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Benutzername: 
kleinfriedelchen
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 67 Bewertungen
Bewertung vom 10.11.2009
Das Leben der Wünsche
Glavinic, Thomas

Das Leben der Wünsche


schlecht

Da mir der Autor bis dato unbekannt war, habe ich durch den Klappentext einen Thriller erwartet, bei dem der mysteriöse Mann auf fiese Weise seine Wünsche erfüllt, z.B. seine Frau ermordet, damit er endlich mit seiner Geliebten zusammen sein kann. Stattdessen gab es hier philosophische Abhandlungen über das Leben und den Tod. Aber hier eine etwas genauere Wertung:

Ein Buch, das ohne jegliche Anführungszeichen auskommt, war mal etwas neues. Man gewöhnt sich jedoch sehr schnell an diesen Stil und dadurch liest sich das Buch flüssig weg. Soviel zum Positiven.

Abgesehen davon, dass mir der Hauptcharakter Jonas einfach unsympathisch war, gab es aber auch noch viele andere Kritikpunkte, die zu dieser schlechten Bewertung geführt haben:
In den normalen Handlungsverlauf wurden immer wieder vollkommen abstruse Szenene eingefügt, die nicht nur keinen Sinn ergaben, sondern mich auch an der geistigen Gesundheit des Protagonisten zweifeln ließen. Er steht auf einem Parkplatz und sieht sich plötzlich selbst als eine zweite Person, die letztendlich mit ihm verschmilzt. Er fährt einem fremden Mann hinterher, der gar kein Gesicht hat. Bei einer Bergwanderung sieht er zwei Männer, die auf eine Frau einprügeln, natürlich sind das nur Geister aus einer vergangenen Zeit. Er sitzt im Auto und plötzlich schwebt er über der Erde und sieht neben sich den Mond. Spätestens hier möchte man Jonas rezeptpflichtige Medikamente verschreiben und die Männer mit den weißen Jäckchen anrufen. Vermutlich soll diesen Szenen eine tiefere Bedeutung zukommen, die mir leider vollkommen entgangen ist.

Desweiteren waren die Gefühle der Charaktere irgendwie nicht nachvollziehbar. Plötzlich schreit Jonas rum, was aber nur durch dieses Wort vermittelt wird und sich nicht aus dem Kontext ergibt. Im Allgemeinen ist mir das ewige Rumgejammere von Jonas und Marie auf die Nerven gegangen, wie gern sie doch zusammen wären aber nicht können. In einer anderen Geschichte wäre dies sicherlich Stoff für eine herzzerreißende Liebesgeschichte gewesen, hier hat mich das einfach genervt.

Der mysteriöse Mann vom Anfang taucht übrigens nicht ein einziges Mal wieder auf. Als sich die Todesfälle und Unfälle um Jonas herum häuften, wurde mir schon klar, welche der am Anfang geäußerten Wünsche der Mann ihm erfüllt. (Einfach mal in die Leseprobe gucken)
Am Ende musste ich mich zum Weiterlesen zwingen, weil mich auch gar nicht mehr interessiert hat, was nun noch passieren soll.

Hinter der Grundidee des Buches steckte viel Potenzial, das meiner Meinung nach vollkommen verschenkt wurde. Schade!

1 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2009
Frau Ella
Beckerhoff, Florian

Frau Ella


sehr gut

Über eine generationenübergreifende Freundschaft

Mit welchen älteren Personen hat ein junger Mensch heute noch groß zu tun? Die Großeltern vielleicht, andere Bekannte oder Kollegen. Aber eine wirkliche Freundschaft zu einer bis dato unbekannten Person älteren Kalibers werden die meisten nicht haben.

Ob nun selbst gewählt oder aufgrund gesellschaftlicher Gegebenheiten, läuft das Leben von Jung und Alt meist getrennt voneinander ab. Was passiert, wenn diese scheinbar so unterschiedlichen Generationen doch mal aufeinandertreffen, wird im Roman „Frau Ella“ von Florian Beckerhoff geschildert.

Sascha, Dreißig, muss wegen einer Augenoperation ins Krankenhaus und ist sichtlich genervt, als in seinem Zimmer aufgrund eines Wasserschadens eine alte Frau bei ihm mit einquartiert wird. Abgesehen von ihrem Schnarchen stört ihn noch am meisten, dass er sich in ihrer Gegenwart schlampig vorkommt und sich gezwungen sieht, seinen Platz genauso ordentlich zu halten wie sie ihren. Die anfängliche Abneigung schlägt jedoch bald in Sympathie um, als er sieht, dass Frau Ella, wie er die alte Frau nennt, Angst vor der Operation hat, die lebensgefährlich für jemandem in ihrem Alter werden könnte.

Kurzerhand entführt er sie aus dem Krankenhaus und nimmt sie mit zu sich nach Hause. Nur für eine Nacht, denkt er sich, und weiß noch nicht, dass sie ihm ans Herz wachsen wird. Denn Frau Ella fasziniert ihn mit ihrer unbekümmerten, lockeren Sicht auf das Leben und zeitweise mit ihrer Weltfremde. Latte Macchiato? Nie gehört. Der gute alte Filterkaffee reicht doch auch. Heiraten nur wegen der Steuervergünstigungen? So lernen Jung und Alt voneinander und Frau Ella muss sich eingestehen, dass es scheinbar doch nicht nur genau eine beste Methode für alles gibt, wie Sascha ihr anhand des Eierkochens beweist.

Zusammen mit seinem Freund Klaus und dessen Frau Ute zeigt Sascha ihr die Welt, der sie sich seit dem Tod ihres Mannes größtenteils verschlossen hat. Frau Ella kann sich gar nicht erinnern, wann sie das letzte Mal soviel Spaß gehabt hat. Und während Sascha noch mit Klaus darüber debattiert, ob es tatsächlich möglich ist, sich in eine fast neunzigjährige Frau zu verlieben, plant das Schicksal auch schon, die Idylle zu stören. Denn plötzlich steht Saschas Exfreundin vor der Tür und bringt den funktionierenden Alltag mit Frau Ella durcheinander…

Florian Beckerhoff schreibt sehr humorvoll und mit dem richtigen Grad an Detailliertheit über das Thema Generationenkonflikt bzw. generationenübergreifende Freundschaft. Das alles wird auf leichte und doch tiefgründige Weise betrachtet und lädt den Leser auf amüsante Weise zum Nachdenken über das Zusammenleben von Jung und Alt ein.

5 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2009
Caravaggios Geheimnis
Röhrig, Tilman

Caravaggios Geheimnis


sehr gut

Das Leben des Caravaggio

Im Jahr 1969 wurde aus einer Kapelle in Palermo ein Gemälde gestohlen, welches bis heute nicht wieder aufgetaucht ist. Ob im Besitz der Mafia oder einer reichen Einzelperson, der Verbleib des Bildes ist unbekannt. Die Rede ist vom Gemälde „Nativita“ von Michelangelo Merisi da Caravaggio. Dieser Diebstahl ist der Auftakt zu Tilman Röhrigs Buch über das Leben des italienischen Malers.

Im Jahr 1571 geboren, wächst Michele, wie er nur genannt wird, wohlbehütet im Städtchen Caravaggio auf. Schon früh erkennt sein Großvater die Liebe des Jungen zur Malerei und schickt ihn in die Lehre bei einem Maler. Doch die Lehrjahre sind hart. Michele muss sich nicht nur gegen die Bedrängungen des älteren Gesellen des Malers wehren, sondern auch, nach Ende seiner Lehre, gegen den Spott anderer, die seinen Malstil für zu schlicht halten. Denn Michele malt revolutionär: statt den Hintergrund auszuschmücken, hält er ihn dunkel, statt antike Statuen verwendet er einfache Leute aus dem Volk, um die Heiligen in seinen Bildern darzustellen.

Trotz der Kritik lässt sich der junge Mann nicht unterkriegen. Überzeugt von seinem Talent, ist er fest entschlossen, einen reichen Gönner zu finden, der seine Karriere fördert. Und das gelingt ihm auch. Bald schon wird er mit Aufträgen überhäuft. Doch auch seine Neider bleiben nicht untätig. Man lässt ihn ausspionieren und mehrmals werden Anschläge auf seine Leben verübt, um ihn vom Malen abzuhalten. Als Michele bei solch einem Anschlag jemanden tötet, muss er aus Rom fliehen…

Röhrig zeichnet ein komplexes Charakterbild des Malers: einerseits verabscheut er Ungerechtigkeit und will unbedingt durch seine eigenen Anstrengungen berühmt werden, statt nur durch die Hilfe anderer. Andererseits ist er doch auch jähzornig, sehr selbstbezogen und leicht reizbar. Eine Mischung, die ihn mir nicht sonderlich sympathisch gemacht hat. Meine Sympathie gehört eindeutig seiner Jugendliebe Paola, die durch Micheles diverse Liebschaften tief verletzt wurde und doch nicht von ihm loskommt. Trotzdem hat mich das plötzlich endende Schicksal des Malers am Ende mitgenommen. Die Handlung endet abrupt und man erfährt leider nichts mehr vom Schicksal der anderen Charaktere.

Desweiteren versteht es Röhrig gut, die Schauplätze und Nebencharaktere durch klangvolle Beschreibungen zum Leben zu erwecken. Zeitweise haben mich die Beschreibungen der verkommenen Obrigkeit oder brutaler Szenen sogar schockiert, doch das zeigt nur, wie gut es Röhrig gelingt, das Bild der damaligen Gesellschaft zu vermitteln.

Mein Fazit: ein schöner historischer Roman aus dem Italien des 16. Jahrhunderts, über einen charaktervollen Maler, der sich gegen jede Widerstände durchsetzt, um Ruhm zu erlangen. Mir hat’s gefallen!

1 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2009
Die Lebküchnerin
Schrödter, Sybille

Die Lebküchnerin


sehr gut

Das Geheimnis der Benedicten-Lebkuchen

Kloster Engelthal im 14. Jahrhundert, in der Nähe von Nürnberg. Die zwölfjährige Benedicta wird nach dem Tod ihres Vaters von ihrer Stiefmutter ins Kloster gebracht, wo ihr Alltag von nun an darin besteht, zu beten und auf ein göttliches Wunder zu hoffen, welches das Kloster Engelthal wieder zu altem Ruhm bringen würde. Je älter Benedicta wird, desto mehr sehnt sie sich nach einem Leben außerhalb der Klostermauern. Nur ihrer Freundin Agnes, der Köchin, kann sie diese geheime Sehnsucht anvertrauen.

Ablenkung vom tristen Alltag erhofft sich Benedicta, als das Kloster den Auftrag erhält, für ein anderes Kloster Lebkuchen zu backen; hat sie doch schon einmal alle mit ihrem leckeren Rezept verzückt. Schon bald sind alle ganz begeistert von ihren Backkünsten. Doch als man ihr vorwirft, Unzucht mit dem Neffen der Priorin betrieben zu haben, muss sie mit ihm zusammen fliehen. Auf der Flucht, zusammen mit ihrer Freundin Agnes, verlieren sich die beiden jedoch aus den Augen. Benedicta bleibt keine andere Möglichkeit, als mit Agnes zu deren Verlobten Anselm, einem Bäcker, nach Nürnberg zu gehen. Selbstverständlich sind auch dort die „Benedicten-Lebkuchen“ bald in aller Munde…

Spätestens nach der Ankunft in Nürnberg wurde die Geschichte doch um einiges brutaler, als ich es von dem „süßen“ Thema erwartet habe. Frauen werden an allen Ecken sexuell angegangen, Intrigen werden gesponnen und Menschen ermordet. Das hat natürlich für Spannung gesorgt, weshalb sich das Buch sehr schnell lesen lässt.

Trotz der an sich guten Geschichte sind mir doch einige Kritikpunkte aufgefallen:

Die Charaktere waren mir teilweise einfach zu oberflächlich und simpel gehalten. Wirklich Tiefgang hatte keiner. So wurden hier einige Stereotype bedient: die böse Stiefmutter, die Benedicta nach dem Leben trachtet, um das Erbe ihres Vaters für sich zu haben oder auch das verschmähte Mädchen, das heimtückisch Giftanschläge auf Anselms Familie verübt. Etwas unglaubwürdig erschien mir auch die Liebesgeschichte zwischen Benedicta und dem Bruder des Fechtmeisters, Konstantin. Romantische Gefühle kamen bei mir während des Lesens nicht auf. Auch war mir die Geschichte am Ende zu schnell abgewickelt.

Alles an sich handelt es sich aber um einen unterhaltsamen, historischen Roman mit kleinen Schwächen, der sich zügig lesen lässt und Hunger auf Lebkuchen macht.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2009
Entlieben für Fortgeschrittene
Lubek, Conni

Entlieben für Fortgeschrittene


ausgezeichnet

"Traurige Geschichten traurig erzählen kann ja jeder."

Getreu diesem Motto schreibt Conni Lubek ihre Bücher. Über Lchen, auch Lpunkt, eine Enddreißigerin in der Werbebranche, und ihrem Stofftierfreund Curd Rock. Den hat sie von 119 geschenkt bekommen, dem Mann, der ihre Liebe nicht erwidert hat und vom dem sie sich in "Anleitung zum Entlieben" lossagen wollte. Die Geschichte endete mit dem Auftritt des Holländers Dick. Quasi ein Übergangsmann, findet Lchen.

In "Entlieben für Fortgeschrittene" scheint es diesmal doch aber recht einfach. Dick liebt Lchen, sie ihn aber eben nicht. Zu tief sitzt noch der Schmerz, den 119 ihr zugefügt hat. Daher bemüht sich Dick. Er überschüttet sie mit liebevoller Aufmerksamkeit, so lange, bis er tatsächlich ihr Herz erobert hat. Lchen plant bereits ihren Ausstieg aus der Werbebranche und ein gemütlichen Leben im kleinen holländischen Häuschen am Kanal, als Dick ihr ein Geständnis macht. Er ist verheiratet, das Häuschen gehört gar nicht ihm. Höm, wie Lchen es audrücken würde. Doch sie gibt nicht auf. Wenn die Liebe diesmal erwiedert wird, kann die Geschichte doch gar nicht so hoffnungslos sein, oder?

Aus scheinbar normalen Liebesgeschichten macht Conni Lubek mit ihrer Schreibweise etwas besonderes. Statt herzergreifend und rührselig schildert sie die Höhen und Tiefen von Lchens Beziehungen mit viel Humor. Jede Trennung, jeder Schmerz, jede Niederlage wird auf so schwungvolle, leichte, witzige Art beschrieben, dass man mit einem weinenden und einem lachenden Auge weiterblättert. Bei manchen mag dadurch der Eindruck entstehen, dies sei ein seichtes Buch; mich aber hat die Geschichte durch diesen Stil, etwas in Humor zu kleiden, und dahinter doch todunglücklich zu sein, wirklich mitgerissen und mich die Gefühle von Lchen hautnah miterleben lassen.

Und nicht zu vergessen: Curd Rock, ihr teewurstfarbener Begleiter durch alle Lebenslagen, der mit zahlreichen Fotos im Buch vertreten ist und der in Sachen Männer auch immer ein Wörtchen mitreden möchte. Schon etwas verrückt, wer da auf ein lebloses Stofftier hört, hm?

Mich haben Conni Lubeks Bücher auf jeden Fall süchtig gemacht und ich hoffe sehnlichst, dass die Geschichte von der etwas neurotisch wirkenden Lchen und Curd Rock noch nicht zuende ist.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2009
Ich bin kein Serienkiller / John Cleaver Bd.1
Wells, Dan

Ich bin kein Serienkiller / John Cleaver Bd.1


sehr gut

Der fünfzehnjährige John ist anders als seine Mitschüler. Auch anders als die meisten Erwachsenen. Denn John hält sich für einen potentiellen Serienmörder. Dank seiner Soziopathie ist er nicht in der Lage, eine engere Bindung zu anderen Menschen einzugehen, was besonders seiner Mutter zu schaffen macht. Denn welche Mutter freut sich schon darüber, wenn ihr Sohn sich statt für Mädchen und Sport für Serienmörder und grausame Todesfälle interessiert? Der gerne mit Feuer spielt und Tiere quält? Der mit Feuereifer dabei ist, wenn es daran geht, der Mutter bei der Konservierung von Leichen zu helfen? So versucht sie, ihren Sohn durch den Gang zum Therapeuten zu helfen. Und indem sie ihm den Zugang zur Leichenhalle verwehrt.

Dass John auch von sich aus versucht, seine "böse" Seite zu unterdrücken, ahnt sie dabei nicht. John hat sich klare Regeln aufgestellt: beschäftige dich nie zu lange mit einer Person, beobachte sie nicht. Wenn doch, ignoriere sie für mindestens eine Woche. Sei freundlich und verteile Komplimente, wenn du davon fantasierst, jemanden zu erstechen.

Doch dann geschehen unerklärliche Morde in der Stadt und seine Faszination von Mördern wird noch weiter angeheizt. Denn John glaubt, als Einziger in der Lage zu sein, diesen Mörder zur Strecke zu bringen. Schließlich denkt er doch auch wie ein Serienkiller. Doch als er den Mörder entlarvt, stellt ihn das vor eine schwere Entscheidung. Eine Entscheidung, von der er fürchtet, dass sie ihn letztendlich zu dem machen könnte, was er mit aller Macht versucht, nicht zu werden: ein Mörder.

Dan Wells schildert glaubhaft den Charakter eines Jungen, der einfach anders ist und sich verzweifelt bemüht, nicht als anders aufzufallen. Der lernen muss, dass nicht seine düsteren Gedanken, sondern seine Handlungen ausschlaggebend sind für das, was er ist. Wells schafft es im Verlauf der Geschichte sogar, mir den Mörder sympathisch zu machen. Als Fan von Stephen King war es dabei für mich überhaupt kein Problem, dass der anfängliche Thriller ziemlich bald übernatürliche Züge annahm; im Gegenteil, dieser Umstand macht das Buch zu etwas Besonderem.

Im nächsten Jahr erscheint die Fortsetzung und ich bin schon gespannt, ob John es dann weiterhin schafft, das "Monster" in sich unter Kontrolle zu halten.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2009
Toter Mann / Erik Winter Bd.9
Edwardson, Åke

Toter Mann / Erik Winter Bd.9


sehr gut

Und alles begann mit einem Mädchen...

Ein verlassenes Auto auf einer Brücke in Göteborg. Im Fahrersitz ein Einschussloch. Keine Leiche, kein Blut, keine Spuren. Der Fahrer des Autos wird schnell ermittelt. Das Auto sei ihm gestohlen worden. Szenenwechsel: Vor dem Haus seines Nachbarn werden Schüsse auf einen Schriftsteller abgegeben. War er das Ziel oder sein Nachbar? Kriminalkommissar Erik Winter lassen diese Geschehnisse keine Ruhe. Hängen die beiden Fälle miteinander zusammen? Nur langsam finden sich die einzelnen Teile des "Puzzles", wie Winter es bezeichnet, zusammen. Und alles scheint mit dem Buch des Schriftstellers zusammenzuhängen, an dem er gerade schreibt. Ein Buch über ein Mädchen, das vor vielen Jahren verschwand...

Bereits die ersten Seiten des Buches "Toter Mann" vermitteln eine triste, düstere Stimmung, die sich durch das ganze Buch zieht. Wobei man gar nicht so richtig festmachen kann, woran das liegt. Vielleicht am grauen Wetter, vielleicht an den unterschiedlichen Charakteren, die alle von etwas geplagt werden. Seien es grauenhafte Kopfschmerzen oder schwere Entscheidungen hinsichtlich der Beziehung zu ihrem Partner, oder auch Skrupel hinsichtlich eines Mordes.

Auch fällt der leise Ton der Erzählungen auf. Emotionen werden eher sachlich als rührselig geschildert und es gibt auch keine rasanten Actionszenen. Anfangs wollte daher bei mir nicht so recht Spannung aufkommen, aber je mehr sich die verworrenen einzelne Handlungsstränge zu einem Bild zusammenfügten, desto schneller flogen die Seiten an mir vorbei.

Ake Edwardson füttert den Leser gekonnt Stück für Stück mit Informationen über die Geschehnisse, bis man schließlich das Gesamtbild erkennt. Dabei fand ich seine Vorgehensweise, pro Kapitel immer nur kleine Episoden aus der Sicht unterschiedlicher Personen zu schildern, sehr passend, da so der Eindruck eines Puzzles entsteht, welches zu lösen ist. Nicht anders geht es Kommissar Winter, der ebenfalls immer nur Bröckchen von Informationen findet, die anfangs keinen Sinn ergeben.

Gefallen haben mir auch die komplexen Charaktere. Da ist der Dezernatsleiter Winter, der sich mit heftigen Migräneattacken quält und nicht allzu zimperlich bei seinen Ermittlungen vorgeht. Oder Inspektor Bergenhem, der seinen Job satt hat, bei dem doch immer nur die Bösen gewinnen, und den schwere Entscheidungen hinsichtlich seiner Familie plagen. Statt einer oberflächlichen schwarz-weiß-Einteilung der Personen schafft Edwardson tiefgründige, glaubhafte Charaktere.

Der Schluss war mir dann leider zu abrupt. Der Mörder ist tot und zack, ist die Geschichte aus. Ich hätte mir eine etwas detailliertere Aufklärung der Geschehnisse am Ende gewünscht, da ich das Gefühl hatte, doch ein paar Details nicht verstanden zu haben. Vielleicht klärt sich das aber beim zweiten Lesen auf.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.