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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2022
Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens / Monsieur le Comte Bd.1
Martin, Pierre

Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens / Monsieur le Comte Bd.1


ausgezeichnet

Lucien, nunmehr Comte de Chacarasses, hat seinem Vater auf dem Totenbett versprechen müssen, in das Familienbusiness, um das er bislang immer einen großen Bogen gemacht hat, einzusteigen. Blöderweise sind Herren von Chacarasse in der Branche angesehene Auftragsmörder. Gegen das dezente (Basis)Honorar von einer Million Euro wird jeglicher Feind dezent aus dem Weg geräumt.

Lucien hat zwar als Jugendlicher alles möglichen Kampfsportarten, das Schießen mit allen möglichen Waffen gelernt, aber nie im Traum gedacht, diese Fähigkeiten auch tatsächlich zu benützen.

Nutznießer dieser Abmachungen ist auch noch Luciens Onkel, der nach einem angeblichen Unfall, im Rollstuhl sitzt, die Aufträge an Land zieht und rund 40% Vermittlungsprovision kassiert. Ganz grün sind sich Neffe und Onkel nicht.

Unmittelbar nach der Beisetzung des verstorbenen Grafen erhält er den Auftrag, einen Mann, der mit dem Auto eine Jugendliche niedergefahren und schmählich in Stich gelassen hat, und für, den billigend in Kauf genommenen Tod des Unfallsopfers, nur eine kurze Gefängnisstrafe verbüßen musste, zu töten. Lucien will den Mann zur Rede stellen. Doch der läuft davon und übersieht den daherkommenden Schnellzug. Das war doch ein Leichtes, diesen Auftrag zu erledigen, oder? Das Honorar wird postwendend überwiesen.

Was wird Lucien jetzt machen? Soll er ein Auftragsmörder wieder Willen sein oder doch wieder in sein Restaurant zurückkehren? Doch dann tritt auch noch Francine, die Sekretärin und Geliebte des verstorbenen Comtes auf den Plan, denn jeder weiß, dass der Comte durch mehrere Schüsse in den Rücken gestorben ist.

Meine Meinung:

Ein herrlicher Krimi, der ein richtiges Sommer-Feeling an der Côte d’Azur aufkommen lässt. Reich und schön, korrupt und arrogant - so werden zahlreiche Charaktere dargestellt. Wie es für einen leicht lesbaren, aber gut strukturierten Krimi gehört, ist das Böse nie weit entfernt. Das kann schon mal der eigene Onkel sein (also ich müsste mich schon schwer täuschen, wenn der nicht falsch spielt) oder ein hübsches Mädel.

Herrlich auch die Anspielungen auf den Kriminalfilm „Über den Dächer von Nizza“ mit der unvergesslichen Grace Kelly und Cary Grant.

Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet. Neben Lucien ist es die Haushälterin Rosalie, die mein Herz erobert hat. Die Wortgefechte zwischen Lucien und Rosalie, die ob ihres schwindenen Hörvermögens das eine oder andere missversteht, sind wunderbar! Natürlich weigert sich Rosalie, ein Hörgerät zu tragen - man muss eben ein wenig lauter mit ihr sprechen.

Ein besonderes Schmankerl ist auch der kurze Auftritt von Madame le Commissaire, Isabelle Bonnet, aus der anderen Krimi-Reihe von Pierre Martin. Ob die beiden einmal aneinander geraten?

Fazit:

Ein gelungener Auftakt einer neuen Krimi-Reihe, die mich bestens unterhalten hat. Was will man mehr? Gerne gebe ich hier eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Bewertung vom 19.09.2022
Die Kuratorin
Kröll, Norbert Maria

Die Kuratorin


gut

Dieser Roman ist der der dritte des Villacher Autors Norbert Maria Kröll.

Regina Steinbruch, die Kuratorin der Belvertina ist eine harte Frau, sich und anderen gegenüber. Dabei hätte sie es in der Hand, auch freundlich zu sein. Nein, sie nutzt Menschen und vor allem Künstler, die von ihrem Wohlwollen abhängig sind, gnadenlos aus. Reginas Kindheit mit einem alkoholkranken Vater, der schweigenden Mutter und dem schwer behinderten Bruder in der Kärntner Stadt Villach war kein Zuckerschlecken. Mit Ehrgeiz und eisernem Willen hat sie sich aus dem häuslichen Mief herausgearbeitet. Ihre Empathie ist dabei auf der Strecke geblieben. Sie wirkt zynisch und ist mehrfach von Selbstmordfantasien geplagt. Eine beruflich erfolgreiche Frau sieht anders aus.

Als sie ungewollt schwanger wird, beschließt sie, nach einem missglückten medikamentösen Abbruch, das Kind ihren lesbischen Freundinnen zu „schenken“. Kurzfristig, beim einmaligen (?) Babysitten des eigenes Kindes keimen so etwas wie mütterliche Gefühle auf, die aber durch das lange Schreien des Babys recht bald erstickt werden.

Meine Meinung:

Eines ist nach wenigen Seiten für mich klar: Regina Steinbruch und ich werden keine Freundinnen. Mit dieser Figur hat der Autor eine ziemlich garstige Protagonistin erschaffen, die für ihre Karriere über Leichen geht.

Der Schreibstil ist stellenweise sarkastisch, manchmal muss ich grinsen, so wie bei unten stehendem Zitat.

„Es ist herrlich, als Frau kann man Männer, jedenfalls die gebildeten Exemplare, schlagen, so oft und so fest man möchte, sie werden sich nicht wehren. Als wüssten sie, tief vergraben in ihren Kleinhirnen, dass sie die Schläge im Grunde mehr als verdient haben.“

Gut gefallen mir die Wortspielereien wie das Museum „Belvertina“ in dem Regina arbeitet. Daraus lassen sich unschwer zwei der wichtigsten Museen Wiens erkennen: das Belvedere und die Albertina. Die Sprache ist herrlich unangepasst und macht stellenweise großen Spaß.

Fazit:

Ein Roman, der von dieser provokanten, garstigen Frau lebt, die eigentlich einsam ist. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.

Bewertung vom 18.09.2022
Solothurn blickt in den Abgrund
Gasser, Christof

Solothurn blickt in den Abgrund


ausgezeichnet

Dieser Krimi beginnt mit einem brutalen Überfall auf eine Mitarbeiterin der Frauenrechtsorganisation im Schweizer Ort Olten. Schon zuvor ist ein Briefkasten der Organisation, die Frauen berät, in Flammen aufgegangen. Polizeihauptmann Dominik Dornach und Staatsanwältin Angela Casagrande bekommen den Fall auf ihre Schreibtische.

Hat hier die erzkonservative und fremdenfeindliche Rechtspartei ihre Finger im Spiel? Doch der rechtsradikale Politiker mauert bei seiner Befragung und weist jegliches Mitwissen von sich.

Als dann noch wenig später Rana, die syrische Freundin von Pia Zenklusen, Dominik Dornachs Tochter, verschwindet, ahnt noch niemand, welche Dimensionen der Fall annehmen wird.

Meine Meinung:

Christopf Gasser ist mit diesem 5. Fall für Dominik Dornach und Angela Casagrande ein großartiger Krimi gelungen, der beide an ihre Grenzen bringt. Zum einem Dominik, weil seine Tochter, obwohl inzwischen Mutter eines Zweijährigen, auf eigene Faust ermittelt, und dabei ihren Eigenschutz gröblich vernachlässigt, und zum anderen Angela, die ein Geheimnis das sowohl sie als auch Dominik und Pia betrifft, mit sich herumschleppt.

Wie wir es von Autor Christof Gasser gewöhnt sind, ist der Fall hoch komplex und zeichnet ein nicht ganz so solides Bild der Schweiz wie man es dort gern hätte. Die Gier nach schnödem Mammon lässt auch einige Schweizer auf Abwege geraten und sich mit Mächten zusammentun, die keinerlei Skrupel kennen.

„...Sobald ein Tyrann nicht mehr salonfähig war, legte man sich halt mit dem nächsten ins Bett.“

Wir erleben mit, wie aus Gier einiges unter den Teppich gekehrt und der Fall auf recht unkonventionelle Art aufgeklärt wird, was zum Nachdenken und zu Diskussionen anregt.

Der Spannungsbogen ist wie bei allen Krimis von Christof Gasser von Beginn bis zum Ende sehr hoch. Der Schreibstil elegant und fesselnd. Die Charaktere dürfen sich entwickeln, auch, wenn manchmal die Richtung einer kleiner Korrektur bedarf. Gut gefallen mir die Schweizer Ausdrücke und der feine, trockene Humor.

Fazit:

Ein fesselnder Krimi, der zahlreiche Anstöße zum Nachdenken bietet. Gerne gebe ich hier eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Bewertung vom 18.09.2022
Raue Havel
Pieper, Tim

Raue Havel


ausgezeichnet

Während KHK Toni Sanftleben mit seiner Lebenspartnerin und Staatsanwältin Caren beim Frühstück sitzt, erhält er zwei Anrufe: der eine ist von seiner Mutter Vera, die in Kürze in Berlin eintrifft und der andere, ruft ihn zu einem Bootshaus in dem drei Skelette gefunden worden sind.

Als er dann noch wenig später die Leiche einer jungen Journalistin findet, weiß er noch nicht, wie diese beiden Fälle zusammenhängen und wie sie ihn persönlich treffen werden.

Meine Meinung:


Der fesselnde Krimi spielt auf zwei Zeitebenen: 1946/49 und in der Gegenwart. Die Handlungsstränge sind, obwohl einander bedingend, fein säuberlich getrennt, sodass sich die Leser immer gut zurecht finden.

Was ich besonders mag ist, wie Tim Pieper historische Ereignisse in den Krimi einbindet. So erfahren wir im Prolog, dass die sowjetische Besatzungsmacht 1946 mehrere Halbwüchsige zum Tode verurteilt haben, weil sie den ungeliebten Russisch-Unterricht geschwänzt und lieber Fußball gespielt haben.

Auch die Rückblenden nach 1949 sind eindrücklich und lassen einem die Gänsehaut aufsteigen:

„Obwohl der Krieg schon vier Jahre beendet war, begegnete man solchen Gespenstern öfters. Es handelte sich um Vertriebene, Flüchtlinge, ausländische Kollaborateure, Ausgebombte, Kriegsversehrte, KZ-Häftlinge und ehemalige Zwangsarbeiter. Ganz Deutschland war voll von diesem menschlichen Treibgut, das keine Heimat hatte und bestenfalls geduldet wurde.“

oder dieses Zitat:

„...Meine Eltern wurden von deutschen Soldaten ermordet. Sie waren gute und einfache Leute, die niemals jemanden etwas getan haben, und man hat sie abgeschlachtet, weil sie angeblich minderwertig waren...“

Dieser 6. Fall für Toni Sanftleben, der eigentlich lieber Anglistik oder Romanistik studiert hätte, und nur aus Liebe zu seiner vor 16 Jahren verschwundenen Ehefrau Polizist geworden ist, hat es in sich.

Nicht nur, dass die Ermittlungen Geheimnisse aus dem Leben seiner Mutter aufdecken, ist der Polizeiapparat bemüht, einiges unter den Tisch zu kehren. Kurz vor der Auflösung wird Toni der Fall entzogen. Doch gemeinsam mit seinem engsten Mitarbeiter Phong recherchiert Sanftleben heimlich weiter. Dass letztendlich andere als Toni Sanftleben für seinen Erfolg befördert werden, bestärkt Tonis Entschluss, eine Auszeit nehmen zu wollen.

Im Nachwort erfahren wir, dass dieser Krimi auf wahren Begebenheiten beruht. Dass es die „verbotene Stadt“ des sowjetischen Geheimdienstes in Potsdam wirklich gegeben hat und, dass die sowjetische Besatzungsmacht tatsächlich Schüler, die man beschuldigte Teil der „Werwölfe“ gewesen zu sein, hinrichten ließ.

Fazit:

Ein grausames Stück Zeitgeschichte, das gekonnt in einen fesselnden Krimi eingebettet worden ist. Gerne gebe ich diesem 6. Fall für Toni Sanftleben eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Bewertung vom 13.09.2022
Die Kunstschätzerin
Byrd, Sandra

Die Kunstschätzerin


gut

Autorin Sandra Byrd entführt uns in das Viktorianische England. Diese Zeit ist geprägt durch Bigotterie und Konventionen, die es Frauen schwer bis unmöglich macht, ohne vermögenden Vater oder Ehemann zu leben.

Eleanor Sheffield steht nach dem Tod des Vaters und dem geistigen Verfall ihres Onkels vor den Trümmern des Familiengeschäftes, einem Kunsthandel. Unbezahlte Rechnungen sowie der Verdacht echte Kunstwerke gegen Fälschungen ausgetauscht zu haben, machen ihr das Leben schwer. Zusätzlich bringt sie der Auftrag des verstorbenen Lord Lydney, dessen Kunstsammlung zu schätzen und zu entscheiden, ob sein Sohn Harry würdig ist, das Erbe anzutreten oder ob die Kunstschätze einem Museum übertragen werden sollen. Dieser Auftrag ist diffizil, denn Harry ist Eleanors Jugendliebe ....

Meine Meinung:

Gleich vorweg - hier wurde großes Potenzial verschenkt! Dieser historische Roman hätte sooooo spannend sein können. Doch leider dümpelt die Geschichte stellenweise vor sich hin. Auf mich wirkt das Buch, als hätte sich die Autorin nicht so recht entscheiden können, ob es ein Krimi oder ein Liebesroman werden soll. Ich weiß zwar von einigen Autorinnen, dass sich manchmal die Figuren verselbständigen und in eine anfangs nicht gewollte Richtung abdriften, was aber hier nicht der Fall.

Der Schreibstil ist locker und leicht. Wir erhalten Einblick in die versnobte Welt von Reichen und nicht mehr ganz so Reichen. Gut gelungen ist die Einflechtung historischer Fakten. So kommt die Abtretung Venedigs plus Umland von Österreich-Ungarn an Italien zu Sprache oder die Tatsache, dass Frauen in England nicht Medizin studieren dürfen bzw. als im Ausland (z.B. in der Schweiz) ausgebildete Ärztinnen nicht praktizieren dürfen.

Als Ausklang nach einem schweren Arbeitstag kann man in dieser Lektüre gute Entspannung finden.

Fazit:

Wer gerne einen locker und leicht zu lesenden historischen Roman, in dem es um Liebe, Kunstschätze, Verrat und Intrigen geht, ist hier goldrichtig. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.

Bewertung vom 12.09.2022
40 verrückte Wahrheiten über Frauen und Männer
Lehofer, Michael

40 verrückte Wahrheiten über Frauen und Männer


gut

Mit großem Interesse habe diesem Buch entgegengesehen, gibt es doch zwischen Mann und Frau allerlei Missverständnisse, die sich verrückt anhören.

„Veränderung gehört nicht zu den Grundkonzept von erwachsenen Menschen“ (S.27)

Nun ja der Titel verspricht so einiges, doch allzu viel Neues kann mir dieses Buch nicht bieten. Dass Frauen und Männer eine unterschiedliche Sprache sprechen (Wahrheit Nr.11), ist seit dem Bestseller „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“ hinlänglich bekannt und stiftet im täglichen Umgang miteinander regelmäßig für Verwirrung und mitunter zu Streit.

Die 40 verrückten Wahrheiten werden in entsprechend vielen Kapiteln dargeboten, die ihrerseits noch untergliedert sind. Die Themen sind gut strukturiert, Wichtiges ist nochmals hervorgehoben.

Michael Lehofer ist Psychotherapeut und Philosoph. Beides ist deutlich zu spüren und so kann den Lesern durchaus ein Schmunzeln entlocken.

„Wir haben alle nur ein Problem, und das sind wir selbst.“ (S.28)

Fazit:

Ein nettes Buch, dessen Informationsgewinn für mich persönlich nicht allzu hoch war. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.

Bewertung vom 12.09.2022
Terra
Martin, Michael

Terra


ausgezeichnet

Michael Martin, Geograf und Fotograf hat mit seinem neuen Buch „Terra“ eine Liebeserklärung an unsere Erde verfasst. Gleichzeitig soll dieses Buch auch eine Warnung sein, unseren Planeten nicht weiter zu zerstören - wir haben nur diese eine Erde.

In sechs Kapiteln erfahren wir Wissenswertes über die Erde und dürfen uns an atemberaubend schönen Fotos sattsehen. Die sechs Kapitel sind:

Die Geschichte der Erde
Das System Erde
Die Gesichter der Erde
Das Anthropozän
Die Zukunft der Erde
Die Suche nach der Supererde

Jedes dieser Kapitel ist noch weiter unterteilt, sodass das Buch auch häppchenweise gelesen werden kann.

Die Zeitreise durch die Erdgeschichte mag für den einen oder anderen Leser ob der vielen Fachausdrücke ein wenig anstrengend erscheinen, wird aber durch zahlreiche Grafiken gut erläutert.

In einem opulenten Bildteil widmet sich Autor Michael Martin zehn Regionen der Erde.

Pazifischer Feuerring
Polynesien
Himalaja und Ganges
Anden
Rift Valley
Arktis
Arabische Halbinsel
Sibirien
Mongolische Steppe
Amazonien

Er ist für seine kolossalen Fotos, die er seit kurzem auch mit Hilfe von Drohnen schießt, vom Pazifischen Feuerring über Polynesien, die Anden und das Himalaya-Gebirge bis hin in das Rift Valley gereist. Er ist von einem Extrem ins andere unterwegs, wenn er für seine Aufnahmen von den Eiswüsten der Arktis bis in die Sandwüsten der Arabischen Halbinsel reist bzw. von Sibirien in den Amazonas-Regenwald unterwegs ist. Neben faszinierenden Naturaufnahmen finden sich auch einfühlsame Fotos von dort ansässigen Menschen.

Den Abschluss bildet ein Blick auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen.

Meine Meinung:

Michael Martin zeigt uns die Schönheit, die Vielfalt und vor allem die Fragilität der Erde in herausragenden Bildern. Das profunde Wissen des Geografen und des leidenschaftlichen Fotografen ergänzen sich hier perfekt.

Dieses hochwertig verarbeitete Werk ist mit Euro 77,00 leider nicht ganz billig, aber seinen Preis wert. Als Geschenk für Liebhaber unserer Erde ist es hervorragend geeignet.

In zahlreichen Vorträgen kann man Michael Martin und seine Bilder auch live sehen. Wenn er nach Wien kommt, werde ich seine Multimedia-Show genießen.

Fazit:

Ein bildgewaltiges Epos und eine Liebeserklärung an unsere Erde. Gerne gebe ich dieser Verneigung vor unserem Planeten 5 Sterne.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.09.2022
Jenseits der Mur
Wieser, Gudrun

Jenseits der Mur


ausgezeichnet

Dieser historische Krimi nimmt uns in ein Mädchenpensionat von 1892 in der Nähe der steirischen Stadt Graz mit.

Ein Mädchenpensionat ist schon an sich kein Ort der hellen Freude. Dieses hier wird als Mittelding zwischen einer Kaserne und einem Nonnenkloster von einer besonders strengen Oberlehrerin geführt. Weder Schülerinnen noch Lehrerinnen habe hier etwas zu lachen, wenn der Oberlehrerin die Hand ausrutscht.
Dann wird eine Schülerin ermordet. Man schickt den Gendarmen Wilhelm Koweindl, der etwas schüchtern und mit der gestrengen Oberlehrerin überfordert scheint, die jede Befragung ihrer Schülerinnen konsequent ablehnt. Dabei müsste sie doch Interesse daran haben, den Mörder so schnell wie möglich zu fassen, oder?

Ida Fichte, ein Lehrkraft, die mit ihrer Freundlichkeit und einigen modernen Ansichten zwar bei den Mädchen, aber nicht bei der Oberlehrerin gut ankommen, versucht so gut wie möglich zu helfen. Dann wird ein zweites Mädchen ermordet. Gleich wie beim ersten Mord erdrosselt und mit rosa Bändern post mortem geschmückt.

Die Angst geht um und als die Mädchen von unheimlichen Schritten im Dachgeschoß des Gebäudes berichten, versuchen Wilhelm und Ida diesen auf den Grund zu gehen. Wer versteckt sich da? Und warum verweigert die Oberlehrerin so vehement den Zutritt?

Als dann der Hausmeister beim Umstechen das Tagebuch eines der Opfer und einen Gürtel findet, den Ida als Menstruationsgürtel identifiziert, braucht Wilhelm ihre Unterstützung...

Meine Meinung:

Gudrun Wieser hat hier einen tollen historischen Krimi geschrieben, der sich in einem nicht häufig beschriebenen Umfeld bewegt. Mädchenpensionate sind seit dem „Trotzkopf“ eher etwas für rührselige Backfischgeschichten als Hintergrund für Krimis.

Wilhelm ist ein gewissenhafter Gendarm, hat allerdings Angst um seinen Job, denn er ist farbenblind. So braucht er Idas Unterstützung bei der Jagd nach der Herkunft der rosaroten Satinbänder. Herrlich wie er über das Wort „Menstruationsgürtel“ stolpert. Auch in der heutigen Zeit bekommen manche Männer einen roten Kopf, wenn die Worte „Tampon“ oder „Monatsblutung“ fallen.

Ich habe relativ schnell herausgefunden wer für die Morde verantwortlich ist, doch hat es Spaß gemacht, die Ermittlungen zu beobachten.

Die Einblicke in das Mädchenpensionat sind gut gelungen. (Fast)Am besten haben mir die Quellen am Ende des Buches gefallen. Besonders "Das österr. Gendarmerigesetz von 1850 vor den damals geltenden militärischen Vorschriften" hat mein Interesse geweckt.

Der Schreibstil ist wunderbar! Besonders gut gefällt mir (als Österreicherin), dass österreichische Ausdrücke ihren Eingang in diesen historischen Krimi gefunden haben und nicht gegen deutsche ausgetauscht worden sind. Mit ihrer eleganten Ausdrucksweise hat die Autorin in mir einen großen Fan gewonnen.

Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet, sowohl die Guten wie die Bösen. Wilhelm hat einen feinen Humor und das Herz am rechten Fleck. Toll finde ich, wie er sich Gedanken um seine Position macht, wenn er vielleicht, eventuell das Fräulein Lehrerin Ida Fichte heiraten könnte. Für Ida wäre das natürlich eine große Veränderung, denn Lehrerinnen mussten damals ja zölibatär leben.

Der Autorin gelingt sehr gut, das Flair des 19. Jahrhundert einzufangen und die Stimmung in der Mädchenschule darzustellen. Ganz unterschwellig wird auch ein bisschen Geschichte vermittelt, wenn Mary Vetersa ganz kurz genannt wird.

Gerne würde ich eine Fortsetzung lesen.

Fazit:

Diesem historischen Krimi, bei dem wenig so ist wie es scheint, gebe ich gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 11.09.2022
Fräulein Stinnes und die Reise um die Welt
Jansen, Lina

Fräulein Stinnes und die Reise um die Welt


ausgezeichnet

Dieser historische Roman ist einer emanzipierten Frau gewidmet, die von ihrer Mutter auf Grund ihres Geschlechts stets herabgewürdigt worden ist: Clärenore Stinnes (1901-1990)

Clärenore hat bis zum Tod ihres Vaters 1924 als seine Vertraute im Betrieb mitgearbeitet. Danach wird sie von Mutter und Witwe zu Gunsten ihrer wenig geschäftstüchtigen Brüder aus der Firma verbannt. Nach einigen Jahren als Rennfahrerin, in denen sie ausschließlich gegen Männer antritt und 17 Siege einfährt, beschließt sie 1927, um ihrer Familie zu beweisen, dass auch Frauen mehr können als hübsch zu sein und Kinder zu bekommen, die Welt mit dem Auto zu umrunden.

Gemeinsam mit zwei Mechanikern und dem Fotograf/Filmemacher Carl-Axel Söderström begibt sie sich auf die abenteuerliche Reise. Sie fährt den Adler Standard 6 während die Mechaniker den großen Adler, einen LKW, fahren. Mit dabei ist auch Setter Lord.

Recht bald beginnen die Mechaniker ob des forschen Tempos und der Anordnungen von Clärenore zu maulen. Auch die vom deutschen Außenminister ausgestellten Dokumente helfen auf dem Balkan nicht immer, Bakschisch durchaus. In Moskau ist für den ersten Mechaniker wegen eines Blindarmdurchbruchs Endstation, wenig später steigt auch der zweite aus. Doch aufgeben ist für Fräulein Stinnes keine Option. Zeitweise engagiert sie Begleiter vor Ort, die längste Zeit sind Clärenore und Carl-Axel auf sich alleine gestellt. In den Anden ist beinahe Schluss, denn Carl-Axel erkrankt schwer und sein Überleben ist fraglich.

Mit Verspätung erreichen sie erreichen sie nach mehr als 46.000 km im Juni 1929 Deutschland. Ein Deutschland, das sich während der beiden Jahre verändert hat.

Obwohl sie aller Welt bewiesen hat, was eine Frau zu leisten vermag, ist ihre Mutter nach wie ablehnend Clärenore gegenüber. Die Brüder haben die Firma inzwischen soweit abgewirtschaftet, dass einige Immobilien verkauft werden müssen. Als der Gutshof in Schweden, Clärenores LIeblingsort, verkauft werden soll, verzichtet sie schweren Herzens auf ihr Erbe aus der Firma. Gemeinsam mit ihrem späteren Mann Carl-Axel, der sich von seiner Frau scheiden lässt, bewirtschaftet sie das Gut.

Meine Meinung:


Lina Jansen, hinter dem Namen versteckt sich eine österreichische Autorin, setzt mit dieser Romanbiografie der Clärenore Sinnes ein Denkmal.

Obwohl die Reise durch Söderström filmisch und fotografisch gut dokumentiert ist („Im Auto durch zwei Welten“ (Söderström/Stinnes, 1931)) findet man wenig Literatur über Clärenore Stinnes. Lina Jansen hat sich eng an Stinnes‘ Reisebericht gehalten und sich dennoch ein wenig dichterische Freiheiten genommen. Diese Abweichung sind am Ende des Buches dargestellt.

Aufgefallen ist mir, dass zu Beginn der Reise sehr in Detail gegangen wird, was aber mit Fortdauer etwas nachlässt. Man könnte es mathematisch so ausdrücken: Der Detailreichtum des Reiseberichtes nimmt mit dem Quadrat der Entfernung von Deutschland ab. Ich werde mir das Originalreisejournal besorgen, da ich vermute, dass es dort ähnlich zu lesen sein wird. Die Beschreibung von Land und Leuten wird zu Gunsten des Überlebenskampfes zurückstehen müssen.

Geschickt hat Clärenore Stinnes ihre Reise um die Welt vermarktet. Bei fast jeder Ankunft gibt es Fototermine und Einladungen zu schicken Abendessen. Dabei werden Produkte „Made in Germany“ gut präsentiert.

Das Buch ist als Hardcover erschienen und ist hochwertig verarbeitet. Auf den Vorsatzseiten ist die Reiseroute abgebildet. Hier sieht man, dass Fräulein Stinnes nicht die ganze Welt bereist hat, denn Afrika und Australien hat sie ausgelassen. Australien wegen der Entfernung und (Nord)Afrika wegen der geopolitischen Lage.

Der Schreibstil ist locker und flüssig. Man kann förmlich Motoröl riechen und den Sand unter den Rädern knirschen und die Mechaniker maulen hören.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen Hommage an eine wagemutige Frau 5 Sterne.

Bewertung vom 11.09.2022
Maikan
Jean, Michel

Maikan


ausgezeichnet

Dieser erschütternde Roman beschäftigt sich mit dem Genozid der Weißen an den Inuit Kanadas. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden rund 150.000 autochthone Kinder ihren Familien entrissen und in 139 Internatsschulen verbracht, um „den Indianer in ihnen zu töten“ und sie damit zu „zivilisieren“.

Dieser Roman erzählt die brutale Geschichte von drei jungen Innu, Marie, Virginie und Charles, die im August 1936 zwangsweise in das Internat Fort George gebracht wurden, rund 1.000 km von ihren Familien entfernt.

Die junge Anwältin Audrey Duval, die für zahlreiche betroffene Innu pro bono Entschädigungen des Staates erstritten hat, entdeckt dass die Namen der drei Kinder spurlos in der Geschichte Kanadas verschwunden sind. Vom Ehrgeiz gepackt, beginnt sie zu recherchieren und entdeckt in einer alkoholkranken Frau eines des beiden verschwundenen Mädchen. In zahlreichen Rückblenden erfährt Audrey das ganze Ausmaß der Tragödie...

“...es ist meine Aufgabe als Anwältin, denen Gerechtigkeit zu verschaffen, die ein Anrecht darauf haben. Und diese Männer werden wir verhaften und verurteilen lassen, unabhängig von ihrem Alter. Aber dafür muss ich noch eine Sache wissen. Was ist mit Virginie passiert?“ (S. 186)

Meine Meinung:

Obwohl ich schon zahlreiche Bücher zu Völkermorden (Shoa, Armenien, Ukraine etc.) gelesen habe, hat mich dieser Roman von Autor Michel Jean tief erschüttert.

Dieser Roman ist bereits 2013 unter dem Titel „Le vent en parle encore“ (auf deutsch „Der Wind spricht noch davon“) erschienen. Als 2021 und Anfang 2022 die Überreste von rund 1.000 indigenen Kindern in Massengräbern nahe der Umerziehungsanstalten gefunden worden sind, hat sich der Wieser Verlag zu einer aktualisierten Neuauflage entschlossen.

Der Titel „Maikan“ bedeutet Wölfe in der Sprache der Inuit, was sehr gut zum Inhalt des Buches passt. Denn die quasi als Gefangene gehaltenen Kinder im Alter zwischen 6 und 16 Jahren sehen ihre „Erzieher“, hauptsächlich katholische Geistliche und Nonnen als Wölfe, die sie belauern und beim kleinsten Anzeichen von Schwäche erbarmungslos zuschlagen. Die Kinder dürfen ihre eigene Sprache nicht mehr verwenden, müssen hungern, werden geschlagen und sind sexuellem Missbrauch ausgesetzt.

Von den 150.000 verschleppten Kindern sind mehr als 4.000 an Unterernährung, Seuchen und den erlittenen Misshandlungen während ihres Aufenthaltes in einer dieser Anstalten gestorben. Rund 80.000 der ehemaligen Zöglinge leben noch. Ihnen ist dieses Buch gewidmet, einige Familienmitglieder des Autors haben das Internat Fort George er- und überlebt. Eine sehr junge Cousine seiner Mutter ist dort unter ungeklärten Umständen gestorben.

Fazit:

Diesem erschütternden Dokument über die fanatische und systematische Ausrottung der First People in Kanada gebe ich 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung, auch wenn das Buch sehr schwere Kost ist.