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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 20.01.2018
Olga
Schlink, Bernhard

Olga


gut

Olga weiß schon sehr früh, was sie im Leben erreichen möchte, egal welche Schwierigkeiten das Schicksal ihr auch beschert. Früh zur Waise geworden, lebt sie bei einer gefühlskalten Großmutter, die dem Kind keine Zuneigung zeigen kann. Mit unglaublicher Energie und Willenskraft gelingt ihr trotz vieler Widerstände die Ausbildung zur Lehrerin.

Schon als Kind freundet sie sich mit den Geschwistern vom Gutshof an, obwohl Viktoria die Standesunterschiede sehr betont, aber mit Herbert verbindet sie bald mehr. Ihre Liebe überdauert die Kinder- und Jugendzeit und findet doch nie eine echte Erfüllung, denn Herbert kann und will sich nicht über die elterliche Ablehnung dieser Verbindung hinwegsetzen. Auch Pommern ist ihm zu eng, er sucht das Abenteuer, die Weite, die Entdeckung der Welt. Wenn Herbert auf Schwierigkeiten stößt, dann flieht er, denn anders kann ich seine Reisen nicht interpretieren. Er liebt Olga, aber es macht ihm auch nichts aus, monate- ja jahrelang fernzubleiben und seine Liebe aus der Ferne zu leben. Ein interessantes Zitat auch auf Seite 80: „Nichts was er geben konnte, versagte er ihr. Was sie vermisste, war er zu geben nicht fähig.“

Schon nach einigen Seiten fällt der Ton des Erzählens auf. Eine unaufgeregte, zurückhaltende Stimme aus dem Hintergrund, die Olga und Herberts Geschichte erzählt. Das liest sich leicht, aber manchmal auch zu beschaulich und fast eintönig. Erst im zweiten Teil bekommt der Erzähler Kontur. Es ist Ferdinand, ein stiller Pastorenjunge, der mit der alten Olga, die inzwischen nach zwei Kriegen und Vertreibung im Westen der jungen Republik lebt, Freundschaft schließt.

Der dritte Teil des Romans gibt dann auch Olga eine Stimme, Briefe die sie an ihre Liebe Herbert schreibt. Mir gefällt die Hauptfigur, eine starke Frau, lebensklug und intelligent, die sich nie von äußeren Umständen beeindrucken lässt und in ihren Lebensentscheidungen erstaunlich souverän ist.

Ich habe das Buch von Bernhard Schlink gern gelesen, aber es fehlte mir das gewisse Etwas. Ich möchte es nicht auf fehlende Spannung oder Dramatik reduzieren, aber der Ton des Romans war mir - wie schon gesagt - zu beschaulich.

Bewertung vom 17.01.2018
Die letzte Borgia
Dunant, Sarah

Die letzte Borgia


sehr gut

Mit dem Namen Lucrezia Borgia verbindet man sofort Machtgier, Giftmischerei und Gattenmord. Dass sich dahinter eine jahrhundertelange Verleumdung und falsche Geschichtsschreibung verbirgt, wird schon länger in den neueren Forschungen dokumentiert. Also bietet sich eine solch umstrittene, von Legenden umrankte Figur für einen farbigen historischen Roman geradezu an.

Lucrezia, die uneheliche Tochter des Papsts Alexander VI, soll in dritter Ehe mit dem Herzog Alfonso d’Este verheiratet werden. Der machthungrige Clan der Borgias verspricht sich noch mehr Einfluss auf die Politik. Schon seit Jugendzeiten ist sich Lucrezia ihre Stärke und Position bewusst, sie regiert wie selbstverständlich im Vatikan mit und weiß ihre Interessen zu wahren.
In diesem zweiten historischen Roman über die Familie Borgia richtet die Autorin das Augenmerk auf die dritte Ehe Lucrezias und die Machtansprüche, die daraus erwachsen. Intrigen, Liebschaften und Ränkespiele bei Hof sind sehr farbig und detailreich erzählt. Man spürt aus jedem Absatz die genaue Recherche, auch wenn sich natürlich Geschichtliches der Dramaturgie des Romans unterordnet.
Aber es gelingt der Autorin die Figur der Lucrezia lebendig werden zu lassen und die Frau hinter dem überlieferten Bild zu zeigen. Sehr gekonnt und auch gut zu lesen ist der historische Hintergrund. Die Kunst der Renaissance und das Menschenbild dieser Zeit wurde gut transportiert. Das Leben am herzoglichen Hof und das Leben im Vatikan, die politischen Verbindungen und die Intrigen um Macht und Geld sind spannend erzählt. Da es eine Unzahl von historischen Dokumenten gibt, konnte Sarah Dunant aus dem Vollen schöpfen.

Trotzdem vermochte es das Buch nicht, mich völlig in Bann zu ziehen, wobei ich gar nicht im Detail benennen kann, woran das liegt. Vielleicht fehlt mir einfach nur die Kenntnis des ersten Bands, ich denke, das wäre hilfreich gewesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.01.2018
Engelskinder / Ruth Galloway Bd.6
Griffiths, Elly

Engelskinder / Ruth Galloway Bd.6


ausgezeichnet

Elly Griffiths ist eine Autorin, die ich sehr schätze und ihre Hauptfigur, die forensische Anthropologin, Dr. Ruth Galloway ist eine Frau nach meinen Geschmack. Inzwischen liegt mit „Engelskinder“ das siebte Buch vor und auch dieses Mal hat mich die Geschichte absolut überzeugt.


Dr. Galloway findet bei Sicherungsgrabungen ein Frauenskelett. Der Fundort am Richtplatz, die Art der Beisetzung und eine Besonderheit am Skelett, nämlich ein Eisenhaken statt der linken Hand, deuten auf „Mother Hook“ hin, eine sogenannte Babyfarmerin im viktorianischen England. Die Frau wurde wegen vielfachen Kindsmord gehenkt und ihre Geschichte ist in Literatur und Liedgut eingegangen, wie bei uns der „schwarze Mann“. Gleichzeitig beschäftig sich DCI Nelson mit einem verdächtigen Fall von plötzlichem Kindstod. Der Mutter verstarb schon zum dritten Mal ein Baby und Faserspuren in Mund und Nase lassen einen furchtbaren Verdacht bei Nelson keimen, aber die Beweislage ist dürftig und die Presse und die Öffentlichkeit stehen auf Seiten der verzweifelten Frau.


Ich bin immer wieder fasziniert, wie geschickt die Autorin aktuelle Fälle mit historischen Begebenheiten verknüpft und dadurch eine ganz besondere Spannung erzielt. Dabei zwingt sie die Leser zur Stellungnahme. Auch Ruth hat ihre Tochter bei einer Tagesmutter, ist sie deshalb eine schlechtere Mutter als Liz, die sich ganz ihren Kindern widmete und doch ihren Tod nicht verhindern konnte? Waren die Babyfarmerinnen des frühen 19. Jahrhunderts die Vorläuferinnen unserer Tagesmütter?


Während Ruth historischen Fällen von Kindesmord und Verwahrlosung nachgeht, muss Nelson sich der gleichen Problematik in der Gegenwart annehmen. Pikant ist das Verhältnis zwischen Ruth und Nelson, denn er ist der Vater ihrer Tochter, entstanden aus einem verzweifelten One Night Stand, den beide nicht vergessen können. Die berufliche Zusammenarbeit ist immer in labilem Gleichgewicht.


Elly Griffiths kann wunderbar Stimmung erzeugen, mit ihr tauche ich immer wieder in vergangene Zeitalter, wobei in diesem Fall die viktorianische Ära nicht ganz so geheimnisvoll wirkt, wie die keltische Atmosphäre der früheren Bücher. Der Figurenkosmos um Ruth ist mir inzwischen schon vertraut, aber auch Neuentdecker werden keine Probleme haben in die Geschichte zu finden. Der Sog entwickelt sich schon nach kurzer Zeit.
Wieder ein ausgezeichneter, klassischer Kriminalroman, den ich nur empfehlen kann.

Bewertung vom 12.01.2018
Kein Reue
Wendeln, Andrea

Kein Reue


sehr gut

Uwe Rösker ist ein Bild von einem Bürgermeister. Allseits beliebt im kleinen Ort, hat er für jedes Anliegen Zeit und für jeden Bürger ein nettes Wort. Aber warum wurde diesem geschätzten Lokalpolitiker das Gesicht weggeschossen, wer hatte einen solchen Hass auf ihn?

Oder ist das Bild des Mannes nur Fassade gewesen? Zu diesem Schluss kommt die grade zur Hauptkommissarin aufgestiegene Heide Rose, als sie am Neujahrstag ihren ersten eigenständig zu bearbeitenden Mordfall übertragen bekommt.
Zusammen mit dem ebenfalls ganz neuen Kollegen Peter Grahne beginnt sie zu ermitteln.


Ein neues, interessantes Ermittlerpaar betritt die Bühne. Rose ist eine patente junge Ermittlerin, erfreulicherweise ohne die üblichen privaten Probleme und Grahne ein intelligenter Mann, der nach einer Ausbildung zum Psychiater den Weg zur Polizei gefunden hat. Ein ideales Gespann, das gut harmoniert und mich als Leserin sofort mitnimmt in die Spurensuche. Das öffentliche Bild Röskers unterscheidet sich schon sehr bald von der realen Person und nach und nach erfahren die Kommissare was hinter dem schönen Schein steckt.


Es gibt eine Menge Gründe Rösker nicht zu mögen und die besten hätte die Witwe. Aber ganz so einfach wird die Ermittlung nicht.
Wer solide und realistisch aufgebaute Krimis schätzt, die spannend und abwechslungsreich erzählt werden, ist bei Andrea Wendelns Erstlingsroman gut aufgehoben. Es macht Spaß der Arbeit der Kommissare zu folgen, mit zu ermitteln und zu rätseln. Ein gekonnt aufgebauter Spannungsbogen und eine Vielzahl von Spuren bringen Tempo in die Handlung. Die Protagonisten haben mir in ihrer Charakterisierung ebenfalls gut gefallen.
Von diesem Ermittlerduo würde ich gern noch mehr lesen.

Bewertung vom 12.01.2018
Die Oleanderfrauen
Simon, Teresa

Die Oleanderfrauen


ausgezeichnet

Sophie Terhoven wächst behütet in Hamburg auf. Seit Kindheitstagen verbindet sie eine enge Freundschaft mit Hannes, dem Sohn der Köchin. Doch allmählich wandelt sich diese Kinderfreundschaft zu einer tiefen, ersten Liebe. Doch für eine Tochter des bekannten und reichen Kaffeehändlers Terhoven ist eine solche Verbindung ausgeschlossen.
Hamburg in den 30iger Jahren. Die Nationalsozialisten sind in allen Gesellschaftsschichten angekommen, die jüdischen Mitbürger spüren immer mehr die Ausgrenzung und Repressalien. Auch Malte Voss, Sophies Schulkamerad und echter Freund spürt die „neue Zeit“. Durch seine körperliche Behinderung und seine Homosexualität steht er gleich zweifach im Fokus der Nazis.
Eingetaucht in die Geschichte konnte ich mich nicht mehr losreißen. Ich habe mit den Figuren gelebt, geliebt und gelitten. Das alte Hamburg in den Vorkriegs-und Kriegsjahren bis hin zum vernichteten Feuersturm ist mir lebhaft vor Augen erstanden. Das Leid der Menschen wird realistisch und berührend geschildert, das hat mich emotional richtig durchgeschüttelt.
Hamburg in der Gegenwart, der jungen Café-Besitzerin Jule fällt das Tagebuch Sophies in die Hände, geschrieben von 1936 - 1943. Angerührt von den Zeilen, versucht sie die Lebensspuren der Familie Terhoven zu finden.
Das bildet die Rahmenhandlung und Klammer dieses wunderbaren Familienromans. Die zwei Zeitebenen ergänzen sich und geben dem Buch eine ganz besondere Spannung. Für mich waren Jules Erlebnisse in ihrem Café, ihre Nöte, Sorgen und Erfolge immer auch eine kleine Erholung von der emotionalen Achterbahnfahrt, die die geschichtlichen Ereignisse in mir ausgelöst haben.
In diesem Buch passt alles, die Figuren sind mir dabei sehr nahe gekommen, ob in Zuneigung oder Abneigung. Selten habe ich mich so in eine Geschichte hineinziehen lassen. Sicher liegt es auch an der gekonnten geschichtlichen Darstellung, so lebendig und menschennah findet man die Gräuel der Kriegsjahre in keinem Geschichtsbuch. Es ist dabei so spannend erzählt, dass ich um mich herum alles vergessen habe – aber warum weiter davon erzählen: unbedingt selber lesen!

Bewertung vom 08.01.2018
Liebe M. Du bringst mein Herz zum Überlaufen
Paulsen, Anna

Liebe M. Du bringst mein Herz zum Überlaufen


sehr gut

Matilda ist ein wenig harmoniesüchtig, als Kind musste sie die endlosen, lautstarken Streitereien ihrer Eltern aushalten und nun als junge Frau hat sie sich ihre eigene sichere Welt geschaffen. Eine kleine Mansardenwohnung, kuschelig und gemütlich und eine Stelle beim Amt für unzustellbare Post, allein in einem kleinen Büro, geben ihrem Alltag die Struktur die sie sucht. Aber dann geschehen gleich zwei Dinge, die Matilda aus ihrer selbst geschaffenen Komfortzone reißen: Ein älterer Nachbar braucht nach einen Unfall Hilfe – die sie gern und uneigennützig gewährt – und sie findet zufällig im Amt hinter einem Regal einen Brief, der dort schon Jahrzehnte schlummerte. Der Inhalt ist so anrührend, dass Matilda alles daran setzen will, auch nach so langer Zeit noch den Empfänger noch zu ermitteln. Knut, der Nachbar, weltoffen und aktiv in vielen Netzwerken hilft ihr dabei und so ganz allmählich begreift Matilda, wieviel Glück es bringen kann, wenn man Glück verschenkt.

Natürlich weisen Cover, Titel und Farbe schon auf den Inhalt des Buches. Die Leserin weiß also gleich, was sie erwarten darf. Aber trotzdem birgt die Geschichte noch manche Überraschung. Der Roman ist einfach warmherzig und anrührend geschrieben, dabei wird die Kitschgrenze nicht überschritten. Es ist eine Welt, in die man sich träumen möchte und mit Sympathie verfolgt man das Aufblühen der Heldin Matilda, die sich nicht nur ihre Lebensfreude zurückerobert.

Ich mochte den leichten, aber nie seichten Stil der Autorin. Ich bin für Stunden in das Buch eingetaucht, habe die grauen, feuchten Wintertage vergessen und mit Spannung die Spurensuche Matildas verfolgt. Ich hatte übrigens ständig die Schauspielerin Audrey Tautou in ihrer Rolle als Amélie vor Augen, so wesensverwandt fand ich die beiden Figuren. Ein wenig scheu, aber mit einem großen Herzen.
Ein wirklich schönes und anrührendes Buch, das ich mit Vergnügen gelesen habe.

Bewertung vom 05.01.2018
Die Eishexe / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.10
Läckberg, Camilla

Die Eishexe / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.10


sehr gut

Zum zehnten Mal begleite ich Camilla Läckberg in ihren Krimikosmos nach Fjällbacka. Das ist ein Wiedersehen mit bekannten und vertrauten Protagonisten.
Als im Ort ein kleines Mädchen vermisst wird, kommt bei der Bevölkerung sofort eine jahrzehnte alte Tat ins Gedächtnis. Auch damals verschwand ein kleines Mädchen, dessen Leichnam an einem See gefunden wurde. Damals wurden zwei Mädchen der Tat verdächtigt.
Nun kommen einige recht konstruierte Zufälle ins Spiel: Erica Falck, Schriftstellerin und Ehefrau des Hauptkommissars Patrik Hedström recherchiert genau zu diesem Fall, den sie in ihrem neuen Buch thematisieren will. Zufällig sind auch die Marie und Helen, die Mädchen von damals wieder zurück in Fjällbacka. In vielen Gesprächen mit den Dorfbewohnern will Erica Licht ins Dunkel bringen.
Zu diesen zwei Erzählebenen kommt noch ein historischer Strang dazu, die Geschichte der titelgebenden „Eishexe“, die zwar sehr ausführlich, aber wie ich finde für den Krimi völlig nebensächlich sind. Die 150 Jahre zurückliegende Hexenverfolgung scheint im Gedächtnis der Dorfbewohner noch sehr präsent zu sein. Die vielen Personen – es gibt ein Wiedersehen mit vielen Protagonisten der früheren Bände – und die ständigen Zeit- und Perspektivwechsel fordern vom Leser sehr viel Aufmerksamkeit. Läckberg möchte auch Aktualität in den Krimi bringen, dazu muss ein nahegelegenes Flüchtlingsheim herhalten, dem die Bewohner mit viel Vorurteilungen und Vorverdächtigungen begegnen.
Ich bin eine treue Läckberg-Leserin, aber mit diesem Buch habe ich mir schwergetan. Es wollte einfach keine rechte Spannung aufkommen. Ich fand den Krimi überfrachtet und viel zu ausschweifend erzählt. Es ist zwar ein Kennzeichen des skandinavischen Kriminalromans, dass viel Gesellschafts- und Sozialkritik thematisiert wird, hier war es mir aber zu viel und vor allem wirkte es manchmal zu gewollt. Erica Falck als Ermittlerin bleibt mir sympathisch, wie sie mit Spürsinn und Empathie die Ermittlungen unterstützt, ja vorantreibt, gefällt mir.
Insgesamt hat das Buch meine Erwartungen nicht ganz erfüllt und hätte ich die Autorin jetzt erst kennengelernt, wäre mein Urteil sicher noch kritischer. So bekommt „Die Eishexe“ den vierten Stern eher aus langjähriger Sympathie.

Bewertung vom 03.01.2018
Wenn Funken über Wolken tanzen (eBook, ePUB)
Binder, Sandra

Wenn Funken über Wolken tanzen (eBook, ePUB)


gut

Nico wird von einer Freundin bedrängt, endlich mal wieder unter Menschen zu gehen. Nach einer dramatisch gescheiterten Ehe, hat sie sich viel zu lange in ihrer Wohnung vergraben. Sie schleppt Nico zu einer Vernissage, aber der Abend gelingt nicht wie geplant. Nico fühlt sich überhaupt nicht wohl, trinkt viel zu viel und wird letztendlich vom Barkeeper aufgelesen und nach Hause gebracht.
Allerdings ist der Barkeeper am nächsten Morgen immer noch da und wie es scheint, haben die Beiden die Nacht zusammen verbracht. Nun wäre ein One Night Stand schnell abgehakt, wenn da nicht das Besondere an Kosta wäre, er ist deutlich jünger als Nico und dieser Umstand macht ihr sehr zu schaffen. Verständlich, wenn die Altersgenossen des Liebhabers pubertäre Teens sind.
Die Geschichte klang von der Beschreibung her sehr witzig und ich muss zugeben, es gibt auch einiges an Situationskomik und gut beobachtete Momente. Aber das reichte nicht so recht aus. Besonders Kosta ist als Figur zu idealisiert beschrieben, ein Neunzehnjähriger mit der Lebenserfahrung und Abgeklärtheit eines reifen Mannes, das passte nicht so recht zusammen. Es passte auch nicht zum übrigen Umgang von Kosta. Nico wiederum als Dreißigjährige reagiert als ob sie der Teenager wäre. Auch das Umfeld, die beste Freundin zum Beispiel, wirkt etwas überzeichnet.
Vielleicht ist es Absicht der Autorin gewesen, den Rollentausch ihrer Hauptfiguren damit zu unterstreichen. Aber mich hat das Buch nicht überzeugt. Das Thema hätte mehr Potential gehabt. Aber es liest sich flott und flüssig und taugt allemal für einige Stunden leichter Unterhaltung.

Bewertung vom 02.01.2018
Auf dem Totenberg
Staats, Dirk M.

Auf dem Totenberg


sehr gut

Ein Leichenfund am Totenberg gibt den Kommissaren Leitner und Heuward Rätsel auf. Die Knochen sind verstreut, Tierfrass und lange Liegezeit haben fast alle Spuren vernichtet. War es Mord, war es ein Suizid – es bleiben viele Fragen offen, als der Fall zu den Akten gelegt werden los.
Aber Leitner hat so ein seltsames Gefühl und das kommt sicher nicht von seinen quälenden Magenschmerzen.
Zwei Handlungsstränge, die 12 Jahre auseinanderliegen, wechseln sich ab und ich habe lange gebraucht, bis ich sie zusammenführen konnte. Das ist ein Verdienst des ideenreichen Plots, den sich der Autor ausgedacht hat. Die Wendungen sind genial konstruiert und im Lauf der Handlung näherte ich mich immer mehr den Protagonisten an. Ihre Charakterisierung ist vielschichtig und auch deshalb konnte ich mich an manchen Figuren reiben. So hat sich manche anfängliche Sympathie in Abneigung gewandelt und davon ist auch ein Opfer nicht ausgenommen. Wenn mich Protagonisten so beschäftigen, ist das für mich auch immer Zeichen, dass mich der Autor gepackt hat.
Der Krimi legt ein hohes Tempo vor und vom Prolog an bis aktionsgeladenen Ende, hatte ich Mühe mich von den Seiten loszureißen, was sicher auch an den geschickten Zeitwechseln und der raffiniert aufgebauten Handlung lag. Sehr gut hat mir auch die detailreiche Spurensuche gefallen, wie bei einem Puzzle ergänzten sich die einzelnen Hinweise.
Das Buch ist ein Debüt und das hat mich wirklich überrascht. Es ist so schlüssig komponiert und spannend erzählt, ohne Brüche oder ohne Längen, wie ich es bei einem Erstling nicht erwartet hätte.

Bewertung vom 29.12.2017
Echo der Toten / Friederike Matthée Bd.1
Sauer, Beate

Echo der Toten / Friederike Matthée Bd.1


sehr gut

Winter 1947 Köln:


Nach Flucht und Vertreibung aus Ostpreußen ist Friederike Matthée in Köln gelandet. Eine Anstellung bei der weiblichen Polizei bringt ein karges Auskommen für sie und ihre Mutter. Auch wenn der Polizeialltag nicht unbedingt Friederikes Stärke ist, war es die einzige Möglichkeit dem Auffanglager zu entkommen.


Ein Mord an einem Schwarzhändler in der Eifel, der einzige Zeuge ein kleiner Junge, der aus Angst verstummt ist. Die englische Military Police fordert eine zweisprachige Beamtin mit Einfühlungsvermögen an. Dass Matthée ebenfalls aus Ostpreußen stammt, soll dem Jungen Vertrauen einflössen. Eine Chance für sie, ihre Vorgesetzte zu überzeugen.


Der englische Beamte Richard Davies gibt ihr Rätsel auf, entgegen aller Annahme spricht und versteht er sehr gut Deutsch, aber er zeigt auch seine abgrundtiefe Verachtung für das Land. Dass ihm immer wieder alte Nazis in Amt und Würden begegnen, alte Seilschaften mit den alten Parolen operieren, scheint ihm auch Recht zu geben.


Der Kriminalroman hat mich überzeugt, nicht wegen des Falles an sich. Der wirkt in manchen Teilen konstruiert und nicht immer ganz logisch. Es war die ausgezeichnete Milieuschilderung, die mich von der ersten Seite an fasziniert hat. Der Autorin gelingt die Beschreibung des Hungerwinters plastisch und echt. Auch die Menschen, die sie agieren lässt, fand ich in der Bandbreite vom Kriegsgewinnler und Mitläufer bis hin zur verachteten Flüchtlingsfrau sehr gut beschrieben und beobachtet. Vieles erinnerte mich an die Erzählungen meiner Großmutter. Die Atmosphäre der Nachkriegszeit ist sehr gut eingefangen und macht den Kriminalroman so authentisch.


Ich bin sehr gespannt auf weitere Bücher der Autorin und habe mich sehr gefreut, dass ich dieses Buch Dank Netgalley und dem Verlag vorab lesen durfte.