung. Laut der Schilderungen durften Frauen mit 25 ihre eigene Vormundschaft beantragen, was sie auch getan hat. Dementsprechend müsste sie zu Beginn der Geschichte Mitte 20 sein. Ihrer Mutter gegenüber verhält sie sich jedoch eher wie ein trotziger Teenager. Das passte für mich nicht ganz mit ihrer Vorreiterrolle und angeblichen Stärke zusammenpassen.

Die Geschichte hat mich jedoch zunehmend gefesselt, auch wenn es zugegebenermaßen eher seichte, aber nette Unterhaltung ist. Dennoch gab es immer wieder die Momente, die mich auch schon zu Beginn gestört haben. Es gab immer so einen leicht theatralischen Hang, der zwischendurch einiges unglaubwürdig machte und übertrieben oder auch schmalzig wirken ließ. Und dann wiederum packte mich die Dramatik einzelner Wendungen. Ich konnte mich dann einem gewissen Sog nicht entziehen und letztendlich fühlte ich mich doch gut unterhalten. Man kommt der Familie doch nahe und leidet mit Agneta in ihrem Liebeskummer und ihrem Kampf mit den Konventionen mit. Man liest sich schließlich in diese Familiengeschichte ein und möchte dann doch wissen, wie es mit den Frauen des Löwenhofs weitergeht. Auch macht Agneta, zum Glück, eine Reifung durch, sodass sie sich nicht über 700 Seiten hinweg so pubertär benimmt wie zu Beginn. Auch hält das Buch einige dramatische Wendungen bereit und die Neugier auf den Folgeband ist definitiv geweckt.

Insgesamt ist der erste Band der "Frauen vom Löwenhof" gute, wenn auch nicht allzu anspruchsvolle Unterhaltung und ein richtiger Schmöker. Der historische Rahmen ist mir hier noch zu blass, sodass ich beim zweiten Band noch auf eine Verbessung hoffe, denn meiner Meinung nach hat "Die Frauen vom Löwenhof" noch Luft nach oben.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.07.2018
Häuser aus Sand
Alyan, Hala

Häuser aus Sand


sehr gut

Die Entwurzelten

Nablus, 1963: Salma ist froh, dass sie ihre Töchter an Männer verheiraten konnte, die diese in andere Länder mitnehmen. Auch wenn diese Tatsache die Töchter unglücklich macht, ist Salma beruhigt, wenigstens zwei ihrer Kinder in Sicherheit zu wissen, denn Jahre zuvor war sie selbst schon mit Mann und kleinen Kindern aus Jaffa vertrieben worden, als sich der israelische Staat ausgebreitet hat. Und in Nablus ist die Lage alles andere als stabil. Nun liest sie den Kaffeesatz ihre jüngsten Tochter auf deren Hochzeit und sieht voraus, dass diese ein unstetes Leben haben wird ...

Doch das dürfte auf so ziemlich alle Familienmitglieder zutreffen. In immer weiter voranschreitenden Kapiteln, die mitunter viele Jahre auslassen, folgt der Leser vier Generationen von Salmas Familie und muss feststellen, dass auch die späteren Generationen rastlos durch die Welt ziehen. Immer wieder sind sie auch gezwungen, in andere Länder im arabischen Raum, aber auch nach Europa oder Amerika zu ziehen, denn die Lage ist angespannt und jede der Generationen kennt Krieg. Zudem haben sie es als Pälastinenser auch unter anderen Muslimen nicht leicht und werden immer wieder mit radikalen Kräften in einen Topf geworfen. Doch auch in Salmas Familie gibt es diese radikalen Kräfte und so ist ein großes Thema in Salmas Leben und dem ihrer Töchter die Abwesenheit des Bruders Mustafa, der angeblich in einem israelischen Gefängnis gestorben ist.
Hala Alyan hat kein Manifest gegen die Gewalt im Nahen Osten geschrieben. Es ist keine bitterernste Gesellschaftskritik mit hochanspruchsvoller Sprache. Stattdessen verpackt die Autorin die gesellschaftlichen Probleme und Erfahrungen von Kriegen zwischen verschiedenen Fronten in den Alltag einer palästinensischen Familie, die neben kriegerischen Konflikte auch die ganz normalen Kämpfe des Alltags ausfechten muss: Töchter, die in Amerika aufgewachsen sind und sich nicht mehr an die Kleidervorschriften halten wollen; Söhne, die bei zwielichtigen Predigern Anschluss und Anerkennung suchen, aber die ein oder andere Liebes- oder Trennungsgeschichte. Vor allem lernt man jedoch eine Familie kennen, deren Entwurzelung so tief sitzt, dass sie selten an einem Ort bedingungslos glücklich werden, sondern wie getrieben immer wieder in den Nahen Osten zurückkehren um dann doch wieder vor Krieg flüchten zu müssen.

So ist "Häuser aus Sand" zum einen eher ein Unterhaltungsroman, der eine Familiengeschichte erzählt, die einmal in einem etwas anderen Rahmen (für mitteleuropäische Verhältnisse) stattfindet, zum anderen aber durchaus ein ernstes Buch, das auf gesellschaftliche Misstände hindeutet, sie jedoch nicht sehr vordergründig behandelt, sondern so, dass es jede palästinensische Familie sein könnte und es dem Leser leichter gemacht wird, sich hineinzuversetzen und die Geschichte für realistisch zu halten.

Meine einzigen Kritikpunkte an diesem Buch sind die teilweise sehr großen Zeitsprünge und die Verwirrung, die manchmal aufgrund der Figurenzahl und -vielfalt entsteht. Auch verliert man mit fortschreitender Geschichte den Kontakt zu den älteren Generationen. Zudem hätte dem Buch eine Karte gutgetan. Insgesamt jedoch hat mir das Buch gut gefallen und mich durchaus am alltäglichen Leben im Nahen Osten teilhaben lassen und auch die familiären Handlungsstränge haben mich überzeugt und mitfühlen lassen, wobei mich besonders dieses durchgängige Gefühl der Heimatlosigkeit der Figuren berührt hat.

Bewertung vom 19.07.2018
Kleine Feuer überall
Ng, Celeste

Kleine Feuer überall


ausgezeichnet

Faszinierendes Buch über die amerikanische Gesellschaft

In der perfekt durchgeplanten Stadt Shaker Heights, ein Vorort von Cleveland; brennt ein Haus: das der Familie Richardson. Alle reden darüber, dass die jüngste Tochter, Isabelle, nun endlich durchgedreht ist und das Haus ihrer eigenen Familie angezündet hat. Doch wie konnte es so weit kommen?
Schritt für Schritt entfaltet sich die Vorgeschichte. Wie die Mutter der Familie aus Herzensgüte ein kleines Mietshaus, das ihr gehört, an Bedürftige vermietet und dabei selbstverständlich erwartet, dass diese sich dankbar zeigen und wissen, wo ihr Platz im Leben ist. Dieses Mal hat sie sich die alleinstehende Künstlerin Mia ins Haus geholt, die mit ihrer Tochter Pearl nach jedem abgeschlossenen Kunstprojekt in eine neue Stadt zieht. Pearl ihrerseits sehnt sich nach Beständigkeit und Mia hat ihr versprochen, dass Shaker Heights der Ort ist, an dem sie sesshaft werden. In den Kindern der Richardsons findet Pearl direkt Freunde und diese wiederum sind sehr zu dem Mutter-Tochter-Gespann hingezogen. So verknüpfen sich die Leben und Schicksale immer weiter, bis sie fast voneinander unlösbar sind. Doch dann verstößt Mia gegen die Konventionen dieser kleinen perfekten Gemeinde, verlöst den Platz, den man ihr zugedacht hat und bringt damit alles ins Wanken ...

Mit "Kleine Feuer überall" ist Celeste Ng wieder ein spannender Roman gelungen, der zwar seinen Ausgangspunkt in einer Straftat hat, an sich aber kein Krimi oder Thriller ist. Vielmehr geht es um die vielen Arten zwischenmenschlicher Verwicklungen, Missverständnisse und unerfüllte Erwartungen. Und auch darum, was Menschen sich im Falle von wahrgenommenen Normverletzungen gegenseitig antun können, ohne dabei einmal die Normen selbst zu hinterfragen. Die Autorin hat die Figuren sehr feinsinnig entworfen und analysiert und sehr lebensnah dargestellt. Elena Richardsons "entitlement" oder Privileg ist sicherlich schon vordergründig erkennbar, aber wie tief ihr Denken und Handeln davon durchdrungen sind, welche Vorurteile und Doppelmoral sie hegt, offenbart sich erst nach und nach. Dabei ist das Buch gleichzeitig keine Hetzschrift gegen die privilegierte Elite, sondern versucht zu sezieren, wie sie funktioniert. Elena greift mit solch überzeugter Selbstverständlichkeit in das Leben anderer ein und ist ignorant gegenüber den Auswirkungen ihres Handelns auf andere, dass beim Lesen durchaus Beklemmung aufkommt und man Elena immer wieder kräftig durchschütteln möchte. Vor allem aber ist es ein Buch über die amerikanische Gesellschaft und die Probleme ihrer Mittelschicht. Die Geschichte selbst wirkt zwar eher klein und unspektakulär, und Leser, die ein hohes Tempo und einen atemberaubenden Spannungsbogen im Stile von Krimis oder Thrillern erwarten, dürften enttäuscht sein, aber die Charakterstudien sind faszinierend und meiner Meinung nach der eigentliche Kernpunkt. Und auch die Dynamik von Geheimnissen spielt eine erhebliche Rolle.

Alles in allem ist "Kleine Feuer überall" ein sehr empfehlenswertes Buch, das hinter die wohl gehüteten Fassaden blickt und von der zwischenmenschlichen Tragik lebt. Es ist ein Buch, das definitiv zum Nachdenken anregt und jede Menge Diskussionsstoff bietet.

Bewertung vom 18.06.2018
Barbarentage
Finnegan, William

Barbarentage


sehr gut

Den Wellen hinterher

William Finnegan führt ein ungewöhnliches Leben. Mit 13 entdeckt er das Surfen für sich und bringt es sich selbst bei. Es hilft ihm, mit seinen sonstigen Lebensbedingungen zurechtzukommen, wie beispielsweise Gewalt und Diskriminierung in der Schule. Mit dem Surfen kann er sich Respekt verschaffen. Im Studium beschließt er, den legendären Wellen hinterher zu reisen und vielversprechende Surfspots zu besuchen und dabei die Surftouristen zu meiden. Seine Reise führt ihn unter anderem nach Hawaii, Australien, Ozeanien, Sübostasien. Finnegan berichtet von interessanten Begegnungen, aber vor allem von den Wellen, dem Surfen, seiner Faszination, der Gier nach der perfekten Welle und brenzligen Situationen. Und er berichtet aus einer Subkultur, die sehr stereotypisiert und vorverurteilt ist, doch durch dieses Buch interessante Differenzierungen erfährt.

Doch wer ist William Finnegan? Finnegan ist eigentlich Kriegsreporter und schreibt für den New Yorker, laut Wikipedia eine "Nachrichten-, Kultur- und Literaturzeitschrift". Aber hier schreibt Finnegan nicht vordergründig über das Leben eines Kriegsreporters, sondern über das Surfen. Kann das überhaupt interessant sein? Die Antwort lautet ganz klar: ja! Wenn man sich einmal eingelesen hat in die technischen Beschreibungen und Insiderbegriffe (die am Ende auch in einem Glossar erklärt sind), kann man ganz deutlich den Adrenalinkick spüren, die Gischt im Gesicht und das Donnern der Wellen. Selten hat mich ein Buch mit einer so spezifischen und von mir selbst weit entfernten Thematik so gepackt. Auch wenn die Aussage, dass die ein absolutes Sommerbuch sei, merkwürdig klingt, weil man dabei oft automatisch seichte Lektüre erwartet, ist es dennoch so: "Barbarentage" beschwört die Sonne und den Strand herauf und vermittelt beim Lesen das Gefühl, man würde vom Wasserrand aus den Surfern bei der Ausübung ihrer Leidenschaft zusehen. Zudem ist das Buch sehr informativ: es macht deutlich, warum Surfern ein Faulenzerleben nachgesagt wird. Aber es stellt auch vieles sehr differenziert dar: jeder Surfer hat einen eigenen Stil, eigene Präferenzen, die ganz großen Wellen suchen nur wenige. Und ist ein hochkomplexer Sport, für den man brennen muss. Er benötigt analytische Fähigkeiten, aber auch Wagemut. Ich habe das Gefühl, viel gelernt zu haben.

Und trotzdem ist das Buch auch noch mehr. Natürlich steht das Surfen im Vordergrund. Aber es ist auch eng verknüpft mit Finnegans Entwicklung. Seine Reisen prägen ihn und machen ihn Schritt für Schritt zu dem, der er letztlich wird. Und auch seine zwischenmenschlichen Beziehungen und Bekanntschaften werden immer wieder thematisiert und liefern die ein oder andere Anekdote, aber auch noch tiefere Einblicke, in die Szene beispielsweise.

Was mich an dem Buch allerdings störte war der Stil. Er ist mir ein bisschen zu fragmentarisch. Mitten in Kapiteln gibt es thematische und chronologische Sprünge ohne sanfte Übergänge oder optische Kennzeichnung. Das wirkt manchmal ein wenig wie freies Assoziieren. Viele Anekdoten werden gar nicht so richtig zu Ende erzählt, sondern hören irgendwie mittendrin auf, das fand ich schade. Auch war es mir manchmal einfach zu technisch und bei manchen Begriffen habe ich mich gefragt, ob man die wirklich nicht übersetzen konnte. Alles in allem ist diese Buch jedoch eine sehr positive Überraschung und durchaus für eine breit interessierte Leserschaft geeignet.

Bewertung vom 16.06.2018
Letzte Fahrt nach Königsberg
Trebbin, Ulrich

Letzte Fahrt nach Königsberg


sehr gut

Erinnerungen an Königsberg

Ella Aschmoneit wächst recht behütet in Königsberg auf, als Tochter eines Weinhändlers ist sie gut versorgt. Doch das Verhältnis zur Mutter ist für das eigenwillige junge Mädchen nicht leicht. Dennoch verlebt sie unbeschwerte Sommer an der Küste des Samlandes in Ostpreußen, das zu diesem Zeitpunkt noch zum Deutschen Reich gehört.
Anfang 1945 befindet sich die etwas ältere Ella jedoch mit ihren beiden Kindern in Potsdam, wo sie unter den Auswirkungen des Krieges leben und Hunger leiden. Nicht selten denkt Ella an die vielen Vorräte, die noch im Haus der Familie in Königsberg lagern. Schließlich fasst sie sich ein Herz und reist entgegen jeglichen guten Rats der Schwester und auch des eigenen Ehemanns ein letztes Mal nach Königsberg, um von den reichlichen Vorräten zu holen, die sie in Potsdam lange über Wasser halten würden. Doch Ellas Vorhaben ist aberwitzig, denn die russische Armee marschiert unaufhaltsam auf Königsberg zu und aus anderen Gegenden Ostpreußens kursieren angsterregende Geschichten ...

Der Autor Ulrich Trebbin hat in diesem Buch die Geschichte seiner Großmutter literarisch verarbeitet. Zeitlebens stand bei Ella das Foto eines Mannes auf dem Sekretär, der nicht Ellas Ehemann war. Während Ella sich auf die Reise nach Königsberg begibt, erstehen die Stadt und das Umland in vielen Rückblenden wieder auf. Ella erinnert sich an ihre Jugend, die erste Verliebtheit und auch die Heirat mit einem Mann, mit dem sie 1945 schon nichts mehr gemein hat. Diese Episoden vermitteln ein Gefühl von Heimat, nach dem sich Ella den Rest ihres Lebens sehnen wird, denn sie wird schließlich eine Geflüchtete bleiben, Königsberg zu Russland gehören. Aber nicht nur Heimweh, sondern auch Sehnsucht nach einem anderen Mann als dem eigenen bestimmen viele Gedanken Ellas und so stehen beide Themen im Mittelpunkt des Buches. Die Liebesgeschichte ist absolut unkitschig, stattdessen manchmal sogar eher unterkühlt, denn sie scheint oft auf Einseitigkeit zu beruhen. So wird bis zu einer gewissen Stelle des Buches nicht ganz ersichtlich, warum (die literarische) Ella so sehr an dieser Liebe hängt. Der Bogen schloss sich für mich tatsächlich erst am Ende. Eindringlich wird dagegen das Leid der Vertriebenen geschildert, die Blauäugigkeit der Menschen ist Ostpreußen, die immer noch der Nazi-Propaganda glauben und das böse Erwachen, dass sie schließlich ereilt. Trebbin greift ein eher tabuisiertes Thema auf, nämlich dass Menschen sich nicht als Opfer betrachten dürften, die zum Volk eines Kriegsaggressoren gehören. Und so zeigt sich auch hier und da die ein oder andere unschöne Szene, was die Geschichte noch glaubhafter macht, da der Autor nicht verklärend schreibt, sondern die Mentalität der damaligen Zeit meiner Meinung nach realistisch einfängt. Er macht jedoch auch deutlich, wie wenig jeder einzelne dennoch die Rache verdient hat, die über das eingekesselte Ostpreußen kommt.

Insgesamt hat mir dieses Buch gut gefallen. Besonders Ellas letzte Fahrt nach Königsberg war beklemmend und gleichzeitig spannend. Diese Spannung hält nicht durchweg an. Zu großen Teilen ist es eher eine einfühlsame Geschichte in ein Einzelschicksal, das jedoch nicht allein von Kriegsereignisse handelt, sondern auch dem Verlust von Heimat und individuellen Träumen und Wünschen. Einige Passagen in den Rückblenden wirken etwas zu ausschweifend. Sie machen die Figuren zwar lebensnaher, drosseln aber auch das Tempo der Handlung etwas. Alles in allem ist dieses Buch jedoch empfehlenswert. Es ist eine liebenswerte Ode an eine starke, eigenwillige Frau und auch die Herkunft und Heimat einer ganzen Familie, deren Verlust die ganze Familie geprägt hat.

Bewertung vom 17.05.2018
Die Geschichte des Wassers / Klima Quartett Bd.2
Lunde, Maja

Die Geschichte des Wassers / Klima Quartett Bd.2


sehr gut

Norwegen, 2017: Die fast 70-jährige Signe ist den größten Teil ihres Lebens Umweltaktivistin gewesen. Im Schatten eines Gletschers aufgewachsen, musste sie schon früh mit ansehen, wie die Natur für Profit ausgebeutet und massiv darin eingegriffen wurde. Nun ist sie zurückgekehrt und muss zusehen, wie der Gletscher abgebaut wird, damit Superreiche ihre Drinks mit hochexklusiven Eiswürfeln aus echtem Gletschereis aufwerten können. Also macht sich Signe ganz allein mit ihrem Segelboot auf den Weg nach Frankreich.
Frankreich, 2041: David und Lou sind Klimaflüchtlinge. Zunehmend breitet sich eine riesige Dürre aus und macht ganze Länder zu Wüsten, während sich die Wasserländer dem Regen und der Fluten kaum erwehren können. Als in ihrer Heimatstadt alles zerstört wird, machen sich David und seine Familie endlich auf den Weg in den Norden. In den Wirren gehen jedoch Davids Frau und Sohn im Säuglingsalter verloren. Im Flüchtlingslager wollen David und Lou auf sie warten. Doch auch hier wird die Situation immer kritischer. Hoffnung schöpfen beide nur durch die Entdeckung eines alten Segelboots in einem Garten.

Was mich bei den Bücher von Maja Lunde beeindruckt, ist zum einen die Gestaltung der deutschen Ausgaben, die ich sehr ansprechend finde. Zum anderen ist da die Themenauswahl, der sich Lunde widmet. Es geht um ökologische Probleme, die wir und unsere Vorfahren verursacht und aktuell verschlimmert haben. Wie man das nicht moralisierend präsentieren soll, wie es von etlichen Rezensenten oder Feuilletonisten bemängelt wird, ist mir ein Rätsel. Denn wie anders sollen die Menschen wachgerüttelt werden? Sicher, es wäre hilfreicher, wenn Lunde ein paar Lösungsansätze präsentieren könnte, doch ist das ja nicht die vordergründige Aufgabe von Romanautoren. Vielmehr gelingt es Lunde meiner Meinung nach gut, Betroffenheit und Empathie zu wecken. In meinen Augen war auch schon "Die Geschichte der Bienen" kein spektakuläres Buch und in gleicher Weise finde ich auch "Die Geschichte des Wassers" unaufgeregt und ohne große Effekte oder Spannungsbögen. Allerdings hätten diese dem Buch durchaus gut getan. Dennoch konnte mich die Geschichte gut einfangen und bei der Stange halten, auch wenn mir der Zukunftsstrang wesentlich besser gefallen hat, während Signes Rückblick auf ihr Leben eher trivial wirkte. Der Schreibstil ist flüssig, angenehm, nicht hoch literarisch. Beide Handlungsstränge enden leider etwas unbefriedigend. Signe scheint ihre Mission aus den Augen zu verlieren und bei David und Lou ist es ein ziemlich offenes Ende. Ich hoffe sehr, dass man im dritten Band dieses geplanten Umwelt-Quartetts noch etwas über die beiden erfährt. Zur "Geschichte der Bienen" gibt es hier allerdings auch keinen Bezug. Dafür ist "Die Geschichte des Wassers" unabhängig vom ersten Band lesbar.

Insgesamt hat mir "Die Geschichte des Wassers" gut gefallen und es hat mich persönlich angesprochen und mich emotional berührt, auch wenn es nicht unbedingt emotional geschrieben ist. Dass ein Buch, gerade zu diesem Thema, auch eine Moral vermittelt, finde ich gerechtfertigt, denn meiner Meinung nach sollen Geschichten Botschaften haben. Sonst würde ich mich fragen, wozu ich sie eigentlich lese, von der ein oder anderen Alltagsflucht einmal abgesehen. Dennoch denke ich, dass man aus dem Thema auch mehr hätte machen können und dass einiges verschenktes Potential dabei ist. Aber Lunde bleibt sich treu; es sind wieder verschiedene Zeitebenen dabei, wenn dieses Mal auch nur zwei. Und auch die dünnen Fäden der Verwobenheit der Geschichten miteinander sind da, tauchen dieses Mal schon früher auf, bergen aber auch eine kleine Überraschung. Auch wenn das Buch vielleicht nicht ganz an seinen Vorgänger herankommt, finde ich es dennoch lesenswert und habe es selbst die meiste Zeit gern gelesen. Definitiv konnte es mich an die Autorin und auch an die Reihe binden, sodass ich garantiert auch zum dritten Band greifen werde, wenn er erscheint.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.