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anette1809 - katzemitbuch.de
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Sulzheim
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Bewertungen

Insgesamt 957 Bewertungen
Bewertung vom 19.08.2011
In Sachen Joseph
Josten, Husch

In Sachen Joseph


weniger gut

Es gibt Bücher, die funktionieren in erster Linie durch ein überraschendes Ende, und wenn das Ende nicht zu überraschen weiß, funktionieren sie eben nicht (so gut). So erging es mir leider mit "In Sachen Joseph", das sicherlich zu begeistern weiß, wenn der Leser erst am Ende merkt, wohin der Hase läuft. Husch Josten spielt mit der Wahrnehmung ihrer Leser und lässt erst am Ende die Katze aus dem Sack, wenn der Tag zur Neige geht, den der Leser an der Seite der Hauptprotagonistin Helen verbracht hat. Passend zum Ablauf sind die Titel einfach nur mit Zeitangaben überschrieben: Sieben Uhr fünfundvierzig, Gegen Mittag usw.
"In Sachen Joseph" ist weder von der Sprache noch von der Handlung ein besonders gefälliges Buch. Die Handlung definiert sich hauptsächlich über zwischenmenschliche Beziehungen zwischen der Hauptfigur Helen und ihrem sozialen Umfeld. Die Sprache wirkt manchmal sperrig durch die sehr detaillierten Beschreibungen. Die Figuren der Geschichte waren mir zwar nicht grundlegend unsympathisch, aber sie haben mich allesamt unberührt gelassen.
Ich kreide es weniger dem Buch an, dass es mich nicht überzeugen konnte, als vielmehr einem Pressetext, den ich im Vorfeld gelesen hatte, und der zu offensichtlich die Auflösung der Beziehung von Helen und ihrem Freund Joseph aus Kindheitstagen preisgegeben hat. So habe ich mich mit der erwarteten Auflösung vor Augen mehr schlecht als recht durch einen Tag in Helens Leben gehangelt und war am Ende wirklich enttäuscht, dass die Auflösung in genau dem Tatbestand mündete, mit dem ich die ganze Zeit gerechnet hatte. Irgendwie hatte ich während des Lesens trotz allem noch die Hoffnung mit meiner Vorahnung auf dem Holzweg zu sein und von dem Ende überrumpelt zu werden.

Fazit:
Wer dieses Buch noch lesen will, sollte keinesfalls weitere Informationen dazu einholen als den Klappentext! Mit einer unerwarteten Überraschung am Ende weiß das Buch mit Sicherheit zu punkten, so war es für mich leider nur ein durchschnittliches Leseerlebnis, welches mir nicht lange in Erinnerung bleiben wird.
Eine soziale Studie aus dem Leben einer Bibliothekarin, die mit einem überraschenden Ende punktet - WENN es denn überrascht.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.07.2011
Gefahr für das britische Empire / Mission Clockwork Bd.1
Slade, Arthur

Gefahr für das britische Empire / Mission Clockwork Bd.1


ausgezeichnet

Rasanter Auftakt einer spannenden und gewitzten Steampunk-Reihe!
Bereits zu Anfang ist mir die Vorliebe des Autors für Klassiker der Literatur aufgefallen. Der verrückte Arzt, der in seinem Wahn Hybriden zwischen Mensch und Maschine zu erschaffen ein wenig wie Frankenstein anmutet, trägt den Nachnamen Hyde, und Modo, der junge entstellte Spion im Dienste Mr. Sokrates erinnert durch sein Aussehen an den Glöckner von Notre Dame - zudem er laut den Schaustellern in der Nähe dieser Kirche ausgesetzt aufgefunden wurde - und durch seine Maske aber auch ein wenig an das Phantom der Oper. Das historisch glaubhafte Ambiente und das zeitgemäße Gehabe der Protagonisten lassen beim Lesen die Außenwelt schnell vergessen und so taucht vor dem inneren Auge schon bald ein Bild des viktorianischen Londons auf, in dessen Gassen man sich dank der detaillierten Beschreibungen des Autors schnell heimig fühlt. Besonders die Leser, die schon einmal in London waren, werden neben den bekannten Wahrzeichen wie Trafalgar Square oder den Houses of Parliament auch beispielsweise die Seven Dials und weitere Straßen und Plätze der britischen Hauptstadt wiedererkennen.
Da ich bereits vor normalen ärztlichen Eingriffen einen unheimlichen Respekt habe, habe ich mich bei den Schilderungen von Doktor Hydes Eingriffen in die menschliche Natur zwecks Erschaffung von Mensch-Maschine-Hybriden teils regelrecht gegruselt und geekelt, bereits im Prolog hatte mich der Autor mit seinen bildhaften Schilderungen am Haken, so dass ich mit einer Mischung aus Faszination und Ekel auch diese "delikaten" Szenen regelrecht verschlungen habe. Das ungute grummelnde Gefühl im Magen wurde noch verstärkt, da besonders unschuldige und wehrlose Geschöpfe wie Tiere und Kinder für Hydes Experimente missbraucht werden.
Zu der Spannung und einem gewissen Maß an Grusel und Ekel (zumindest bei etwas zarter besaiteten Lesern wie mir *g*) gesellen sich neben Wortwitz noch schillernde Haupt- und Nebenfiguren, so dass mir die Geschichte auch unheimlich viel Spaß und Kurzweil bereitet hat. Arthur Slade wartet auf der Seite der "Guten" ebenso wie auf der Seite der "Bösen" mit weiblichen und männlichen Figuren auf, so dass seine Steampunk-Reihe sicherlich begeisterte Leser ebenso wie Leserinnen ansprechen wird!
Zwischen Modo und seinem Lehrer und Ziehvater ergibt sich nach der Ausführung eines Auftrags, bei dem Modo nur knapp dem Tod entronnen ist, ein witziger Schlagabtausch und weitere solcher Wortduelle tauchen im Laufe der Geschichte des Öfteren auf, da auch die Agentin Octavia nicht auf den Mund gefallen ist und Modo und sie sich in ihren Dialogen gegenseitig die Bälle zuspielen.
Überhaupt ergänzen sich Octavia und Modo auf wunderbare Weise, nicht nur wegen ihrem gemeinsamen Sinn für trockenen und schwarzen Humor, sondern auch durch ihre gegensätzliche Vergangenheit. Während Modo 13 Jahre lang von der Außenwelt abgeschirmt auf seine Arbeit als Spion vorbereitet wurde, so ist Octavia vom Leben geschult worden und hat jahrelang als Taschendiebin in den Straßen Londons gelebt, bevor sie in die Dienste Mr. Sokrates gelangt ist.
Man erfährt nur ansatzweise Details aus ihrer Vergangenheit, manchmal lässt sie Andeutungen in Gesrpächen mit Modo fallen, und entscheidet sich dann doch dafür Vergangenes vergangen sein zu lassen. Ich bin gespannt, ob man in den Folgebänden mehr über Octavias erstes Leben als Taschendiebin erfährt oder vielleicht sogar weitere Details aus Modos kurzer Vergangenheit, bevor er von Mr. Sokrates aufgenommen wurde. Die eingearbeiteten Hintergründe der Figuren steigern die Authentizität der Geschichte und lassen die Protagonisten und den historischen Hintergrund noch glaubhaftiger erscheinen trotz der fantastischen Note.
Mit einem atemberaubenden Showdown, der zerstörerisch wie Gozilla durch die Straßen Londons fegt, und bei dem die offenen Handlungsfäden weitestgehend miteinander verknüpft werden, schließt das erste Abenteuer von Modo und Octavia ab.

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.07.2011
Prinsengracht 263
Dogar, Sharon

Prinsengracht 263


ausgezeichnet

Darf man das? Darf man ein historisches Dokument als Grundlage für einen Roman nehmen und Fiktion und Wirklichkeit vermischen? Oder entzaubert das in diesem Fall gar den "Mythos" Anne Frank?
Ich bin zwar nicht skeptisch, aber voller Neugierde an Sharon Dogars Roman über den Jungen, der Anne Frank liebte herangegangen, und muss gleich zu Anfang sagen: Ja, man darf und man sollte historisch wichtige und prisante Themen für die Jugendlichen von heute aufarbeiten, damit sie sich wieder mehr damit beschäftigen. Mit Sharon Dogars Roman bekommt also nicht nur eine zweite Person des Hinterhauses in der Prinsengracht eine Stimme verliehen, sondern eine weitere Generation entdeckt die Geschichte von Anne und den anderen Bewohnern durch Peters Stimme vielleicht zum ersten Mal.
Natürlich wusste ich von Anfang an, was mit den Franks und den van Pels passiert. Und auch für alle jugendlichen Leser, die zum ersten Mal auf Anne Frank treffen, bleibt das zukünftige Schicksal der acht Hinterhausbewohner nicht lange im Dunkeln: parallel zu der Hinterhausgeschichte, die sich zwischen Juli 1942 und August 1944 abspielt, und deren Kapitel mit dem jeweiligen Datum übertitelt sind (genau wie ein Tagebuch), kommen immer wieder kursiv gedruckte Zwischenspiele, die während Peters Zeit im Lager stattfinden. Peter erzählt also seine Zeit im Hinterhaus rückblickend und somit wird jedem klar, dass die Franks und die van Pels sich nicht bis zum Kriegsende verstecken konnten. Trotzdem saß mir häufig ein Kloß im Hals. Zum einen, weil man in diesem Roman mehr übe die Zeit im Lager erfährt und zum anderen, weil ich die Enge im Hinterhaus besser spüren konnte als bei der Lektüre von Anne Franks Tagebuch. Wie lächerlich wirken doch die eigenen Probleme und Sorgen, wenn man darüber liest, dass es der größte Wunsch einer eingesperrten Person ist, einmal frei auf den Straßen herumlaufen zu können, einmal frische Luft atmen zu dürfen!
Ich muss ehrlich gestehen, dass mir Anne Frank nach diesem Roman sympathischer ist als nach dem Lesen ihres Tagebuches, darin kam sie mir oft sehr altklug und ein wenig eingebildet vor, aber ich denke, es ist normal, dass man jemanden von außen ganz anders betrachtet als von innen. Das Tagebuch ist ja aus Annes Sicht und kommt mir nach "Prinsengracht 263" etwas eindimensional und ichbezogen vor, obwohl sie es wie einen Briefwechsel mit einer lieben Freundin führte und alle ihre Mitbewohner darin vorkamen. Trotzdem hatte ich das Gefühl in "Prinsengracht 263" viel mehr über Annes Familie und die anderen Hinterhausbewohner erfahren zu haben und sie kamen mir dadurch lebendiger und plastischer vor. Annes Schwester Margot - die wohl nie aus dem Schatten ihrer Schwester herauskommt - und der Zahnarzt Fritz Pfeffer wirkten auf mich zwar immer noch etwas blaß, aber Peter und selbst die Eltern beider Familien haben durch dieses Buch richtig ein Gesicht für mich bekommen.
Im Buch kommt es an mehr als einer Stelle zu einer Diskussion über den Glauben. Ich persönlich bin zwar kein gläubiger Mensch, aber die verschiedenen Standpunkte der einzelnen Personen waren trotzdem allesamt nachzuvollziehen, auch wenn ich mich persönlich am besten mit Peter identifizieren konnte, der nicht Jude, nicht Deutscher und nicht Holländer sein will, sondern einfach nur Peter van Pels!
Insgesamt wirkt der Roman frischer und etwas erwachsener als das Tagebuch der Anne Frank. Ein Roman lässt sich in der Regel doch flüssiger als ein Tagebuch oder ein Briefwechsel lesen. Die Sprache ist authentisch und jugendlich und spricht den Leser direkt an, so dass man sich dem Sog der - obwohl bekannten - Geschichte einfach nicht entziehen kann!

Fazit:
Gegen das Vergessen: Sharon Dogar verleiht der Geschichte der Anne Frank eine zweite - wenn auch fiktive - Stimme. Ich hoffe, ihr Roman macht noch viele Generationen auf das Tagebuch und das Schicksal der Anne Frank aufmerksam und findet vielleicht sogar seinen Weg als Sekundärliteratur in die Schulen.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2011
Yes we cook: Die besten US-Rezepte
Julie, Schwob

Yes we cook: Die besten US-Rezepte


ausgezeichnet

Die Rezepte sind in folgende Rubriken unterteilt:
* American Breakfast
* Hausgemachte amerikanische Saucen
* Leckereien für Naschkatzen
* New York, das Essen der Metropole und Cocktails
* Rezepte von der Ostküste
* Das Soul Food der Südstaaten
* Die Cajunküche Louisianas
* Tex-Mex
* Die Sonnen-Staaten: Florida und Kalifornien
* Die Küche des weiten Landes: Montana und Nevada
* Festtagsküche: Halloween, Thanksgiving und Weihnachten
Wem diese Rezeptunterteilung nach Staaten und besonderen Anlässen nicht zusagt, findet im Anhang ein zusätzliches Rezeptregister von A-Z.

Jede Rubrik wird mit einem einleitenden Text eröffnet, der interessante und kurzweilige Informationen zu den Festlichkeiten oder den Staaten vermittelt.
So erfährt man z.B. dass das American Breakfast seine Wurzeln im English Breakfast des 18. Jahrhunderts hat, sich jedoch stark vom heutigen englischen Frühstück unterscheidet, oder, dass der Begriff "Soul Food" in den 1960er Jahren geprägt wurde, als die traditionell von den afroamerikanischen Familien zubereiteten Speisen Popularität erlangten.
Auch die meisten Rezepte werden mit einer kleinen Anekdote, ihrem Ursprung oder speziellen Servier- und Dekorationstipps vorgestellt.

Jedes Rezept setzt sich zusammen aus der bekochten Personenzahl, der Zubereitungszeit und evtl. Kochzeit, den benötigten Zutaten und einer übersichtlich gegliederten Zubereitungsanleitung. Neben der Seitenzahl ist am Rand jeder Seite nochmals die Rubrik abgedruckt, der das jeweilige Rezept zugeordnet ist. Die Fotos sind sehr ansprechend und zeigen jeweils das fertig zubereitete Essen. Die Bilder sind sehr abwechslungsreich gestaltet und liebevoll arrangiert. So sieht man von oben in ein gefülltes Cookie-Glas, bekommt die Blaubeermuffins auf einem Spielzeugauto serviert oder den Pumpkin Pie von einem waschechten Gespenst.

Die Rezepte sind dank der ausführlichen Erklärungen einfach nachzukochen und von sehr einfach herzustellenden Speisen (Rührei, Smoothie) über Rezepte für die Vorratshaltung (eingelegte Gurken, hausgemachter Ketchup) bis hin zu aufwendigen Festtagsmenüs (Thanksgiving-Truthahn) bietet das Kochbuch einen weit gefächerten Einblick in die US-amerikanische Küche. Neben fleischlastigen Gerichten sind auch viele Süßspeisen, Backrezepte, Gerichte mit Fisch und vegetarische Speisen enthalten, so dass die Anschaffung auch für Vegetarier interessant sind - zumindest für diejenigen, die unter die Kategorie "Naschkatze" fallen ;) Den Naschkatzen sei allerdings folgender Hinweis mit auf den Weg gegeben: einige nachgekochte Süßspeisen sind wirklich !sehr! süß ausgefallen. Wer es nicht süß genug haben kann, kann die Rezepte strikt nach Vorgabe nachkochen, allen anderen würde ich empfehlen die Rezepte vor dem Nachkochen genau zu prüfen, evtl. die angegebene Zuckermenge zu reduzieren und sich ggfs. Anmerkungen ins Rezept zu schreiben.

Der Anhang des Buches setzt sich aus dem bereits Eingangs erwähnten alphabetischen Rezeptregister zusammen, guten Adressen für amerikanische Produkte (Restaurants, Spezialitäten, Möbel und Deko-Artikel), bibliographische Quellen der Autorin, amerikanische Internetseiten, auf denen man die Küche der Vereinigten Staaten kennenlernen kann und Umrechnungstabellen für Flüssigkeiten, feste Zutaten, g/kg in lbs und oz und Ofentemperaturen von Celsius in Fahrenheit.

Fazit:
"Yes we cook" gibt zu einem absoluten Schnäppchenpreis einen bunten Einblick in die Vielfalt der amerikanischen Küche und zeigt, dass diese neben Hamburgern und Doughnuts weit mehr zu bieten hat.
Daneben bildet der informative und ausführliche Anhang das Sahnehäubchen auf dem Cupcake, denn bisher hatte ich in keinem Kochbuch eine solch ausführliche Übersicht über Umrechungstabellen und Surftipps zu amerikanischer Küche und amerikanischem Lifestyle gefunden.

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2011
Holundermond
Wilke, Jutta

Holundermond


ausgezeichnet

Obwohl das Buch mit 320 Seiten für jugendliche und erwachsene Leser vergleichsweise kurz ist, so steckt doch unheimlich viel an Spannung, historischen Hintergründen und Lesefreude darin, was es zu einem richtigen Leckerbissen für Bücherwürmer werden lässt!
Man darf sich von dem lockeren und sprachlich für zehnjährige Leser angepassten Schreibstil nicht täuschen lassen, bei Neles und Flavios Abenteuer muss man auf jeder einzelen Seite hochkonzentriert bei der Sache sein, da die Autorin Jutta Wilke viele Details und Andeutungen in die Seiten gepackt hat, die stellenweise wie ein roter Faden durch die gesamte Handlung führen und hier und da wieder aufblitzen. So kamen für mich manche Entwicklungen doch überraschend ebenso wie das Wiederlesen einiger Nebenfiguren.
Obwohl man von Anfang an bei den meisten agierenden Personen weiß, wer zu den Guten und wer zu den Bösen gehört, so tut das der Spannung jedoch zu keinem Zeitpunkt der Geschichte einen Abbruch. Vielmehr führen neue Charaktere immer wieder die Gedanken des Lesers von den vorgegebenen Pfaden weg oder eine neue Nebenfigur gibt weitere Rätsel auf, so dass auch die offensichtlich Bösen noch eine Überraschung aus dem Ärmel zaubern können.
Die Handlungsschauplätze werden beinahe sichtbar, so gut hat Jutta Wilke die Umgebung Mauerbachs und Wien beschrieben. Man merkt beim Lesen, dass die Autorin nicht nur einmal für die Recherche des Buches vor Ort war und darüberhinaus einen Ansprechpartner in der Kartause hat, der mit seiner fundierten Sachkenntnis das schriftstellerische Gerüst stabil untermauert hat.
Doch nicht nur die Orte des Geschehens werden greifbar, auch ihre Figuren hat die Autorin mit soviel Liebe beschrieben und Facettenreichtum ausgestattet, dass man sich selbst als Erwachsener in Nele und Flavio hineinversetzen kann und durch die Augen der Kinder auf eine große Schatzsuche geht. Nele ist mir von Anfang an ans Herz gewachsen, man kann ihre Enttäuschung förmlich spüren, dass ihr Vater trotz der gerade überstandenen Trennung von der Familie, seine Tochter direkt wieder wegen seiner Arbeit im Stich lässt und auch der lustige Flavio hat es nicht immer einfach. Er selbst kann sich zwar kaum an seine verstorbene Mutter erinnern, doch er teilt den Schmerz seines Vaters über ihren Verlust und seine finanziellen Sorgen.
Wenngleich mit dem Aspekt der Zeitreise ein magischer und fantastischer Aspekt innerhalb der Geschichte auftaucht, so wirkt auch dieser neben den existierenden Schauplätzen und den authentischen Charakteren glaubhaft. So würde ich das Buch sogar Kindern empfehlen, die normalerweise mit fantastischen Geschichten normalerweise nichts am Hut haben, da die Geschichte vielmehr ein Abenteuerroman ist, der in zwei Zeitebenen spielt und nebenbei viel historisches Wissen über die Kartause und die Kirche allgemein vermittelt.
Daneben finde ich die Symbolträchtigkeit sehr interessant. Neben den vier Kirchenschätzen in Verbindung mit den vier Erzengeln gefällt mit besonders die Einbeziehung des Holunders in die abenteuerliche Geschichte. Der Holunder kommt nicht nur als Holundersaft oder Holundertee in Neles und Flavios Abenteuer vor, sondern auch als Verkörperung von Gut und Böse und wie man es bereits auf dem Cover des Buches erahnen kann, entfaltet der Holunder in Vollmondnächten seinen größten Zauber, von dem ich mich zu gerne habe betören lassen. Am Schluss bleibt nur etwas Wehmut zurück, weil man Nele und Flavio so bald wieder verlassen musste und doch zu gerne noch weitere Abenteuer mit den beiden erleben hätte!

Fazit:
Ein spannender Roman, der Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen begeistern wird! Ein Abenteuer zwischen den Zeiten, dass das 18. Jahrhundert mit der Gegenwart verbindet und zwischen den Zeilen viel Wissen über die Kirche und verbürgte historische Begebenheiten vermittelt, die mit dem Handlungsschauplatz der Kartause in Mauerbach verknüpft sind.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.07.2011
Sternenschimmer / Sternen-Trilogie Bd.1
Winter, Kim

Sternenschimmer / Sternen-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Obwohl "Sternenschimmer" in der Zukunft spielt, kann man sich auf Grund des jugendlichen und zeitgemäßen Schreibstils der Autorin hervorragend in die Geschichte und die Hauptfigur Mia hineinversetzen. Die Ich-Erzählerin Mia wächst einem beim Lesen sehr schnell ans Herz, denn mit ihren ganz normalen Problemen, mit denen sich ein Teenager ihres Alters herumschlagen muss, kommt es einem so vor, als wäre Mia ein nettes Mädchen aus der eigenen Nachbarschaft und nicht ein Charakter aus der fernen Zukunft. Außerdem hat sich Kim Winter keine völlig überzogenen oder unrealistisch wirkenden Visionen ausgedacht, sondern schildert die Welt in der Zukunft so, wie man sie sich auf Grund der heutigen Entwicklungen sehr gut vorstellen kann: der Lebensraum ist knapp, der Großteil der Menschheit lebt unter einer Kuppel, die vor schädlicher UV-Strahlung schützt und die Außengebiete können nur stundenweise besucht werden, da diese sich nur langsam regenerieren und man sich dort deshalb immer noch gesundheitsschädlichen Umwelteinflüssen aussetzt. Darüber hinaus sprechen alle Menschen nur noch eine Sprache, da es auf Grund des Zusammenschlusses der restlichen Erdbewohner und einer schnellen gegenseitigen Hilfe sinnvoll war, um sich besser verständigen zu können. Die alten Sprachen werden nur noch in der Schule unterrichtet, damit sie nicht völlig in Vergessenheit geraten.
Wenngleich in "Sternenschimmer" viele Thematiken von Integration, unterschiedlichen Kulturen über Umweltkatastrophen bis hin zu vegetarischer Ernährung angesprochen werden, schafft es die Autorin nichts oberflächlich erscheinen zu lassen oder unpassend im Zusammenhang. Die einzelnen Themen sind schlüssig in die Handlung integriert und verleihen der Geschichte Tiefe und Facettenreichtum.
Neben Mia werden auch alle anderen Figuren der Geschichte sehr echt und lebendig dargestellt. Besonders die loduunischen Kinder wachsen einem beim Lesen schnell ans Herz und mit ihren berührenden Darstellungen von Freundschaften und Liebe schafft es die Autorin dann und wann dem Leser ein Tränchen in die Augen zu treiben. Dabei gibt es aber nicht nur was fürs Herz, auch Streit und Vertrauensverlust werden zwischen Mia und ihren besten Freundin oder Mia und ihrer alleinerziehenden Mutter behandelt. Neben den gefühlvollen zwischenmenschlichen Episoden sorgen andere Handlungsstränge für atemberaubende Spannung, so dass man zu jedem Zeitpunkt der Geschichte auf die eine oder andere Weise gefesselt ist.
Ein ganz spezielles Highlight hat Kim Winter für mich mit der besonderen Eigenschaft kreiert, die sie den Loduunern auf den Leib geschrieben hat: obwohl sie sich äußerlich kaum von uns unterscheiden, so werden sie im Gegensatz zu uns mit einem Sinn geboren, nach dessen Erfüllung sie sterben. Dieser Aspekt regte mich während der Geschichte häufig zum Nachdenken an, nicht nur, weil es so aussieht, dass Iasons Sinn eine erfüllte Liebe zwischen ihm und Mia wohl nie erlauben wird und ich trotzdem die ganze Zeit die Hoffnung hegte, dass es anders kommen wird. Einerseits ist es eine wunderschöne Idee, dass das Leben von jedem Einzelnen einen ganz besonderen Sinn hat, aber andererseits stimmt es traurig, dass man nach seiner Sinnerfüllung aus dem Leben scheiden muss. Zwar gibt es Sinne, die ein Leben lang erfüllt werden können, wie andere Leute glücklich zu machen, aber einen Sinn wie Kinder auf die Welt zu bringen, fand ich eher traurig, weil der Sinn nicht aus einem selbst kommt und mir eher wie ein Zweck als wie ein Lebenssinn vorkam, anders wäre es gewesen, wenn es geheißen hätte, der Sinn wäre den Kindern immer eine gute Mutter zu sein.
Die Geschichte war für mich zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar und bot gerade in der zweiten Hälfte einige überraschende Wendungen und Entwicklungen, die einen ungeduldig auf die Fortsetzung warten lassen. Ehrlich gesagt, kann ich mir nach der Fülle von Eindrücken in "Sternenschimmer" noch nicht vorstellen, worum es im Folgeband vorrangig gehen wird.

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.07.2011
Melina und die vergessene Magie
Mittag, Susanne

Melina und die vergessene Magie


gut

Nach einem Umzug muss Melina sich einer neuen Klasse vorstellen. Da ihr liebstes Hobby neben dem Lesen das Ausdenken und Schreiben von Geschichten ist, wird Melina von der Klassenzicke schnell als Streberin und Lehrerliebling abgestempelt.
In der Pause gibt Zicke Lisa ihr die Chance sich mit einer Mutprobe zu beweisen, um in die Klassengemeinschaft aufgenommen zu werden. In Wirklichkeit ist das jedoch nur ein Vorwand, um Melina in den Keller der Schule einzusperren, in dem vor Jahren ein Mädchen spurlos verschwunden ist.
Melina ist außer sich vor Angst und durch ihre große Vorstellungskraft erscheint ihr der dunkle Raum, in dem sie eingesperrt ist, noch schrecklicher und unheimlicher. Unsicher tastet sie sich durch die Dunkelheit als plötzlich ein rechteckiges Licht mitten im Raum erscheint.
Durch dieses Licht gelangt Melina in das Land Lamunee, wo Krieg zwischen Eis- und Feuerzauberern herrscht. Eine dunkle Magiern will die Macht an sich reißen und Melina muss zuerst Lamunee befreien, bevor sie selbst in die Menschenwelt zurückkehren kann.

Eigene Meinung:
Obwohl die Autorin Susanne Mittag vor fantastischen Ideen nur so übersprudelt, konnte mich die Geschichte nicht überzeugen. Die Figuren - egal ob Bösewichte, Melina selbst, ihre Mitstreiter oder diverse Randfiguren - bleiben über die gesamte Geschichte flach und stereotyp. Da keiner der Charaktere wirklich vertieft wurde, konnte ich weder Antipathien noch Sympathien zu ihnen aufbauen. Ich habe zu keinem Zeitpunkt der Handlung mit Melina und ihren Freunden mitgelitten oder mitgefiebert, da viele Lösungen aus Zwangslagen einfach zu glatt und problemlos abliefen. Genau wie Melina innerhalb weniger Augenblicke eine Fluchtmöglichkeit aus ihrem Kellergefängnis zu Beginn der Geschichte vor die Nase gesetzt bekommt, so geht es im weiteren Verlauf ihres Abenteuers immer weiter. Bevor überhaupt ein Hauch von Spannung entstehen kann, sind brenzlige Situation schon ausgestanden. Susanne Mittag versucht zwar die Geschichte und das Rätsel um die vergessene Magie aus verschiedenen Blickpunkten auszuleuchten, in dem sie neben der Erzählperspektive aus Melinas Sicht einige Kapitel aus Sicht des Mädchens Lianna erzählt, die als Dienstbotin und Lehrmädchen auf Seiten der Bösen angestellt ist, aber mich hat dieses Stilmittel vielmehr aus dem Erzählfluss geworfen und leider das Gegenteil des erwünschten Effekts erzielt: statt das Geheimnis der Magie weiter zu schüren oder die Schachzüge der Bösen verdeckt zu halten, wurden einige Andeutungen zu viel in den Raum geworfen, so dass man sich schon vor dem Ende so manches über den Ausgang der Geschichte zusammenreimen konnte.
Nur einmal hat die Magie des Buches mein Herz erreichen können, als Melinas Begleiter in Lamunee ihr die Legende des Riesen Godor erzählt und von der Magie und der Kraft, die tief in jedem von uns steckt, in Lamunee jedoch vor langer Zeit verloren gegangen ist.

Fazit:
Der Erzählstil und die Länge der einzelnen Kapitel sind perfekt auf das empfohlene Lesealter zugeschnitten. Junge Leser und Leserinnen, die gerne fantasievolle Geschichten mögen, werden an "Melina und die vergessene Magie" sicher ihren Spaß haben. Allerdings ist Melinas Abenteuer zwar schnell gelesen, aber auf Grund der fehlenden Charaktertiefe der handelnden Figuren auch schnell vergessen, was mir persönlich sehr leid tut, da in den wunderschönen Ideen der Autorin Potential für eine wirklich mitreissende und zauberhafte Geschichte gesteckt hätte. Mit einem größeren Umfang zugunsten der Ausarbeitung einzelner Charaktere hätte sich die Geschichte in mein Herz stehlen können, so bleibe ich seltsam unberührt zurück.

Die Titel der recht kurzen Kapitel sind in der gleichen verschnörkelten Schrift ausgeführt wie Cover und Autorenname auf dem Cover des Buches. Die comicartige Szenerie ist in Lilatönen gehalten und spricht damit wohl in erster Linie Mädchen an, denen ich das Buch u.a. wegen der weiblichen Hauptfigur auch in erster Linie empfehlen würde.

7 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.07.2011
Ein Sommer in London
Fontane, Theodor

Ein Sommer in London


gut

1-3 Straßen, Häuser, Brücken und Paläste
4-5 Die öffentlichen Denkmäler
6-10 Ein Picknick in Hampton Court
11-12 Der verengländerte Deutsche
13-15 Parallelen

Theodor Fontane beschreibt das London des Jahres 1852 plastisch und greifbar, dass es sich beinahe so anfühlt, als würde man an seiner Seite durch die Straßen streifen, wenn man der ruhigen und vollen Stimme Charles Brauers lauscht, der Fontanes Reisebericht in Auszügen liest.
Obwohl ich ein großer Liebhaber dieser Stadt bin, der Fontane kaum mit Wohlwollen, dafür mit viel Spott und Kritik begegnet, habe ich seinen trockenen Humor genossen, denn in den Eigentümlichkeiten und Besonderheiten, die er beschreibt, steckt nicht nur Wahrheit, sondern vieles hat sich bis heute erhalten, so dass es ein Genuss ist auf seinen literarischen Reisepfaden zu wandeln, weil man so vieles wiedererkennt, was man selbst schon gesehen oder erlebt hat. Außerdem wirkt Fontanes Kritik nicht böse oder verletzend, er verleiht seinen Enttäuschungen einfach auf sehr persönliche Weise und durchaus humorvoll Ausdruck, und zwischendurch kommt es sogar vor, dass in seinen Schilderungen ein Hauch von Bewunderung für London durchblitzt.
Trotzdem habe ich Kritikpunkte an der Adaption als Lesung: ich kenne zwar leider die literarische Vorlage aus der Feder Fontanes nicht, aber ich denke, dass man statt der Personenbeschreibungen (betrifft die Kapitel 6-10 und 11-12 in Auszügen) eventuell passendere Passagen für eine gekürzte Lesung hätte wählen können, denn im Vergleich zu den Beschreibungen der Stadt, die mich beim Zuhören beinahe vor Ort des von Fontane Erlebten führten, schweiften meine Gedanken bei den Anekdoten über seine Zeitgenossen meistens ab. Ich habe eher Zugang zu der Stadt im Jahr 1852 gefunden als zu deren Einwohnern, vielleicht weil sich das London des Jahres 1852 im Vergleich zu dem London von heute weniger verändert hat als die Menschen, die es bewohnen.

Aufmachung des Hörbuchs:
Auf der Rückseite der Hülle befinden sich eine Kurzbeschreibung des Inhalts und eine kurze Vita des Sprechers Charles Brauer, innen ist die Vita des Autors Theodor Fontane abgedruckt. Eine Übersicht über die Kapitel fehlt leider, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre diese statt der Werbung für ein weiteres Hörbuch aus dem Audiobuch Verlag auf der Innenseite unterzubringen.

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.