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Janine2610
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Großmugl

Bewertungen

Insgesamt 141 Bewertungen
Bewertung vom 11.05.2016
Im unwahrscheinlichen Fall
Blume, Judy

Im unwahrscheinlichen Fall


ausgezeichnet

Mir waren diese drei Flugzeugabstürze in Elizabeth in den 1950ern noch nicht bekannt, umso neugieriger habe ich mich ans Lesen gemacht.
Der Titel des Buches passt wirklich optimal: wie wahrscheinlich ist es denn, dass in nur zwei Monaten gleich drei Flugzeugabstürze in derselben Stadt passieren? Ich bin, als ich das alles gelesen habe, lange der Meinung gewesen, dass das doch kein Zufall gewesen sein kann ... Oder doch? - Jedenfalls wirkte all das sehr mysteriös und äußerst unwahrscheinlich auf mich!

~ Als Miri sie fragte, ob sie an Gott glaubte, was hätte sie da denn sagen sollen? »Natürlich glaube ich an Gott«, hatte sie gesagt.
»Aber wie kann Gott es zulassen, dass so schreckliche Dinge geschehen?«
»Gott entscheidet nicht, was passiert, er hilft dir, es durchzustehen«, hatte Rusty ihr erklärt. ~
(S. 62/63)

Von Anfang an werden recht viele mehr und weniger wichtige Charaktere vorgestellt, aus deren Sicht (kapitelweise) dann auch immer erzählt wird. Sehr hilfreich war in der Hinsicht das Lesezeichen, das beim Buch dabei war. - Darauf findet man nämlich die wichtigsten Namen inklusive einer kurzen Notiz, wie die Charaktere zueinander in Verbindung stehen. Ohne diesem Lesezeichen wäre ich wohl leicht aufgeschmissen gewesen.

Pro Kapitel, die meist sehr kurz waren, kommt also jeweils ein anderer Charakter zu Wort, wobei man gemerkt hat, dass die 15-jährige Miri am öftesten dran war und aus meiner Sicht somit die Hauptprotagonistin dargestellt hat.
Henry Ammerman ist Miris Onkel und Reporter bei der Elizabeth Daily Post, und er hat zwischen die Kapitel, in denen die Charaktere abwechselnd ihre Sicht der Dinge geschildert haben, immer wieder Zeitungsartikel über die Flugzeugabstürze geschoben, die ich sehr interessant zu lesen fand, denn auch hier hat sich die Autorin an Zeitungsausschnitten von damals orientiert.

~ Das Leben geht weiter für die, die Glück gehabt haben. ~
(S. 486)

Das Tragische an dieser Geschichte sind eindeutig diese unwahrscheinlichen Flugzeugabstürze mit ihren zahlreichen Opfern. Man kann sich an dieser Stelle jetzt vielleicht denken, dass dies kein einfacher Lesestoff ist ... Ich persönlich habe das allerdings nicht so empfunden. In meinen Augen lag der Fokus gar nicht so sehr auf den Abstürzen - die waren ziemlich schnell geschehen und dann ging es auch schon wieder mehr um die Beziehungen der Charaktere, um Liebe, Freundschaft, Fremdgehen und so weiter. Klar, zwischendurch waren die Abstürze auch immer wieder Thema, denn solche Ereignisse beschäftigen die Menschen in der Regel doch sehr, trotzdem kamen mir andere Themen in dem Buch viel mehr beleuchtet und emotionaler vor, als diese verheerenden Unglücke. Ein bisschen mehr Fokus auf diese Abstürze und ihre Folgen hätte ich mir also schon erwartet, dennoch kann ich mich nicht wirklich beklagen, die Leben der Charaktere waren nämlich echt nicht unspektakulär oder langweilig, nein, deren persönliche Geschehnisse und Schicksale waren auch recht spannend zu verfolgen!

~ Für den unwahrscheinlichen Fall ... Aber das ganze Leben ist ja nichts als eine Abfolge von unwahrscheinlichen Fällen, oder? Ihres jedenfalls. Ein unwahrscheinlicher Fall nach dem anderen, die sich zu einem vielschichtigen Ganzen verbinden. Und wer weiß, was da noch alles kommen mag? ~
(S. 501)

Positiv aufgefallen ist mir auch, dass die Sprache sehr authentisch und das Denken und Verhalten der Protagonisten auf jeden Fall zeitgerecht war. Aber da die Autorin selbst ja aus dieser Zeit stammt, war das sowieso zu erwarten.

Eine lesenswerte historische Dokumentation, bei der das Hauptaugenmerk aber nicht vorrangig auf den Flugzeugabstürzen liegt, sondern sehr stark auf den mitunter sehr spannenden Leben der unterschiedlichen Charaktere.
Wer glaubt, dass es in den 1950er Jahren noch kaum Sorgen, Ängste, Untreue oder Scheidungen gegeben hat, der irrt. So verschieden die Figuren hier alle sind, genauso vielseitig und lesenswert sind auch deren persönliche Geschichten.

Bewertung vom 09.05.2016
Süden und der Luftgitarrist / Tabor Süden Bd.10
Ani, Friedrich

Süden und der Luftgitarrist / Tabor Süden Bd.10


sehr gut

»Süden und der Luftgitarrist« ist Band 10 der Tabor Süden - Reihe und gleichzeitig bereits mein 11. Buch von Friedrich Ani.
Mit seinen nur 190 Seiten war es recht flott gelesen und durch Anis unverwechselbaren Stil kam der Lesegenuss auch nicht zu kurz.

Von Luftgitarristen habe ich bisher noch kaum etwas gehört - also viel vorstellen konnte ich mir unter diesem Begriff nicht. Ich fand es also interessant zu lesen, was man beim Luftgitarrespielen macht, wie es dazu kommen kann und ja ... spannend war auch die Tatsache, dass zu diesem Hobby sogar Meisterschaften stattfinden.

Nun ist es so, dass Süden und seine Kollegen Sonja Feyerabend und Martin Heuer den plötzlich verschwundenen Final-Luftgitarren-Kontrahenten von Martin Heuer suchen, da dieser aus unerfindlichen Gründen einfach nicht mehr auftaucht.
Was ich an diesem Teil der Reihe besonders hervorheben kann: Martin ist sehr involviert, was die Befragungen des Umfelds vom untergetauchten Edward Loos betrifft. Normalerweise ist Südens Kollege und bester Freund nämlich eher am Rande präsent, aber da es sich hier um einen seiner Luftgitarristen-Kollegen handelt, ist seine Aktivität nur allzu verständlich.

~ Nichts fiel mir in meinem Beruf schwerer, als Fragen zu stellen, und seien sie noch so schlicht, ich hörte lieber zu. Zuhören war ergiebiger, das hatte ich in meinen mehr als zwanzig Jahren bei der Kriminalpolizei gelernt. ~
(S. 16)

Die drei machen sich also an die Arbeit, laufen von Person zu Person, befragen und vernehmen und schnell wird klar: da ist ja noch jemand verschwunden - und zwar schon viel länger als Edward Loos: dessen Halbbruder.

Südens und Martins Befragungsmethoden sind immer wieder eine Wucht für mich: gänzlich ungewöhnlich, zum Grinsen, zum Wundern, aber scheinbar sehr effektiv. Dass Fragenstellen nicht wirklich zu Südens Lieblingsbeschäftigungen zählt, wusste ich schon, aber dass man durchs einfache Zuhören wirklich so viel aus den Menschen herausbekommt bzw. herauslesen kann, finde ich bemerkenswert.

Und so führt eben eines zum anderen, allein durch die Besuche und durch das Anhören der Leute geht was weiter in der Suche. Das ist so typisch für Anis Charaktere!

~ Letztendlich reduzierte sich unsere Arbeit in vielen Fällen auf das Gespür für die Vibrationen am Rande eines Schweigens und die leisen Echos der Lügen, mit denen wir täglich konfrontiert wurden. ~
(S. 12)

Geschrieben ist das Ganze wie immer mit einer melancholischen Poesie, die begeistern kann, und am Ende wurde es für mich sogar noch sehr traurig, aber mehr verrate ich an dieser Stelle nicht.
Punkten können hier wieder eindeutig die Charaktere, die nicht nur anders, nein, sogar recht speziell und unverwechselbar sind. Die Handlung an sich ist gar nicht unbedingt das Interessante an diesem Roman, es sind mehr die selbstverlorenen Figuren und ihre spannenden Leben, die fesseln können, je mehr man davon erfährt. Kaum ein Autor schafft es besser, einem seine Charaktere so nah zu bringen, wie Ani. Finde ich toll!

Bewertung vom 02.05.2016
After love / After Bd.3
Todd, Anna

After love / After Bd.3


ausgezeichnet

Jetzt hat dieses Buch eh schon 938 Seiten und ich hätte dennoch gerne direkt weitergelesen. Allzu lange darf ich mir mit dem Start von Band 4 (After forever) also nicht Zeit lassen, denn Band 3 endet mit einem üblen Cliffhanger, der mich noch wahnsinnig machen wird, wenn ich nicht bald erfahre, wie es weitergeht ...

Wie auch schon in Band 1 und Band 2 geht es hier wieder großteils um das Hin und Her, die Streitigkeiten und Versöhnungen von Hardin und Tessa, einem wahrlich ungleichen Paar. Diesmal scheint es aber wirklich so zu sein, dass Hardin sich Mühe gibt, ein besserer Freund zu werden. Wenn ich nun an die ersten beiden Teile zurückdenke, fällt mir schon auf, dass der junge, beinahe wegen jeder Kleinigkeit wütende und eifersüchtige Hardin eine sehr positive Entwicklung durchgemacht hat, die ich ihm zugute halten muss, in Anbetracht seiner teilweise verstörenden Kindheit.

~ »Du siehst immer das Licht in mir ... Wie ist das möglich, wo es doch gar keins gibt?«
»Es gibt jede Menge. Und du wirst es ebenfalls sehen. Eines Tages.« ~
(S. 500)

Natürlich ist es immer noch alles andere als leicht, mit Hardin zurechtzukommen, deswegen bewundere ich Tessa auch so sehr. Ein anderes Mädchen hätte Hardin wohl schon längst den Laufpass gegeben. Endgültig.
Ich finde es also schön, dass die Autorin mit Tessa einen Charakter geschaffen hat, der unermüdliche Geduld, bedingungslose Liebe und Vertrauen vereint. Ihr Verständnis für und der Glaube an ihren Hardin ist romantisch schön und ebenso bemerkenswert. Denn Hardin will/erwartet (unbewusst) von Tessa, dass er der einzige ist, dem sie immer wieder verzeihen und bedingungslos vertrauen soll. Hardin ist eifersüchtig, ein Kontrollfreak, er manipuliert und lügt, nur damit Tessa das tut, was er will. Gleichzeitig kann er sich aber ein Leben ohne Tessa nicht mehr vorstellen und verteidigt und beschützt sie in allen möglichen Belangen.

~ Das Problem mit Hardin ist: In seinen guten Momenten ist er so gut, so lieb und ehrlich, dass ich ihn einfach nur liebe. Dafür ist er in seinen schlechten Momenten der schlimmste Mensch, dem ich je begegnet bin. ~
(S. 340)

Es scheint eine Hassliebe zu sein ... Aussicht auf ein Happy End? - Keine Ahnung! Aber ich finde, dass genau das diese Geschichte so authentisch macht. Weiß man im echten Leben denn schon immer, dass es ein Happy End gibt? - Nein! Leben ist Veränderung, Entwicklung und Wachstum. Und das ist genau das, was hier passiert: es werden Fehler gemacht, es wird gestritten, bereut und es wird verziehen. Man entwickelt sich weiter, verändert sich und wächst.

~ Sobald es um Hardin geht, kann mein Hirn offenbar nicht mehr zwischen Richtig und Falsch unterscheiden. ~
(S. 84)

Ich fand den 3. Band der After-Reihe wirklich an keiner Stelle langweilig. Klar, ein paar Augenverdreher waren dabei, aber bei einem Paar wie diesem war das zu erwarten. Es passiert einfach ständig irgendwas, es ist immer was los und deswegen wird's nie ermüdend. Ab etwa der Hälfte des Buches war ich sogar dauergefesselt, denn da passiert etwas, mit dem ich absolut nicht gerechnet hätte ...

Auch die eine oder andere brisante Überraschung hat Anna Todd hier für uns auf Lager.
Da ich echt gerne und hochgespannt in diesem Buch gelesen habe, will ich es euch unbedingt empfehlen! Und was ich zum Schluss nun nochmal wiederholen will: ich muss ganz dringend weiterlesen! ;)

Bewertung vom 20.04.2016
Die Rückkehr / Daringham Hall Bd.3
Taylor, Kathryn

Die Rückkehr / Daringham Hall Bd.3


sehr gut

Es ist vollbracht: Band 3 der Daringham Hall - Trilogie ist gelesen. Vergleiche ich alle drei Bände miteinander, dann ist der letzte Teil hier in etwa so spannend wie Band 1. Band 2 liegt in meinem persönlichen Ranking etwas zurück: der war mir einen Ticken zu kitschig.

Im Grunde geht es hier wieder um das Hin und Her zwischen Kate und Ben und dem Herrenhaus Daringham Hall.

~ »Daringham Hall braucht jemanden, der mit dem ganzen Herzen dabei ist, Ben. Und ich auch. Für halbherzige Experimente sind wir nicht zu haben. Das funktioniert nicht.« ~
(S. 185)

Was mich gestört hat, war, dass mir alles ein wenig zu viel Liebesgeschichte war. Neben Ben und Kate gab es noch zwei andere Paare, die Probleme miteinander hatten und darum gekämpft haben, dass sie zusammen sein können. Wie auch schon in Band 1 und 2 muss ich hier bekriteln, dass es den Pärchen (allen!) nicht gelingt, ihre Gefühle füreinander auszusprechen. Das hätte natürlich einiges erleichtert bzw. an Sorgen und Ängsten genommen - aber wieso einfach, wenn man sich das Leben auch extra schwer machen kann? So kam mir das jedenfalls vor.

Ansonsten: ich kann mich nicht darüber beklagen, dass hier nichts passiert wäre. Ein Ereignis jagt förmlich das nächste und auch die Spannung war mir genügend vorhanden. Teilweise habe ich gemerkt, dass ich richtig gefesselt war.
Das einzig Negative daran war, dass mir persönlich alles sehr oberflächlich erzählt wurde. - Ich denke, eben weil so viel passiert ist und es zu viele Paare gab, auf denen der Fokus lag. Ein wenig mehr Tiefe und Komplexität hätte ich mir gewünscht, gerne dann nur ein Pärchen oder Ereignis betreffend.

~ »Du hast behauptet, du willst alles daran setzen, Daringham Hall zu retten. Aber wirklich alles gibst du nie, oder, Ben? Du gehst nie den letzten Schritt. Du hältst dir immer einen Fluchtweg offen und verschwindest, wenn es dir zu viel wird. « ~
(S. 183)

Band 3 der Trilogie war also ganz nett zu lesen, für meinen Geschmack aber leider manchmal einfach zu kitschig, vorhersehbar und zu wenig in die Tiefe gehend. Dafür passiert wirklich viel, die Spannung ist fast immer vorhanden und auch das Miträtseln funktioniert ganz gut.
Ob man diese Trilogie aber gelesen haben muss, darüber lässt sich sicher streiten. ;)

Bewertung vom 13.04.2016
28 Tage lang
Safier, David

28 Tage lang


ausgezeichnet

»Was für ein Mensch willst du sein?« - Diese Frage taucht hier immer wieder auf die eine oder andere Weise - entweder direkt, oder in Form von Entscheidungen der Protagonisten - auf. Die Frage, was du alles dafür tun würdest, um zu überleben, zieht sich durch das gesamte Buch. Und die Antworten darauf sind nicht immer leicht zu verkraften - weder für den Leser, noch für die Protagonisten selbst.

~ Ich konnte es immer noch nicht glauben. In einer Welt, in der jeder nur an sich dachte, hatte jemand alles für mich aufs Spiel gesetzt. ~
(S. 22)

»28 Tage lang« war nun mein zweites Buch, in dem der Holocaust thematisiert wurde. Und wie auch schon bei »Bis ans Ende der Geschichte« von Jodi Picoult wurde ich auch hier in David Safiers (allererstem ernsten) Roman einfach nur überwältigt - emotional gesehen. Die sinnlosen Gräueltaten, die Verbrechen und unzähligen Morde an den Juden im Warschauer Ghetto ... all das lesen zu müssen, ist schon echt harter Tobak. Oft musste ich schlucken und dann wieder tief Luftholen nachdem ich ein Kapitel beendet hatte. Gleichzeitig wurde ich von der Geschichte enorm gefesselt und mitgerissen, sodass ich am liebsten alles in einem Rutsch gelesen hätte.

~ Hannah wäre lieber unsichtbar gewesen als stark. Der Unsichtbare überlebte im Ghetto eher als der Starke. ~
(S. 50)

Dies ist eine Geschichte, deren Charaktere zwar fiktiv sind, die Handlung so aber tatsächlich stattgefunden hat. Das hat dem Autor ermöglicht, den Protagonisten eigene Emotionen und Gedanken zu geben. Wären seine Charaktere echte gewesen, hätte er nicht so frei schreiben können.
Ich persönlich finde, dass Safier hier ein wirklich grandioses Buch gelungen ist! - Ein Buch, in dem er uns einen kleinen Teil dieser fürchterlichen Menschheitsgeschichte durch die Augen von Mira, einer Jugendlichen, die mit allen Mitteln um ihr Leben und das ihrer Schwester Hannah kämpft, sehen und auch miterleben lässt. Das ist tragisch und unglaublich erschütternd, aber es gibt glücklicherweise auch immer wieder Momente, in denen die Hoffnung Mira am Laufen hält.

~ Außer Leuten wie Amos glaubte niemand an die Vernichtung.
Weil es einfacher zu ertragen war, nicht an sie zu glauben? Oder weil die in Wahrheit nur ein Hirngespinst war? Menschen in Lastwagen sperren und sie mit Abgasen zu ersticken ... so krank konnten doch nicht mal die Deutschen sein. ~
(S. 128)

Eine Geschichte voller Angst, Furcht, Hass und Erschöpfung, aber auch voller Hoffnung, Fürsorge und Liebe. Alles kann einem Menschen dann doch nicht genommen werden, selbst in noch so aussichtslosen Situationen. Und das zeigt sich in diesem Buch zwischen den Zeilen immer wieder.
Ein Buch, das während dem Lesen und nach dem Beenden sehr nachdenklich stimmt und mir wieder aufs Neue bewusst gemacht hat, dass Freiheit in unserer Welt nicht immer selbstverständlich ist und theoretisch jederzeit vorbei sein kann.

Bewertung vom 30.03.2016
Wie ein Stern in der Nacht
Hannah, Kristin

Wie ein Stern in der Nacht


sehr gut

Es gibt die Dunkelheit und das Licht, den Sommer und den Winter, es gibt Schönes und Hässliches, Stress und Ruhe und wenn es gute Zeiten gibt, muss es genauso auch schlechte Zeiten geben ...
Für Johnny, Marah und Tully, Ehemann, Tochter und beste Freundin der verstorbenen Kate, könnten die Zeiten momentan nicht schlimmer sein - denn die Trauer um Kate hat sie fest im Griff.

~ »Man ist nie gefasst auf den Scheiß, den einem das Leben beschert.« ~
(S. 169)

In diesem Buch dreht sich fast alles um den Umgang mit der Trauer über Kates Tod. Jeder Charakter hat seine eigene Methode, wie er damit umgeht. Leider sind diese Methoden allesamt nicht gerade förderlich - eher das Gegenteil ist der Fall: Es wird gesoffen, es werden Medikamente geschluckt, Drogen konsumiert, gehungert, geritzt, gestritten, von Zuhause ausgerissen und jähzornig herumgezetert. Und das nicht gerade phasenweise, sondern einige Monate bis hin zu Jahren. Als Leser muss man miterleben, wie für Tully, Marah und Johnny alles den Bach runtergeht ... und ich kann euch sagen, es ist wirklich deprimierend, wenn man das so liest.

~ Ich bin in meiner Depression gefangen wie eine Biene in einem Einmachglas und fühle mich von allen vollkommen isoliert. ~
(S. 236)

Auf so viel Dramatik war ich echt nicht gefasst gewesen. Ich meine: ja, der Tod einer nahestehenden Person ist fürchterlich und schwer zu verkraften, aber dass man nach beispielsweise zwei Jahren immer noch so tief drinsteckt in seiner Trauer, fand ich etwas übertrieben. Ich hatte das Gefühl, als würde es für die Charaktere gar nie leichter werden.

Die zweite große Thematik in dem Roman war Tullys zerrüttete Beziehung zu ihrer Mutter Cloud (alias Dorothy). Drogen, Alkohol und Schuld- und Versagensängste bei der einen und Medikamentenmissbrauch und die Angst, von niemanden geliebt zu werden, bei der anderen, sind der Grund, dass sie nie so richtig eine Beziehung zueinander aufbauen konnten, ja sie sich im Grunde überhaupt nie richtig kennengelernt haben. Hinzu kommen einige Geheimnisse, die Dorothy ihrer Tochter ihr Leben lang verschwiegen hat, was sie ebenfalls nicht gerade näher aneinander rücken hat lassen.

~ Wie fühlt es sich an, zu wissen, dass Menschen ohne einen nicht leben können? Wie fühlt es sich an, von so vielen Menschen so geliebt zu werden? ~
(S. 90)

Leider (oder Gott sei Dank?) macht einem dieses Buch mal wieder ganz deutlich bewusst, dass im Leben oftmals erst etwas Schlimmes passieren muss, bis man merkt, was man all die Jahre über für Fehler gemacht und was man an den Freunden und der Familie eigentlich Gutes hat. Nicht immer ist es in solchen Fällen dann überhaupt noch möglich, um Verzeihung zu bitten ...

So negativ und schlimm hier alles ab dem Tod von Kate seinen Lauf genommen hat, desto positiver und schöner fand ich dann wenigstens die Entwicklung, die die Charaktere dem Ende entgegen durchgemacht haben. Bis zum Beginn des letzten Buchviertels dachte ich mir noch, dass ich selbst gleich Depressionen bekomme, wenn ich jetzt noch weiterlese, aber glücklicherweise habe ich es getan, sonst hätte ich dieses wundervolle, rührende Ende verpasst.

Bewertung vom 24.03.2016
Helenas Geheimnis
Riley, Lucinda

Helenas Geheimnis


ausgezeichnet

Was steckt hinter dieser Heimlichtuerei mit Helenas Vergangenheit? Was muss das für eine alles verändernde Wahrheit sein, die Helena da vor ihrer Familie, allen voran Alex, ihrem ältesten Sohn, verbirgt? Diese Fragen spukten mir beim Lesen ständig im Kopf herum - und sie waren umso präsenter und spannender, je höher die Seitenzahl wurde.

In Lucinda Rileys Geschichten findet man normalerweise zwei verschiedene Zeitebenen, die sich immer wieder abwechseln. Ein Erzählstrang spielt meist sehr viel in der Vergangenheit und der zweite in der Gegenwart. Hier in »Helenas Geheimnis« ist es allerdings so, dass wir hauptsächlich im Jahre 2006 sind. Nur ganz zu Anfang und ganz am Ende findet die Handlung in 2016 statt. Lediglich zwei kurze Kapitel (gegen Ende des Buches) werden aus dem Jahr 1992 erzählt. Ganz typisch ist das für die Autorin ja nicht - und das fanden auch ein paar Leute aus der Leserunde, an der ich teilgenommen habe, nicht so gut. Mich persönlich hat das aber kaum gestört, ich war von der Erzählung, der Handlung an sich, sowieso zu meiner Zufriedenheit gefesselt. So sehr, wie ich es von Lucinda Rileys Büchern auch gewohnt bin.

~ Sie konnte noch so oft beteuern, Alexis' Motive seien völlig selbstlos, Alex wusste, dass es nicht stimmte.
Er wusste, dass sie ihm nicht die ganze Wahrheit erzählte.
Sein Wissen trog ihn nicht. ~
(S. 88)

Die Hauptcharaktere des Buches sind Alex und Helena. Alex ist der 13-jährige Sohn (in 2006) von Helena, er ist überdurchschnittlich intelligent, ein hochbegabter Junge, und das lässt er auch immer wieder (gerne?) heraushängen, sehr zum Leidwesen seiner Familie, die sein besserwisserisches Getue manchmal einfach nur anstrengend findet. Ich selbst fand den Jungen aber gar nicht anstrengend, viel eher interessant und teilweise auch witzig. Mir war er also schon ziemlich sympathisch. Er wird als etwas übergewichtig (Babyspeck!) und wegen seiner Besserwisserei als nervtötend beschrieben. Aber wenn man genau liest, kann man auch erkennen, dass er ein großes Herz hat, einfühlsam und deswegen echt liebenswert ist.

In dem Buch war ganz schön was los: ein Haufen (alter) Freunde und Verwandte, die alle nach Pandora kommen und einige Zeit dort verbringen. Mit dem Merken der vielen Namen hatte ich überhaupt keine Probleme - die Autorin hat jedem Charakter etwas Einmaliges zugeschrieben, sodass es unmöglich war, durcheinander zu kommen.
In dem ganzen Tohuwabohu merkt man schon bald, dass sich einige Geheimnisse/Fragen/Merkwürdigkeiten auftun, die mich als Leserin natürlich beschäftigt und gespannt weiterlesen haben lassen.

~ Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als das Geheimnis zu lüften, sich alles von der Seele zu reden. William und Alex nach all den Jahren die Wahrheit zu sagen, um sich endlich von der Last, die sie tagaus, tagein zu erdrücken drohte, zu befreien - aber das war unmöglich.
Damit würde sie alles zerstören. ~
(S. 151)

Man wird hineingeworfen in dieses Familienchaos, leidet sowohl mit Alex, als auch mit Helena mit, man erfreut sich am zypriotischen Klima und der Atmosphäre Pandoras, die zuweilen wirklich zauberhaft ist. Und zum Schluss musste ich sogar feststellen, dass es neben dem "großen Geheimnis" tatsächlich noch ein paar andere Dinge gab, die zu lüften waren und mich verblüffen konnten. Und im Grunde hat dieser Roman eine sehr schöne Botschaft, die es zu entdecken gilt. Hätte mich eine Leserundenteilnehmerin nicht darauf gestoßen, wäre mir diese gar nicht so bewusst geworden ...

Und als ich dann noch das Nachwort der Autorin gelesen habe, in dem sie erzählt, dass sie vor über einem Jahrzehnt mit ihrer Familie Urlaub auf Zypern gemacht und ein Tagebuch darüber geführt hat, aus dem sich dann Helenas Geschichte entsponnen hat, war mir klar, dass das Leben einfach die schönsten und vor allem inspirierendsten Situationen entstehen lässt, aus denen man dann was so Wundervolles, wie dieses Buch hier, zaubern kann!

Bewertung vom 17.03.2016
Die letzten Tage von Rabbit Hayes
McPartlin, Anna

Die letzten Tage von Rabbit Hayes


sehr gut

~ Vor zwei Wochen hatte sie noch mit Krebs gelebt, jetzt hieß es, sie würde daran sterben und ihre zwölf Jahre alte Tochter im Stich lassen. ~
(S. 30)

Wie lange wird sich Rabbit noch gegen ihr Schicksal wehren? - Das habe ich mich immer wieder gefragt. Rabbits positives und kämpferisch eingestelltes Wesen habe ich von Anfang an bewundert. Eine so starke Frau und Mutter, wie sie in dieser Geschichte dargestellt wird, lernt man sicher nicht so häufig kennen. Sich mit einem solchen Schicksal konfrontiert zu sehen und bis zum Schluss nicht aufzugeben, seinen Mut und seine Stärke beizubehalten und alles Menschenmögliche dafür zu tun, damit die eigene Tochter nicht beunruhigt wird, ist erstaunlich.

Ja, Rabbit ist schon eine bemerkenswerte Frau, aber verwunderlich ist das nicht, schließlich ist sie eine Hayes. Die ganze Familie Hayes ist einzigartig und jedes Familienmitglied ist auf seine Weise stark.
Besonders einmalig ist allerdings Molly, Rabbits Mutter. Molly ist selbstbewusst und scheint niemals aufzugeben. Auch ihr Humor, den sie bis zuletzt, auch in so einer schweren Zeit, zum Ausdruck bringt, ist Balsam für die Seele ihrer sterbenden Tochter und vermittelt ihr und allen Angehörigen eine gewisse Normalität, die sie in so einer Situation scheinbar dringend benötigen ...

~ In Gedanken waren sie beide bei ihrer Tochter und bei der Frage, wie lange sie noch so tun konnten, als würde alles wieder gut. ~
(S. 211)

Einerseits fand ich diese gespielte Sorglosigkeit und das so-Tun-als-wäre-alles-gar-nicht-so-schlimm in Ordnung, also in Ordnung im Sinne von Krisenbewältigung bzw. nicht anders mit einer traurigen Situation umgehen zu können. Andererseits war es schade, oder hat mich manchmal sogar etwas genervt, dass die gesamte Familie Hayes, zumindest in Rabbits und Juliets Anwesenheit, permanent ihre negativen Gefühle runtergeschluckt und niedergelächelt hat. Manchmal hätte ich mir mehr Mut von den Charakteren gewünscht: der Wahrheit ins Auge zu blicken, über Rabbits nahenden Tod zu reden, den belastenden Gefühlen einfach freien Lauf zu lassen und beispielsweise zu weinen, wenn ihnen zum Weinen zumute war. Die "Friede-Freude-Eierkuchen-Maske" einfach mal fallen zu lassen.

~ »Sei nicht so scheißdramatisch, Rabbit!«
Rabbit drehte sich um und sah ihre Mutter an. »Sei nicht so scheißdramatisch? Ich sterbe, verdammt noch mal, Ma! Wenn ich jetzt nicht dramatisch sein darf, wann denn dann?« ~
(S. 333)

Abgesehen vom Verhalten so mancher Familie Hayes - Mitglieder, das mir nicht immer verständlich war, bin ich sehr begeistert von diesem Buch. Die Geschichte ist authentisch erzählt, wirkt wie direkt aus dem Leben gegriffen, regt zum Nachdenken über die Endlichkeit des körperlichen Daseins nach und konnte mir wegen all den nahe gehenden Momenten zum Schluss sogar ein paar Tränen entlocken.

Bewertung vom 16.03.2016
Die Entscheidung / Daringham Hall Bd.2
Taylor, Kathryn

Die Entscheidung / Daringham Hall Bd.2


gut

Von Band 1 der Daringham Hall - Trilogie war ich noch recht begeistert, vor allem, weil das stolperfreie, flüssige Lesen so eine Freude war.
Der Titel von Band 2 nennt sich ja "Die Entscheidung", leider muss ich aber zugeben, dass ich gar nicht so genau verstanden/mitbekommen habe, was hier eigentlich Großartiges entschieden wurde ...

Dass die beiden Hauptprotagonisten Ben und Kate sind, zwischen denen sich auch eine kleine Liebesgeschichte entsponnen hat, weiß man ja schon durch die Buchbeschreibung, allerdings gibt es da nun noch zwei weitere Pärchen, die ebenfalls einen Großteil der Geschichte ausmachen. Für mich persönlich war das komplizierte Hin und Her zwischen Kate und Ben mit ihren ständig unnötigen Sorgen, Ängsten und Bedenken aber teilweise einfach nur nervig!

Mir ist beim Lesen oft aufgefallen, dass es sogar bei allen drei Paaren bei mindestens einem von einem Paar so war, dass er/sie sich selbst oft eingeredet hat, dass irgendein zuneigungzeigendes Verhalten der anderen Person des Paares, ja gar nicht mit Absicht so gemeint sein kann. Und dann versuchen sie immer irgendwelche völlig absurden Gründe zu finden, warum der andere so lieb, beschützend, oder sonst wie freundlich zu ihnen war. Das erscheint dem Leser dann so, als hätten sie überhaupt kein Selbstvertrauen und würden ständig glauben, dass sie ja eh niemand lieben könnte, und dass es ja komplett irre sein muss, wenn jemand Zuneigung für sie empfinden könnte ...

Und was mir auch einige Augenverdreher entlockt hat, war das Verhalten so mancher Frau in diesem Buch: scheinbar können sie sich verbal nicht selbst wehren und selbstverständlich gab es dann immer einen "Retter in der Not", der dann ganz zufällig auch gleich zur Stelle war, um sein Weib zu verteidigen ... Kitschig. Sehr kitschig. Solch schwachen Frauen kann ich zur Zeit überhaupt nichts abgewinnen.

Weniger Kitsch und Charaktere mit mehr Selbstwertgefühl hätte diese Geschichte gebraucht, um besser von mir bewertet zu werden. Über den Lesefluss kann ich aber nach wie vor nicht klagen, das Buch liest sich einfach weg wie ... sich warme Semmeln verkaufen.
Nichtsdestotrotz freue ich mich sehr auf den Abschlussband der Trilogie und hoffe sehr, dass der dann wieder mehr Begeisterung in mir auslösen wird.