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Bibliomarie

Bewertungen

Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 13.02.2018
Ach, Papa
Nieberding, Mareike

Ach, Papa


gut

Mareike Nieberding ist Journalistin, die sich an eine liebevolle und warmherzige Vater-Tochter-Beziehung erinnert. Er war ihr Ratgeber, Stütze und Vertrauter, aber irgendwann ist ihrer Meinung nach etwas in der Beziehung verloren gegangen. Mit der räumlichen Ferne – die Tochter geht zum Studium in die Hauptstadt – beginnt auch eine persönliche Ferne. Man redet zwar noch, durchaus freundlich, aber man sagt sich nichts mehr. Sicher auch aus beruflicher Neugier beginnt sich die Tochter die Frage zu stellen, wann sie die Nähe verloren hat und wie sie sie wieder herstellen kann. Eine gemeinsame Reise soll darüber Aufschluss geben.

Ich bewundere den Mut und die Offenheit mit der Mareike Nieberding ihre Familiengeschichte teilt und auch ihr eigenes Leben schildert. Ebenso bewundere ich den Vater, der sich so bereitwillig darauf einlässt. Das spricht schon von einem vorhandenen Urvertrauen. Ich selbst gehöre einer ganz anderen Generation an und vielleicht ist das der Grund, warum ich mich immer wieder fragte „was will sie denn, sie hat doch ein tolles Verhältnis zu ihrem Vater“. Tatsächlich fand ich Mareikes Problem eher als Luxusproblem und ich hätte nicht von Entfremdung gesprochen.

Was mir dieses aber Buch gegeben hat, war der Denkanstoß mich mit meinem eigenen Vater und seiner Vergangenheit zu beschäftigen, so intensiv, wie ich es vielleicht noch nie gemacht habe. Immer wieder musste ich beim Lesen innehalten und erinnerte mich zurück. Ganz unabhängig von der eigentlichen Intention der Autorin, habe ich es als Beispiel gelesen, wie viel einfacher es seit 3-4 Jahrzehnten für Väter ist, Gefühle zuzulassen, als es für Vater der früheren Zeiten war.
Eine wirkliche interessante journalistisch geprägte Aufarbeitung.

Bewertung vom 11.02.2018
Fräulein Hedy träumt vom Fliegen
Izquierdo, Andreas

Fräulein Hedy träumt vom Fliegen


ausgezeichnet

Es ist ein Zeitungsinserat mit dem Hedy von Pyritz die Kleinstadt in Aufruhr versetzt. „Dame in den besten Jahren sucht Kavalier, der sie zum Nacktbadstrand fährt. Entgeltung garantiert.“ Fräulein von Pyritz, 88 Jahre alt, vermögend, erfolgreich und von eiserner Disziplin und Entschlusskraft, versteht die Aufregung nicht und bleibt bei ihrem Vorhaben. Helfen soll ihr dabei Jan, ihr schüchterner Physiotherapeut, der allerdings keinen Führerschein hat. Aber er hat viel Verständnis und Einfühlungsvermögen und so erfährt der Leser über Jan von der unglaublichen Lebensgeschichte der Hedy von Pyritz.

Es passiert mir nicht oft, dass ich der Titelheldin eines Romans gleich auf den ersten Seiten verfalle. Bei Hedy war es der Fall, ich liebe diese Figur mit ihrer Widersprüchlichkeit, ihrer Schroffheit und für ihre gut verborgene Verletzlichkeit. Aber auch alle anderen Figuren sind mir in diesem Buch sehr ans Herz gewachsen. Die Geschichte spielt auf zwei Handlungsebenen, die Gegenwart, da Hedy ihren Wunsch durchsetzen möchte und die Vergangenheit, als Hedys großer Wunsch Pilotin zu werden für ein junges Mädchen fast eine Unmöglichkeit war. Die Handlungsstränge ergänzen sich dabei wunderbar, denn Rückblick für Rückblick wird ein Stück mehr von ihrer Persönlichkeit sichtbar und ihr Charakter begreiflicher. Glück und großes Leid lagen sehr dicht beisammen, die Zeit des 2. Weltkriegs prägte ihr Leben im Guten, wie im Schlechten. Verlorene Liebe, verlorene Freundschaft und allgegenwärtigen Tod musste sie bewältigen.

Trotz aller Schicksalsschläge, die die Protagonisten bewältigen müssen, durchzieht das Buch eine heitere Gelassenheit und schenkt Glücksmomente.

Andreas Izquierdo hat einen wunderbaren Roman geschrieben, mit der Welt der Hedy von Pyritz einen ganz eigenen Kosmos erstehen lassen, der den Leser von der ersten Minute an fesselt und mitnimmt. Seine Figuren sind so menschlich beschrieben, mit ihren Stärken und Schwächen, dass sie mir sehr nahe gekommen sind. Ich konnte einfach nicht mehr aufhören zu lesen und habe alle Emotionen mitgefühlt.

Ganz sicher ist das Buch eines meiner Highlights dieses Jahres!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.02.2018
Eisige Flut / Kommissar John Benthien Bd.5
Ohlandt, Nina

Eisige Flut / Kommissar John Benthien Bd.5


ausgezeichnet

Es ist kalt geworden in Küste vor den Nordfriesischen Inseln, als John Benthien und sein Team nun zum fünften Mal ermitteln.
Wie eine Eisskulptur drapiert, mit der ausgestreckten Hand an der Klingel wird die Leiche der seit einigen Tagen vermissten Anja Derling vor ihrem Elternhaus gefunden. Es wird nicht die einzige so ausgestellte Leiche bleiben.
Diese bizarren Morde stellen Benthien und seine Kollegen vor ein Rätsel, bis sich die Spuren zu einem Verdacht verbinden, die den Kommissar bis in seine eigene Vergangenheit zurückführen.
Der Krimi fesselt von der ersten Seite, die Geschichte ist nicht nur toll ausgedacht, sondern ließ mich richtig frösteln, was nicht nur an den eisigen Temperaturen lag. Die Ermittlungen des eingespielten Teams sind realistisch und nachvollziehbar beschrieben. Die einzelnen Spuren, die geheimnisvollen Beigaben bei den gefunden Leichen, das sich allmählich abzeichnende Beziehungsgeflecht – alles zusammen zog mich in Bann und ich konnte nur schwer die Lektüre unterbrechen. Sehr gelungen fand ich die Beschreibungen der mitwirkenden Figuren, ob Opfer oder Verdächtige. Sie waren sehr lebensecht charakterisiert und wirkten in ihren Handlungen immer stimmig. Lange blieb mir der Täter ein Rätsel, auch wenn sich allmählich die Beweggründe herausstellten.
Mir gefielen auch die kleinen privaten Abweichungen, die die Spannung auflockerten, Benthiens alter, aber sehr agiler Vater, der immer für ein Schmunzeln sorgt oder die noch zarte Beziehung zwischen John Benthien und seiner Kollegin Lilly, die einer Bewährungsprobe ausgesetzt wird. Das hat die Krimihandlung perfekt abgerundet.
Nina Ohlandt hat mich mit ihrem neuen Buch wieder absolut überzeugt. „Eisige Flut“ ist ein Krimi, der für mich alles beinhaltet, was ich mir für perfekte Krimiunterhaltung wünsche: einen spannenden, ausgefallenen Plot, menschlich echt gezeichnete Charaktere, eine stimmige Atmosphäre und eine überraschende, aber sehr logische Auflösung.
Eine echte Empfehlung.

Bewertung vom 06.02.2018
Deichfürst / Kommissar Möllenkamp Bd.1 (eBook, ePUB)
Hoorn, Heike van

Deichfürst / Kommissar Möllenkamp Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Tadeus de Vries wurde ermordet. Tränen weint ihm allerdings niemand nach. Er war ein herrschsüchtiger Mensch, der sich alles nahm, was er wollte. Das war immer schon immer so und wer sich auflehnte, hatte die Folgen zu spüren. Denn de Vries war nicht nur reich, er war auch bestens vernetzt.

Stefan Möllenkamp ist ziemlich neu in Ostfriesland und tut sich schwer mit dem schweigsamen Menschenschlag. Keiner der Dorfbewohner will sich äußern und Möllenkamp weiß nicht recht, wie er mit ihnen umgehen soll. Am besten gelingt es ihm noch mit der Lokaljournalistin Gertrud Boeckhoff, Typ trinkfester Kumpel, aber deren Alleingänge bringen ihm nur Ärger. Vor allem sein Chef Holtkötter und der Landrat drängen auf schnelle Lösung, sie hätten gern den Mörder im Kreis der Umweltschützer und Gegner des Emssperrwerks gesehen, dessen großer Befürworter de Vries und natürlich auch die Politikerriege um Landrat Saathoff sind.
Allerdings gibt es noch eine Spur, die tief in die Vergangenheit führt. Es ist nicht verwunderlich, dass de Vries ein alter Nazi war, der auch in den Nachkriegsjahren nicht zimperlich mit Flüchtlingen umging, zumal wenn sie jung und weiblich waren. Dies wird durch eingeschobene Rückblenden erzählt, die dem Leser den Wissensvorsprung vor den Ermittlern gibt.

Anfangs musste ich mich daran gewöhnen, dass der Krimis 1999 spielt, was die Verstrickung des alten de Vries in Kriegsverbrechen rein altersmäßig noch möglich machte.
Die Ermittlungsarbeit ist detailreich und ein wenig ausufernd erzählt, Obwohl ich die Thematik sehr interessant fand, kam eigentlich nie richtig Spannung auf. Dabei stimmt das ganze Drumherum, Möllenkamp als führender Ermittler gefiel mir in seiner Charakterisierung ganz gut, die Kabbeleien in seinem Familienleben fand ich amüsant. Genau wie die friesischen Dialektsätze. Leider wurden im E-Book die Übersetzungen erst ans Ende gestellt, was ich etwas unpraktisch fand.

Mit der Journalistin Getrud wurde auch eine patente und trotz ihrer Eigenwilligkeit nicht unsympathische Figur geschaffen. Überhaupt ist die Atmosphäre recht gut getroffen und bis in die kleinste Nebenhandlung und Randfigur stimmig erzählt.

Wenn der Krimi noch mehr Spannung aufgebaut hätte und etwas temporeicher wäre, wären für mich keine Wünsche offengeblieben.

Bewertung vom 05.02.2018
Hafenkino
Wolff, Steffi von

Hafenkino


ausgezeichnet

Als eingeschworene Landratte zu einem Buch über Seglererlebnisse zu greifen, ist eher ungewöhnlich. Aber ich kannte die Autorin Steffi von Wolff und habe ich mich immer sehr gut mit ihren Büchern unterhalten. Deshalb habe ich auch die Leseprobe gelesen und mich bei den ausgewählten Kapiteln schon köstlich amüsiert. Das Buch hat dann auch gehalten, was die Leseprobe versprach.

Freud und Leid liegen bei allen Frauen, die das Hobby ihres Mannes nicht mit der gleichen Leidenschaft teilen, nah zusammen. Das bringt die Autorin einfach saukomisch auf den Punkt. Ihre Geschichten sind überspitzt, aber grade nur so viel, dass alles auch so passiert sein könnte. Segler und ihre Begleiter werden mit Sicherheit die Situationen wiedererkennen, die mit so viel Liebe und Humor geschildert sind und Landratten wie ich, amüsieren sich eben aufs Beste und sind froh, dass sie ein Segelboot höchstens mal bei einer Einladung an einem sonnigen Wochenende betreten müssen.

Mir haben die Geschichten um die „Alte“ ausnehmend gut gefallen, auch wenn der eine oder andere Fachausdruck mir nicht bekannt war. Meist erschließt es sich aus dem Text und sonst gibt es ja immer noch Google. Aber für die Zielgruppe des hübschen Bändchens dürfte das kein Problem sein. Besonders gut gelungen waren die Menschen, die entweder Nachbarn auf dem Liegeplatz waren oder denen man so unterwegs begegnet. Da ist alles dabei, vom Choleriker bis zum notorischen Besserwisser, vom Segler mit Helfersyndrom bis zum Theoretiker, der dann kläglich an der Realität scheitert.

Eine Empfehlung an alle Segler und ihre Begleiter, die sich sicher beim Lesen wiedererkennen.

Bewertung vom 31.01.2018
Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1
Weigold, Christof

Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1


ausgezeichnet

Hollywood, Anfang der 20ger Jahre des letzten Jahrhunderts: Harry Engel hat es, wie so viele als Schauspieler nicht geschafft, mit Kleinst-und Statistenrollen hält er sich über Wasser. In seinem früheren Leben in Deutschland war er Polizist, warum nicht also auch als Privatdetektiv arbeiten.
Da taucht plötzlich die attraktive und geheimnisvolle Pepper Murphy in seinem Wohnbüro auf, ihr Auftrag: er soll ihre Freundin und Kollegin, das verschwundene Starlet Virginia Rappe finden.
Harry Engel hat schon längst alle moralische Bedenken über Bord geworfen, er agiert zwischen allen Fronten, fordert Gefälligkeiten oder lässt sich selbst auf Nebengeschäfte ein. Schließlich muss auch er überleben. Dass er sich in seine attraktive Auftraggeberin verliebt, auch wenn er weiß, dass sie alles andere als ehrlich zu ihn ist, ist nur folgerichtig.
Damit ist die Handlung umrissen. Der Fall Virginia Rappe ging in die Skandalgeschichte von Hollywood ein und noch heute scheint der Kriminalfall nicht eindeutig gelöst. Die Macht der Studios und ihre Angst vor Skandalen war und ist bis heute übermächtig. Hollywood Babylon – ein Sumpf aus Korruption, Skandalen, Drogenrausch, Alkohol und sexueller Ausbeutung, das klingt auch heute noch aktuell. Der Autor taucht tief in Szene ein, die goldene Ära des Stummfilms und die Ära des „Hardboiled“ Krimis. Er hat seine Vorbilder wie Dashiell Hammett oder Chandler gut studiert und trifft genau den Ton dieser desillusionierten und hartgesottenen Detektive. Seine Sprache ist schnell, die Dialoge direkt und zynisch. Die Handlung ist komplex ausgearbeitet und die vielen Anspielungen auf reale Ereignisse und Personen der Filmgeschichte des frühen Hollywoods und der berühmten Studios machen den Detektivroman auch zu einem Buch für Filmkenner. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass für Leser so ganz ohne Interesse an Kino und Filmgeschichte die Handlung manchmal zu ausufernd wirkt.
Wenn das Buch, wie angekündigt, der Auftakt zu einer Reihe über die großen Skandale Hollywoods wird, bin ich gespannt auf die weitere Arbeit des Autors.

Bewertung vom 30.01.2018
Früher hab' ich nur mein Motorrad gepflegt
Gieseking, Bernd

Früher hab' ich nur mein Motorrad gepflegt


sehr gut

Irgendwann erreicht jeden von uns dieser gefürchtete Anruf: es ist was mit Mutter oder Vater passiert und dann stellt sich die Frage – was nun?

Wer sich im Bekanntenkreis umhört, wird schnell feststellen, dass das kein Einzelfall ist. Jahrelang hat man den Gedanken daran weit weggeschoben. Es geht den alten Eltern ja noch gut. Sicher, kleine Gebrechen und Einschränkungen hat man wahrgenommen, aber es funktioniert doch alles. Bei den paar Besuchen war der Kaffeetisch gedeckt, der Kuchen war selbst gebacken und Hilfe wurde gar nicht erwartet oder gar angenommen. Aber wenn man sich die Zeit nimmt und hinter die Fassade aus Stolz und Eigensinn schaut, sieht es doch ganz anders aus.

Der Kabarettist Bernd Gieseking schrieb auf, wie es ihm erging, als er sich der Tatsache stellte, dass die Kräfte der alten Eltern nachgelassen haben und Unterstützung gebraucht wird.
Für einige Wochen hat er sich in einem Wohnwagen im Garten der Eltern einquartiert um da zu sein und zu erkennen, wo er helfen kann. Dabei hat er mehr über sich gelernt, als er dachte und auch seine Eltern aus einem völlig neuen Blickwinkel gesehen. Er wäre kein erfolgreicher Kabarettist, wenn er nicht aus den vielen kleinen Alltagsepisoden Witz und Komik geschöpft hätte. Das Leben im Alter muss ja nicht freudlos sein.

Aber hinter den amüsanten Geschichten steckt schon mehr. Wenn er seinen Vater zum Arzt begleitet und feststellt, dass selbst er kaum den Ausführungen des gehetzten Arztes folgen kann – wie soll sein schwerhöriger Vater das verstehen. Oder wenn er begreift, dass seine Hilfe auch am Stolz der Eltern kratzt, die ein Leben lang unabhängig waren und nun schwer einsehen können, dass sich das Eltern – Sohn Verhältnis langsam umkehrt. Er muss sich aber auch der Frage stellen, wie viel er selbst aufgeben kann. Wohnort, Beruf, Lebensmittelpunkt – das ist heute nicht mehr an den Heimatort gebunden und führt zu Situationen, die frühere Generationen nicht kannten.

Eine Herausforderung also, der er mit Humor und spitzer Feder begegnet. Ein Buch, das mich gut unterhalten, aber auch sehr nachdenklich gestimmt hat.

Bewertung vom 27.01.2018
Tod im Wald der Engel
Tillmanns, Andrea

Tod im Wald der Engel


sehr gut

Nach der Vernissage ihrer neuen Ausstellung schwirrt Anna Berg der Kopf. Die unfreundlichen Bemerkungen eines Journalisten machen ihr zu schaffen und deshalb wandert sie spät nachts noch über die Ölgangsinsel im Neusser Hafen. Die Bemerkung einer Besucherin hat sie auf diese Idee gebracht. Als sie ihr eine Katze mit blutigem Fell zuläuft, sich aber wieder losreißt, alarmiert sie die Feuerwehr um das verletzte Tier zu retten. Die Leute finden wohl die Katze, aber das Blut auf ihrem Fell stammt von einem erschlagenen Mann im Gebüsch. Anna gerät unter Verdacht, denn der Tote ist der unverschämte Journalist, der ihr mit einer vernichtenden Kritik die Ausstellung vermieste. Die ermittelnde Oberkommissarin glaubt ihr nicht, ganz im Gegenteil, wie ihr Verhalten beweist und Anna bleibt nichts anderes übrig, als selbst nach Spuren zu suchen.

Anna versucht nun Beweise für ihre Unschuld zu finden. Sie geht ganz unbegangen, manchmal sogar naiv an die Befragungen, aber ihre Spontanität und ihre Gabe auf Menschen zuzugehen, bringen erstaunliche Ergebnisse. Eine ganze Menge Leute hatten Grund den Journalisten zu hassen, nicht zuletzt auch Oberkommissarin Richards, der er unverhohlen Unfähigkeit und Fehler unterstellte.

Es ist wirklich unterhaltsam sich mit Anna in diesen Fall zu ermitteln. Wir folgen der Hauptfigur, geraten mit ihr auf Nebengleise und ganz allmählich ergeben die Puzzleteile ein Ganzes. Es ist eine gradlinige Erzählweise, in der dritten Person gehalten, die ganz von der sympathischen Protagonistin getragen und durch die Dialoge aufgelockert wird. Der Plot ist gerade durch den kleinstädtischen Bezug reizvoll und solide ausgearbeitet. Der regionale Bezug zum Naturschutzgebiet der kleinen Halbinsel im Neusser Hafen macht den Lesern mit Ortskenntnis ganz besonderes Lesevergnügen. Das Wissen um die besonderen Pflanzen dieser Gegend, die auch die Künstlerin zu ihren Bildern inspirierten, hat für mich die Geschichte noch abgerundet.

Bewertung vom 26.01.2018
Je tiefer man gräbt / Gärtnerin Mags Blake Bd.1
Fox, Mary Ann

Je tiefer man gräbt / Gärtnerin Mags Blake Bd.1


ausgezeichnet

Cornwall ist Krimiland und Cornwall ist Gartenland. Das passt es doch ausgezeichnet, dass Mary Ann Fox in ihrem Buch „Je tiefer man gräbt“ gleich beides verbindet.


Mags kehrt nach einer unglücklichen Ehe desillusioniert und mit einer Menge Schulden in ihr heimatliches cornisches Rosehaven zurück. Gärten waren immer schon ihre große Leidenschaft und von ihrem Vater hat sie das Talent und auch das Wissen zum Gärtnern bekommen. Ihre kleine Gartenbaufirma beginnt sich gerade einen Namen zu machen, aber ein Nebenjob ist immer willkommen.

So führt sie am Tag der offenen Gartentür Besuchergruppen durch die großartigen Gärten von „The Shelter“, einen Garten, bei dem ihr Vater maßgeblich zur Restaurierung beigetragen hat. Als sie ungewöhnliche Hortensienfarben bemerkt, ist ihr Interesse geweckt. Natürlich gibt es im Herrenhaus auch ein Geheimnis,gestohlener Familienschmuck und eine verschwundene Verlobte lassen Mags erst recht neugierig werden.


Ich weiß nicht, was mir besser gefallen hat: die Beschreibung von Mags als liebenswerte Gärtnerin oder Mags als neugierige Schnüfflerin, die viele Fragen stellt und Schlüsse zieht, die sie selbst in Gefahr bringen. Beides ist gut abgestimmt und hat mir viel Spaß gemacht. Das ist ein ganz typischer und empfehlenswerter Wohlfühlkrimi, der sich spannend liest und dessen Figuren man so richtig ins Herzen schließen kann. Wer Gärten und Blumen liebt und englische Landhauskrimis schätzt, wird bei diesem Buch ganz auf seine Kosten kommen.


Ich hoffe, Mary Ann Fox hat noch viele neue Ideen, mit denen sie ihr Protagonistin Mags in neue Fälle verwickeln kann. Auf weitere Bände bin ich jedenfalls sehr gespannt.

Bewertung vom 22.01.2018
Ohne doppelten Boden / Ruth und Becht Bd.2
Weber, Katia

Ohne doppelten Boden / Ruth und Becht Bd.2


gut

Zirkus Träume wird die Endstation für die junge Artistin Luzie van Elm werden. Beim Training stürzt sie vom Trapez und bleibt tot in der Manege liegen. Kein Unfall wie Ruth und Becht, das Ermittlerteam feststellen, das Seil war angeschnitten und mit Kreppband getarnt. Es gibt jede Menge Motive und Verdächtigte, Minka – so ihr Rufname – setzte ihre Attraktivität gekonnt ein, auch wenn sie angeblich nur Beppo, den Clown wirklich liebte. Aber auch ihr Teampartner Gil, der Zauberer der Truppe und der Direktor selbst, hatten alle irgendwann mal eine Beziehung mit ihr.
Während Ruth und Becht noch an diesem Fall arbeiten, kommen sie durch Beppo plötzlich auf eine ganze andere Spur, Fälle, die Jahre zurückliegen, scheinen nun plötzlich wieder aktuell zu werden.
Nach der ersten Hälfte des Buches hatte ich fast den Eindruck in einem neuen Krimi gelandet zu sein, so sehr verschiebt sich der Focus der Ermittlungen. Es ist ganz interessant den Ermittlungen des quirligen Teams zu folgen, wobei ich mich aber immer fragte, wieso der Kommissar Becht immer beim Nachnamen genannt wird und die Kollegin grundsätzlich „Ruth“ bleibt. Die Spurensuche hat mir in der Detailgenauigkeit auch ganz gut gefallen, nur einmal kam ich ins Stutzen: der Clown erscheint bei den Befragungen immer geschminkt, ein Beobachten des Mienenspiels ist dadurch ausgeschlossen. Ob das eine Kommissarin akzeptieren würde?
Ganz gegen Ende des Krimis fügt die Autorin die beiden sehr unterschiedlichen Ermittlungen wieder geschickt zusammen um zu einer logischen Aufklärung zu kommen. Vielleicht hätte man nicht so viele Themen und Spuren einführen sollen, die letztendlich versandeten, das hätte noch für einen zweiten Krimi gereicht.
Es war ein ganz spannender Krimi für zwischendurch.