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Benutzername: 
westeraccum
Wohnort: 
Sauerland

Bewertungen

Insgesamt 222 Bewertungen
Bewertung vom 01.06.2023
Die Verborgenen
Geschke, Linus

Die Verborgenen


sehr gut

ven und Franziska Hoffmann haben nach außen alles, was man sich vom Leben wünscht, einfach perfekt! Wie unperfekt ihr Leben allerdings in Wirklichkeit ist, das erfährt man erst nach und nach. Als nämlich ein "Phrogger" in ihre Idylle am Meer eindringt und sich heimlich in ihrem Haus umschaut. Essen verschwindet, Franziska hat plötzlich morgens Reizwäsche in der Hand, ihr Auto wird in der Garage beschmiert. Und das alles vor dem Hintergrund einer toten jungen Frau, deren Leiche kürzlich gefunden wurde und über deren Verschwinden Sven als Journalist berichtet. Die Fassade der Ehe beginnt zu bröckeln...
Ich mag die Bücher von Linus Geschke, seinen ungewöhnlichen Plots und seine gut lesbare Schreibweise. Hier erzählt er die Geschichte aus der Sicht der Beteiligten immer wieder neu. Das macht das Geschehen transparent und spannend, da alle Beteiligten eine andere Sichtweise haben.
Interessant fand ich z.B., wie unterschiedlich Tamara, die Tochter der Hoffmanns, die Untreue ihrer Eltern beurteilt. Ihrem Vater wird alles verziehen, ihrer Mutter wirft sie allerdings vor, einen anderen Mann kennengelernt zu haben. Es ist halt alles subjektiv.
Manchmal ist der Stil etwas "schief", so z.B. auf Seite 149: "Sie schiebt nur die Hände in die Hüften...". wie macht man das denn??
Aber insgesamt ist das Buch ein guter, solider und spannender Thriller, den ich gern gelesen habe.

Bewertung vom 31.05.2023
City of Dreams / City on Fire Bd.2
Winslow, Don

City of Dreams / City on Fire Bd.2


ausgezeichnet

Nachdem ich "City on fire" gelesen hatte, wollte ich natürlich wissen, wie es mit Danny Ryan nach dem Desaster in Providence weitergeht.
Danny muss mit dem Rest seiner irischen Kumpanen fliehen, denn nicht nur die Mafia, sondern auch das FBI sind hinter ihnen her. Also auf nach Westen... In Kalifornien trennen sie sich und tauchen unter. Danny muss sich aber um seinen kleinen Sohn Ian kümmern und sein Vater Marty macht Probleme und wird dement. So findet er nur einen Ausweg: er muss sich an seine Mutter wenden, die in Las Vegas lebt und beste Beziehungen in Regierungskreise hat. Schwierig wird es, als Danny sich in den Filmstar Diane verliebt, die in einem Film über die Ereignisse in Providence mitspielt.
Ich fand dieses Buch noch besser als "City on fire", denn es geht mehr auf die Befindlichkeiten der Beteiligten ein und zeigt weniger Gewalt. Obwohl man weiß, dass Danny einige Menschen auf dem Gewissen hat, liegen die Sympathien doch auf seiner Seite.
Wie alle Bücher von Winslow ist auch dieses Buch hervorragend geschrieben und erstklassig aufgebaut. Die Spannung ist manchmal kaum erträglich. Ich bin gespannt auf den letzten Band und bedaure sehr, dass Winslow keine Bücher mehr schreiben will.

Bewertung vom 29.05.2023
Das Versprechen / Ein mörderisches Paar Bd.1
Wolf, Klaus-Peter

Das Versprechen / Ein mörderisches Paar Bd.1


sehr gut

Als Fan von Ostfriesland sind natürlich die Ostfrieslandkrimis vom Klaus-Peter Wolf ein Muss und ich habe sie alle gelesen. Während mir die beiden letzten Krimis aus der Dr. Sommerfeldt-Reihe nicht so gut gefielen, ist dieser wieder richtig gut.
Es treten die bekannten Figuren auf: Ann Kathrin Klaasen, die Tappers, die Grendels, Weller und natürlich die liebe Rupert.
Dr. Sommerfeldt alias Dr. Ernest Simmel ist wieder der Rächer, der einen Drogenhändler ausschaltet, der für seine schlimmen Taten nicht belangt werden konnte. Damit setzt er zusammen mit seiner Fast-Ehefrau Frauke eine ganze Reihe von Ereignissen in Gang, an deren Ende es zu einem großen Showdown kommt.
Ich kenne die Gegend rund um Norden sehr gut und kann praktisch die Wege mitlaufen und mitfahren, die die Protagonisten im Buch machen. Und alles stimmt!
Zum Glück hält sich Wolf in diesem Buch mit dem "Werbeblock" etwas mehr zurück als in anderen seiner Bücher, obwohl es natürlich nicht ohne den Kuchen von ten Cate geht. Man merkt, dass Wolf wieder in seinem Element ist und ich musste oft über seine skurrilen Einfälle lachen.
Natürlich bin ich gegen Selbstjustiz, wie Dr. Sommerfeldt sie praktiziert, aber lustig ist es schon, wenn er schwere Jungs im Hafen nackt vom Dach springen lässt.
Einfach gute Unterhaltung!

Bewertung vom 24.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Die Klimakatastrophe ist da und bringt immer mehr Einschränkungen in das Leben der Menschen in Kalifornien und Florida. Dort lebt die Familie, die in diesem Buch die Hauptrolle spielt.Ottilie und ihr Mann und ihr erwachsener Sohn Cooper, ein Umweltakztivist und Insektenforscher, merken, dass sich die Erde in Kalifornien immer mehr aufheizt. Vor allem Ottilie versucht sich den neuen Bedingungen anzupassen, züchtet Grillen und kocht mit Insektenmehl. Catherine, ihre Tochter lebt mit ihrem Freund in einem geerbten Strandhaus in Florida, dem angeblichen "Sunshine-State", doch hier kommt es immer öfter zu starken Regenfällen und Überschwemmungen, statt des Autos muss man manchmal ein Boot nehmen. Trotzdem bleibt sie ignorant und versucht ihr aufwändiges Leben als Influencerin weiter beizubehalten.

Boyle gelingt es auf seine unnachahmliche, ironische und manchmal sarkastische Art deutlich zu machen, dass das Wissen um die Bedrohung nicht unbedingt zu einer Änderung des Verhaltens führt. Grillenmehl ist akzeptabel, aber auf den Pool will man nicht verzichten. Das Auto fährt elektrisch, aber Flüge quer über den Kontinent müssen sein. Man hofft, dass man selbst nicht betroffen ist von Bränden, Fluten oder anderen Naturkatastrophen, doch das geht natürlich schief.

Das Buch zeigt nicht in eine weit entfernte Zukunft, sondern bildet teilweise schon unsere heutige Realität ab. Dass diese Realtität - auch bei uns selbst - kaum zu einem starken Bewusstsein für die Probleme führt, kann man täglich sehen: Lange Schlangen an den Flughäfen, immer stärkere Autos und auf nichts verzichten, man lebt ja nur einmal. Sollen doch die zukünftigen Generationen sehen, wo sie bleiben.

Ich finde das Buch auf jeden Fall lesenswert, es gibt viele Denkanstöße, ist dabei aber auch unterhaltsam und manchmal lustig. Nur mit dem sehr kitschigen Schluss bin ich nicht so glücklich.

Bewertung vom 16.05.2023
Der Bojenmann
Schlenz, Kester;Jepsen, Jan

Der Bojenmann


sehr gut

Kester Schlenz und Jan Jepsen haben einen ungewöhnlichen Hamburg-Krimi geschrieben, der mir sehr gut gefallen hätte, wenn da nicht dieser heftige und blöde Cliffhanger wäre...
Es geht um einen Mörder, der seine Opfer plastiniert und öffentlich ausstellt, z.B. als den Bojenmann von Stefan Balkenhol im Hamburger Hafen. Als Ermittler kommt der schon etwas ältere Kommissar Knudsen ins Spiel, der sich oft mit seinem Freund Oke Andersen berät, der selbst Kapitän war und zu Alleingängen neigt.
Das Buch hat viel Lokalkolorit, man erkennt die Schauplätze schnell, wenn man sich etwas in Hamburg auskennt. Was mir aber besonders gefallen hat, waren die gesellschaftskritischen Betrachtungen der beiden Freunde. Da spricht viel Lebenserfahrung und man kann dem nur immer wieder zustimmen. Vielleicht liegt es am Alter der Autoren, dass das so authentisch rüberkommt.
Insgesamt ist das Buch ungewöhnlich, spannend und gut zu lesen. Leider muss ich einen Punkt für den wirklich nervigen Cliffhanger abziehen.

Bewertung vom 16.05.2023
Das Licht im Rücken
Lüpkes, Sandra

Das Licht im Rücken


ausgezeichnet

"Das Licht im Rücken - Auslöser drücken!" Mit diesem Spruch bringt der junge Milan seinen Fotografenschülern die Kunst des Fotografierens mit der Leica bei. Doch bis es so weit ist, dass man ohne große Vorbildung ein Foto machen kann, muss viel passieren in den Leitz-Werken in Wetzlar.
Sandra Lüpkes hat einen Roman geschrieben, der sich auf viele reale Begebenheiten bei der Entwicklung der Leica bezieht. Der geniale Erfinder Oskar Barnack musste auf den für Neuerungen offenen Fabrikanten Ernst II. Leitz treffen, qualifizierte Mitarbeiter mussten zur Verfügung stehen, es musste Kapital für eine lange Durststrecke vorhanden sein. Aber hier in Wetzlar passte alles und so kam die bis heute bei Fotografen beliebte Kamera auf den Markt.
Lüpkes beleuchtet aber auch das Privatleben einiger Figuren, besonders das von Ernsts Tochter Elsie Leitz, die ziemlich außergewöhnlich und eigenwillig ihren Weg ging. Die Nazizeit spielt dabei eine wichtige Rolle, denn Leitz war ein überzeugter Demokrat, musste aber seine Firma und seine Mitarbeiter schützen. Eine sehr schwierige Gratwanderung! Trotzdem verschaffte er jüdischen Mitarbeitern die Gelegenheit ins Ausland zu gehen und so ihr Leben zu retten.
Gerade diese Mischung aus fiktiven und realen Personen, aus fiktiven und realen Ereignissen machen das Buch so lesenswert. Wie schon bei "Die Schule am Meer" gelingt es Lüpkes Geschichte lebendig werden zu lassen.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen und empfehle es unbedingt weiter.

Bewertung vom 02.05.2023
Weite Sicht
Pilz, Thorsten

Weite Sicht


sehr gut

Nach dem Tod ihres Mannes, eines wohlhabenden Reeders, ändert Charlotte ihr Leben radikal. Die Beziehung war nicht mehr gut, der Mann ging fremd, Charlotte war eingeengt und einsam. Nun nimmt sie ihre Schwester Gesine, ihre alte Freundin Sabine und ihren Sohn Matthias, der eigentlich in Peru arbeitet, in die großen Villa auf. Gesine ist auf dem Weg in die Demenz, Sabine "beglückt" ältere Männer und Matthias muss sich beruflich neu orientieren. Und Charlotte nimmt wieder Kontakt zu der Dänin Bente auf, zu der sie vor fünfzig Jahren eine Beziehung hatte. Doch Bente ist schwer krank.
Die Schilderung der Schicksale der vier Frauen ist sehr einfühlsam geschrieben, auch wenn mir die Welt der reichen Reeder und Kunstmäzene eher fremd ist. Ich konnte die so unterschiedlichen Schicksale der Frauen gut nachvollziehen, während die Männer eher im Hintergrund und relativ blass bleiben.
Thorsten Pilz tritt den Frauen nie zu nahe, er bleibt in einer liebevollen Distanz. Trotzdem merkt man gut, dass er nicht ohne Empathie schreibt.
Irritiert hat mich das Titelbild etwas, Frauen im Wasser in altmodischen Badeanzügen scheinen die neue Mode in der Verlagsbranche zu sein.
Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich finde es auf jeden Fall lesenswert.

Bewertung vom 26.04.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


ausgezeichnet

Wien im Jahr 1966. Der 31jährige Robert Simon hat als Gelegenheitsarbeiter auf dem Karmelitermarkt gearbeitet und als sich die Chance eröffnet eine Gastwirtschaft zu pachten, da greift er zu und erfüllt sich damit einen Lebenstraum. Bier, Wein, Limo, Schmalzstullen und Salzgurken, dazu im Winter Punsch, das Angebot ist überschaubar. Trotzdem entwickelt sich das Café zum Treffpunkt für die umliegende Bevölkerung. Robert ist mit seiner ruhigen Art der Ruhepol in der Gegend, er bietet den Menschen etwas wie eine zweite Heimat, in der man Karten spielen, reden oder einfach nur sitzen kann. Die Menschen kommen und gehen, bekommen Kinder, werden krank oder sterben und das alles ziemlich unbeeindruckt von der Welt da draußen. Auch das Ende des Café nimmt Simon hin und ändert sein Leben erneut.
Ich mag Seethalers ruhige, unaufgeregte Art zu schreiben. Man hat den Eindruck, dass er in sich ruht und das vermittelt er auch in seinen Büchern. Die ständige Aufgeregtheit der Medien und der sozialen Netzwerke sind ihm fremd. Trotzdem ist das Buch nie langweilig, man schlendert mit Seethaler durch Raum und Zeit und das gefällt mir sehr gut.
Ein Lesehighlight in diesem Jahr!

Bewertung vom 25.04.2023
Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3
Seeburg, Uta

Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3


gut

Der Titel des Buches erschließt sich nicht auf Anhieb, man muss schon lange durchhalten, bis man weiß, warum er gewählt wurde.
Es geht um den Vermisstenfall eines französischen Diplomaten, der 1896 von Berlin nach München reist und dort spurlos verschwindet. Der Polizeikommissar Gryszinski, der sich gern neuer Methoden bedient, vermutet, dass er wegen einer neuen Erfindung entführt oder ermordet wurde. Diese Erfindung könnte in den Wirren der Zeit vor dem 1. Weltkrieg eine wichtige Rolle spielen. Der Fall wird nicht aufgeklärt. 1916 muss Gryszinskis Sohn am 1. Weltkrieg teilnehmen und wird als Spion nach Paris geschickt. Dort findet er eine neue Spur...
Das Buch führt sehr authentisch in die Zeit der Jahrhundertwende und des Weltkriegs zurück. Allerdings fand ich es wenig spannend. Die Handlung zieht sich sehr und es gibt kaum ein Fortkommen. Es ist eher ein Roman als ein Krimi.
Gefallen hat mir die etwas altmodische Sprache, die gut zum Thema passt. Allerdings fand ich das Buch einfach zu langatmig.

Bewertung vom 20.04.2023
Solange wir leben
Safier, David

Solange wir leben


ausgezeichnet

David Safier kannte ich bisher als Autoren von eher lustigen, überspitzten Büchern wie "Mieses Karma". Nun erfährt man in diesem Buch viel über seinen familiären Hintergrund und die tragische Geschichte seiner Eltern.
In zwei verschiedenen Schriftarten berichtet er über Kindheit und Jugend von Joschi und Waltraut.
Joschi wächst in Wien auf und kann in letzter Minute vor den Nazis nach Israel fliehen. Außer seiner Schwester und seiner Cousine werden alle Familienmitglieder im Holocaust getötet. In Israel muss er sich ein neues Leben aufbauen, bleibt aber immer heimat- und ruhelos.
Waltraut dagegen lebt in ärmlichen Verhältnissen in Bremen und will sich hocharbeiten, um ein gesichertes Leben führen zu können. Sie macht eine Lehre bei Karstadt und findet mit dem Zimmermann Friedrich ihr Glück. Doch dann erkrankt Friedrich schwer, während Waltraut schwanger ist. Sie muss sich und die Tochter Gabi allein durchbringen.
Als Joschi und Waltraut sich treffen und lieben lernen, hoffen sie auf ein schönes gemeinsames Leben, doch es kommt anders.
Ich fand es sehr angenehm, dass die Geschichten der beiden Elternteile durch die unterschiedlichen Schriftarten voneinander abgesetzt sind. Das erleichtert die Orientierung sehr. Auch die Fotos der Familie im Einband fand ich sehr passend wie auch die ganze Aufmachung.
David Safier gelingt es mit leichter Hand das schwere Schicksal seiner Eltern aufzuschreiben, dabei spart er aber die traurigen und tragischen Elemente nicht aus. Das hat mir sehr gut gefallen. Oft liegen Freude und Leid sehr nah beieinander, aber das Buch ist auch in diesen Passagen nie kitschig. Auch ist das Buch nicht unpolitisch, der Hass auf Juden hat bis heute angehalten und wird immer schlimmer.
Das Buch hat mir durch den ernsthaften Hintergrund von allen Büchern Safiers am besten gefallen, es ist unbedingt lesenswert. Ihm gelingt der schwierige Spagat zwischen Humor und Ernsthaftigkeit ganz meisterhaft.