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hasirasi2
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Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1127 Bewertungen
Bewertung vom 13.07.2019
Katergericht / Kater Socke Bd.4
Wolpert, Heike

Katergericht / Kater Socke Bd.4


sehr gut

Spannender und humorvoller Cosy-Krimi, nicht nur für Katzenfreunde

Vor 15 Jahren hat Philipp Oberwasser den Mann seiner ehemaligen Freundin Patrizia im Streit erschlagen. Jetzt, kurz nachdem er aus der Haft entlassen wurde, ist Philipp tot. Ein Kopfschuss, die Waffe liegt direkt neben seiner Hand – aber hat er sich wirklich selber erschossen? Warum sollte er?
Kurz darauf wird auch Anwalt Stefan Zweibold, der Philipp damals verteidigt hat, tot aufgefunden – Überdosis. Stefan war zwar ein stadtbekannter Säufer und seine Kanzlei lief nicht gut, aber Drogen hat er bisher nicht konsumiert. Außerdem hatte er seinem Sohn und einem ehemaligen Mitschüler kurz vorher erzählt, dass er bald das ganz große Geld macht. Warum sollte er sich den goldenen Schuss setzen? War es ein Unfall?
An beiden Tatorten werden die Fingerabdrücke eines Kleinkriminellen Kai Krüger gefunden. Der ist aber eher für Drogenhandel und Einbrüche bekannt, warum sollte er jetzt 2 Menschen umgebracht haben?
Kommissar Peter Flott ist skeptisch. Er war auch in die Ermittlungen vor 15 Jahren involviert und schon damals erschien ihm Philipps Geständnis nicht ganz rund. Hat sich evtl. die Witwe nach so vielen Jahren gerächt? Aber wie passt der tote Anwalt ins Bild? Und Kater Socke, der ihn bei den vorherigen Ermittlungen oft unterstützt hat, ist diesmal abgelenkt. Seine beste Freundin Mimi ist verschwunden! Die Suche nach ihr geht für ihn natürlich vor.

Obwohl „Katergericht“ bereits der 4 Band dieser Reihe ist und ich die Vorgänger nicht kenne, habe ich sofort gut in die Handlung gefunden. Die beiden Handlungsstränge um Peter Flotts Fall und Kater Sockes Suche nach Mimi laufen überwiegend parallel und kreuzen sich immer nur kurz. Während sich der Kommissar bei den Ermittlungen an den Dienstweg halten muss und lange im Dunkeln tappt, schmuggelt sich Socke auch schon mal an die Tatorte und wird so zum Star im Sommerlochs der örtlichen Zeitung. Und am Ende ist Socke auch ein kleines bisschen schneller als Peter ...

Heike Wolpert hat einen humorvollen Cosy-Krimi mit sehr eigenen sympathischen, tierischen Ermittlern geschrieben. Neben dem neugierigen Kater Socke mochte ich vor allem die total verfressene Cloneey und eingebildete Perserkatze Suleika. An die menschliche Züge der Katzen und ihre Gespräche musste ich mich zu Beginn etwas gewöhnen, aber dann haben sie gut in das Geschehen gepasst.
Auch die menschlichen Ermittler haben Ecken und Kanten, ein ganz normales Leben, welches sie bei der Arbeit nicht immer ausblenden können.

Fazit: Spannender und humorvoller Cosy-Krimi, nicht nur für Katzenfreunde.

Bewertung vom 10.07.2019
Heideblütenküsse
Konnerth, Silvia

Heideblütenküsse


sehr gut

Für Liebe ist immer die richtige Zeit

Mit ihrer Scheidung glaubt Maklerin Emma, ihr Leben wieder einmal neu beginnen zu können – genau wie vor 16 Jahren, als sie das Dörfchen Moorbach in der Lüneburger Heide verlassen hat und nie zurückgekehrt ist. Doch leider macht ihr Chef ihr einen Strich durch die Rechnung: Sie soll für eine Romantikhotelkette die Pension von Moorbach kaufen. Diese gehört die ausgerechnet ihrem ehemals besten Freund und Jugendliebe Mark. Auch mit ihm hatte seit ihrem Weggang keinen Kontakt, weil er sie nach einem „Vorfall“ damals fallen ließ. Emma hat eine Woche, um sich mit ihm auszusöhnen und ihn zu überzeugen, das Haus ihrem Kunden zu verkaufen und nicht einem ihrer Mitbewerber.
Doch schon das Wiedersehen mit ihren Eltern wird gefühlsbetonter, als sie es sich vorstellen konnte und auch sonst kommen ihr die Spaziergänge durch ihre alte Heimat jedes Mal wie ein Spießrutenlauf vor. Zuflucht sucht sie dann in der Heide und läuft dabei erst Hengst Elvis und dann seinem Besitzer Leo in die Arme. Emma hat Angst vor Pferden und auch Leo eigentlich nicht ihr Typ, aber er ist der Einzige, der ihr unvoreingenommen gegenübersteht: „Aus irgendeinem Grund verbringe ich gern Zeit mit dir ...“ (S.137)
Und auch wenn Mark zu Beginn eiskalt und abweisen auf ihre Kontaktversuche reagiert, die Schmetterlinge spüren sie trotzdem beide bald wieder. Aber kann man eine alte Liebe einfach aufwärmen?

Emma ist eine taffe Frau, ein Stehaufmännchen, die schon einige Schicksalsschläge hinter sich hat und Schwäche bei sich selbst nur schwer zulassen kann. Die Rückkehr zu den Orten ihrer Kindheit und Jugend bricht ihre Schale auf. Sie lernt, wieder Gefühle zuzulassen und zu vertrauen, sich mit sich und anderen auszusöhnen. Will sie nach dem Auftrag wirklich wieder weg aus Moorbach? „Sie hatte es nicht eilig, in ihr richtiges Leben zurückzukehren ...“ (S. 187)
Mark konnte ich lange nicht einschätzen, er war mir zu etwas wankelmütig und zickig, bis er sich endlich mit Emma aussprach und dann sofort ihre alte Liebe wiederbeleben wollte. Da hat mir Leo deutlich besser gefallen. Er sieht sie nämlich so, wie sie jetzt ist und nicht so, wie sie früher war.
Meine persönlichen Lieblinge aber waren (neben Elvis natürlich) Emmas Eltern. Sie sind ein ganz zauberhaftes Paar, die auch nach vielen gemeinsamen Jahren immer noch sehr liebevoll und respektvoll miteinander umgehen und die Eigenarten des anderen respektieren.

„Heideblütenküsse“ von Silvia Konnerth ist ein typischer Sommer-Sonne-Urlaubsroman mit ganz viel Heide-Flair, bei dem es einige Geheimnisse, Verwicklungen und ganz viel Liebe gibt. Mir persönlich war an einigen Stellen zwar zu viel Drama und auch der Ausgang zu vorhersehbar, aber das wurde durch ein paar wirklich überraschende Wendungen relativiert.

Bewertung vom 07.07.2019
Der Alte muss weg
Berling, Carla

Der Alte muss weg


ausgezeichnet

Wenn ich nicht (mehr) verheiratet wäre, dann ...

Wer stellt sich nicht manchmal das Leben ohne seinen Partner vor, aber deswegen auf Haus, Auto, Sparbuch und Einbauküche verzichten? „Nie im Leben!“ denken Steffi und ihre Freundinnen beim montäglichen Klönen. Schließlich sind sie seit über 30 Jahren verheiratet und würden bei einer Scheidung nur verlieren: „Man kriegt doch nie im Leben wieder raus, was man mal investiert hat.“ (S. 17). Also gibt’s nur eine Lösung: „Der Alte muss weg“! Und hat nicht erst neulich ein Spezialist im Fernsehen erzählt, dass die meisten Morde gar nicht als solche erkannt werden? Da müsste sich doch was Todsicheres finden lassen ...

Carla Berling hat mich sehr überrascht. Was als lockerer, sehr sarkastischer Frauenroman beginnt, wird schon bald zur bitterbösen, selbstreflektierenden, tiefsinnigen und sehr spannenden Dramödie. Denn natürlich gehen die bierseligen Pläne schief und trotzdem sind am Ende Opfer zu beklagen „Wäre Elfi an diesem verhängnisvollen Montag nicht so betrunken gewesen, wäre vieles anders gelaufen. Vielleicht würden zwei Menschen heute noch leben.“ (S. 22).

Doch nicht nur die Frauen, auch Steffis Mann Tom scheint einen Plan zu haben. Der verhält sich plötzlich komisch, hat Geheimnisse vor ihr und optimiert sein Äußeres. Hat er etwa eine Geliebte? Will er sie abservieren, bevor sie ihn loswerden kann? So war das aber nicht geplant! Und auch bei Elfi und Babette läuft es völlig anders als erwartet.
Vor allem die Szenen mit Babettes Mann haben mich etwas schockiert und ich habe mich gefragt, ob die Autorin sie vielleicht selbst in der Bekanntschaft erlebt, gehört oder gelesen hat, denn sowas kann man sich fast nicht ausdenken. Ein sadistischer Fiesling par Excellence. Aber ist Babette wirklich so unschuldig, hilflos und naiv, wie ihr Blick aus den großen brauen Augen vermuten lässt?

Neben der Situationskomik und den spannenden Momenten lebt das Buch vor allem von den überspitzten Charakteren. Steffi bezeichnet sich selbst und ihre Garderobe als langweilig „leberwurstfarben“, Babette blüht auf, sobald sie das Haus verlässt und Elfi hat sich über die Jahre eine dicke Schutzschicht angefressen, weil ihr Mann sie immer nur als „zweite Wahl“ bezeichnet hat. Nur die unverheiratete Zita genießt das Leben in vollen Zügen und hält ihnen einen Spiegel vor: „Ein Leben, dass ihr nicht wollt, einen Typen, den ihr nicht liebt und Dinge, die man ersetzen kann.“ (S. 42)

Mein Tipp für alle Fans von Tatjana Kruse!

Bewertung vom 06.07.2019
Scherben des Glücks
Naumann, Cornelia

Scherben des Glücks


sehr gut

Spielball der Politik

„Wir werden geboren, um gut verheiratet zu werden.“ (S. 83/84)
Wilhelmine, die Tochter des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm, gilt als nicht besonders hübsch, missgestaltet und auch noch intelligent – was für eine Schmach. Dass sie zumindest gerade gewachsen ist, wird den Brautwerbern anderer Königshäusern bewiesen, indem sie sich als Jugendliche vor ihnen ausziehen muss. Und auch sonst wird sie nicht auf Rose gebettet. Ihre erste Erzieherin misshandelt sie tägliche. Ihre Eltern hatten endlich einen Thronfolger erwartet und dann war es wieder nur ein Mädchen – Wilhelmine konnte sie also nur enttäuschen. Als Mann geboren, wäre sie der perfekte Erbe ihres Vaters gewesen – sie ist intelligent, sehr gebildet, musisch begabt und politisch interessiert. So aber wird sie zum Spielball ihrer dauernd verstrittenen Eltern, die durch Wilhelmines Heirat ihre politischen Ambitionen durchsetzen wollen. Ihrem Lieblingsbruder, Friedrich dem Großen, geht es ähnlich. Als sich die Beiden dieser Situation durch Flucht entziehen wollen, werden sie erwischt und eingesperrt. Ihr Vater zwingt Wilhelmine, Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth zu heiraten, obwohl ihre Mutter seit Jahren mit der englischen Krone verhandelt. Wider Erwarten verlieben sich Wilhelmine und Friedrich und führen zumindest in den ersten Jahren eine sehr harmonische Ehe. Sie ergänzen sich perfekt, sind beide musikalisch interessiert, bauen Bayreuth nach ihren Wünschen neu auf – doch ein Thronfolger bliebt ihnen versagt ...

Ich wusste bis zu diesem Buch nichts über Wilhelmine, ihre Errungenschaften um die Modernisierung des Landes, den Bau der Bayreuther Oper, diverser Schlösser und Parks. Wilhelmine liebte die schönen Künste, Theater, Malerei, Bücher und vor allem Musik, sie komponierte sogar selbst. Außerdem scharte sie berühmte Philosophen und Künstler um sich, unterhielt lebenslange Briefwechsel und Freundschaften mit ihnen.
Cornelia Naumann erzählt auch spannend und ungeschönt von den Schattenseiten: Wilhelmines schwerer Kindheit, ihren ständig wiederkehrenden Krankheiten und der Untreue ihres Mannes ausgerechnet mit ihrer engsten Vertrauten.

Ich mag biografische Romane, weil man nicht nur etwas über die jeweilige Person, sondern auch über die Zeit und Lebensumstände erfährt. Die Autorin hat ein sehr lebendiges Bild von Wilhelmine gezeichnet, allerdings waren mir einige Vorkommnisse und politischen Erwägungen zu ausführlich beschrieben. Auch die kleinen Zwischenkapitel der Spiegelscherben haben sich mir nicht immer erschlossen. Waren es Fieber- / Albträume? Aber solche Eindrücke sind ja immer sehr subjektiv und davon abgesehen, bin ich gern in Wilhelmines Leben abgetaucht habe die knapp 700 Seiten an nur 3 Abenden gelesen, so fesselnd und abwechslungsreich war ihre Geschichte.

Bewertung vom 02.07.2019
Die Seidentöchter
Caboni, Cristina

Die Seidentöchter


sehr gut

Altes zu neuem Leben erweckt

„Der Stoff kam Camilla vor wie ein Gemälde, ein Kunstwerk aus Farben und Formen.“ (S. 15) Camilla hat eine ganz besondere Fähigkeit. In einem kleinen Atelier in Bellagio (Italien) arbeitet sie die geerbten Kleider ihrer Kundinnen um und haucht ihnen so neues Leben ein. Die „neuen alten“ Kleider stellen die besten Seiten ihrer Trägerin heraus, versinnbildlichen deren Träume. Schon Camillas Mutter war Schneiderin und hatte ihr vieles beigebracht. Nach dem frühen Tod ihrer Eltern ist Camilla bei Marianne in Mailand aufgewachsen, die ein Textilimperium leitet und sie als Ziehtochter angenommen hat.
Inzwischen ist Marianne alt und wird von Albträumen geplagt. Ihre Mutter Caterina hatte ihr am Totenbett erzählt, dass sie vor ihr schon eine Tochter geboren und in den Wirren des 2. WKs verloren hatte. Marianne sollte sie suchen, hat das aber nie gemacht. Jetzt bittet sie Camilla darum. Unter Caterinas Sachen finden sie Kleider von der berühmten, während des 2. WK verstorbenen Modeschöpferin Maribelle. Woher hatte Caterina die? Angeblich sind Mirabelles Kreationen damals mit ihr verbrannt ...

Cristina Caboni erzählt eine sehr spannende Geschichte voller Geheimnisse. Nicht nur Caterina ist dem Leser ein Rätsel, auch Camilla gibt nicht viel von sich Preis. Warum ist sie damals nicht in Mariannes Firma eingestiegen sondern hat Mailand fluchtartig verlassen?

Auf zwei Zeitebenen kommt man Caterina und Camilla näher. Dabei hat mir Strang, der in der Vergangenheit spielt, etwas besser gefallen. Du bist mein Fluch Caterina. Immer wenn ich dich ansehe, dann sehe ich ihn.“ (S. 111) Caterina wird vom Schicksal gebeutelt. Ihre Geschichte hat mich sehr bewegt und erschüttert. Aufgewachsen in einem kleinen Fischerdorf, führt ihr Weg sie später nach Mailand und Frankreich. Ihr Leben ist ein einziges ein Auf und Ab, Glück und Leid wechseln oft blitzschnell – und dann kommt der 2. WK ...
Camilla fühlt sich zwischen der Freiheit ihrer Arbeit in Bellagio und ihrer Verpflichtung gegenüber Marianne hin- und hergerissen. Außerdem ist da noch Marco, in den sie seit Jahren heimlich verliebt ist. Das Gefühlschaos, welches Camilla wegen ihm empfindet, war mir zu viel Drama á la italienischer Oper und passte m.E. auch nicht in die heutige Zeit. Sie ist eine moderne Frau, die etwas ziellos durch ihr Leben mäandert und der es deutlich an Selbstvertrauen fehlt - ihr Charakter war für mich nicht richtig ausgewogen.

Allen Frauen dieses Buches liegt das Verständnis für Stoffe und deren Verarbeitung im Blut. Man spürt in jeder Zeile, wie sehr sie die Materialien und Schnitte lieben, wie kreativ sie sind und wie sie darin aufgehen. Bei diesen Szenen wird Cabonis Sprache wundervoll poetisch.

Auch wenn ich früh geahnt habe, wie alles zusammenhängt, und mich das Ende dadurch nicht wirklich überrascht hat, konnte mich das Buch bis zum Ende fesseln.

Mein Tipp für alle modeaffinen Menschen, die dramatische Liebesgeschichten mögen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.06.2019
Manche mögen's tot / Konny und Kriemhild Bd.3
Kruse, Tatjana

Manche mögen's tot / Konny und Kriemhild Bd.3


ausgezeichnet

Die K & K Schwestern – nur echt mit Gabi!

„Konny und Kriemhild waren nicht aktiv auf der Suche nach dem Drama. Das Drama fand sie von ganz allein.“ (S. 277)
Eigentlich will Kriemhild im Morgengrauen nur Pfifferlinge an ihrer Lieblingsstelle im Wald ernten als sie beobachtet, wie ein Honoratior der Stadt seine Frau erschießt. Leider entdeckt er Kriemhild und schießt auch auf sie – und trifft. Aber Kriemhild hat Glück, es ist nur ein Streifschuss. Doch als ihr die Polizei nicht glaubt, weil der Täter ein Alibi hat und seine Frau angeblich noch lebt, fürchtet Kriemhild um ihr Leben und taucht ab – in einen monströsen Mahagoni-Sarg, der Konny in den Wahnsinn treibt. Denn wenn schon, denn schon: „Ich will bei meiner Beerdigung dabei sein, und wenn es das Letzte ist, was ich tue!“ (S. 261).

Tatjana Kruse hat es wieder getan und den Schnüffelschwestern einen sehr amüsanten und spannenden Fall auf den hageren (Kriemhild) bzw. fülligen (Konny) Leib geschrieben. Dabei könnten die sich jetzt endlich aufs gemütliche Altenteil zurückziehen. Dank dem Geld des Kommodore, welches sie bei ihrer letzten Ermittlungstätigkeit (nachzulesen in „Meerjungfrauen morden besser“) geborgen haben, ist ihre Pension rundum saniert, die Gäste „stören“ – also nächtigen – nicht mehr im Haus, sondern in der umgebauten Scheune und einen Concierge, der sie anlernen soll, haben sie auch. Lambert Kaiser ist ein echter Gewinn und wahrt in wirklich jeder Situation die Contenance. Aber nun bringt Kriemhild alles durcheinander, weil sie sich im Salon aufbahren lässt, ihre unvergessliche Beerdigung plant und nebenher den Mörder zur Strecke bringen will und damit alle in Gefahr bringt.

Die Krimis von Tatjana Kruse sind für mich ein Garant für sehr gute Unterhaltung und einen fast ununterbrochenen Lachflash. Sie leben von den Streitgesprächen der ungleichen Zwillinge, der pointierten Situationskomik und den skurrilen Protagonisten. Allen voran natürlich Konny und Kriemhild. Erstere hat die Suche nach der großen Liebe zur Zeit eingestellt: „Aber scheiß aufs Verlieben – zwanzig Tassen Kaffee brachten ihr Herz auch zum Rasen.“ (S. 39), das merkt man auch ihrer Kolumne für die Frauenzeitschrift an. Die ist weicher geworden, verständnisvoller, aber immer noch mit einem ordentlichen Schuss Humor garniert. Kriemhild hingegen blüht bei den Ermittlungen richtiggehend auf und ist für vorsichtige Kritik taub: „Nein, sie war nicht sturköpfig, nur extrem meinungsstabil.“ (S. 92). Leider vergisst sie dabei auch, dass sie sich als Leiche eigentlich still verhalten soll.
In der Pension geht es zu wie im Taubenschlag. Die Gäste wollen unbedingt eine irische Totenwache am Sarg halten. Neben einem Geist und vermummten Gestalten tauchen auch noch ein Parapsychologe, eine große sperrige Kiste im Flur und Kommissar Tröndle aus Hamburg wieder auf und mischen kräftig mit.
Und als würde Nacktkater Amenhotep und Graupapagei Chuck Norris nicht schon genug Chaos verbreiten, bringt auch der sehr „experimentierfreudige“ Sohn eines Gästepaares zusätzlichen Schwung in das Ganze ...

Leider war auch „Manche mögen´s tot“ wieder viel zu schnell ausgelesen und nun muss ich auf die hoffentlich baldige Fortsetzung warten.

PS: Obwohl die Bücher dieser Reihe in sich abgeschlossen sind, empfehle ich, sie in der entsprechenden Reihenfolge zu lesen. Man versteht dann einige Hintergründe und Personen besser und sie sind wirklich unglaublich lustig!
PPS: Wer wissen will, was es mit Gabi auf sich hat, MUSS die Bücher jetzt einfach lesen ;-).

Bewertung vom 27.06.2019
Zeit aus Glas / Das Schicksal einer Familie Bd.2
Renk, Ulrike

Zeit aus Glas / Das Schicksal einer Familie Bd.2


ausgezeichnet

Ich will leben

„Ich möchte tot sein, das alles nicht erleben, und gleichzeitig möchte ich natürlich leben ..., aber nicht so.“ (S. 41)
Ruths Familie hat die Pogromnacht überlebt, auch dank der Hilfe ihrer arischen Freunde. Aber ihr Haus ist zerstört und aufgrund eines neuen Gesetzes müssen sie es reparieren um es dann weit unter Wert zu verkaufen. Sie ziehen zu Freunden, die in wenigen Wochen emigrieren und deren Wohnung sie übernehmen können. Die systematische Vertreibung und Vernichtung der Juden hat begonnen – nur wollen diese das nicht wahrhaben. „Was soll den nur aus uns, aus diesem Land werden?“ (S. 31) Vor allem die Älteren (wollen) glauben, dass der 9. November nur ein Ausrutscher, eine einmalige Aktion war. Es sind die jungen Leute, die ihre Zukunft verlieren und jetzt so schnell wie möglich weg wollen. Denen ihr freies, selbstbestimmtes Leben lieber ist als ihre Heimat.

Ulrike Renk hat es geschafft, mit nur wenigen Sätzen sofort wieder die angstvolle Atmosphäre zu erschaffen und nahtlos an den ersten Band der Saga „Jahre aus Seide“ anzuschließen. Wieder steht Ruth im Vordergrund – schließlich ist es ihre Geschichte, die erzählt wird. Ausgehend von Tagebüchern, Briefen, Fotos und Zeitzeugenberichten, spinnt Ulrike Renk um deren Erlebnisse eine extrem fesselnde und aufwühlende Geschichte.

Ruths Mutter ist schon immer sehr gefühlsbetont, wahrscheinlich depressiv. Die Ereignisse vom November kann sie nicht verarbeiten. Sie verkriecht sich in ihrem Schmerz und erleidet einen Nervenzusammenbruch. Ruth muss auf einen Schlag erwachsen werden und sie vertreten. Sie versucht Zuversicht zu verbreiten, egal wie es in ihr aussieht. Im Geheimen aber verfolgt sie eigene Pläne. In England werden Haushalthilfen gesucht – wäre das eine Chance für sie, die Familie zu retten? „... eine Tür nach der anderen schließt sich. Von außen kann man sie vielleicht leichter öffnen.“ (S. 232)

Ich finde es faszinierend, wie lebendig die Autorin den damaligen Alltag schildert. Es sind oft nur Kleinigkeiten, die dem Leser klarmachen, was Überleben damals wirklich bedeutete, welchen Einschränkungen die Juden ausgesetzt waren. Die dauernden Veränderungen, die immer währende Angst. „Sie sind Monster. Ganz schreckliche Monster, und sie beherrschen unser Land und machen alles kaputt.“ (S. 25)
Die Betroffenen trauen nur noch ihren Familien und ein paar ausgewählten Freunden, rücken noch näher zusammen und sind aufeinander angewiesen. Die Kinder werden ganz schnell erwachsen und nehmen die Stellen ihre Eltern ein, wenn diese nicht mehr wollen oder können. Sie sind stark und optimistisch, wo die Erwachsenen schwach und ängstlich sind. Sie wollen eine Zukunft, sie wollen leben, auch wenn sie Deutschland dafür verlassen müssen – zur Not auch ohne ihre Familien. Und doch betonen sie immer wieder, dass sie sich in erster Linie als Deutsche und dann erst als Juden fühlen (da sie genau wie ihre Eltern nicht gläubig sind).
Am beeindruckendsten aber waren die „arischen“ Deutschen, in diesem Fall die ehemalige Chauffeurs-Familie Aretz, welche die Juden zum Teil ganz offen oder auch im Geheimen unterstützt haben, und dabei ihrer Angst vor Entdeckung und Strafe trotzen.

Bewertung vom 24.06.2019
Die Mondschein-Lagune
Deutsch, Dorette

Die Mondschein-Lagune


gut

Der Inhalt passt nicht zum Klappentext

Worum es wirklich geht:
Antonia fühlt sich in ihrer Beziehung in mit Stefan in Berlin nicht mehr wohl und will sich von ihm trennen. Statt einer offenen Aussprache nimmt sie einen mehrmonatigen Forschungsauftrag in Venedig zum Thema „Archäologische Forschungen auf den Laguneninseln“ an. Sie wohnt in dieser Zeit bei der Contessa Ada Foscarini. Bereits am ersten Tag lernt sie Dario kennen, einen ehemaligen Gondoliere und jetzigen Wassertaxifahrer, der sich sehr für den Umweltschutz einsetzt. Ihm geht es dabei vor allem um den Erhalt des ursprünglichen Venedigs, er ist für das Verbot der Lagunenbebauung, die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeiten für die Motorboote, den Verbot der Kreuzfahrtschiffe etc.

Man merkt der „Mondschein-Lagune“ an, dass Autorin Dorette Deutsch Kulturpolitikerin ist, sich sehr gut in Venedig auskennt und sich sonst mit sozialkritischen Themen auseinandersetzt. Der Spagat, Umweltpolitik mit einer Liebesgeschichte zu verbinden, ist ihr in meinen Augen leider nicht ganz gelungen. Ich hatte eher das Gefühl, einen Stadtgeschichtsführer über Venedig mit dem besonderen Schwerpunkt Nachhaltigkeit zu lesen. Auch das Familiengeheimnis als solches gibt es nicht wirklich.

Dabei hat sie vor allem Ada sehr liebevoll und mehrschichtig ausgearbeitet. Diese ist zwar schon um die 80, hat sich aber ihren jugendlichen Charme und einen großen Freundeskreis erhalten, obwohl sie recht zurückgezogen in dem alten Palazzo der Familie lebt. Leider ist sie die letzte Foscarani, da sie nie verheiratet war. Sie fühlt sich Antonia schnell verbunden, gibt ihr wertvolle Lebensweisheiten „In der Liebe lebt man immer nur, was man in sich trägt.“ (S. 10) und macht sie mit den richtigen Leuten bekannt.
Antonia blieb für mich leider etwas blass. Sie fühlt sich in Venedig nicht zuletzt wegen Dario sehr wohl: „Es kommt mir so vor, als hätte hier ein neues Kapitel in meinem Leben angefangen.“ (S. 105). Worin ihr Forschungsprojekt besteht und was sie dafür tut, außer durch die Lagunenstadt zu gondeln, wird viel zu kurz abgehandelt.

Obwohl mir vor allem der poetische Schreibstil und das venezianische Flair sehr gefallen haben, konnte mich das Buch nicht überzeugen. Ich hatte etwas komplett anderes erwartet. Zudem lässt die Autorin zum Ende jedes Kapitel auch noch Adas Katze und deren besten Freund, eine Ratte, zu Wort kommen. Das passte für mich leider überhaupt nicht zum Rest der Handlung. In diesen Gesprächen geht es ebenfalls um Geschichte, Politik oder Sehenswürdigkeiten Venedigs. Das hätte man sicher auch anders lösen können.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.06.2019
Das Tal der Orangen
Courtot, Béatrice

Das Tal der Orangen


sehr gut

Mallorca für alle Sinne

Wenn ich „Mallorca“ höre, denke ich zuallererst an den Ballermann und die Partyszene. Béatrice Courtot hat mir in „Das Tal der Orangen“ eine bisher völlig unbekannte Seite der Insel gezeigt und die Sehnsucht nach den Gassen und Stränden von Sóller geweckt, den Orangenhainen und Wochenmärkten, den Fincas und Volksfesten. „Damit die Insel einem schenkt, was man von ihr erwartet, muss man sich ihr nähern und lauschen und fühlen, sie berühren, alles ansehen, ohne der Sache überdrüssig zu werden.“ (S. 189)

Anaïs betreibt in Paris das Café de l’Ensaïmada, welches ihre Urgroßmutter Magdalena zum Ende der 30er Jahre gegründet hat. Sie ist überrascht, als sie einen Anruf aus Marseille bekommt, dass man bei der Renovierung eines Hotels eine alte Blechschachtel von Magdalena gefunden hat. Darin befinden sich ein Foto, ein Heft, eine Gewehrkugel und ein Medaillon. Anaïs, die sich nie weiter mit ihrer oder Magdalenas Herkunft beschäftigt hat, beginnt nach deren Vergangenheit zu recherchieren und stößt so auf das Städtchen Sóller und die Orangenfarm, welche früher Magdalenas Vater gehörte und heute von Miquel betrieben wird.
Bisher hat Anaïs nichts vermisst und ist in ihrer Arbeit für das Café aufgegangen, doch die Erinnerungsstücke ihrer Urgroßmutter wecken ihre Sehnsucht nach Mallorca. Sie beginnt, Magdalenas Geschichte zu recherchieren und nach ihren eigenen Wurzeln zu suchen „... ich glaube, auf gewissen Weise versuche ich, sie wieder zum Leben zu erwecken. Aus Liebe zum Kochen, aber auch zu ihr.“ (S. 57)

Parallel auf zwei Zeitebenen werden Anaïs Suche und Magdalenas Leben erzählt, wobei mir der historische Teil etwas besser gefiel.
Durch Magdalena habe ich zum ersten Mal erfahren, dass der spanische Bürgerkrieg auch vor Mallorca nicht halt gemacht hat und was die Bewohner erdulden mussten. Magdalena wird als echte Kämpferin mit einem großen Herz geschildert, die ich nur bewundern konnte. Sie ist erst geflohen, als ihr eigenes Leben in unmittelbarer Gefahr war und hat sich danach in Frankreich erfolgreich ein neues Leben aufgebaut. Dass sie später über das Erlebte nicht mehr sprechen wollte, konnte ich gut verstehen.
Anaïs Nachforschungen werden sehr spannend beschrieben. Sie ist überrascht, wie freundlich die Mallorquiner sie aufnehmen und wie sehr sie sie unterstützen. Am Ende deckt sie sogar Geheimnisse auf, die auch Magdalenas ehemalige Freunde noch nicht kannten.

Die Insel, ihre Bewohner und deren Bräuche und die überbordende, fast schon tropische Flora und Fauna ziehen sich als roter Faden durch das Buch und machen seinen besonderen Flair aus. Magdalenas Kapitel beginnen jeweils mit einem Rezept für ein landestypisches Gericht, wobei mir besonders die Ensaïmadas gefallen würden, die dem Café ja auch ihren Namen gegeben haben.

Mein Fazit: Eine spannende, überraschende Geschichte mit viel mallorquinischem Flair, bei der auch die Liebe nicht zu kurz kommt.

Bewertung vom 18.06.2019
Mörder unbekannt verzogen / Daphne und Francis Penrose Bd.2
Chatwin, Thomas

Mörder unbekannt verzogen / Daphne und Francis Penrose Bd.2


ausgezeichnet

Daphne kann’s nicht lassen ...

„Fowey ohne Post wäre wie ein Buch ohne Buchstaben.“ (S. 86) – und die Royal Mail wäre ohne Daphne Penrose sicher langweilig. Hat die charmante Briefträgerin neben der Post doch oft auch noch Neuigkeiten im Gepäck und nimmt sich gern mal Zeit für ein Schwätzchen.

Auf einem Empfang in Glendurgan Garden stolpern Daphne und ihre Freundin Linda über die Leiche des allseits beliebten Hausarztes Dr. Finch. Er wurde ermordet, erkennt Daphne sofort. Kurz darauf erfährt sie vom ermittelnden Detective, dass ihr Mann Frances (er ist Hafenmeister) nur wenige Stunden zuvor schon eine eine Leiche gefunden hat. Die Lehrerin Florence Bligh wurde mit derselben Waffe erschossen wie Finch. Sie hatte noch einem Freund auf die Mailbox gesprochen, dass dieser unbedingt Dr. Finch warnen soll. Was verband den Arzt und die Lehrerin? Warum mussten sie sterben?

Als sich herausstellt, dass Daphne unwissentlich Zeugin des Mordes an Florence war, kann sie sich nicht zurückhalten. Vor allem, als auch noch ihre Freundin Linda ins Visier der Ermittler gerät. Auf eigene Faust schaut sie sich im Leben der Opfer um und entdeckt dabei einige Hinweise, die in die Vergangenheit weißen. Und dann wird es plötzlich gefährlich. Lebensgefährlich ...

Ich hatte Daphne und Frances schon bei ihren Ermittlungen in „Post für den Mörder“ ins Herz geschlossen und gehofft, dass noch weiter Fälle folgen. Sie sind ein sehr sympathisches Pärchen mit einem großen Freundeskreis und wollen sich der Polizei eigentlich gar nicht vordrängeln, aber als Postbote und Hafenmeister erfährt man manche Geheimnisse eben eher bzw. Sachen, die sonst nie ans Licht gekommen wären. Daphne meint zwar, dass sie nicht neugierig ist, aber ihr Mann sieht das anders. Leider sind seine Versuche, sie zu bremsen, oft erfolglos.

Thomas Chatwin schreibt sehr spannend – ich bin bis zum Schluss nicht auf den Mörder gekommen – und macht dabei Lust auf Urlaub in Cornwall. Seine lebendigen, bildhaften Beschreibungen von Land und Leute machen eine großen Teil des Charmes dieser Reihe aus. Man merkt, dass er die Gegend sehr gut kennt und liebt.

5 Briefkästen für die humorvolle und spannende Fortsetzung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.