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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Fannie
Wohnort: 
Oelsnitz/Erzgebirge

Bewertungen

Insgesamt 142 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2015
Elke
Duda, Christian

Elke


ausgezeichnet

Bittersüße Geschichte für Groß und Klein

Kasimir ist fünf Jahre alt und wohnt mit seinem Papa in Berlin. Weil er schließlich schon groß ist, darf er alleine in den Kindergarten gehen. Eines Morgens prallt er dabei mit einem Kuchenblech zusammen, hinter dem eine große, dicke Frau zum Vorschein kommt: Elke. Kasimir liebt Kuchen und Elke backt jeden Tag Russischen Zupfkuchen für das nahe gelegene Café – der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Der in Berlin lebende Autor Christian Duda und die Illustratorin Julia Friese haben bei “Elke – Ein schmales Buch über die Wirkung von Kuchen” nach einigen gemeinsam produzierten Bilderbüchern wieder gemeinsame Sache gemacht. Herausgekommen ist dabei ein einzigartiges Buch mit herzigen Illustrationen, das Kinder ab sechs Jahren ebenso begeistern wird wie erwachsene Leser.

Es ist eine Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft, die urplötzlich beginnt und die nicht nur das Leben von Kasimir und Elke ungemein bereichert. Christian Dudas Romanfiguren eint, dass sie allesamt kein perfektes Leben führen. Jeder wurschtelt sich so durch. Kasimir lebt allein mit seinem Papa, denn seine Mama ist gestorben. Elke hat an ihrer Einsamkeit und ihrem massiven Übergewicht zu knabbern. Cafébesitzer Uwe kämpft ums geschäftliche Überleben. Ganz normale Leute also, die sich ihren Alltagssorgen stellen müssen. Gerade wegen all ihrer kleinen und großen Baustellen sind Christian Dudas Figuren so authentisch. So liebevoll wie die Illustrationen von Julia Friese sind, die Kapitel für Kapitel einleiten, ist der Autor bei der Erschaffung seiner Charaktere vorgegangen. Jeder von ihnen ist ein absolut liebenswertes Unikat.

Christian Duda hält ein Vergrößerungsglas über den Alltag in der fiktiven Berliner Lubitschstraße, in der die Geschichte spielt und erzählt eindringlich, welche großartigen Veränderungen Kuchen und Freundschaft bewirken können. Ihm gelingt das Kunststück, auf nur 160 Seiten die verschiedensten Gefühle beim Leser auszulösen und ihn nachhaltig zu berühren. Gerade eben lacht man noch über die witzigen Dialoge zwischen Uwe und Kasimir, schon stimmen einen die folgenden Sätze nachdenklich oder machen sogar traurig. “Elke – Ein schmales Buch über die Wirkung von Kuchen” ist ein bittersüße Geschichte für Groß und Klein. Christian Duda hat ein besonderes Buch geschrieben, das ganz klar zu meinen Favoriten des Lesejahres 2015 zählt und dem ich von Herzen viele backende Leser wünsche. Denn Elkes sensationelles Zupfkuchenrezept darf am Schluss natürlich nicht fehlen.

Das Buch ist übrigens auch als Audiobook erschienen. Gelesen wird es von der Schauspielerin Nina Petri, die die Geschichte allerdings recht emotionslos vorträgt, weshalb ich in diesem Fall unbedingt zum Selberschmökern rate.

Bewertung vom 14.07.2015
Er hätte weiter gemordet
Puhlfürst, Claudia

Er hätte weiter gemordet


sehr gut

Fundierte Einblicke in die Rechtsmedizin

Berichte über authentische Kriminalfälle erfreuen sich einem großen Interesse. Der “Stern” hat mit “Crime” kürzlich sogar ein eigenes Magazin herausgegeben, das sich ausschließlich mit reellen Verbrechen befasst.

Die in Zwickau lebende Autorin Claudia Puhlfürst widmet sich in ihrem Sachbuch “Er hätte weiter gemordet”, erschienen am 1. März 2012 im Militzke Verlag, in acht Kapiteln ebenfalls echten Kriminalfällen, die zum Teil deutschlandweit für Entsetzen sorgten. Der Untertitel “Aufsehenerregende Fälle aus der Rechtsmedizin” ist Programm, denn die 1963 geborene Schriftstellerin beschränkt sich nicht darauf, die unfassbaren Taten einfach wiederzugeben. Ihr Hauptaugenmerk liegt ganz klar auf der rechtsmedizinischen Komponente dieser Verbrechen. Mit Prof. Dr. med. Klaus Püschel und Dr. med. Carsten Hädrich standen ihr dabei zwei erfahrene Rechtsmediziner zur Seite.

In ihrem 208-seitigen Buch gewährt die Autorin dem Leser eindrucksvolle Einblicke in eine Welt, die dem Normalbürger (Gott sei Dank?!) verschlossen bleibt und die sowohl im Fernsehen als auch in Kriminalromanen oft sehr einseitig dargestellt wird. Viele nehmen an, dass in der Gerichtsmedizin ausschließlich die Obduktion von Leichen erfolgt. Doch auch die Begutachtung von lebenden Gewaltopfern, die naturwissenschaftliche Forschung oder die Analyse von Blutspuren sind feste Bestandteile dieses Arbeitsgebietes. Ein Mordversuch an einer 18-jährigen Chemnitzerin, Skelettfunde aus dem Mittelalter oder der Fall des zu Tode gequälten Kleinkindes Kevin aus Bremen (Nichts für schwache Nerven!) belegen die Vielfältigkeit der Aufgaben der Rechtsmedizin. Man merkt, dass es Claudia Puhlfürst ein Bedürfnis ist, dem Leser diese enorme Bandbreite zu vermitteln.

Akribisch listet die Autorin in allen Fällen die gefundenen Verletzungen auf und führt aus, zu welchen teils hochinteressanten Schlussfolgerungen die Rechtsmediziner dadurch gelangen. Manchmal geht sie allerdings ein wenig zu sehr ins Detail.

In sachlichem Ton, dabei aber immer bestens verständlich, beschreibt Claudia Puhlfürst Taten, Täter, Opfer und natürlich die Arbeit der Gerichtsmedizin. Sperrige Fachbegriffe erklärt sie und lässt den Laien somit nicht im Dunkeln tappen.

Die Autorin scheut sich nicht, Missstände in der Rechtsmedizin anzusprechen – es geht beispielsweise um gekürzte Gelder, die dadurch bedingte Schließung von Instituten und die erschreckend hohe Zahl der nicht erkannten Tötungsdelikte.

Für “Er hätte weiter gemordet” hat die Verfasserin spürbar gründlich recherchiert. So zitiert sie etwa aus Anklageschriften, Gutachten und Studien.

Obwohl Claudia Puhlfürst mitunter ein wenig zu weit ausholt und sich hier und da so mancher Schreibfehler eingeschlichen hat, kann ich dieses Buch jedem, der sich für die Arbeit der Rechtsmedizin interessiert, nur ans Herz legen. Außerordentlich fundiert, gut verständlich und dazu noch unterhaltsam – diese gelungene Kombination findet man nicht bei jedem Sachbuch dieser Art.

Bewertung vom 02.07.2015
Tod im Kirnitzschtal
Lehmann, Thea

Tod im Kirnitzschtal


sehr gut

Ä Doder in dor Straßenbahn

Für Karl Kunath beginnt der Arbeitstag alles andere als gut: Der langgediente Straßenbahnfahrer entdeckt bei Schichtbeginn einen Toten in der Kirnitzschtalbahn. Die zuckelt normalerweise beschaulich durch die Sächsische Schweiz. Kurz darauf ist die Dresdner Mordkommission vor Ort. Der bayerische Kommissar Leo Reisinger hat sich erst kürzlich nach Elbflorenz versetzen lassen. Gemeinsam mit seinen Kollegen versucht er Licht ins Dunkel dieses mysteriösen Verbrechens zu bringen. Dass er bei den Ermittlungen höchstselbst auf den Felsformationen der Sächsischen Schweiz herumkraxeln muss, ahnt er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Den Krimi “Tod im Kirnitzschtal”, erschienen am 4. Mai 2015 in der edition Sächsische Zeitung, hat die aus Oberbayern stammende Schriftstellerin Thea Lehmann verfasst. Eine Bayerin als Autorin eines sächsischen Regionalkrimis? Das hat mich neugierig gemacht! Wie hat sie die sächsische Mentalität und vor allem den für Außenstehende teilweise absonderlich wirkenden Dialekt in Worte gefasst? Die Antwort: Hervorragend und absolut authentisch! Dabei dürfte Thea Lehmann vor allem ihr sächsischer Ehemann zu Gute gekommen sein. Und so sächseln die Protagonisten, was das Zeug hält – aber nicht übertrieben, sodass es für Leser außerhalb der sächsischen Landesgrenzen wirklich zu keinerlei Verständigungsschwierigkeiten kommt.

Die Brücke zu ihrer eigenen Biografie schlägt die Autorin durch den Einsatz der Hauptfigur Leo Reisinger, der, wie sie selbst, oberbayerische Wurzeln hat und so manches Mal über die (Ess-)Gewohnheiten der Sachsen staunt. Das Aufeinandertreffen der beiden Kulturen verleiht dem Buch das gewisse Etwas. Unter den Kollegen wird schon mal gegen den Leberkässemmel-Kommissar gestichelt, allerdings niemals bösartig.

Humor ist ein wichtiger Bestandteil von “Tod im Kirnitzschtal”: Ein Krimi mit Schmunzelgarantie, der ohne Albernheiten auskommt und Spannung bis zum Schluss bietet. Es darf fleißig gerätselt und gemutmaßt werden, wer den toten Fahrgast aus der Kirnitzschtalbahn auf dem Gewissen hat. Thea Lehmann lüftet das Geheimnis erst am Ende.

Ihre Liebe zur Sächsischen Schweiz merkt man der Autorin deutlich an. Manchmal meint sie es sogar ein wenig zu gut mit den detaillierten Beschreibungen der Örtlichkeiten. Das ist aber auch schon der einzige Kritikpunkt, denn ansonsten hat “Tod im Kirnitzschtal” alles, was man für vergnügliche Lesestunden braucht: Einen gut durchdachten Plot mit schlüssiger Auflösung, viel Atmosphäre, unterhaltsame Darsteller, eine lebhafte Sprache und allerhand Kurzweil.

Wer – wie ich – selbst schon keuchend den Lilienstein bestiegen hat, wird sich in der einzigartigen Landschaft der Sächsischen Schweiz in diesem Buch sofort wiederfinden. Leuten, die noch nicht da waren, macht Thea Lehmann mit ihrem Krimi-Debüt große Lust darauf.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.06.2015
Die Magie der kleinen Dinge Bd.1
Burton, Jessie

Die Magie der kleinen Dinge Bd.1


ausgezeichnet

Bezaubernd, fesselnd, geheimnisvoll

Amsterdam im Jahr 1686: Nella Brandt, geborene Oortman, ist ernüchtert. Obwohl frisch vermählt, bekommt sie ihren Ehemann Johannes nur selten zu Gesicht. Das Regiment in ihrem neuen Zuhause führt die gestrenge Schwägerin. Sogar die Dienstmagd macht keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber dem jungen Mädchen, das alles hinter sich ließ und im festen Glauben an ein begütertes Leben aus dem ländlichen Assendelft in die Handelsmetropole Amsterdam zog.

Erst das Hochzeitsgeschenk ihres Mannes erhellt Nellas trübe Tage: Ein Puppenhaus, mit Schildpattlack überzogen, das eine originalgetreue Miniaturausgabe des prächtigen Anwesens darstellt, in dem Nella lebt. Sie möchte das Haus einrichten und wendet sich an einen Miniaturisten – nicht ahnend, welchen Stein sie damit ins Rollen bringt…

Mit ihrem Debüt-Roman “Die Magie der kleinen Dinge” hat die 1982 geborene Engländerin Jessie Burton einen echten Volltreffer gelandet: In ihrer Heimat wurde das Buch mit dem Originaltitel “The Miniaturist” ein Bestseller. Verlage in 32 Ländern sicherten sich die Rechte daran. Ein verdienter Hype? Absolut! Die Autorin erzählt eine großartige Geschichte, in der sie mühelos Brücken zwischen den verschiedensten Genres schlägt. Jessie Burton verbindet den historischen Roman mit einer kitschfreien Liebesgeschichte und gibt eine gute Prise Magie dazu.

Es ist eines dieser Bücher, bei denen man gegen Ende immer langsamer liest, in dem Wunsch, die Geschichte möge nicht enden. Von Beginn an nimmt dieser Roman den Leser gefangen und fesselt ihn bis zum Schluss, der leider doch irgendwann unvermeidlich ist. Dabei darf Jessie Burton getrost als Meisterin der unvorhersehbaren Wendungen bezeichnet werden, denn mit diesen wartet sie ebenso reichlich wie überzeugend auf. Mir blieb beim Lesen angesichts des überraschenden Fortgangs der Dinge sowie der Entdeckung vermeintlich gut gehüteter Geheimnisse des Öfteren der Mund offen stehen.

Kapitel für Kapitel verfolgt man die erstaunliche Entwicklung der Hauptfigur Nella vom jungen naiven Mädchen zu einer mutigen Frau. Die Tatsache, dass Petronella Oortman wirklich existierte und ein Schrankpuppenhaus besaß, das heute im Amsterdamer Rijksmuseum steht, macht die Geschichte noch greifbarer. Nun ist “Die Magie der kleinen Dinge” keine Biografie über die Niederländerin, die von 1656 bis 1716 lebte, aber sie orientiert sich in vielerlei Hinsicht an der “echten” Nella. Überhaupt wirken ausnahmslos alle Charaktere geradezu reell.

“Die Magie der kleinen Dinge” wird im Präsens erzählt – eher untypisch, insbesondere für einen Roman, der in einer Zeit spielt, die schon mehrere Jahrhunderte zurückliegt. Dadurch fühlt man sich als Leser aber noch mehr “mittendrin” in der Geschichte.

Jessie Burton bedient sich einer üppigen, wunderbaren Sprache. Hin und wieder haben einzelne Sätze eine gewisse Doppelbödigkeit. Die Übersetzerin Karin Dufner hat hier ganze Arbeit geleistet.

Auch wenn ich der Meinung bin, dass ein Leser-Leben zu kurz dafür ist, um ein Buch mehrmals zu lesen – “Die Magie der kleinen Dinge” gehört zu der Handvoll Bücher, bei denen ich eine Ausnahme machen würde.

Bewertung vom 15.06.2015
Bloody Rosemary / Heidi Green und Frederick Collins Bd.2
Mylius, Katharina M.

Bloody Rosemary / Heidi Green und Frederick Collins Bd.2


gut

Halb Krimi, halb Reiseführer

“The Oxbury” ist ein Edel-Restaurant in der britischen Universitätsstadt Oxford und zugleich Schauplatz eines Mordes: Die gemeinhin wenig beliebte Inhaberin Rosemary Hogan liegt erstochen in der Küche ihres Lokals. In der Hand hält die Tote einen Rosmarinzweig. Heidi Green und Frederick Collins von der Thames Valley Police begeben sich auf Täter-Suche. Gleich mehrere Verdächtige rücken ins Visier der Ermittler – angefangen bei der Familie des Opfers über die Angestellten des “Oxbury” bis hin zur Konkurrenz auf kulinarischem Terrain.

“Bloody Rosemary” ist ein Paradebeispiel des “Who done it”-Krimis. Leser, die gerne rätseln wer der Mörder ist, können ihrer Passion bis zum Ende des Buches ausgiebig fröhnen. Verdächtig ist nämlich nahezu jeder, der mit der streitlustigen Wirtin zu tun hatte.

“Die Toten vom Magdalen College” lautet der Titel des ersten Falls für die beiden Inspectors Green und Collins. Da es sich aber jeweils um abgeschlossene Fälle handelt, muss man den Erstling nicht gelesen haben, bevor man sich “Bloody Rosemary” widmet.

Die 1981 geborene Autorin Katharina M. Mylius hat selbst einige Zeit in Oxford gelebt – ein Fakt, den man der Geschichte sofort anmerkt, manchmal nur leider allzu deutlich. Denn die ausführlichen Beschreibungen der altehrwürdigen Gebäude und zur Stadthistorie lassen die eigentliche Story teilweise in den Hintergrund treten. Dadurch ist “Bloody Rosemary” halb Krimi, halb Reiseführer.

Die Darsteller bleiben allesamt ziemlich blass und konturlos. Weder Frederick Collins noch seine Kollegin Heidi Green sind richtige “Typen”. Geradezu nervig ist aber der bemühte Slang der “The Oxbury”-Angestellten Samuel Fisher und Vanessa Holloway, bei dem ständig Buchstaben und Endungen verschluckt werden. Außerdem nimmt das Privatleben der Hauptfiguren mehr Raum ein als nötig.

Ich musste jedenfalls feststellen: 254 Seiten können sehr lang sein. 229 Seiten davon umfasst der Kriminalroman. Die restlichen Seiten sind mit einem thematisch passenden Anhang versehen: Dort stellt Katharina M. Mylius ausgewählte Rezepte aus der Region Oxfordshire vor. Obwohl die britische Küche im Allgemeinen auf der lukullischen Beliebtheitsskala generell kaum die volle Punktzahl erreichen dürfte, hören sich die meisten Gerichte richtig lecker an. Das “Oxford Beef Stew” und der “Oxfordshire Bacon Rolypoly Pudding” stehen schon auf dem Menüplan für die kommenden Wochen.

Krimis lesen und Kochen sind zwei meiner großen Leidenschaften, die das Buch “Bloody Rosemary” für mich im Vorfeld so interessant gemacht haben. Ganz erfüllen konnten sich meine Erwartungen leider nicht. Die bis zum Ende durchgehend überzeugende Krimihandlung wurde durch die langwierigen Schilderungen über Oxford und das Privatleben der Ermittler leider beeinträchtigt. Schade, da wäre mehr drin gewesen!

Bewertung vom 02.06.2015
Zum wilden Eck
Sommer, Fritzi

Zum wilden Eck


sehr gut

Mopsmäßig unterhaltsam!

"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Der Mops ist gerade schwer in Mode. Somit war es nur eine Frage der Zeit, bis die kleinen, kompakten Hunde Eingang als Ermittler in die Krimilandschaft finden. In Fritzi Sommers Kriminalroman "Zum wilden Eck" bemüht sich ein Mops-Trio um die Aufklärung zweier mysteriöser Todesfälle. Die wiederum sind auf dem in Prerow gelegenen Campingplatz "Zum wilden Eck" geschehen, den Josi, das Frauchen der Möpse, jüngst geerbt hat. Als glühende "Tatort"-Fans verfügen die Vierbeiner Henri, Victor und Wilma selbstverständlich über genügend kriminalistischen Sachverstand und halten ihre Spürnasen aufmerksam in den Ostsee-Wind.

Die Autorin Tina Wolf hat mich schon mit ihren beiden Romanen "Kein Kind ist auch (k)eine Lösung" und "Mit zwei Pampelmusen auf den Himalaya" begeistern können. Unter dem Pseudonym Fritzi Sommer begibt sich die Schriftstellerin aus Hamburg mit "Zum wilden Eck" auf neues Terrain und erfindet auch gleich ein neues Sub-Genre: Den Mops-Krimi.

Treu geblieben ist sie dabei dem Humor, der auch in ihren beiden bereits erwähnten Romanen nicht zu kurz kommt. Mit Leit-Mops Henri, dem klugen Senior Victor und der leicht adipösen Wilma, die nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte, dafür aber umso liebenswerter ist, toben drei echte Charakterköpfe durch die turbulente Geschichte. Die Gespräche der vierbeinigen Schnüffler untereinander bieten immer wieder Anlass zum Schmunzeln. Einfach köstlich, diese Mops-Dialoge! Weniger sympathisch wirkt hingegen Frauchen Josi, die für mich zu unterkühlt daherkommt. Dafür sind die Nebenfiguren fast so stark wie die tierischen Protagonisten: Mit einem Augenzwinkern nimmt Fritzi Sommer die Campingplatz-Klientel auf die Schippe - sehr zum Vergnügen des Lesers.

Die Krimi-Handlung bringt den Leser zwar nicht um den Schlaf, ist aber gut durchdacht, wenn auch teilweise ein wenig vorhersehbar. Für Leser, die es unblutig mögen, jedoch auf ein gewisses Quantum Spannung trotzdem nicht verzichten möchten, ist diese Lektüre perfekt.

Sonnentage, Ostseestrand und Kiefernwälder beschreibt die Autorin so anschaulich, dass im Nu pures Ferienfeeling und die Sehnsucht nach Sand und Wellen aufkommt.

"Zum wilden Eck" ist ein humorvolles Buch, dem auf jeden Fall ein fester Platz im Urlaubsgepäck gebührt!

Bewertung vom 20.04.2015
Der Tote am Kirchturm
Bálly, Alexander

Der Tote am Kirchturm


sehr gut

“Ja verreck! A echte Leich’!”

Dieser prägnante Ausspruch entfleucht dem 16-jährigen Robert Messerer, der in Wolnzach eben das findet – a echte Leich’. Und zwar die von Benedikt Singer, einem vermögenden Künstler aus der Holledau, der neben seiner Freundin auch seine Gattin hinterlässt. Als zweifelsfrei feststeht, dass das Opfer mit Gift getötet wurde, fällt der Verdacht auf die Noch-Ehefrau – sind Giftmorde doch erfahrungsgemäß Frauensache. Doch ob das Ermittlerteam um Karl Konrad damit richtig liegt? Der ehemalige Metzgermeister Ludwig Wimmer und seine 13-jährige Enkelin Anna glauben nicht daran und agieren undercover…

“Der Tote am Kirchturm” ist Fall Nummer zwei für Ludwig Wimmer und Anna. Schon im Vorgänger “Der Tote am Maibaum” haben die beiden leidenschaftlichen Freizeit-Detektive erfolgreich die offiziellen Ermittlungen unterstützt – doch besonders erbaut war die Gendarmerie darüber nicht. Autor Alexander Bálly lässt die Hobby-Polizisten nun wieder von der Leine. Das tut er, wie schon im Vorgänger, mit jeder Menge Humor und Mundart. Die verbreitet eine gewisse Heimeligkeit und ist auch für Leser, die nicht in der Hallertau leben, verständlich, vergleichsweise aber anspruchsvoller als im ersten Band.

Der Wortschatz des Autors scheint unerschöpflich zu sein. Für seine kreativen Ausdrücke kann man ihn nur bewundern. Stumpfe Wortwiederholungen und einfallslose Sätze? Nicht mit Alexander Bálly! Ebenso vielfältig sind die Themen, die dem Leser im Buch begegnen: Ob irische Rindviecher, apothekeneigene Giftbücher, freiverkäufliche Überwachungstechnik oder Brauchtumspflege – man kann beim Schmökern dieses heiteren Kriminalromans nur dazulernen!

“Der Tote am Kirchturm” zeichnet sich durch eine solide Krimihandlung aus. Der Leser tappt dabei genauso lange im Dunkeln wie die Polizei und die Hobby-Detektei. Die Aufklärung des Falles zieht sich zwischendurch ein wenig hin, aber diese kleine Durststrecke übersteht der Leser durch die witzigen Geschehnisse und Dialoge unbeschadet.

Wer meint, 248 Seiten böten zu wenig Lesevergnügen, kann versichert sein, dass bedingt durch die kleine Schrift für abendfüllende Lektüre gesorgt ist. 248 Seiten sind eben nicht gleich 248 Seiten.

Mir hat das Wiedersehen mit Ludwig Wimmer und Anna jedenfalls richtig viel Spaß gemacht.

Bewertung vom 14.04.2015
Alleine war gestern
Meier, Beatrice

Alleine war gestern


ausgezeichnet

304-seitiges Lesevergnügen voller tragikomischer Momente

WGs sind nur was für Studenten und junges Gemüse? Weit gefehlt! Ricarda, Philip, Harry, Eckart und Uschi – alle 60 plus – treten den Gegenbeweis an. Die fünf Senioren und der dicke Dackel Ralf ziehen gemeinsam in eine große Wohnung in Köln ein. Anfangs ist alles ein großer Spaß, obwohl Eckart für Erstaunen sorgt, als er mit dem Grabstein seiner vor Jahren verstorbenen Frau sein Zimmer möbliert. Doch dann erleidet Uschi einen Schlaganfall. Für Ricarda steht unverrückbar fest: Die Freunde werden Uschi nach dem Klinikaufenthalt und der anschließenden Reha pflegen. Doch dieses edle Vorhaben erweist sich in der Realität alles andere als einfach und sorgt für reichlich Zündstoff.

Schon das fröhlich-bunte Cover von Beatrice Meiers erstem Roman “Alleine war gestern” lässt erahnen, dass zwischen den Buchdeckeln eine Menge Humor lauert. Und so ist es in der Tat: Die Autorin lässt ihre fünf unverwechselbaren und liebevoll geformten Charaktere allerhand skurrile und lustige Situationen durchleben. Ich habe beim Lesen oft laut lachen müssen. Doch ebenso mühelos wie gekonnt legt Beatrice Meier den Schalter um und schlägt auch ernste Töne an: Bei Uschis Schlaganfall, der allgegenwärtigen Trauer von Eckart um seine Frau, der aufreibenden Pflege von Uschi. Dennoch versinkt die Geschichte niemals in Schwermut und bleibt durch und durch ein Unterhaltungsroman mit wunderbaren Darstellern und frechen Dialogen. Die Geschichte ist genauso lebendig wie Harry, Ricarda und Co.: Alles ist ständig in Bewegung, nie wird es langweilig. Auch die Nebendarsteller, allen voran Harrys Särge malender Enkel Timmi, sind einzigartig.

Die Verfilmung des Buches, die am 20. März 2015 ihre TV-Premiere im Ersten feierte, kam trotz guter Schauspieler meiner Meinung nach nicht an die literarische Vorlage heran. Mein Rat lautet deshalb: Lieber zum Buch greifen! Denn “Alleine war gestern” ist ein 304-seitiges Lesevergnügen voller tragikomischer Momente.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.04.2015
Was dein Tier dir sagen will
Horsley, Pea

Was dein Tier dir sagen will


gut

Leider anders als erwartet

“Was dein Tier dir sagen will – Wahre Geschichten von Liebe, Trost und Treue”: Als ich den Titel dieses Buches las, stand für mich – stolze Besitzerin einer einjährigen Beagle-Dame – fest, dass ich es unbedingt lesen will. Angetan war ich auch von dem auf dem Cover abgebildeten Beagle-Mischling namens Morgan, dem im Buch eine große Rolle zukommt.

Von der britischen Autorin und Tierkommunikatorin Pea Horsley hatte ich bis dato noch nichts gehört, doch in Großbritannien ist sie mit ihrer Agentur “Animal Thoughts” und ihrem ersten Sachbuch “Heart To Heart” sehr erfolgreich. “Animal Communicator’s Guide” lautet der Originaltitel ihres zweiten Buches, dessen deutsche Ausgabe “Was dein Tier dir sagen will” am 16. März 2015 veröffentlicht wurde.

Ich hatte erwartet, dass das Buch eine Art Übersetzungshilfe zur (Körper-)Sprache unserer tierischen Freunde anhand einzelner Episoden ist, musste dann allerdings feststellen, dass es bei der Tierkommunikation um den Austausch energetischer Botschaften über die Sinnesorgane geht. Schließlich ließ ich mich so vorurteilsfrei wie möglich auf das 384-seitige Abenteuer ein. Ich erfuhr, dass Pea Horsley mit Hilfe von Fotos mit lebenden und verstorbenen Tieren aller Art kommuniziert. Die Besitzer können Fragen an ihre tierischen Gefährten richten. Deren Antworten gibt die Spezialistin nach erfolgter Kontaktaufnahme an ihre Klienten weiter. Im Verlauf des Buches begegnen dem Leser Heilsteine, Schamanen, ein Gespräch mit einem Baum und das Kaffeesatzlesen. Spätestens bei Letzterem war die Grenze meines spirituellen Horizonts erreicht und ich musste einsehen, dass ich zu Dingen dieser Art in einer solchen Dimension einfach keinen Zugang habe.

Die Geschichten, die Pea Horsley erzählt, sind durchweg berührend, geht es doch in jeder um den Verlust eines Tieres. Im vergangenen Jahr habe ich selbst diese schmerzliche Erfahrung machen müssen, als unsere erste Beagle-Hündin nach elfeinhalb gemeinsamen Jahren starb, und konnte mich deshalb in den tieftraurigen Tierbesitzern nur zu gut wiederfinden. Bemerkenswert finde ich die Wertschätzung der Autorin, die sie den Tieren entgegenbringt – eine Einstellung, die leider viel zu selten anzutreffen ist.

Ob man an Pea Horsleys Arbeit glaubt, möge jeder Leser für sich entscheiden. Tierfreunde mit einem Faible für das Spirituelle werden von diesem Buch begeistert sein. Mich konnte “Was dein Tier dir sagen will” leider nicht wirklich erreichen.

Bewertung vom 07.04.2015
Blutiger Winter / Inspektor Akyl Borubaev Bd.1
Callaghan, Tom

Blutiger Winter / Inspektor Akyl Borubaev Bd.1


gut

"Blutiger Winter" lässt mich gespalten zurück

Tiefster Winter in Kirgisistan: Inspektor Borubaew wird zu einem abgelegenen Waldstück gerufen, in dem die Leiche einer jungen Frau liegt. Er erstarrt, als er näher hinschaut, denn der hartgesottene Ermittler hat das, was sich hier ereignet hat, noch nicht gesehen. Der Fall bekommt eine ganz besondere Brisanz, als später die Identität der Toten festgestellt wird…

Mit den ersten drei Sätzen hatte mich Autor Tom Callaghan schon am Haken. Sie sind von einer morbiden Schönheit und zergehen dem Leser genussvoll auf der Zunge. Etwa bis zur Hälfte des Buches war ich gefesselt von der Geschichte, von den Einblicken in ein Land, das hierzulande selten bis gar nicht eine Rolle in der Spannungsliteratur spielt.

Die Sprache ist rau, oftmals obszön und passt zu den Bildern, die Tom Callaghan von Kirgisistan malt. Dort sitzen die Waffen locker, es wird nicht lange gefackelt und stets begleitet eine unsichtbare Gefahr die Protagonisten – so, als würde bereits an der nächsten Ecke jemand lauern, der Borubaew und Co. ans Leben will. Kein Wunder in den Kreisen, in denen der Inspektor ermittelt: Alles dreht sich hauptsächlich um Prostitution, Gewalt und Drogen.

Fast schon gleichgültig lässt der Autor seine Hauptfigur von den Zuständen in Kirgisistans Hauptstadt Bischkek berichten: Das ärmlich ausgestattete Leichenschauhaus ist in keinster Weise mit den Standards der modernen Rechtsmedizin vergleichbar, die Krankenwagen sind ramponiert, Korruption ist an der Tagesordnung. Alles erscheint kaputt – auch Ermittler Borubaew, der seine geliebte Frau kürzlich verloren hat.

Dieser gewaltige Bildersturm lässt den Leser fast vergessen, dass die Ermittlungen im Mordfall nicht recht vorankommen.

Und dann beginnt die andere Hälfte des Buches. Zu viele politische Verstrickungen und ein für mich enttäuschendes Ende führen dazu, dass mich dieses Buch gespalten zurücklässt.

“Blutiger Winter” ist der Auftakt einer Thriller-Reihe um Inspektor Borubaew. Doch ehrlich gesagt bin ich mir noch nicht sicher, ob ich dem zweiten Fall für den kirgisischen Ermittler mit dem Originaltitel “A Spring Betrayal” eine Chance gebe.