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Benutzername: 
ikopiko
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Hesel

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Insgesamt 221 Bewertungen
Bewertung vom 29.12.2017
Der schönste Grund, Briefe zu schreiben
Doñate, Ángeles

Der schönste Grund, Briefe zu schreiben


sehr gut

Sara ist die Postbotin von Porvenir, einem kleinen Dorf in Spanien. Aus heiterem Himmel erhält sie die Nachricht, dass ihre Poststelle geschlossen und sie nach Madrid versetzt werden soll. Sara in einer Großstadt? Fern ihrer Heimat, ihrer Familie, ihrer Freunde? Undenkbar!

Saras Freundin Rosa hat die rettende Idee: Es müssen mehr Briefe geschrieben werden, damit Saras Job wieder zwingend gebraucht wird. Sie selbst macht den Anfang und schreibt an ihre frühere beste Freundin; nicht wissend, dass diese bereits verstorben ist. Aber ihr Brief wird von deren Enkelin gefunden, die nun ihrerseits einen Brief an eine andere Dorfbewohnerin schreibt. So geht es immer weiter, Sara hat viele anonyme Briefe auszutragen.

Jeder Briefadressat hat eine eigene Geschichte, die die Autorin uns erzählt. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und in Szene gesetzt. Durch ihre lebendige und authentische Art, gehen ihre Sorgen und Nöte nahe. Es fehlte jedoch an Spannung. Ich habe immer auf einen Höhepunkt gewartet, der ausblieb. Hierfür ziehe ich in der Bewertung einen Punkt ab.

Bewertung vom 07.12.2017
Das erste Opfer / Oxen Bd.1
Jensen, Jens Henrik

Das erste Opfer / Oxen Bd.1


gut

Niels Oxen war einst Elitesoldat. Er ist dadurch psychisch stark belastet und hat sich von allen Menschen zurückgezogen. Ganz allein mit seinem Hund Mr. White lebt er versteckt im Wald. Nachts streifen die beiden umher um Nahrung zu finden, notfalls zu jagen.

Bei einem Streifzug wird Oxen Zeuge eines Mordes. Er zieht sich sofort wieder zurück, wird aber doch als Hauptverdächtiger festgenommen. Auch wenn seine Unschuld festgestellt wird, lässt der dänische Geheimdienst ihn nicht aus den Händen. Oxen wird gezwungen, bei der Jagd auf den Mörder zu helfen.

Mir ist der Einstieg in diesen ersten Teil der Trilogie sehr schwer gefallen. Ich wusste nicht, ob es sich bei den aufgezählten Personen um eine handelt, oder doch um mehrere. Auch war mir nicht klar, warum es überhaupt geht. Dann noch Mord an Tieren … Ich war geneigt, das Buch ungelesen zur Seite zu legen. Aber dann wollte ich doch zumindest wissen, was der Hintergrund dieser Taten ist.

Erst recht spät hat es mich dann doch gepackt.

Jensen versteht es, Geschehnisse bildkräftig zu beschreiben, was mir bei einigen Situationen harten Tobak bot.

Bewertung vom 21.11.2017
Harte Tage, gute Jahre
Tramitz, Christiane

Harte Tage, gute Jahre


ausgezeichnet

Mare wächst mit Bruder und Schwester auf einem stattlichen Bauernhof auf. Auch wenn Großvater und Mutter mit strenger Hand regieren, haben sie eine schöne Kindheit. Mit Beginn des Erwachsenwerdens verliebt Mare sich in einen jungen Burschen aus dem Dorf. Er macht ihr Hoffnungen, um sie dann gemein zu enttäuschen. Auch auf ihr Leben auf dem Hof wirkt sich dieses Hintergehen aus, und Mare entschließt sich, in die Einsamkeit zu gehen. Sie wird die Sennerin vom Geigelstein.

Ganz allein lebt Mare dort oben mit den Tieren. Sie versorgt sich weitestgehend selbst, sieht oft tagelang nur die Arbeiter der Milchsammelstelle. Es ist ein körperlich hartes Leben, aber Mare genießt es, eins mit der Natur zu sein. Im Laufe der Jahre wandeln sich ihre Besucher. Im Krieg und in der Nachkriegszeit sind es Schmuggler und Wilderer, die fürs Überleben sorgen. Genauso oft kommen Aufseher, die sie suchen. Mit dem Wirtschaftswachstum sind es Touristen, die in Scharen in den Bergen einfallen. Sie bringen Mare Geld und Unterhaltung. Aber die Natur profitiert nicht davon.

Mit den Jahren lohnt sich die Bewirtschaftung der Alm nicht mehr. Die Tiere werden abgeholt, nur Mare bleibt. Nichts kann sie vom Geigelstein trennen, selbst als sie ihren Alltag nicht mehr alleine regeln kann. Auf dem Geigelstein will sie eines Tages sterben. Das Leben hat Mare hart mitgespielt. Ein junges Mädel entscheidet nicht so einfach, sich für immer von den Menschen zurückzuziehen.

Die Sennerin vom Geigelstein hat es tatsächlich gegeben. Christiane Tramitz hat versucht, ihr Leben aufzuschreiben. Das Leben einer einsamen Frau, die trotz harter Arbeit und vieler Entbehrungen zufrieden ist und ihr Leben so liebt, wie es ist.

Ein Buch, das mich über Zufriedenheit und Achtsamkeit hat nachdenken lassen.

Bewertung vom 17.11.2017
Grandhotel Angst
Garnier, Emma

Grandhotel Angst


sehr gut

Nell ist sehr abgelegen aufgewachsen. Durch die Hochzeit mit Oliver öffnet sich für sie das Tor zur Welt. Ihre Flitterwochen verbringen sie an der ligurischen Küste. Ende des 19. Jahrhunderts ist das schon eine Besonderheit. Sie logieren im exklusiven Hotel Angst. Für Nell scheint der Name des Hotels zuzutreffen.

Die schönen Eindrücke, die Nell inmitten der wundervollen Natur und dem Luxus des Hotels gewinnt, werden überschattet durch unheimliche Vorgänge. Ist die Legende über eine spukende Frau wirklich nur Werbeprogramm des Hotels? Oder bildet Nell sich die seltsamen Vorgänge nur ein? Nell weiß bald nicht mehr, was Realität und was Einbildung ist. Und wem kann sie noch trauen?

Die Protagonistin Nell ist ein unerfahrener Backfisch und in vielen Dingen naiv. Im Verlauf der Geschichte wird sie kritischer und selbständiger. Sie lernt, sich gegen ihren Mann Oliver, der ein ziemlicher Macho ist, zu behaupten.

„Grandhotel Angst“ von Emma Garnier ist ideal für die nun kommenden dunklen und kalten Monate. Es ist kein actiongeladener Thriller, sondern ein eher ruhiges Buch, das langsam Spannung aufbaut und zum Gruseln einlädt.

Der Roman hat mir ein paar angenehm gruselige Lesestunden bereitet.

Bewertung vom 19.10.2017
Das Café der guten Wünsche
Adams, Marie

Das Café der guten Wünsche


sehr gut

Julia, Laura und Bernadette betreiben ein kleines Café. Alles wird mit Liebe gemacht. Die Kuchen sind selbstgebacken, der Kaffee fair gehandelt. Die Gäste fühlen sich hier wohl, kommen gerne wieder. Dies liegt nicht nur an der guten Bewirtung. Denn was die Gäste nicht wissen, mit der Rechnung erhalten sie einen guten Wunsch für ihr weiteres Leben.

Als Bernadette der Freundinnen vorübergehend verlassen will, zieht Robert in ihre Wohnung ein. Robert ist das krasse Gegenteil. Während Julia und Laura sich nur gute Gedanken erlauben, damit schlechte nicht die Gelegenheit bekommen Wahrheit zu werden, ist Robert ein Zyniker, bei dem das Glas stets halb leer ist.

Nach und nach stellt sich aber heraus, dass diese Eigenschaften sich ganz gut ergänzen.

Der Roman „Das Café der guten Wünsche“ hat sich nur langsam in mein Herz gebohrt. Anfangs war es mir too much mit den ausschließlich positiven Gedanken, da auch meine Gläser eher halb leer, als halb voll sind. Aber als ich mich auf diese „Heile-Welt-Wünsche“ eingelassen habe, hat mir das Buch tatsächlich gute Laune bereitet. Vielleicht hat die Autorin diesen Wunsch an die Leser ins Buch gestrickt.

Bewertung vom 17.10.2017
Manchmal will man eben Meer
Girod, Sandra

Manchmal will man eben Meer


sehr gut

Yola ist eine berufstätige Mutter. Bei der Arbeit muss sie hundert Prozent abliefern um mithalten zu können. So ist sie gar nicht begeistert, als ihr zur Erholung ihres Kindes eine Mutter-Kind-Kur empfohlen wird. Aber da sie ihre Tochter über alles liebt, reisen die beiden in eine Klinik nach Cuxhaven.

Zunächst sieht Yola ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt: lauter unerzogene, nervende Kinder, überforderte Mütter, Nachtruhe ab 22 Uhr und langweilige Bastelnachmittage. Aber dann freundet sie sich mit einigen Müttern an und merkt, wie gut ihr die Kurmaßnahmen tun. Mitten im Meer verliebt sie sich dann auch noch und ist doch froh, die Reise angetreten zu haben.

Allein wegen des maritimen Covers habe ich Sandra Girods Roman „Manchmal will man eben Meer“ in die Hand nehmen müssen.

Die Autorin schreibt locker und witzig. Ich konnte mir direkt bildlich vorstellen, wie genervt Yola zwischen den auf- und durchgedrehten Kindern in der Empfangshalle steht. Manchmal war es mir aber auch zu gewollt witzig.

Die Story an sich ist einfach, aber nett. Gestresste Frau mit Kind fährt ungern in Kur, erkennt dass diese doch ganz gut ist und verliebt sich. Was mich beim Lesen aber durchaus störte, waren die sich wiederholenden „Ermahnungen“, auf sich selbst zu achten, sich selbst etwas Gutes zu tun. Es ist ja richtig, aber ein, zwei Hinweise hätten auch gereicht.

Bewertung vom 04.10.2017
Ein Tal in Licht und Schatten
Buchinger, Marie

Ein Tal in Licht und Schatten


ausgezeichnet

Am Rande der Dolomiten, in einem kleinen Bergdorf, lebt die österreichische Familie Kastlunger. Sie leben von der Landwirtschaft. Die fünf Kinder müssen mit anpacken, was für sie selbstverständlich ist. Die Familie zeichnet sich durch einen starken Zusammenhalt aus. Sie stehen füreinander ein, unterstützen sich gegenseitig und haben einen eher eintönigen, aber zufriedenstellenden Alltag.

Als die italienische Familie Costa den Nachbarhof übernimmt, kommt frischer Wind ins Dorf. Die Costas sind nicht alle freiwillig in diese Abgeschiedenheit gezogen. Um hier ihren Lebensunterhalt zu sichern, verzichten sie auf ihre Träume. So ist Sohn Vita nun Bauer, statt ein Ingenieurstudium zu absolvieren.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges ändert sich das Leben der beiden Familien grundlegend. Mehr oder weniger freiwillig ziehen die Männer an die Front. Die Hofarbeit bleibt komplett an den Frauen hängen. Und bald treffen die Mitteilungen über die ersten Gefallenen ein …

Marie Buchingers Roman „Ein Tal in Licht und Schatten“ hat mich sehr bewegt. In dem kleinen Bergdorf schien die Zeit angehalten zu sein. Familie, Kirche und Traditionen hatten einen hohen Stellenwert. Die Arbeit bestimmte das Leben. Trotzdem waren die Menschen zufrieden.

Der Erste Weltkrieg wirbelt aber auch hier alles durcheinander. Die zunächst euphorisch fürs Vaterland in den Krieg ziehen, kommen, wenn überhaupt, traumatisiert zurück.

Die Autorin hat diese Zeit zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts sehr anschaulich beschrieben: das karge Leben inmitten der wundervollen Natur, die Sicherheit, die eine intakte Familie bietet, aber auch, wie schnell sich das Blatt wenden kann.

Ich habe die beiden Familien sehr gerne durch diese Zeit begleitet.

Bewertung vom 25.09.2017
Der Galgenvogel / Tom Hawkins Bd.2
Hodgson, Antonia

Der Galgenvogel / Tom Hawkins Bd.2


sehr gut

Tom Hawkins befindet sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts als verurteilter Mörder auf dem Weg zum Galgen. Menschenmassen beschimpfen ihn, spucken ihn an, und trotzdem hofft er auf das Wunder der Begnadigung …. Diese düstere Szene, die in dem folgenden Roman erklärt wird, beschreibt der Prolog.

Tom Hawkins ist ein Charmeur, dem seine Glückspielerei und das Trinken über den Durst von seiner aufgeschlossenen Freundin immer wieder verziehen werden. Der Lebemann hat eine bewegte Vergangenheit und hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg, sodass er einigen Leuten ein Dorn im Auge ist und prompt in Schwierigkeiten gerät. Wird er nun tatsächlich unschuldig gehängt?

Antonia Hodgson hat mit „Der Galgenvogel“ bereits den zweiten Roman über den lebenslustigen Tom Hawkins geschrieben. Dies war mir nicht bekannt, wurde beim Lesen aber sehr schnell deutlich, und das Kennen des Inhalts wäre zum besseren Kennenlernen des Protagonisten sicher hilfreich gewesen.

Es werden einige brisante Themen der damaligen Zeit beschrieben, die wohl auch heute noch zu finden sind: Machtspiele in der Politik, Vergewaltigungen, Abhängigkeit vom Arbeitgeber … Das Leben des „Mittelstandes“ wird sehr bildhaft geschildert.

Spannend und äußerst verzwickt ist die Kriminalgeschichte. Tiefgründige Charaktere ließen mich mit ihnen mitfiebern und mitleiden.

Bewertung vom 12.09.2017
Das Haus der schönen Dinge
Rehn, Heidi

Das Haus der schönen Dinge


sehr gut

Die Familie Hirschvogel hat einen Palast für die gut betuchten Bürger Münchens geschaffen: ein großes, alle Konsumenten-Träume erfüllendes Kaufhaus. Mit viel Liebe wird dieses Kaufhaus von der Familie betrieben. Events, moderne Produkte, wie eine Radfahrhose für Frauen, und prachtvolle Dekorationen locken Käufer aller Gesellschaftsschichten in das Geschäft.

Die Hirschvogels sind angekommen in der Münchner Gesellschaft. Aber sie sind Juden und wir schreiben das Jahr 1897. Die politischen Veränderungen werden sich drastisch auf die Familie auswirken. Ein Stückweit zerbricht die Familie. Ehemals gute Freunde wenden sich ab.

Heidi Rehn hat um das Kaufhaus Hirschvogel eine über 600 Seiten umfassende Familiensaga geschrieben. Der Roman ist in vier Kapitel mit jeweils großen Zeitsprüngen eingeteilt. Hier muss man sich zu Anfang jedes Abschnitts etwas zurechtfinden, was jedoch recht schnell gelingt.

Der flüssige Schreibstil der Autorin half mir über einige Längen in der Geschichte hinweg. Wörter wie „Galanterieabteilung“ zergehen auf der Zunge und versetzen in eine Zeit zurück, in der es noch nicht alles im Überfluss gab und man sich für schöne Dinge mehr begeistern konnte.