Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Zabou1964
Wohnort: 
Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 188 Bewertungen
Bewertung vom 13.09.2017
Grandhotel Angst
Garnier, Emma

Grandhotel Angst


ausgezeichnet

Die Autorin Emma Garnier ist mir bereits unter einem anderen Namen und ihrem realen Namen bekannt. Ich mag ihre Bücher sehr, was nahelegte, dass ich auch diesen Roman, den sie unter ihrem neuen Pseudonym geschrieben hat, lesen wollte. Das Grandhotel Angst gibt es tatsächlich. Auf einer Reise hat sie das verfallene Gebäude entdeckt und war sofort entschlossen, einen Roman zu schreiben, der die ehemalige Pracht dieses Hauses beschreibt. Und das ist ihr auf ganz wunderbare Weise gelungen; sie hat dem verfallenen Bau neues Leben eingehaucht.

Die Geschichte spielt im Jahr 1899 an der ligurischen Küste. Die beiden Engländer Nell und Oliver sind frisch verheiratet und befinden sich in den Flitterwochen. Der vermögende Oliver möchte seiner jungen Frau Italien und das luxuriöse Grandhotel Angst zeigen. Zunächst ist Nell fasziniert: von der Schönheit der Landschaft, der Pracht des Hotels und ihrem charmanten und weltgewandten Mann. Aber schon bald muss sie erkennen, dass nicht alles so ist, wie es erscheint. Im Hotel scheint es zu spuken, eine Angestellte erkennt in ihr eine Ähnlichkeit mit einer Verstorbenen und ihr Oliver ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Oder bildet sich Nell alles nur ein? Ist sie vielleicht selbst eine Mörderin?

Der Charakter Nell, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird, hat mich zunächst ziemlich verwirrt. Sie wirkt so unschuldig und naiv. Erst nach und nach erfährt der Leser, wie sie so geworden ist, und warum sie den Charmeur Oliver geheiratet hat. Der stellt sich im Laufe der Handlung allerdings als weniger charmant heraus. Seine Vorgeschichte scheint eher dubios zu sein. Er ist Witwer und böse Zungen behaupten, dass er am Tod seiner Frau nicht unschuldig war. Als auch im Hotel ein Mord geschieht, zählt Nell gar zu den Verdächtigen.

Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Im ersten berichtet Nell von ihrem Schicksal nach einem bestimmten Ereignis, von dem der Leser erst nach und nach erfährt, was es ist. Der zweite Strang beschreibt die jüngste Vergangenheit. In Rückblenden wird auch die frühe Vergangenheit von Nell erzählt.

Emma Garnier versteht es vorzüglich, den Glanz des Grandhotels wieder aufleben zu lassen. Ihre Beschreibungen haben sofort ein Bild vor meinem inneren Auge entstehen lassen. Sehr schön finde ich, dass im Klappumschlag des Buches sowohl ein altes Bild des Hotels als auch eines des Hauses im heutigen Zustand zu finden sind. Die Schönheit der italienischen Landschaften wird ebenso gut beschrieben.

Besonders begeistert hat mich, dass ich nie wusste, ob Nell sich alles nur einbildet oder es im Hotel wirklich spukt. Durch die Ich-Form konnte ich mich hervorragend in die Protagonistin hineinfühlen. Ich war unsicher wie sie, habe dieselben Ängste ausgestanden. Das hat das Buch so spannend gemacht, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte.

Fazit:
Ein Roman, der mystisch und geheimnisvoll die Vergangenheit eines großen Hauses und das Schicksal einer jungen Frau beschreibt. Von mir gibt es fünf von fünf Sternen.

Bewertung vom 03.09.2017
Das Haus der schönen Dinge
Rehn, Heidi

Das Haus der schönen Dinge


ausgezeichnet

Heidi Rehn gehört zu meinen Lieblingsautorinnen. Ich habe zwar nicht alle, aber doch die meisten ihrer Bücher gelesen. Und so habe ich auch das neuste Werk aus ihrer Feder, in dem es um eine jüdische Kaufhausdynastie geht, begeistert verschlungen.

Jacob und Thea Hirschvogl eröffnen 1897 in München am Rindermarkt ein Kaufhaus. Damit erfüllen sich die beiden einen langgehegten Traum. Besonders Thea hat ein Händchen dafür, mit ihrer gestalterischen Art und ihren kulturellen Vorlieben aus dem Kaufhaus etwas ganz Besonderes zu machen. Ihre Tochter Lily interessiert sich schon als junges Mädchen für alles, was mit dem Kaufhaus zu tun hat. Sie übernimmt in den 20er-Jahren die Leitung. Doch die Zeiten werden schlechter und die Schuld wird, wie so oft in der Geschichte, den Juden in die Schuhe geschoben. Als Hitler 1933 an die Macht kommt, ist nicht nur das Kaufhaus in Gefahr. Die Familie Hirschvogl muss um ihr Leben bangen.

Ich mag historische Romane sehr gerne, besonders solche, in den Geschichten über mehrere Generationen erzählt werden. Heidi Rehn hat es geschafft, dass ich mit der Familie Hirschvogl gefühlt habe. Die einzelnen Mitglieder der Familie und deren Freunde sind mir immer mehr ans Herz gewachsen, sodass ich am Ende traurig war, von ihnen Abschied nehmen zu müssen. Die Geschehnisse rund um die Judenverfolgung und das Aufkommen des Nationalsozialismus hat die Autorin zum Glück nicht zu detailliert geschildert. Hier hat sie das Augenmerk mehr auf die zwischenmenschlichen Belange gelegt, was für einige Überraschungen und Enttäuschungen gesorgt hat. Denn so mancher „Freund“ hat sich sehr schnell als falsch herausgestellt.

Die wunderbar bildhaften Beschreibungen des Kaufhauses und seiner Kunden haben mich sehr begeistert. Ich mag diese alten Tempel des Kommerzes sehr. Wenn ich in einer fremden Stadt bin, schaue ich mir immer solche Gebäude an. Das Hirschvogl, das im Übrigen ein fiktives Kaufhaus ist, ist sofort vor meinem inneren Auge entstanden. Die Familie Hirschvogl steht exemplarisch für viele jüdische Kaufleute, denen es damals ähnlich gegangen ist.

Fazit:
Heidi Rehn ist eine anschauliche Reise in die deutsche Vergangenheit gelungen, die mich sehr bewegt hat.

Bewertung vom 03.09.2017
Opferstock
Kruse, Margit

Opferstock


ausgezeichnet

Ich begleite die Hobbyermittlerin Margareta Sommerfeld seit ihrem ersten Fall „Eisaugen“. Das vorliegende Buch „Opferstock“ ist bereits ihr fünfter Fall. Unerschrocken und vorlaut wie eh und je begibt sich die Miss Marple aus Gelsenkirchen, die eigentlich Verkäuferin in einem Kaufhaus für Damenoberbekleidung ist, wieder auf Spurensuche.

Diesmal geht es um einen erschlagenen Pfarrer, der in einer Kirche gefunden wird. Schon bald wird klar, dass er eine Menge Dreck am Stecken und einige Feinde hatte. In den 80er-Jahren hat er auf einer Jugendfreizeit einen seiner Schützlinge missbraucht. Er hat sich mit einigen Mitgliedern der Gemeinde angelegt, seine Angestellten schlecht behandelt. Eigentlich hat fast jeder ein Motiv. Margareta bekommt Unterstützung vom engelsgleichen Lehrer Jens, in den sie sich prompt verliebt. Auch er war damals bei der Jugendfreizeit im Bergischen Land dabei und sucht nach Spuren zum Mord.

Margit Kruse ist es wieder hervorragend gelungen, die Menschen im Ruhrgebiet zu beschreiben. Sie ist eben selbst eine echte Ruhrpottpflanze und weiß, worüber sie schreibt. Unnachahmlich schaut sie den Menschen aufs Maul und würzt ihre spannenden Krimis mit Lokalkolorit. Ich habe sehr oft schmunzeln müssen.

Bis zum Schluss hatte ich keinen blassen Schimmer, wer den Pfarrer auf dem Gewissen hatte. Immer wenn ich dachte, den Mörder entlarvt zu haben, kam wieder eine neue Fährte. Auch die Liebesgeschichte mit Jens bleibt spannend. Margareta, die sonst fast jeden Mann haben kann, stößt im Fall von Jens an ihre Grenzen. Ob es ihr gelingt, den frommen Lehrer zu verführen, und wie sie den Mörder überführt, sollte aber jeder selbst lesen. Es lohnt sich auf jeden Fall wieder.

Fazit:
Spannender Krimi mit einer sympathischen Ermittlerin und jeder Menge Lokalkolorit.

Bewertung vom 04.08.2017
Mirabellensommer
Matisek, Marie

Mirabellensommer


sehr gut

Ich mag Bücher, die im Sommer in typischen Urlaubsregionen spielen und dabei nicht zu seichte Unterhaltung sind. Man kann sich so herrlich wegträumen, muss sein Gehirn aber nicht komplett ausschalten. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als der Verlag Droemer Knaur mir den Roman zum Rezensieren anbot. Die Autorin war mir bisher völlig unbekannt. Ich werde aber in jedem Fall weitere Bücher von ihr lesen, da mir ihr Schreibstil gut gefallen hat.

Ort der Handlung ist die Provence, genauer gesagt Nizza und sein Hinterland. Babette und Aristide Babajou, die einst von der Elfenbeinküste eingewandert sind, leben in Nizza. Aristide hat einen kleinen Obst- und Gemüseladen, seine Frau Babette ist Altenpflegerin und betreut den Seniorchef der Domaine Georges Lafleur. Dort lebt neben der Familie Lafleur, zu der auch Marita gehört, die im ersten Teil der Reihe von Norddeutschland in die Provence gezogen ist, auch die Familie Verbier. Als der Senior Georges eines Tages verstirbt, begegnen sich auf dessen Beerdigung der 19-jährige Rachid Babajou und die minderjährige Julie Verbier. Die beiden verlieben sich Hals über Kopf ineinander. Zunächst wird diese Beziehung von den Freunden belächelt. Aber als es ernster wird, stellt sich heraus, dass gerade Gilbert Verbier Bedenken hat, ob der Sohn seines Freundes Aristide der richtige Umgang für seine Enkelin ist. Die kulturellen Unterschiede scheinen eine unüberwindbare Kluft zwischen den Freunden zu bilden. Bis ein Schicksalsschlag die Familien wieder enger zusammenschweißt. Die jungen Leute sind unterdessen von zu Hause weggelaufen …

Die Autorin versteht es ausgezeichnet, die Atmosphäre der Provence und den Trubel in der Stadt Nizza zu beschreiben. Besonders die Schilderungen der Ereignisse auf der Domaine Lafleur, auf der Parfüm kreiert wird, das Pflücken der Blumen, die Herstellung von Babettes Leckereien, haben mir sehr gut gefallen. Ich fühlte mich, als sei ich mitten unter den Freunden und könnte riechen und schmecken, was sie herstellen.

Die fröhliche Babette ist meine Lieblingsfigur. Sie ist ein Mensch, den jeder gerne um sich hätte. Doch im Laufe der Geschichte wird sie immer nachdenklicher. Ihre Kinder gehen nach und nach aus dem Haus, ihr Mann lebt nur für seinen Obst- und Gemüseladen. Voller Wehmut denkt sie an die Tage in ihrer Heimat zurück, als sie Aristide kennengelernt hat. Erst der bereits oben erwähnte Schicksalsschlag erweist sich dann später doch noch als Anstoß für eine positive Wendung.

Als besonderes Schmankerl lässt die Autorin den verstorbenen Patriarch Georges Lafleur die Szenerie beobachten und dem Leser beschreiben. Diese Abschnitte fand ich höchst amüsant. Die bissige Art des Verstorbenen, der ein scharfer Beobachter ist, hat mich sehr amüsiert.

Fazit:
Leichte Unterhaltung, die jedoch auf Grund der kulturellen Unterschiede der Protagonisten auch zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 15.06.2017
Der achte Rabe
Henneberg, Marion

Der achte Rabe


ausgezeichnet

Die Autorin war mir bisher durch ihre historischen Romane bekannt, die ich sehr gerne gelesen habe. „Der achte Rabe“ ist ihr erster Kriminalroman. Ich durfte ihn im Rahmen einer Leserunde mit der Autorin lesen und bin sehr begeistert.

Alexandra lebt mit ihrem Mann in Stuttgart. Vor fünf Jahren ist ihr Sohn Falko von einem auf den anderen Tag von zuhause weggegangen. Hinterlassen hat er nur einen Zettel mit der Aufforderung, nicht nach ihm zu suchen. Seither hat Alexandra nichts mehr von ihm gehört und gesehen. Als eines Tages die Polizei vor der Türe steht und ihr mitteilt, dass Falko erschlagen aufgefunden wurde, bricht eine Welt für sie zusammen. Aber schon bald beginnt sie, auf eigene Faust nach dem Mörder zu suchen. Weder ihr Mann noch ihre Tochter verstehen sie. Einzig bei ihrer Freundin Judith findet sie Halt und Unterstützung. Nach und nach wird ihr klar, was tatsächlich geschehen ist.

Marion Henneberg versteht es ausgezeichnet, den Leser in die Psyche ihrer Protagonisten blicken zu lassen. Dabei legt sie immer wieder falsche Fährten, sodass der Krimi durchgehend spannend bleibt. Im Laufe der Geschichte erfährt man immer mehr über die Mitglieder der Familie, aber auch über Freunde und Feinde. Erst nach und nach wird entschlüsselt, was damals und heute wirklich geschehen ist. Dabei sind alle Figuren authentisch beschrieben, niemand ist nur gut oder nur schlecht.

Sehr gut haben mir auch die beiden Kommissare Körschner und Beate Friesing gefallen. Sie bilden ein perfektes Team und sind beide sehr menschlich dargestellt. Von ihnen würde ich gerne noch mehr lesen.

Der Roman spielt in Stuttgart, ist aber nicht von zu viel Lokalkolorit belastet. Einige Örtlichkeiten werden beschrieben, was für Leser aus dem Raum Stuttgart sicherlich interessant ist. Ich selbst bin vom Niederrhein und fand die Schilderungen interessant, obwohl ich noch nie in Stuttgart war.

Fazit:
Marion Henneberg ist ein sehr spannender, psychologisch gut durchdachter Kriminalroman gelungen, der Lust auf mehr macht.

Bewertung vom 21.03.2017
Das Leuchten der Welt
Beto, Isabel

Das Leuchten der Welt


ausgezeichnet

Die Autorin ist mir bereits unter anderem Namen und durch andere Werke bekannt. Ich mag ihre Bücher, die sich stets durch außergewöhnliche Themen und Handlungsorte auszeichnen, sehr gerne. Auch der vorliegende Roman „Das Leuchten der Welt“ spielt vor nicht alltäglicher Kulisse, nämlich auf der Weltausstellung in Chicago 1893.

Mit dem „Leuchten der Welt“ ist die Einführung des elektrischen Stroms und der Glühbirnen gemeint. Leider werden sowohl der Titel als auch das etwas kitschig anmutende rosarote Cover diesem Roman nicht gerecht. Isabel Beto ist eine spannende Geschichte gelungen, die mir Einblick in eine Zeit verschaffen konnte, mit der ich mich noch nie beschäftigt hatte. Neben den Erlebnissen der Protagonistin Bell, deren Traum es ist, wie ihr großes Vorbild Nellie Bly Journalistin zu werden, werden immer wieder Einblicke in den Kampf zwischen den Vertretern des Gleichstroms (Edison) und des Wechselstroms (Tesla) gewährt. Mit dieser Thematik hatte ich mich noch gar nicht befasst. Es war aufschlussreich zu lesen, wie ängstlich die Menschen damals auf diese technische Neuerung reagiert haben.

Die zweite Hauptfigur ist Solomon Jones, ein Tagelöhner und etwas dubioser Geselle, der Bell hilft, nachdem der Zug, mit dem sie reiste, überfallen wurde. Als Bell ihn bittet, sie nach Chicago zu begleiten, willigt er ein, weil er den Lohn gut gebrauchen kann. Denn er wird eines Verbrechens verdächtigt, das er meint, nicht begangen zu haben. Aber er hat eine Gedächtnislücke und hofft, dass der berühmte Nikola Tesla ihm helfen kann. Ob Solomon schuldig ist oder nicht, werde ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Der Weg zur Lösung wird von Isabel Beto aber äußerst spannend und unterhaltsam geschildert.

Fazit:
Wer sich von dem kitschigen Cover und dem seltsamen Titel nicht abschrecken lässt, bekommt einen spannenden, unterhaltsamen und lehrreichen Roman über eine außergewöhnliche Frau zu lesen.

Bewertung vom 07.03.2017
Im Schatten des Flammenbaums
Levin, Anna

Im Schatten des Flammenbaums


ausgezeichnet

Anna Levin ist das Pseudonym einer Autorin, die mich bereits unter anderen Namen und mit ihren beiden vorherigen Büchern „Das Korallenhaus“ und „Das Lied der Sturmvögel“ begeistern konnte. Nun liegt endlich ihr neuestes Werk vor. Wie nicht anders zu erwarten war, hat die Autorin mich wieder von der ersten bis zur letzten Seite fesseln können.

Als Handlungsort hat Anna Levin dieses Mal Madagaskar gewählt, ein Land, über das ich zugegebenermaßen bisher wenig bis gar nichts wusste. Die Protagonistin Louise Bernard ist nicht minder außergewöhnlich und interessant. Sie arbeitet im Jahr 1926 in einer Pariser Autowerkstatt als Mechanikerin, und zwar in keiner geringeren als der vom Autohersteller Citroën. Ihr Zwillingsbruder weilt in Madagaskar, wo er eine Tierauffangstation betreut. Als André Citroën ein Automobil an eine Missionsstation in Madagaskar stiften will, sucht er Freiwillige, die den Transport des Fahrzeugs begleiten. Louise meldet sich spontan und bekommt schließlich, trotz anfänglicher Skepsis des Firmeninhabers, diese Aufgabe zugeteilt. Sie ist überglücklich, ihren Bruder und dessen Frau endlich sehen zu können. Doch schon bald muss sie feststellen, dass die faszinierende Welt, in der ihr Bruder jetzt lebt, auch ihre Schattenseiten hat. Als sogar Morde geschehen, ist auch Louises Leben in Gefahr.

Anna Levin besitzt die Gabe, mit ihrer Sprache Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen, die lebendiger kaum sein könnten. Gerade wenn ich über ein Land lese, das mir vorher nahezu unbekannt war, finde ich es immer interessant, mir nach der Lektüre im Internet nähere Details anzuschauen. Oft sehe ich dann Orte, die ähnlich sind, wie ich sie mir vorgestellt habe während des Lesens. Bei Anna Levin ist es so, dass meine Vorstellungen und die im Internet abgebildete Realität ziemlich deckungsgleich sind. Das fasziniert mich immer wieder aufs Neue.

Sehr aufschlussreich fand ich auch die Arbeit in der Tierauffangstation, die von Louises Bruder geleistet wird. Mir war noch nie bewusst, dass auch Tiere im Urwald verletzt werden können und dann gepflegt und wieder ausgewildert werden müssen. Mit Ausnahme der Serie „Daktari“, die ich als Kind geschaut habe, und Besuchen im Zoo bin ich mit diesen exotischen Tieren noch nie in Berührung gekommen. Umso mehr konnte die Autorin mich mit ihren liebevollen Beschreibungen der Lemuren und anderer Tiere berühren und fesseln.

Louises Geschichte steht aber natürlich trotz aller Faszination über Flora und Fauna im Mittelpunkt des Geschehens. Ihren Mut und ihre Entschlossenheit – und das in den 1920er Jahren – habe ich sehr bewundert. Mit welcher enormen Willenskraft sie sich immer weiter an ihr Ziel herantastet, hat mich atemlos Seite um Seite umblättern lassen.

Fazit:
Anna Levin ist wieder ein faszinierender und fesselnder Roman in einer exotischen Umgebung gelungen.

Bewertung vom 19.02.2017
Die Kettenhunde
Crönert, Claudius

Die Kettenhunde


ausgezeichnet

Ich habe schon einige Bücher von Claudius Crönert gelesen, sowohl historische Romane als auch Krimis. Alle Werke haben mir sehr gut gefallen. Ich mag seinen Schreibstil. Im Rahmen einer Leserunde konnte ich nun, vom Autor begleitet, sein neustes Werk kennenlernen. Auch dieser Thriller hat mir wieder ausgesprochen gut gefallen. Der Autor versteht es ausgezeichnet, durchgehend Spannung zu erzeugen und seine Figuren lebendig und authentisch zu beschreiben.

Larissa Rewald ist eine junge Polizistin, die gerade von der Sitte zum Drogendezernat gewechselt ist, weil sie mit den Schicksalen in der Abteilung nicht mehr klarkam. Sie ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt in Berlin. Ihr neuer Arbeitsplatz ist allerdings ganz anders, als sie ihn sich vorgestellt hat. Sie hat vier männliche Kollegen, die sie ausgrenzen und nicht in ihre Arbeit einbeziehen. Diese vier sind eine eingeschworene Gemeinschaft, nennen sich sogar „Die Kettenhunde“. Als bei der Verhaftung eines Drogenhändlers dieser erschossen wird, versuchen die Kollegen, die Tat Larissa in die Schuhe zu schieben. Doch anstatt sich in ihr Schicksal zu ergeben, ergreift sie die Flucht und versucht alles, um ihre Unschuld zu beweisen. Ein spannendes Wettrennen beginnt.

Claudius Crönert deckt im Laufe der Geschichte immer mehr auf von den seltsamen Machenschaften der „Kettenhunde“. Dazwischen schildert er immer wieder auf extrem spannende Art und Weise die Jagd auf Larissa. Der Leser lernt aber auch die Figuren immer besser kennen. Insbesondere eine abgrundtief böse Figur fand ich grandios beschrieben. Larissas Leben und Werdegang ließen mich ihr Handeln, ihr anscheinend sinnloses Weglaufen, sehr gut nachvollziehen. Auf ihrer Flucht begegnen ihr immer wieder Menschen, die zum Teil nur eine Nebenrolle spielen, aber trotzdem sehr gut beschrieben waren. Hier hat mir besonders Reiner gefallen, ein Mann, der freiwillig auf der Straße lebt und Larissa unterstützt. Er war mein Held der Geschichte.

Die Spannung steigert sich von Seite zu Seite und mündet in einem furiosen Finale. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Larissa Rewald in weiteren Fällen in Berlin ermittelt. Auch eine Verfilmung des Stoffes fände ich sehr gut. Beim Lesen hat sich dieser Film auf jeden Fall schon in meinem Kopf abgespielt.

Fazit:
Claudius Crönert ist mit „Die Kettenhunde“ ein äußerst spannender Thriller gelungen, der nicht nach dem üblichen Muster gestrickt ist.