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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 13.08.2022
Inspektor Takeda und das schleichende Gift / Inspektor Takeda Bd.6
Siebold, Henrik

Inspektor Takeda und das schleichende Gift / Inspektor Takeda Bd.6


ausgezeichnet

In ihrem 6. gemeinsamen Fall müssen Inspektor Takeda und KHK Claudia Harms den Mord an Peter Haffner, einem Promianwalt, der erschossen in seiner Villa liegt aufklären. Noch ist nicht klar, ob das Motiv im beruflichen oder im privaten Umfeld des Toten zu suchen ist.

Als dann eine Spur zu einem 40 Jahre alten Cold Case führt, müssen Takeda und Harms streckenweise getrennt ermitteln. Hat die Polizei, allen voran KHK Hinnerk Mattusek, damals geschlampt und des schnellen Erfolges wegen den Falschen verhaftet?

Meine Meinung:

Auch dieser 6. Fall hat mir spannende Lesestunden beschert. Diesmal harmoniert das Ermittlerpaar nicht ganz so gut, denn die von Claudia beendete Liebesbeziehung mit Ken Takeda schwingt noch nach. Claudia muss sich nicht nur mit ihrem Seelenleben beschäftigen, sondern auch mit dem drohenden Wohnungsverlust, da ihr Vermieter Eigenbedarf angemeldet hat. Und, wie man weiß, sind erschwingliche Wohnungen in Hamburg schwer zu bekommen. Das alles führt dazu, dass Claudia einen Moment unachtsam ist und wieder in - sprichwörtlich - Teufels Küche gerät.

Subtil und unaufgeregt flicht Autor Henrik Seibold Szenen aus der japanischen Lebensart ein. Im letzten Band hat Claudia eine kostbare Teeschale an die Wand geworfen. Diese ist nun durch die japanische Kunst des Kintsugi wieder zusammengefügt worden. Aus zerbrochenem Alten wird etwas Neues - ob wir da einen Hinweis erhalten, dass die beiden ihre Beziehung wieder aufnehmen? Vor allem auch deswegen, weil Ken eine große Wohnung mietet und die beiden über eine WG nachdenken.

Fazit:

Wieder ein fesselnder Krimi aus dieser Reihe, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 11.08.2022
Salzburgrache
Baumann, Manfred

Salzburgrache


ausgezeichnet

Kris Kailer, seines Zeichens Eventmanager, liegt tot am Fuß der Festung Hohensalzburg. Dass es sich hier nicht um einen Unfall handeln kann, ist den Ermittlern schnell klar. Hat der Mord mit Kailers spektakulären Konzept, die Salzburger Burgen und Schlösser in einer Art Disneyland zu bewerben zu tun? Denn die vorgeschlagene Werbekampagne ist einer Reihe renommierter Historiker ein spitzer Dorn im Auge. Kann das ein MOrdmotiv sein? Aber welcher der honorigen Herren würde den Eventmanager von der Festung stürzen? Professor und dreifach Doktor Dankwart Kupferkann, den alle nur Second Hand Copper nennen, etwa?

Als die Ermittler entdecken, dass der Tote auch für die FFB, die Freiheit-für-Bürger-Partei tätig ist, bekommt der Tod von Kris Kailer eine ganz andere Dimension. Denn diese selbsternannte Bürgerwehr, die gegen die etablierte Ordnung auftritt und umstürzlerische Umtriebe pflegt, hat schon manchem Politiker eben genau jenen Tod angedroht, den Kailer jetzt gestorben ist.

Wenig später gibt es einen zweiten Toten - in der Folterkammer von Schloss Moosham...

Meine Meinung:

Wie schon in den neun Vorgängern kommen sowohl die Landeshauptstadt Salzburg als auch das gleichnamige Bundesland mit deren schönen Seiten vor. So dürfen neben der Feste Hohensalzburg auch die Burg Hohenwerfen und Schloss Moosham Schauplatz der Ermittlungen sein.

Genial finde ich den Einfall mit dem Raben, der das Treiben der FFB und den Mord beobachtet. Dass einer dieser FFB-Radaubrüder sich zwar des Rabenlogos aus der NS-Zeit bedient, aber keine Ahnung von Hugin und Munin, den beiden Vögeln von Odin hat, hat mich trotz des ernsten Themas schmunzeln lassen.

Der arme Martin Merana fällt wieder einmal unter die Räuber. Diesmal bekommt er es auch noch mit einer Schlange zu tun.

Wie bei allen Krimis aus Manfred Baumanns Feder, ist der Täter nicht leicht zu entlarven. Auch diesmal führt uns der Autor mehrmals in die Irre.

Gemeinsam mit seinem Team sammelt Merana Zahlen, Daten und Fakten. Die eingeschweißte hält zusammen. Jede/r weiß, was won ihm/ihr erwartet wird. Mir gefällt, wie umsichtig Merana seine Team führt. Er hat ein offenes Ohr für die Sorgen seiner Mitarbeiter. Er mutet ihnen nicht mehr zu als er selbst zu geben ist. Martin Merana und sein Team lösen die Fälle mit solider Polizeiarbeit und Köpfchen. Dass Merana gute Verbindungen hat und sich auch in kulturellen Umfeld zu bewegen weiß, ist Teil des Erfolges dieser Krimi-Reihe.

Fazit:

Auch der zehnte Fall hat mir sehr gut gefallen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 11.08.2022
Tod am Neusiedler See
Pellmann, Lukas

Tod am Neusiedler See


sehr gut

Nikolaus Lauda, nach eigenen Angaben mit dem Rennfahrer weder verwandt noch verschwägert, sondern ein ursprünglich aus Wien stammender Kriminalbeamter, der jahrelang in Essen gelebt und gearbeitet hat, will in der kleinen Freistadt Rust am Neusiedlersee untertauchen. Er war in Essen einem Mafiaclan auf der Spur, der seine Ehefrau Luise ermordet hat.

Doch auch in Rust kommt er nicht zur Ruhe, denn just am Tag nach seiner Ankunft wird im nahen Steinbruch St. Margarethen, die Leiche einer Journalistin gefunden. Für den Chefinspektor Kammer ist klar: der Neue, der Fremde muss der Täter sein.

Um seine Unschuld zu beweisen, stellt Nikolaus Lauda eigene Ermittlungen an. Unterstützt wird er dabei von Bella, einer herrenlosen Hündin. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn auch die Mafia kommt ihm wieder auf die Spur und schickt ein Vollstrecker-Duo.

Als dann noch Kammer, der sich ja auf Lauda als Mörder ziemlich schnell festgelegt hat, ermordet wird, ist das Problem für Nikolaus nicht wirklich kleiner geworden.

Meine Meinung:

Lukas Pellmann hat einen etwas eigenwilligen Schreibstil, der allerdings zu diesem Krimi recht gut passt. Mit seinem trockenen Humor enthüllt der als Ich-Erzähler auftretende Nikolaus Lauda häppchenweise die gesamte Geschichte.

Wir begegnen unterschiedlen Charakteren, um nicht zu sagen „Typen“. Manche(s) wirkt überzeichnet wie die dümmlichen Mafiakiller oder die neugierigen Dorfbewohner oder die allen Fremden gegenüber misstrauischen Polizisten. Eine recht einnehmende Figur ist die Taxilenkerin, allgemein nur „Taxiprucknerin“ genannt, die Laudas Frau Luise von früher her kennt oder die Bürgermeisterin, die immer nur „Josef“ gerufen wird, weil das der unter Österreichs Bürgermeistern der häufigste Vorname ist. Und überhaupt spielt das dichte Beziehungsgeflecht von Rust und der näheren Umgebung eine gewichtige Rolle.

Allerdings finden auch ernste Themen Eingang in diesen Krimi: So kommen Umweltverschmutzung durch im Steinbruch vergrabene Fässer mit Giftmüll zur Sprache wie auch die Machenschaften einzelner Baukartelle. In einem Ort, in dem man sich kennt, werden, weiß am auch um solche offenen Geheimnisse.

Grinsen musste ich über die Namen einzelner Mitspieler. Denn auch wenn zu Beginn (wie in jedem Buch) steht, dass dieser Roman reine Erfindung wäre und die Namen der Personen rein zufällig sind, gibt es doch einige Namen, die uns Lesern bekannt vorkommen. Neben dem Nikolaus Lauda kommt auch ein Günter Netzer vor – Fußballfans werden den bei Borussia Mönchengladbach und später bei Real Madrid bzw. Grashoppers Zürich spielenden Langhaarigen sicher kennen. Witzig auch, dass Lukas Pellmann eine TV-Serie, die in der Gegend spielte, mehrfach nennt.

Der Autor kann ein wenig seine persönliche Herkunft in diesem Krimi unterbringen, ist er doch 1975 selbst in Essen geboren und lebt seit 1990 in Wien.

Bin schon gespannt, ob Nikolaus Laude hier in Österreich weiter ermitteln darf. Einige Figuren hüten so manch ein Geheimnis, das Potenzial zu einer Fortsetzung hat.

Fazit:

Ein gelungener Regionalkrimi, der Land und Leute sehr gut beschreibt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 09.08.2022
Mühlviertler Gift
Reichl, Eva

Mühlviertler Gift


ausgezeichnet

Das Team rund um Oskar Stern hat sich noch kaum von Edwins Tod erholt, als ein, in der Politik gut bekannter Geschäftsmann auf einer Parkbank sitzend tot aufgefunden wird. Schnell ist klar, dass der Mann vergiftet worden ist.

Um Mara Grünbrecht, Edwins Verlobte aus ihrer Trauer herauszuholen, beschließt Chefinspektor Oskar Stern, sie in die Ermittlungen einzubeziehen, vor allem als klar wird, dass der Tote seine Ehefrau regelmäßig schwerst misshandelt hat. Stern zählt auf Maras Instinkt und darauf, dass die Ehefrau des Mordopfers eher mit einer Frau als mit einem Mann über ihr Martyrium spricht.

Natürlich sind die nahen Angehörigen in erster Linie verdächtig. Vor allem in diesem Fall, in dem die Mutter und die Schwester der Witwe einen Freudentanz aufführen und auch noch wie Pech und Schwefel zusammenhalten.

Doch ist die Lösung des Falls wirklich so simpel?

Meine Meinung:

Eva Reichl hat hier einen ganz tollen Krimi geschrieben. Zum einem thematisiert sie das Trauma, wenn ein Kollege im Dienst stirbt und zum anderen schreibt sie über häusliche Gewalt, die quer durch alle Gesellschaftsschichten präsent ist.

Gut gelungen ist die Gratwanderung bei der Trauerbewältigung um Edwins Tod (siehe „Mühlviertler Kreuz-4“). Der Dienst, der durch den Verlust eines Kollegen stark belastet ist, muss weitergehen. Die Kollegen sind da ziemlich gefordert und der Neue im Team hat es nicht wirklich leicht. Doch Oskar Stern ist ein guter Vorgesetzter, der auch die manchmal unwirsch reagierende Mara Grünbrecht zur Räson bringt.

Eva Reichl legt sowohl für die Leser als auch für die Ermittler zahlreiche Spuren, von denen die eine oder andere anfangs viel verspricht, um anschließend in einer Sackgasse zu münden.

Die Charaktere sind sehr gut angelegt. Sie dürfen ihre Ecken und Kanten haben, sowie Gefühle wie jeder Mensch zeigen.

Schmunzeln musste ich, als Mara den Dienstwagen havariert hat, das Team auf ein neues, schnelles Fahrzeug hofft und alle enttäuscht werden.

Fazit:

Ein sehr gut gelungener Krimi, der ernste Themen anspricht und sehr gut auflöst. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 06.08.2022
Schöner Neuer Himmel (eBook, ePUB)
Geipel, Ines

Schöner Neuer Himmel (eBook, ePUB)


sehr gut

Ines Geipel hat sich in diesem Buch mit einem schwierigen und spröden Thema auseinandergesetzt: Der Aufarbeitung der verbrecherischen und menschenfeindlichen Aktivitäten der DDR. Sei es durch Tier- oder Menschenversuche, die zu Ruhm und Ehre des Staates beitragen sollten oder sei deswegen, um dem Westen eins auszuwischen.

Die Autorin, Jahrgang 1960, war in ihrer Jugend selbst Sportlerin und kann aus eigenem Erleben berichten.

Wir Leser begleiten Ines Geipel durch die Archive der Stasi, lesen mit Erstaunen, wie sie vom Hundersten ins Tausendste kommt, dass zahlreiche Kubikmeter Akten vernichtet worden sind und trotzdem Beweise der staatlichen Skrupellosigkeiten zu finden sind.

„Aufarbeitung ist fragil. Es geht vor und zurück. Mitunter fängt man auch wieder bei minus Null an.“

Meine Meinung:

Dieses Buch ist keine leichte Kost. Manchmal vermisse ich einen roten Faden, vermutlich deswegen, weil ich als Österreicherin zu wenig Einblick in die Machenschaften der DDR habe. Als Kind und Jugendliche habe ich mich immer nur gewundert, wenn Sportler aus der DDR Wettbewerbe bei EM, WM oder Olympischen Spielen gewonnen haben. Viele von ihnen kamen aus Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) und manche sahen einander so ähnlich, dass ich vermutet habe, dass sie dort „gezüchtet“ worden sind. Nun ja, heute weiß ich es besser.

Ines Geipels Schreibstil ist dem Thema angepasst eher spröde. Die Dramatik dieses Buches fesselt.

„Die alte Ohnmacht der Opfer und die alte Macht der Täter, die sich im Hier und Jetzt ein zweites Mal gegenüberstanden.“


Fazit:

Ein wichtiges Buch, das gelesen werden sollte. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 05.08.2022
Gareth Jones (eBook, ePUB)
Wlekly, Miroslaw

Gareth Jones (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Gareth Jones – Chronist der Hungersnot in der Ukraine 1932/33“


Dieses Buch des polnischen Autors Mirosław Wlekły ist die Biografie eines zu Unrecht längst Vergessenen: Gareth Jones.

Wer ist er nun, dieser Gareth Jones?

Gareth Jones (1905-1935) war ein walisischer Journalist, der in den Jahren 1930, 1931 und 1933 mehrere Reisen in die Sowjetunion unternommen hat. Als Politberater des britischen Premierministers David Lloyd George war er der erste und einzige westliche Journalist, der sich zu jener Zeit in der Ukraine aufgehalten hat und über die dortige Hungersnot berichtet hat. Diese als Holodomor in der Geschichte bekannte Katastrophe ist kein Naturereignis, sondern ein von Josef Stalin bewusst herbeigeführter Tod an der ukrainischen Bevölkerung. Die Bauern wurden enteignet, des Viehs, des Saatgutes und der Ernte beraubt. Wer sich weigerte, dem Kolchos beizutreten wurde entweder gleich ermordet oder nach Sibirien verschleppt. Warum? Das Getreide wurde gegen harte Devisen exportiert, um Maschinen zur Industrialisierung der Landwirtschaft zu kaufen.

Gareth Jones hat dies alles dem Westen berichtet und wurde nicht ernst genommen. Im Gegenteil, man hat seine Recherchen hinuntergespielt und ihn mundtot gemacht. In der Sowjetunion wurde er Persona non grata.

Auf seiner letzten Reise nach Mandschuko, einem von den Japanern zwischen 1932 und 1945 errichteten Kaiserreich in der (eigentlich) chinesischen Mandschurei, wurde Garth Jones entführt und vermutlich vom sowjetischen Geheimdienst ermordet.

Meine Meinung:

Der Holodomor - Töten durch Hunger - war mir zwar bekannt, doch Gareth Jones war es nicht.
Dies Biografie vermittelt einen besonderen Eindruck dieser Jahre. Der Journalist hat Adolf Hitler und seine Gefolge kennengelernt und ist sogar mit ihm in einem Flugzeug geflogen. Dabei sollen die denkwürdigen Worte gefallen, dass wenn das Flugzeug abstürze, die Weltgeschichte eine andere sein würde. Weiter erhalten wir Einblick in die zaudernde Haltung des britischen Premierministers David Lloyd George und in den Wahnsinn Josef Stalins.

Vernichtung der Ukraine um jeden Preis? Kommt uns das bekannt vor? Dass das erste Todesopfers eines Krieges (und sei es ein Krieg gegen die eigenen Bürger) die Wahrheit ist, zeigt dieses Buch deutlich. Niemand im Westen wollte über die schrecklichen Ereignisse in der Ukraine der dreißiger Jahre lesen. Journalistenkollegen und Politiker haben Gareth Jones mundtot gemacht.

Zahlreiche Ausschnitte aus Briefen und einige Fotos bringen uns die Person Gareth Jones näher. Interessant die These, dass George Orwell, nach einem Treffen mit Gareth Jones, zu seinem Buch „Animal Farm“ inspiriert worden ist.

Mirosław Wlekły, geboren 1978, Reporter, Autor von sechs Sachbüchern und Co-Autor von fünf auf Fakten beruhenden Theaterstücken lebt in Warschau.


Das Buch wurde für das Finale des Literaturpreises »Juliusz« 2020 nominiert, der für die beste polnische Biografie des Jahres vergeben wird. 2020 vom ukrainischen Verlag Choven verlegt, wurde das Buch vom PEN-Club der Ukraine als eines der besten Bücher des Jahres bewertet.


Fazit:

Diese Biografie ist die Geschichte eines Journalisten, der den Mut hatte, die Wahrheit über die Situation in der Ukraine öffentlich auszusprechen und dafür mit seinem Leben bezahlt hat. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 03.08.2022
Die Passage nach Maskat
Rademacher, Cay

Die Passage nach Maskat


ausgezeichnet

Man schreibt das Jahr 1929. Es ist Spätsommer und Cay Rademacher entführt seine Leser auf einen Luxusliner, die Champollion, der in Marseille in See sticht und in den Orient fährt.

An Bord ist eine illustre Gesellschaft: Anita Berger, Femme Fatale und Nackttänzerin aus Berlin, ein undurchsichtiger Anwalt aus Rom, eine englische Lady und ein Amerikaner, der vorgibt ein Ingenieur zu sein sowie das schwerreiche Kaufmannsehepaar Rosterg, das mit seinem Prokuristen Bertold Lüttgen, der Tochter Dora und deren Ehemann Theodor Jung Richtung Maskat unterwegs sind, um Gewürze einzukaufen.

Theodor, ein traumatisierter Kriegsveteran, ist den Rostergs nicht fein genug, fristet er doch seinen Lebensunterhalt als Reporter der Berliner Illustrierten. Während die Schwiegereltern in einer Suite logieren und mit ihrem Reichtum protzen, sind Theodor und Dora in einem anderen Teil des Schiffes untergebracht. Noch immer gediegen.

Kurz nach der Abreise verschwindet Dora plötzlich und nichts, aber auch wirklich nichts, erinnert daran, dass sie überhaupt an Bord war.
Kapitän, Zahlmeister sowie die Eltern und andere Gäste behaupten, Dora wäre in Hamburg geblieben, um sich ihren Geschäften zu widmen. Man zeigt Theodor Telegramme, die Dora gesendet haben soll.

Dann geht ausgerechnet jener Passagier, der Dora doch an Bord gesehen haben will über Bord und ein Schläger, eines der berüchtigten Ringvereine aus Berlin, der im Zwischendeck reist, wird ermordet.

Wem kann Theodor noch trauen? Ist er durch den langjährigen Gebrauch seiner Medikamente verwirrt?

Meine Meinung:

Cay Rademacher versteht es ausgezeichnet, die zunächst ausgelassene Stimmung an Bord des Ozeanriesen darzustellen: Es wird getafelt, Champagner fließt in Strömen und der Kokainverbrauch steigt mit jedem Tag. Inmitten dieses Tanzes auf dem Vulkan verschwindet Dora.

Die verzweifelte Suche nach seiner Ehefrau bringt Theodor an den Rand des Wahnsinns. Lange ist nicht klar, wer für das Verschwinden von Dora verantwortlich ist. Die Auflösung ist so fesselnd wie ungewöhnlich. Nein, ich verrate nichts - selbst lesen ist angesagt!

Wie wir es von Cay Rademacher gewöhnt sind, sind seine Charaktere bis ins kleinste Detail ausgearbeitet - die Guten wie die Bösen. Und zwielichtige Gestalten gibt es an Bord der Champollion jede Menge. Kaum jemand zeigt sein wahres Gesicht. Auf der Suche nach Dora enthüllt Theodor einige Geheimnisse und gerät mehrmals in akute Lebensgefahr.

Fazit:

Eine komplexe und teilweise verstörende Geschichte, die sowohl Krimi als auch historischer Roman ist. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 03.08.2022
Auge um Auge, Mord um Mord
Wehle, Peter

Auge um Auge, Mord um Mord


ausgezeichnet

Nach einer größeren Pause lässt Autor Peter Wehle seinen Hofrat Magister Ludwig Halb wieder ermitteln. Eigentlich hat er gar keine Zeit dazu, denn er steckt mitten in den Vorbereitungen zur Hochzeit mit seiner Delia.

Der fünfte Fall für Halb und sein Team beginnt recht eigenartig: Eine Gruppe Ritter überfällt zwei ältere Ehepaare und raubt ihre Wertsachen. Ein Mann kommt nach einem Herzinfarkt gerade noch mit dem Leben davon. Dieser Überfall wird nicht der einzige bleiben und letztlich gibt es auch Tote.

Nun fragt man sich, wer dahinter steckt bzw. wohin die Truppe verschwindet, denn Ausrüstung und Pferde lassen sich ja nicht ganz so leicht verstecken. Bei den Ermittlungen trifft Hofrat Halb auf einen alten Bekannten, der im neuen Gewand seine Verbrecherkarriere weiterführt. Und auch Delias Vergangenheit, die man tunlichst unter den Tisch kehren möchte, kommt wieder ins Spiel.

Meine Meinung:

Peter Wehle hat mit seinem Hofrat Halb einen sympathischen Ermittler geschaffen. Immer wieder macht sich der Autor über die Titelsucht in Österreich lustig. Überhaupt trägt Humor, manchmal schwarz und bitterböse, zum Erfolg dieser Reihe bei. Daneben wird den Tafelfreuden inklusive Mehlspeisorgien gefrönt.

Obwohl es zu Beginn ziemlich gemächlich zugeht, nimmt der Krimi schnell an Fahrt auf und entwickelt sich zu einer komplexen Geschichte, die in einem furiosen Showdown endet.

Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet. Immer wieder blitzen Wiener Charme sowie das für Österreich typische „ein bisserl was geht immer“ durch.

Mir ist Hofrat Ludwig Halb und sein Team ans Herz gewachsen. Ich freue mich schon auf einen nächsten Fall und hoffe, diesmal nicht so lange darauf warten zu müssen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem 5. Fall für Hofrat Magister Ludwig Halb, der mich bestens unterhalten hat, 5 Sterne.

Bewertung vom 02.08.2022
Marlene Dietrich
Katz, Gabriele

Marlene Dietrich


gut

Eine Frau ist, was sie aus sich macht.

Ich war sehr gespannt auf diese Biografie von Marlene Dietrich. Vor allem der Untertitel „Die Kleider ihres Lebens“ hat mein Interesse geweckt.


In elf Kapitel, deren Überschriften sich auf Marlenes Modestilen beziehen, wird der Werdegang des Mädchens aus gutem Hause zur Diva erzählt. Hier kommt es da und dort zu Längen, weil über diverse Querelen mit Schauspielerkollegen oder Regisseuren berichtet wird.

Die maßgeschneiderten Kleider spielen zwar in Zusammenhang mit Dietrichs Filmen eine gewisse Rolle, aber nicht übermäßig. Es sind wohl einige Fotos sowie Skizzen aus den Couture-Ateliers abgebildet. Hier hätte ich mir doch mehr erwartet.

Während die große Marlene Nazi-Deutschland den Rücken kehrt und gegen das Unrechtsregime auftritt, ist ihre Schwester Elisabeth mit einem Nazi verheiratet. Die beiden betreiben im KZ Bergen-Belsen ein Kino für Wehrmachtsangehörige und leben inmitten des Grauens ein bequemes Leben. Dies ist der Autorin gerade einmal einen halben Satz wert.

Aufgefallen ist mir, dass die Autorin als Quelle vor allem die Biografie von Marlene Dietrichs Tochter, Maria Riva, für dieses Buch heranzieht. Manche Stellen sind wortwörtlich übernommen.

Es scheint, als hätte ich überzogene Erwartungen gehabt, denn ich habe nicht allzu viel Neues erfahren. Wer einen Anstoß braucht sich mit Marlene Dietrich zu beschäftigen, ist hier richtig. Wer mehr über die Person, die hinter der Modeikone steckt, lesen möchte, muss zu anderen Büchern greifen.

Fazit:

Wer gerne eine Mischung aus Biografie und Mode lesen möchte, ist hier richtig. Ich habe nicht mehr viel Neues erfahren, daher nur 3 Sterne.

Bewertung vom 02.08.2022
Die Welt im Sucher
Martin, Michael

Die Welt im Sucher


sehr gut

Michael Martin ist Geograf und fotografiert seit seiner Kindheit an - damals mit einer Kodak Instamatic. Wie er zu dem Profifotografen und -filmer geworden ist, der er nun ist, das schildert er in diesem Buch, das ein wenig als Werbung zu seinem neusten Projekt „TERRA“ zu sein scheint. Diese mehrteilige Film-Doku findet mehrmals Erwähnung.

In 22 Kapiteln, von denen einige so launige Titel haben wie „Fotografieren und Filmen sind keine Freude“ oder „Als die Kameras fliegen lernten“, erzählt Michael Martin seinen Werdegang. Er verschweigt auch nicht, dass Fotoreisen und Familie sich nur ganz schlecht vereinbaren lassen.

Mich persönlich haben besonders die technischen Details der Fotografie interessiert. Also die verschiedenen Kameratypen sowie der Umstieg auf die Digitalkameras oder Wahl des richtigen Objektives oder wie er ein Bild komponiert. Martin ist ja, wie er sagt, ein Autodidakt, daher kann er Anfängerfehler vermeiden helfen.

Ich wollte schon die kleinen Fotos und ihre nicht so prickelnde Druckqualität anmeckern, doch nach dem Lesen „Gedruckte Fotografie“ ist mir einiges klarer geworden.

Dies ist mein erstes Buch von Michael Martin, der bereits rund 30 Bildbände in verschiedenen Verlagen herausgebracht. Ich freue mich auf den schwergewichtigen Bildband „TERRA - Gesichter der Erde“, der demnächst erscheinen wird. Dort wird er auf rund 450 Seiten die verschiedenen Gesichter unserer Erde in sicherlich atemberaubenden Bildern, die in drucktechnisch höchster Qualität ausgearbeitet sind, präsentieren. 4 Sterne