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Kleeblatt
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Berlin
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Ich lese sehr gern, wann immer ich Zeit habe. Mit meiner Tochter zusammen habe ich einen Bücherblog, auf dem wir uns immer über Besucher freuen. http://lesendes-katzenpersonal.blogspot.de/

Bewertungen

Insgesamt 1020 Bewertungen
Bewertung vom 03.04.2013
In dieser ganz besonderen Nacht
Vosseler, Nicole C.

In dieser ganz besonderen Nacht


ausgezeichnet

Um es gleich vorweg zu nehmen, muss ich sagen, dass dieses Buch mein Monatsliebling vom März gewesen ist.
Die Autorin Nicole C. Vosseler hat es geschafft einen Jugendroman zu schreiben, der mich sehr berührt hat.
Mehr als einmal musste ich beim Lesen blinzeln, weil mir Tränen in die Augen stiegen.
Sehr authentisch und feinfühlig schreibt sie über den Tod von Ambers Mutter und wie Amber damit umging. Lange Zeit weigerte sie sich, zu weinen, schon gar nicht vor ihrer Mutter, um diese nicht noch zusätzlich zu belasten. Wie belastend das für ein gerade erst 16-jähriges Mädchen ist, mag man sich gar nicht vorstellen wollen. Ein ganzes Jahr hat das Sterben ihrer Mutter gedauert und Amber hat sie begleitet, sie und ihre Mutter versuchten noch, ein wenig Zeit miteinander zu haben.
Nach dem Tod geht sie mit ihrem Vater nach San Francisco, wo dieser als Professor an einer Universität arbeitet. Sie ist zweisprachig aufgewachsen, da ihr Vater Amerikaner ist, so dass sie sprachlich keine Probleme hat.
In der Schule tut sie sich schwer beim Finden von Freunden. Sie mag dieses Mitleid nicht, dass ihr in den meisten Fällen entgegengebracht wird, sobald ihr Gegenüber erfährt, dass ihre Mutter kürzlich verstorben ist.
Trotzdem findet sie Freunde, die auch ein nicht einfaches Vorleben haben. Abby, Shane und Matt gehen in die gleiche Schule und sie verbindet, dass sie alle 4 Geister sehen können. Sie sind schon ein eigenartiges Gespann, stehen aber füreinander ein.
Ambers Freunde lernen auch Nathaniel kennen und warnen Amber davor mehr in diese Beziehung hineinzulegen, als gut für sie ist.
Sie wissen, dass jeder Geist, der noch auf Erden wandelt, böse ist und deshalb noch nicht auf die nächste Stufe gegangen ist. Nur warum Nathaniel noch da ist, kann niemand erahnen, auch Nathaniel selbst hat keine Erinnerung mehr an sein Leben und seinen Tod.

Ein sehr mitfühlender Roman, in dem es nicht nur um Liebe, Trauer und Verlust geht. Es vermittelt dem Leser auch Freundschaft, Kameradschaft und Vertrauen, welche man sich erst verdienen muss.
Die Protagonisten sind Jugendliche mit allen Ecken und Kanten, aber durchweg sympathisch, auch wenn anfangs einige gewöhnungsbedürftig waren.
Selbst der Geist Nathaniel hat etwas rührendes an sich, als Leser fühlt man mit ihm verbunden und will wissen, warum er noch auf Erden wandelt. Was hat er sich zuschulden kommen lassen? Wird es überhaupt gelingen, nach 130 Jahren noch zu erfahren, wie er gelebt hatte?

Was der Autorin sehr gut gelungen ist, ist die Wiedergabe der Örtlichkeiten. Auch wenn ich noch nie in San Francisco war, hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass die Stadt mir nicht fremd ist. Die Stadt durch die Augen der Autorin zu sehen ist fast wie ein Besuch in ihr, so detailliert hat sie diese beschrieben.

Es ist ein Roman, in dem man sich fallen lassen kann. Man erlebt die Geschichte abwechselnd aus der Sicht von Amber und Nathaniel. Nathaniels Gedanken sind von der Schrift her kursiv hervorgehoben, so dass man keine Probleme der Zuordnung hat.

Dieses Buch hat mich sehr berührt, ich habe mit Amber und Nathaniel gelebt, geliebt und gelitten und mehr als einmal feuchte Augen gehabt.
Es ist ein Buch, das ich sehr gern weiterempfehle und das nicht nur an jugendliche Leser.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.03.2013
Tod im Beginenhaus
Schier, Petra

Tod im Beginenhaus


ausgezeichnet

Seit Adelinas Mutter gestorben ist, versorgt sie den Haushalt, hilft ihrem Vater in dessen Apotheke und kümmert sich liebevoll um ihren geistig behinderten Bruder.
In ihrer freien Zeit hilft sie im Beginenhaus bei der Versorgung der Kranken.
Um sich ein wenig Geld zu verdienen, vermieten sie ein Zimmer an den neu hinzugezogenen Medicus Neklas Burda.
Ihr Vater, der langsam ein wenig verwirrt wird, will Adelina verheiratet wissen, was dieser so gar nicht gefällt.
Als im Beginenhaus ein älterer Mann stirbt, wird dem noch nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt, aber als es in kürzester Zeit weitere Tode gibt, hat Adelina den Verdacht, dass es sich um Vergiftungen mit Schirling handelt. Die Verantwortliche im Beginenhaus kann das nicht glauben.
Es geschehen weitere Morde und Adelina beginnt nachzuforschen, wem daran gelegen sein könnte, wenn das Beginenhaus geschlossen wird, denn genau das droht, da allgemein von einem Seuchenherd ausgegangen wird.
Nur der Medicus Neklas glaubt ebenfalls an die Theorie von Adelina und hilft ihr bei der Suche nach dem Mörder ...

Kaum zu glauben, dass es sich hier um das Erstlingswerk der Autorin Petra Schier handelt. Ich habe schon einiges von der Autorin gelesen und man kann selbst bei diesem Werk schon ihre Handschrift erkennen.

Wieder hat sie sich mit einem Roman in die Vergangenheit begeben, in das Köln um 1395.
Adelina, die Protagonistin ist eine Frau, die sich nicht nur um dem Herd kümmert, wie es zu damaliger Zeit die Rolle der Frauen war.
Sie ist gebildet, kann lesen und unterstützt ihren Vater in der Apotheke. Als er immer verwirrter wird, übernimmt sie immer mehr Arbeiten ihres Vaters.

Der Männerwelt hat sie abgeschworen, nachdem ihr damaliger Verlobter es vorgezogen hatte, die Verlobung kurz vor der Hochzeit zu lösen.
Als jedoch der Medicus Neklas Burda in ihr Leben tritt, beginnt sie, Gefühle für ihn zu entwickeln, die sie sich jedoch nicht gewährt und zulässt, denn sie hütet ein Geheimnis und glaubt nicht daran, dass sie noch geliebt werden kann, wenn es jemand erfährt.

Adelina ist eine Protagonistin, die man sofort ins Herz schließt. Sie ist sympathisch, hilfsbereit und sehr aufopferungsbereit. Selbst als der Verdacht einer Seuche im Beginenhaus besteht, ist sie noch immer bereit, dort zu helfen, ungeachtet dessen, ob sie sich selbst anstecken kann oder nicht. Sie selbst glaubt nicht an eine Seuche, sondern ist der festen Überzeugung, dass es sich um Morde handelt.
Sie ist sprachgewandt und sehr überzeugend, so dass sie Neklas auf ihre Seite zieht und sie schließlich mit ihm gemeinsam ermittelt, wer die Toten auf dem Gewissen hat.
Eines ist ihr klar, es muss eine sehr skrupellose Person sein, die nicht einmal vor Kindern halt macht.

Wie von Petra Schier gewohnt, hat sie ihren Roman sehr gut recherchiert. Sie führt den Leser in ein frühes Köln, das er durch ihre Augen bildlich vor sich erstehen lassen kann.
Gekonnt verbindet sie die persönliche Ereignisse um die Protagonistin mit den Ermittlungen an den Todesfällen.
Schon mit dem Prolog macht sie den Leser auf die Geschichte neugierig.
Sie baut Spannung auf und kann ihn bis zum Ende halten. Auch wenn ich beizeiten einen Verdacht hatte, war ich doch nach der Lösung des Falls überrascht.

Petra Schier überzeugt schon mit ihrem Erstlingswerk, was ihre Recherchen angeht. Sie führt den Leser in ein Köln, dass man nur noch aus Geschichtsbüchern kennt. Sie macht den Leser mit diesem Köln vertraut und bringt ihm ein Stück Geschichte der Stadt Köln nahe. Selbst einige historisch belegte Protagonisten findet man in ihrem Roman wieder, so dass die ganze Geschichte noch authentischer wird.

Ich hatte eine angenehme Lesezeit mit ihrem ersten Teil der Reihe um Adelina, der Apothekerstochter und ich freue mich schon darauf, den Folgeband zu lesen.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.03.2013
Die Tote auf dem Opferstein / Karin Adler Bd.2
Rosman, Ann

Die Tote auf dem Opferstein / Karin Adler Bd.2


sehr gut

Als eine Schulklasse eine enthauptete Tote sitzend über einem Opferstein findet, wird Karin Adler, die zwar noch Urlaub hat, mit den Ermittlungen betraut. Parallel dazu wird ein Kopf, auf einem Gartenzaun aufgespießt, gefunden. Der anfängliche Verdacht, der Kopf würde zum Rumpf gehören, bestätigt sich nicht.
Wer sind diese beiden Toten und wer hat sie umgebracht?
Karin Adler und ihr Team ermitteln in alle Richtungen.
Sie müssen mit Ermittlungen weit zurück in die Vergangenheit gehen, aber was haben die vor Jahrhunderten durchgeführten Hexenprozesse mit den heutigen Morden zu tun? ...

Dieser Krimi ist bereits der 2. Teil um die Ermittlerin Karin Adler. Man muss den ersten Teil nicht gelesen haben, um diesen zu verstehen, aber ich hätte mir gewünscht, ich hätte ihn gelesen, weil mir einige Informationen zu Personen, die scheinbar schon im 1. Teil vorkamen, hier fehlten.

Der Roman spielt in 3 Zeitebenen. Einmal zur Zeit der Hexenprozesse, wo vom Schicksal der verwitweten Malin gesprochen wurde. Sie wurde hingerichtet und zeitgleich die Mutter vom Pfarrer, die ebenfalls wegen Hexerei angeklagt war, freigesprochen, weil der Pfarrer seine Stellung mit einbrachte.
Eine weitere Zeitebene beginnt im Jahr 1958, in dem die Leidensgeschichte eines kleines Jungen ohne Namen erzählt wird, den seine Mutter nur im Keller hält.
Durch eigene Kapitel in Kursivschrift kann der Leser mitverfolgen, wie der kleine Junge aus seinem Elend befreit wird und wie sein Leben verläuft. Er erhält den Namen Asko und wird mit seinen Freunden Marianne und Kristian sein Leben lang befreundet sein.
Die 3. Zeitebene befindet sich in der Gegenwart, in der die Morde verübt wurden.

Wie die drei Zeitschienen miteinander zusammenhängen, erschließt sich dem Leser erst nach und nach. Die Autorin verknüpft diese miteinander und lässt den Leser recht lange im Unklaren über den Mörder und das Motivs der Morde.
Sie bringt den Leser immer wieder auf eine falsche Fährte, so dass lange unklar ist, in welche Richtung man denken muss.

Außer den Ermittlungen zu den Mordfällen erfährt der Leser auch, was sich im Privatleben von Karin Adler abspielt. Sie macht die Bekanntschaft mit Johan, der ihr aufgrund seiner Mitgliedschaft im Heimatverein die rituellen Orte der Vergangenheit zeigt. Sie verbringt viel Zeit mit ihm, bis sie auch auf seinen Namen im Rahmen ihrer Ermittlungen stößt.

Zu Beginn des Krimis wird Spannung aufgebaut, die sich weiter steigert.
Zum Ende stellt man zufrieden fest, dass alle losen Enden zu einem gesamten Schluss kommen.

In ihrem Nachwort schreibt die Autorin, welche geschichtlichen Ereignisse ihr als Vorbild dienten. Um diese hat sie einen in sich stimmigen und sehr gut recherchierten Krimi geschrieben.
Was mich während des Lesens massiv gestört hatte war, dass alle Personen geduzt wurden. Ich weiß nicht, ob das in Schweden so üblich ist, ich fand es befremdend.

Der Leser hat mit diesem Buch nicht nur einen Krimi in der Hand, er erhält auch einen kleinen Einblick in die unrühmliche Geschichte der Insel im Zusammenhang mit den Hexenprozessen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2013
Bestseller
Honeyman, Valentine

Bestseller


sehr gut

Jeremy Canty ist Autor und würde alles dafür tun, um auf die Bestsellerliste zu kommen. Aber wie um alles in der Welt soll man das schaffen?
Als eine Freundin, Depri-Prue, den Vorschlag machte, dass er sich bei Laura für die Stelle zur Betreuung ihres Vaters bewirbt, wird dieser Vorschlag prompt umgesetzt. Laura ist die Person, die festlegt, wer auf die Bestsellerliste kommt.
Nun ist Jeremy beschäftigt, den alten senilen Vater zu umsorgen, nur dass der Vater so gar nicht senil ist, sondern ein Draufgänger, der sich recht vital und sportlich bei der Dame seines Herzens hält.
Wird es Jeremy schließlich gelingen, auf die Bestsellerliste zu gelangen? ...

Ein höchst humorvoller Roman wird hier von der Autorin Valentine Honeyman vorgelegt.
Jeremy hat zwar schon Anerkennung für einen Roman erfahren, aber das ist schon eine Weile her. Nun muss er sehen, dass ein ehemaliger Mitstudent von ihm auf der Liste gelandet ist, und das geht gar nicht. Er muss etwas bewegen.
Was seine beiden Freundinnen, Depri-Prue und Robyn, für ihn für Ratschläge haben und wie sie ihm zur Seite stehen, ist schon lesenswert.

Als er auch noch von Lauras Vater beim herumschnüffeln erwischt wird und ihm alles gesteht, wird er von ihm zwar gedeckt, aber auch unter Druck gesetzt. Jeremy wird verpflichtet zu helfen, dass Laura und ihr Mann wieder zusammenkommen. Was für ein Einfall und wie soll Jeremy das bewerkstelligen?

Es gibt viele liebenswerte, aber auch unsympathische Charaktere in dem Buch, die teils übertrieben gezeichnet sind.
Einen interessanten Einblick wird dem Leser in die Schwulenszene gegeben, ohne irgendwo anzuecken. Bei einigen Begebenheiten kann man nur feststellen, dass es zwar humorvoll beschrieben wurde, aber auch gut übertragbar in heterosexuelle Beziehungen ist.

Jeremy hat einen Liebhaber, Paul, der ist verheiratet und hat Kinder. Wann immer es ihm möglich ist, findet man ihn bei Jeremy, der ihn betuttelt und von dem er sich verwöhnen lässt.
Jeremy träumt von einer gemeinsamen Zeit und wünscht sich, dass Paul immer bei ihm sein möge, als dann aber der Zeitpunkt eintritt, ist er froh, dass er auch mal aus dem Haus verschwindet.

Schön zu lesen, wie man sich denkt, man hätte den Traummann gefunden, aber sich weiter umsieht.
Die Sprache der Protagonisten ist salopp und manchmal auch ein wenig schlampig, siehe Paul.
Dass ich öfter während der Lektüre grinsen musste, liegt an der frischen und humorvollen Art der Autorin.
Ein wunderbares Buch für zwischendurch, bei dem man nicht groß nach- oder mitdenken muss, man kann es einfach auf sich wirken lassen.

Bewertung vom 22.03.2013
Weißer Teufel
Evans, Justin

Weißer Teufel


sehr gut

Als Andrew Tayler nach England auf die Harrow School kommt, weiß er, dass es seine letzte Chance ist, einen Abschluss zu bekommen. In den USA wollte ihn keine Schule mehr aufnehmen, nachdem bekannt wurde, dass er mit Drogen zu tun hatte.
Es ist, bis auf eine Ausnahme, eine Schule für Jungen. Die Ausnahme ist Persephone, die Tochter eines Hausvaters.
Gleich zu Beginn wird ihm auch von einem Hausgeist erzählt, das dort umgehen soll.
Persephone, die in ihm als erste die Ähnlichkeit mit dem ehemaligen Schriftsteller und Schüler der Schule Lord Byron feststellt, fragt ihn, ob er nicht in dem Stück mitspielen will. Piers Fewkes, ebenfalls ein Hausvater, hat ein Stück über Lord Byron geschrieben, das demnächst aufgeführt werden soll. Auch er ist überrascht über die Ähnlichkeit zwischen Lord Byron und Andrew.
Aber nicht nur den beiden ist die Ähnlichkeit aufgefallen, auch dem Geist, der in den Mauern wandelt, hat diese bemerkt.
Als Andrew eines Tages einen seltsamen Mord an einem seiner Mitschüler beobachtet, traut er sich nur Piers Fewkes gegenüber zu gestehen, was er gesehen hat, dass dieser nämlich von einem Geist getötet wurde.
Wer ist dieser Geist und warum tötete er? Piers und Andrew sind auf der Suche nach der Identität des Geistes und wollen ihn stoppen, denn dessen Rachedurst scheint noch nicht gestillt zu sein ...

Der Autor Justin Evans hat seine Geschichte an einen Ort spielen lassen, den er selber während seiner Schulzeit für ein Jahr lang besucht hat.
Die Beschreibung der Schule und ihrer Örtlichkeiten macht es für den Leser leicht, sich dort zurechtzufinden, man hat förmlich das Gefühl, man hätte es mit eigenen Augen gesehen.
Er erzählt eine Geschichte, in der ein Geist seit fast 200 Jahren in dem Haus "lebt" und der sich seinerzeit durch Lord Byron, seiner großen Liebe ungerecht behandelt fühlte. Als Andrew Tayler an die Schule kommt und große Ähnlichkeit mit dem Dichter aufweist, kann der Geist nicht zwischen Vergangenheit und Gegenwart unterscheiden und fängt an, Rache zu nehmen.

Einerseits weiß jeder über den Geist bescheid, andererseits wird an die Existenz von Geistern nicht geglaubt. So glaubt sich auch Andrew anfangs nicht selbst, ob er nun bei dem Mord einen Geist gesehen hat oder nicht. Die Gegenwart des Geistes ist auch immer in Begleitung mit Beklemmungen und dunkle Ahnungen. Der Einzige, der ihm glaubt, ist Piers Lewkes, ein Hausvater, der weniger seine Arbeit tut, dafür aber mehr an der Flasche hängt.

Der Autor versteht es, die beklemmende Stimmung dem Leser nahezubringen. Man bangt mit den Protagonisten mit und hofft, dass sie in der Lage sind, den Geist aufzuhalten.

Anfangs hatte ich ein wenig zu tun, in die Geschichte hineinzufinden. Ein Grund war, dass einige Gespräche in Kursivschrift geschrieben wurden. Ganz bin ich hinter das System nicht gekommen, aber ich habe mich damit abgefunden, auch wenn es den Lesefluss ein wenig störte.
Die Story an sich lässt sich gut lesen und ist logisch aufgebaut.
Nachdem ich mich eingelesen hatte, hat sie mich auch gepackt und nicht mehr losgelassen. Nun wollte ich nur noch wissen, wer, warum und kann man ihn stoppen.
Die Geschichte als Geistergeschichte zu bezeichnen finde ich ein wenig übertrieben, denn der Geist trat nur am Rande auf.
Es ist ein Roman mit mystischem Einschlag, ein wenig kriminalistischem Spürsinn und einem Hauch Liebe.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.03.2013
Bordsteinkönig
Ruge, Michel

Bordsteinkönig


sehr gut

Auf die Frage, was Michel, in Hamburg auf Sankt Pauli geboren, mal werden möchte, würde er immer mit Zuhälter antworten. Er kennt es nicht anders. Sein Vater ist Zuhälter und verdient sich sein Geld damit. Viel Geld.
Michels Meinung über Frauen - sie sind da, um benutzt zu werden.
Michels Kindheit besteht im Umgang mit Huren, wo er sich Süßigkeiten holt und die ihn niedlich finden.
Als er das Alter hat, in eine Gang einzutreten, kommt ihm mehr der Zufall zu Hilfe, denn er wird förmlich von Ümet, einem Gangboss, eingeladen.
Seinen ersten Sex hat er mit 12, von nun an ist er ein Mann.

Michel Ruge erzählt in seiner Biographie nicht nur über seine Kinder- und Jugendzeit auf St. Pauli, sondern er zeigt die Verhältnisse auf, die seinerzeit dort vorzufinden waren, in denen er aufwuchs.
Die Gewaltbereitschaft, die heute vorherrscht, war zu seiner Zeit noch nicht so stark ausgeprägt wie heute, dass man sich Sorgen um seine Kinder machen musste, wenn man sie sich selbst überließ.
Michel war so ein Kind, dass sich eher auf der Straße aufhielt, als zu Hause oder gar in der Schule.

Wer kann über den Kiez mehr berichten, als der, der dort lebte. Michel berichtet schonungslos über seine Kindheit, über seine Mitgliedschaft in einer Straßengang und über seine Erfahrungen mit Frauen.
Es war keine Zeit des Friedens und der Harmonie. Er war schon von klein auf gezwungen, sich zu behaupten, dazuzugehören und sich verteidigen zu können, denn es herrschte eine harte und gewaltbereite Sprache auf der Straße.

Diese Welt, die der Autor hier zeigt, ist mir völlig fremd, ich habe keinerlei Bezug dazu. Umso interessanter ist es, mit Michel in seine Vergangenheit einzutauchen und alles mit seinen Augen zu sehen. Das Denken und Fühlen eines Jungen, der keine Eltern hat, die zu den besser gestellten zählen, sondern eher ein Junge, der das Gegenteil ist. Er zählt zu den "Problemkindern", den sozial niederen Schichten.

Michel Ruge ist durch eine harte Schule gegangen, die Schule des Lebens auf St. Pauli. Er zeigt dem Leser nicht nur die gewaltbereite Seite auf St. Pauli, er zeigt auch die der Drogen, die die Menschen vernichten und letztendlich töten.
Er berichtet von Frauen, die für ihn auf den Strich gehen wollen, also genau das tun wollen, was sein eigentliches Lebensziel war, er als Zuhälter.

Warum genau das nicht passieren wird, will ich hier nicht verraten, das solltet ihr selbst lesen.
Es ist ein lesenswertes Buch aus einer Welt, die anders war als heute, aus einer Welt, die nicht jedem zugänglich war und ist.

Das Coverbild finde ich sehr gelungen, zeigt es einen kleinen Jungen, Zigarette im Mund, Arme in die Seite gestützt, als würde er sagen wollen: Hier bin ich, was kostet die Welt.