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Havers
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Insgesamt 1378 Bewertungen
Bewertung vom 07.02.2018
Mann am Boden
Smith, Roger

Mann am Boden


gut

Wenn es um die Darstellung ausufernder Gewaltszenen geht, ist der südafrikanische Autor Roger Smith kein Kind von Traurigkeit. Das hat er bereits hinlänglich mit seinen Thrillern aus den Cape Flats bewiesen, wobei hier aber immer auch eine gehörige Portion Gesellschaftskritik zu finden war. In „Mann am Boden“, seiner neuesten Veröffentlichung, sind die kritischen Passagen - leider - eher minimal und sehr dezent, was daran liegen mag, dass Smith den Kontinent gewechselt hat, denn der Handlungsort ist diesmal nicht Kapstadt, Südafrika sondern Tucson, Arizona.

Wobei – so ganz stimmt auch das nicht, denn der Protagonist John Turner kommt aus Johannesburg, ist aber vor zehn Jahren mit Frau und Tochter in die USA übergesiedelt. Nicht grundlos, wie der Leser im Laufe der Geschichte erfährt, denn er ist ein Mann mit Vergangenheit. Aber auch ein Mann mit einer Gegenwart, die zumindest seiner Ehefrau überhaupt nicht gefällt, hat er doch ein Verhältnis mit seiner Assistentin. Und genau für diese beabsichtigt er seine Familie zu verlassen, um mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Seine Frau leistet Widerstand, und Turner entwickelt einen perfiden Plan. Schließlich hat er ja noch Kontakt zu einem Kumpel aus Südafrika. Dass schlussendlich alles ganz anders als erwartet kommt, hätte er sich dann doch nicht träumen lassen, denn alles versinkt am Ende in einem Meer von Blut…

Roger Smiths Thriller kommt im Gewand eines Tarantino-Films daher: jede Menge Gewalt, ein Blutbad folgt dem nächsten und immer wieder ist der Sucher der Kamera direkt auf das Massaker gerichtet – Gemetzel in Reinkultur. Jede Figur hat ihre zugewiesene Rolle, da ist nicht nur wenig Platz für Details sondern auch kein Raum für Emotionen, außer den Todesängsten der Beteiligten. Unterm Strich betrachtet ist mit das zu wenig, da ich auch seine „reinen“ Südafrika-Thriller gelesen habe und weiß, dass Smith es besser kann.

Keine Frage, die Story hat Tempo und ist spannend. Die Sprache ist vertraut, derb und hart wie immer bei Smith. Die Personen ok, wenngleich mir auch die Charakterisierungen etwas einfach gestrickt und wenig differenziert erscheinen. Und auch die Rückblenden in die Vergangenheit passen, um die aktuellen Ereignisse durch die entsprechenden Hintergrundinformationen plausibel erscheinen zu lassen. Was ich allerdings sehr vermisst habe, waren, wie bereits eingangs erwähnt, die gesellschaftskritischen Einschübe, die aus Roger Smith Thrillern etwas Besonderes machen. So ist „Mann am Boden“ leider meinen Erwartungen nicht gerecht geworden.

Bewertung vom 31.01.2018
München
Harris, Robert

München


sehr gut

Wenn es darum geht, aus historischen Fakten und/oder Persönlichkeiten interessante Romane zu kreieren, dann ist man bei dem englischen Autor Robert Harris an der richtigen Adresse. Ganz gleich, ob er die Lebensgeschichte des römischen Konsuls Cicero oder, wie in seinem neuesten Roman, die Ereignisse rund um das Münchner Abkommen von 1938 beschreibt. Das Ergebnis liefert dem historisch interessierten Leser immer eine nicht nur informative sondern auch unterhaltsame Lektüre, die es schafft, auch aktuelle politische Strömungen und Ideen in diesem fiktionalen Rahmen zu verarbeiten.

In Harris‘ aktuellem Roman „München“ geht es um nichts weniger als den Weltfrieden. Deutschland rasselt mit dem Säbel, Europa befindet sich an der Schwelle zu dem nächsten großen Krieg, weshalb sich Großbritannien, Italien, Frankreich und Deutschland – vertreten durch Chamberlain, Mussolini, Daladier und Hitler – auf Initiative des britischen Premiers in München treffen, um das Unheil abzuwenden und die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Hitlers Begehr ist das Großdeutsche Reich, und darum möchte er sich die nach dem Ersten Weltkrieg verlorenen Territorien zurückholen. Sein Expansionsdrang geht Richtung Osten, konkret möchte er sich das Sudetenland zurückholen, am liebsten mit Waffengewalt. Und genau das gilt es, mit aller Kraft und sämtlichen Tricks zu verhindern.

Soweit die historisch verbürgten Tatsachen, auf die sich Harris in seinem Roman stützt. Fiktion sind die beiden vom Autor hinzugefügten Protagonisten: Hugh Legat (Brite und Privatsekretär Chamberlains) und Paul von Hartmann (Deutscher und Mitarbeiter des Auswärtigen Amts). Sie kennen sich von früher und waren befreundet. Und vielleicht können die beiden über ihre persönlichen Beziehungen den Lauf der Weltgeschichte beeinflussen…

Dass dem nicht so war, ist ja hinreichend bekannt, und dennoch lockert gerade dieses fiktionale Element das stellenweise sehr trocken erzählte Prozedere der Konferenz auf und sorgt gleichzeitig durch die thematisierte Septemberverschwörung für eine minimale Dosis Dramatik. Dennoch bleibt dieser Roman doch hinter meinen Erwartungen zurück. Harris hat zwar wie immer gut recherchiert, aber im Großen und Ganzen ist mir das Ergebnis zu langatmig, zu detailverliebt, zu bedächtig – es fehlen die entsprechenden Verwicklungen, die ich von einem spannenden Politthriller erwarte.

Bewertung vom 24.01.2018
Der Fluch von Pendle Hill / Frey & McGray Bd.2
Muriel, Oscar de

Der Fluch von Pendle Hill / Frey & McGray Bd.2


ausgezeichnet

Frey und McGray sind zurück. Der gebildete, vornehme Engländer Ian Frey und der ungehobelte, bärbeißige,aber auch abergläubige Schotte Adolphus „Nine Nails“ McGray haben einen neuen Fall, den es zu lösen gilt. In „Der Fluch von Pendle Hill“, nach „Die Schatten von Edinburgh“, dem ersten Band der Reihe, versetzt der Autor Oscar de Muriel wieder einmal mehr seine Leser zurück in die viktorianische Epoche.

Wir schreiben das Jahr 1889, in Edinburghs Irrenanstalt wird eine Krankenschwester brutal ermordet. Der Mörder kann entkommen, aber es stellt sich heraus, dass es sich um Joel Ardglass handelt, den Sohn von McGrays Todfeindin Lady Ardglass. Und noch etwas ist bemerkenswert und bringt McGray fast um den Verstand. Bevor Ardglass flüchtet, spricht er mit einer Patientin, die sich seit fünf Jahren in Schweigen gehüllt hat – McGrays Schwester. Der Schotte und der Engländer heften sich auf die Fersen des Mörders. Dabei geht es den beiden nicht nur darum, ihn für den Mord zur Verantwortung zu ziehen. McGray möchte unbedingt wissen, was seine Schwester dazu bewogen haben könnte, ihr Schweigen zu brechen und welche Verbindung es zwischen ihr und Ardglass gibt. Hängt es vielleicht mit den Gerüchten über übernatürliche Vorgänge in der Irrenanstalt zusammen? Diese Frage kann offenbar nur der Flüchtige beantworten, und so geht es für Frey und McGray Richtung Süden in den Osten der Grafschaft Lancashire zum Pendle Hill, Ort der Hexenprozesse im Jahr 1612. Kann es möglich sein, dass deren magische Kräfte bis in die Gegenwart hineinreichen?

Oscar de Muriel, der mexikanische Autor, der seit vielen Jahren in England beheimatet ist, hat für seine Frey & McGray-Reihe die typisch englische Literaturgattung des viktorianischen Schauerromans gewählt. Und dessen Klaviatur beherrscht er meisterhaft, wie auch bereits in seinem Debüt „Die Schatten von Edinburgh“ zu sehen war. In dem vorliegenden „Der Fluch von Pendle Hill“ legt er noch eine Schippe drauf und arbeitet verstärkt mit Übernatürlichem, Aberglauben, aber auch mit alter Mystik und tatsächlich historisch belegten Ereignissen wie beispielsweise den Hexenprozessen von Pendle Anfang des 17. Jahrhunderts.

Und auch die beiden Protagonisten gewinnen im Zuge ihrer Ermittlungen an Profil. Frey glänzt durch Tapferkeit und kann sich bei den täglichen „Grabenkämpfen“ mit seinem schottischen Kollegen vermehrt durchsetzen, während dieser, natürlich auch bedingt durch die thematisierte tragische Familiengeschichte, trotz seiner Schroffheit Emotionen zeigt.

Mystery-Fans werden ihre helle Freude an diesem Buch haben, aber auch die Leser von Kriminalromanen mit historischem Touch werden von dieser spannenden, schwarzhumorigen und gut geplotteten Story nicht enttäuscht sein. Und das Beste zum Schluss: die Geschichte wird fortgeschrieben – im Original ist bereits Band 3 mit dem Titel „A mask of shadows“ veröffentlicht, Band 4 „Loch of the dead“ erscheint Ende Mai 2018.

Bewertung vom 21.01.2018
Yummy Backen
Kührt, Christiane

Yummy Backen


gut

Christine Kührt legt in ihrem Backbuch „Yummy Backen: Lieblingsrezepte für die ganze Familie“ den Schwerpunkt auf alltagstaugliche Rezepte, die sich im Wesentlichen ohne großen Aufwand realisieren lassen. Kein stundenlanges hantieren mit der Pinzette, damit auch noch das kleinste Deko-Element seinen Platz findet, keine verschieden großen Spritztüllen, die die Creme überall dorthin verteilen, wo sie nicht hin soll. Nein, die Rezepte sind überwiegend simpel, und dort, wo es etwas zeitaufwändiger scheint, wie beispielsweise bei den Croissants in unterschiedlichen Ausprägungen, schreckt Kührt auch nicht vor der Verwendung von Fertigteig zurück (was mir persönlich nicht so gut gefällt, aber zu dem Konzept dieses Backbuchs passt).

Es ist, wie der Titel schon sagt, ein Kochbuch für die Familie, aber auch geeignet für Anfänger, die mit geringem Zeitaufwand einen Kuchen auf den Kaffeetisch bringen wollen. Ambitionierte Hobbybäcker werden hier eher wenige Anregungen finden. Die Mehrzahl der Rezepte ist auf der Basis einfacher Rühr- oder Hefeteige, die sich an den Klassikern orientieren: Blech- und Kastenkuchen, aber auch Brötchen und Brot sowie Weihnachtsplätzchen.

Was mir in diesem Backbuch definitiv fehlt, sind nicht nur die Bilder, die bei sehr vielen Rezepten nicht vorhanden sind, sondern auch die Nährwertangaben pro Kuchen bzw. pro Stück. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, gerade deshalb, weil Kinder mitessen und es mittlerweile erwiesen ist, dass man den Zuckerkonsum im Auge behalten sollte.

Hilfreich fand ich die „Tipps & Tricks für perfekte Backergebnisse“ und die „Schnelle Pannenhilfe“, die mit Sicherheit den einen oder anderen Kuchen retten können. Alles in allem bietet „Yummy Backen: Lieblingsrezepte für die ganze Familie“ eine Rezeptsammlung, auf die man zurückgreifen kann, wenn es schnell gehen soll/muss. Diesem Anspruch werden die Rezepte absolut gerecht, für ambitionierte Kuchenbäcker sind sie eher weniger geeignet.

Bewertung vom 21.01.2018
Foodboom
Foodboom

Foodboom


sehr gut

Foodboom ist ein Kollektiv von Kochverrückten, die möglichst viele Menschen mit ihrer Leidenschaft infizieren möchten. Genuss und gutes Essen sowie die eigenhändige Zubereitung desselben, soll vor allem der jüngeren Generation nahe gebracht werden. Dafür nutzen sie in erster Linie das Internet, wo auf Youtube, Facebook und Instagram jede Menge Rezeptvideos abrufbar sind. Ergänz wird das durch die entsprechende Zeitschrift und eine Smartphone-App. Aber mittlerweile gibt es mit „Foodboom: Das neue Kochen“ auch eine Printausgabe für die „Old School Köche“.

Die Einteilung der Rezepte ist klassisch, Vorspeisen, Fleisch, Fisch, Süßes – auch wenn die jeweiligen Kapitel mit wohlklingenden, unkonventionelle Überschriften versehen sind, wie „Triple S, Fill up the tank, Meat Lovers, Fish Freaks, Next Level Sweets“. Das wirkt auf mich dann eher als eine überflüssige Um-jeden-Preis-bemüht Attitüde.

Den klassischen Sonntagsbraten findet man nun nicht gerade, es sind eher die momentan angesagten Gerichte wie Pulled Pork, Sushi Bowl und Pizzadillas – Grobrichtung asiatisch und mediterran, wobei jetzt allerdings für mich nichts weltbewegend Neues dabei gewesen wäre. Präsentiert werden die Rezepte mit separater Zutatenliste, Vorbereitungs- und Garaufwand plus detaillierter Zubereitungsbeschreibung. Zur Veranschaulichung gibt es dann auch noch ein nettes Foto dazu.

„Foodboom: Das neue Kochen“ richtet sich vor allem an junge Leute, die ihre Passion für gutes, Selfmade-Essen entdeckt haben. Aber auch der eine oder andere Hobbykoch kann dadurch angeregt werden, vertraute Pfade zu verlassen, zu experimentieren und Neues auszuprobieren.

Bewertung vom 21.01.2018
ARD-Buffet. Weltküche
ARD Buffet

ARD-Buffet. Weltküche


sehr gut

Es stürmt, regnet wie aus Eimern, der Himmel ist grau. Man sehnt sich nach Wärme, nach Licht, nach Farbe. Aber der nächste Urlaub ist noch meilenweit entfernt. Mein Mittel der Wahl ist in solchen Fällen ein Kochbuch aus der ARD-Buffet Reihe: Weltküche: mediterran - orientalisch – asiatisch, das zumindest auf dem Teller die Illusion von Sonnen und Süden verbreitet.

Vielfältige Rezepte aus der Weltküche werden von den renommierten Chefs des ARDBuffet vorgestellt, allen voran Jaqueline Amirfallah, aber auch u.a. Ali Güngörmüs, Nicole Just und Vincent Klink, so dass für jeden Geschmack, ganz gleich, ob mit oder ohne Fleisch, etwas dabei ist.
Das Kochbuch ist in fünf Bereich eingeteilt: Gemüse & Co., Pasta, Reis und & Co., Fleischgerichte, Geflügelgerichte und Fisch & Co., dazu gibt es Schritt für Schritt Anleitungen für den süßen Abschluss sowie Burger-Brötchen und Ballonbrot. Eingeschoben sind kurze Kapitel, die einen Überblick über orientalische Zutaten, Kräuter und Gewürze geben.

Präsentiert werden die Rezepte überwiegend auf Doppelseiten mit ansprechenden Fotografien, die glücklicherweise nicht übermäßig gestylt daherkommen, sondern ohne viel Tamtam auf dem Essgeschirr arrangiert sind.

Der Aufwand und die Garzeiten variieren, wobei interessanterweise die eher „schlichten“ Gerichte in der Vorbereitung am aufwändigsten sind. Schwierig empfand ich beim Nachkochen kein einziges der Rezepte, allerdings musste ich manche Zutaten, speziell im Kräuterbereich, in Ermangelung eines gut sortierten Asia-Ladens, nach eigenem Gusto ersetzen.

Der Schwerpunkt dieses Kochbuchs liegt eindeutig auf der orientalischen Küche, wer hier noch Anregungen benötigt, die sich relativ unkompliziert umsetzen lassen, wird mit „ARD-Buffet. Weltküche: mediterran - orientalisch – asiatisch“ bestens bedient.

Bewertung vom 18.01.2018
Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1
Weigold, Christof

Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1


sehr gut

Christoph Weigold ist von Haus aus Drehbuchautor für diverse Theater, Film- und Fernsehproduktionen, und das merkt man auch seinem ersten Roman „Der Mann, der nicht mitspielt“ an – positiv, wohl bemerkt. Durch seine präzisen Beschreibungen fühlt sich der Leser bereits nach den ersten Zeilen in das Los Angeles der zwanziger Jahre versetzt. Und schon rattert das Kopfkino los und lässt schwarz-weiße Bilder entstehen, die von den Klassikern des Genres, allen voran Raymond Chandler mit seinem Privatdetektiv Philip Marlowe, geprägt sind. Und ja, die Anleihen sind sehr offensichtlich.

Hollywood in den zwanziger Jahren. Die Filmindustrie blüht auf, es ist die Zeit der Stummfilme. Der 18. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten verbietet die Herstellung, den Transport und den Verkauf von Alkohol. Die Prohibition fördert das organisierte Verbrechen.

Manch einer fühlt sich von den Möglichkeiten, die die Glitzermetropole bietet, magisch angezogen. So auch Hardy Engel, Deutscher, ehemaliger Polizist und Möchtegern-Schauspieler, den es nach Hollywood verschlagen hat, dessen Karriere aber nicht so recht in Gang kommen will und der sich deshalb eine Lizenz als Privatdetektiv besorgt hat, um seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Eines Tages sucht ihn Pepper Murphy auf, die rothaarige, geheimnisvolle Schauspielerin, die vor seiner Bürotür wartet. Sie macht sich Sorgen um Virginia Rappe, ihrer Freundin und Mitbewohnerin, die ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben, seit zwei Tagen verschwunden ist. Deren Liebhaber, ein bekannter Regisseur, hat Pepper zu Engel geschickt, um diesen mit der Suche nach Virginia zu beauftragen. Es stellt sich heraus, dass Virginia tot ist, die Umstände sind mehr als zweifelhaft und weisen nicht unbedingt auf einen natürlichen Tod hin (warum kommt mir nur gleich #metoo in den Sinn?).

Engel begibt sich in den Bauch der Traumfabrik und ermittelt in diesem Todesfall. Dabei verschont er auch seine Landsleute nicht, die sich um den Gründer eines der bedeutendsten Filmstudios scharen. Er begibt sich in den Bauch Hollywoods, nicht wissend, welche Ergebnisse seine Nachforschungen bringen werden, und das ist auch besser so. Vielleicht hätte er doch die Finger von diesem Fall lassen sollen…

Es sind die detaillierten Beschreibungen, die Weigolds Krimidebüt auszeichnen, ganz gleich, ob Personen, Geräusche oder das Setting, die diese Zeit stimmig zum Leben erwecken. Geschrieben mit leichter Hand hat der Autor sich einen realen Mordfall zum Vorbild genommen und diesen fiktional aufgepeppt. Herausgekommen ist ein spannender historischer Kriminalroman, der den Auftakt einer Serie bildet, die ihre Inspiration aus realen Todesfällen holt, die mit der Filmindustrie Hollywoods in Verbindung stehen. Meiner Meinung nach eine Reihe, die man unbedingt im Auge behalten sollte.

Bewertung vom 17.01.2018
Mudbound - Die Tränen von Mississippi
Jordan, Hillary

Mudbound - Die Tränen von Mississippi


ausgezeichnet

Südstaatenromane gibt es in großer Zahl, und in den meisten wird die üppige Plantagenherrlichkeit in den buntesten Bildern geschildert. Nicht so in Hillary Jordans „Mudbound“, der eine mittellose weiße sowie eine von ihnen abhängige afroamerikanische Familie ins Zentrum setzt. Keine prachtvollen Villen, keine rauschenden Feste, keine Pfirsich-Cocktails. Das wäre aber auch nicht passend, wenn man den zeitlichen Kontext betrachtet, in dem der Roman angesiedelt ist.

Der Zweite Weltkrieg ist vorüber, die Soldaten kehren heim. So auch die beiden Freunde Jamie (Bruder von Henry McAllan) und Ronsel (Sohn der Jacksons), wobei Heimat in ihrem Fall „Mudbound“, eine Baumwollplantage in Mississippi, meint. Das Land gehört dem weißen Ehepaar Henry und Laura McAllan, deren unterstützt werden sie von ihren afroamerikanischen Pächtern Hap und Florence Jackson. Und es ist auch die Erde, die sie gemeinsam bebauen, die diese beiden Familien verbindet. Sie haben zwar unterschiedliche Hautfarben, müssen aber mit den gleichen Unbillen kämpfen, die vor allem Laura zu schaffen machen. Keine Wasserversorgung, keinen Stromanschluss, dafür aber wahlweise je nach Witterung jede Menge Staub und Matsch.

Natürlich erzählt „Mudbound“ von Rassentrennung und Diskriminierung, das ergibt sich schon aus der Wahl des Ortes und der Zeit. Aber es ist auch eine Geschichte über Träume und Sehnsucht, über Stolz und Würde, über Autonomie und Abhängigkeit, und zu allererst über Hoffnung und Freundschaft, die die Rassenschranken überwindet.

Jordan zeigt die Schwierigkeiten auf, die sich aus dem Umstand ergeben, dass eine Gesellschaft zutiefst rassistisch ist und es dem Einzelnen fast unmöglich machen, aus diesem Muster auszubrechen. Vor allem dann, wenn das einzige Unterscheidungsmerkmal die Hautfarbe ist. Wenn man im Krieg Seite an Seite gekämpft hat. Und doch kann dies nicht die unheilvollen Ereignisse verhindern, die den Schlusspunkt des Romans bilden…

Der arme „tiefe Süden“ liefert die Kulisse für Jordans beeindruckenden (Familien-)Roman, der von der amerikanischen Kritik mit Lob überhäuft und mit Preisen ausgezeichnet wurde. Mittlerweile gibt es auch die entsprechende Verfilmung bei einem Streamingdienst, die nicht minder beeindruckend ist und deren Darsteller bereits als Oscar-Kandidaten gehandelt werden.

Bewertung vom 16.01.2018
TICK TACK - Wie lange kannst Du lügen?
Miranda, Megan

TICK TACK - Wie lange kannst Du lügen?


weniger gut

Megan Miranda hat bisher Jugendromane geschrieben und mit „TICK TACK – Wie lange kannst du lügen?“ nun ihren ersten Thriller veröffentlicht. Aber hier muss ich gleich eine Einschränkung machen, die Bezeichnung Thriller scheint mir etwas zu hoch gegriffen. TICK TACK ist der typische Frauenkrimi mit psychologischem Einschlag im Stile von Gone Girl oder Girl on the Train, leider aber lange nicht so ausgereift wie die beiden genannten Bücher. Auf diesen Roman neugierig hat mich der Hinweis gemacht, dass die Ereignisse rückwärts erzählt werden – ein Verfahren, das ich aus zahlreichen Filmen kenne und ganz reizvoll finde, bewusst aber so noch nicht gelesen habe.

Nicolette kehrt nach langjähriger Abwesenheit in die Kleinstadt zurück, in der sie aufgewachsen ist. Kurz darauf verschwindet ein junges Mädchen. Dieser Vorfall katapultiert sie zehn Jahre zurück. Sie erinnert sich an die Zeit als ihre Freundin Corinne spurlos verschwunden ist. Niemand konnte sich erklären, warum oder wohin. Selbst ihre besten Freunde hatten keine Ahnung. Und bis zum heutigen Tag gibt es keine Antworten auf ihre Fragen. Stück für Stück holen die Erinnerungen Nic wieder ein und lässt die Tage, ausgehend von Corinnes verschwinden, Revue passieren. Sie reflektiert die Beziehungen innerhalb der Freundesclique und schaut auch genauer auf die damaligen Ereignisse in dem Städtchen. Und allmählich füllen sich die Leerstellen…

Nun ja, Megan Miranda erfindet den „Ladythriller“ nicht neu. Zwar kann man dem rückwärtigen Erzählen einen gewissen Reiz nicht absprechen, aber wenn die Story inhaltlich nichts Neues zu bieten hat – und das ist hier definitiv der Fall - läuft auch diese Technik recht schnell ins Leere. So bleibt TICK TACK leider nur ein lauer, vorhersehbarer, durchschnittlicher Krimi ohne Überraschungspotenzial.

Bewertung vom 16.01.2018
Die Eishexe / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.10
Läckberg, Camilla

Die Eishexe / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.10


gut

2003 erschien im Zuge der Skandinavien-Krimi-Welle mit „Die Eisprinzessin schläft“ das erste Buch der Schwedin Camilla Läckberg mit dem Ermittlerduo Erika Falck und Patrik Hedström, sie Schriftstellerin, er Polizeibeamter. Die Autorin war und ist sehr produktiv, so ist die Reihe mit der vorliegenden Neuerscheinung „Eishexe“ auf mittlerweile zehn Bände angewachsen. Erstaunlicherweise konnte sie auch bisher fast ausnahmslos das Niveau ihres Erstlings bei den Nachfolgebänden halten, was bei Krimireihen eher eine Seltenheit ist.

Nun also „Eishexe“. Wie üblich splittet Läckberg die Geschichte, die sie erzählen möchte, in Vergangenes und Gegenwärtiges: Vor 300 Jahren wird eine junge Frau Opfer der Hexenverfolgung. Vor dreißig Jahren verschwindet in Fjällbacka ein kleines Mädchen, das wenig später ertrunken aufgefunden wird. Und heute wird die kleine Linnea vermisst. Es sind diese drei Handlungsstränge, die die Autorin Stück für Stück aufbaut, parallel verlaufen lässt, um sie dann am Ende zusammenzuführen. Patrik Hedström ermittelt in dem aktuellen Fall, während seine Frau Erika im Zuge ihrer Recherchen zu einem neuen Buch damit beschäftigt ist, den Fall des vor dreißig Jahren verschwundenen Kindes im Detail aufzuarbeiten. Doch offenbar reicht das der Autorin nicht, denn sie nimmt auch Bezug zur Flüchtlingskrise und dem aufkommenden Rechtsradikalismus in Schweden bzw. in diesem Fall in Fjällbacka sowie bösartigem Mobbing unter Jugendlichen und seinen Folgen.

Und hier setzt auch meine Kritik an. Ich schätze die Romane dieser Reihe, die sich mit ihren „normalen“ Protagonisten wohltuend von anderen Skandinavien-Krimis mit depressiven, alkoholkranken Ermittlern abhebt. Bei Läckberg menschelt es, da sie sich nicht nur auf das Privatleben ihrer beiden Protagonisten beschränkt sondern quasi das ganze Dorf mit ins sprichwörtliche Boot holt. Aber in ihrem aktuellen Buch hat sie es eindeutig übertrieben. Viel zu viele Nebenhandlungen verwässern die eigentliche Story und blähen den Umfang unnötig auf. Außerdem hat mir während der gesamten Lektüre der Bezug zu den historischen Einschüben gefehlt, in deren Zentrum aber, obwohl nie namentlich bezeichnet, die titelgebende „Eishexe“ steht, so dass mich auch die Hopplahopp-Verknüpfung ganz am Ende nicht wirklich überzeugen konnte.