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miss.mesmerized
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Bewertungen

Insgesamt 1245 Bewertungen
Bewertung vom 12.11.2018
Das Blut der Hirsche / Zack Herry Bd.3
Kallentoft, Mons;Lutteman, Markus

Das Blut der Hirsche / Zack Herry Bd.3


ausgezeichnet

Eine ausgelassene Midsommar-Party endet für eine Gruppe von Jugendlichen auf einer Schäreninsel im Tod. Aber damit nicht genug: alle weisen grauenvolle Verstümmelungen auf und scheinen sich nicht gegen den Angriff gewehrt zu haben. Schnell wird klar, dass eine neue Party-Droge in Stockholm im Umlauf ist: Bambi. Das Team um Zack Herry steht unter Druck, vor allem als eine weitere Gruppe von Mädchen tot aufgefunden wird. Wer kommt auf die Idee eine solche Droge zu entwickeln? Der Fall nimmt Zack voll in Beschlag und er hat kaum Zeit für seine Verlobte Mera – etwas, das er bitter bereut als er sie verblutend in den Armen hält. Aus nächster Nähe erschossen, aber die Schüsse galten doch ihm, oder?

„Das Blut der Hirsche“ ist der dritte Band aus der Reihe um den schwedischen Polizisten Zack Herry, den Mons Kallentoft zusammen mit Markus Lutteman geschrieben hat. Der Thriller spielt mit einem hohen Tempo und einer komplizierten Geschichte, die gleich mehrere Stränge miteinander kombiniert, in erster Linie auch das Privatleben von Zack Herry, das einige blinde Flecken bietet. Auch wenn ich die beiden Vorgänger der Reihe nicht gelesen habe, viel es mir leicht den Einstieg zu finden – und jetzt auch ganz sicher noch zu den anderen beiden zu greifen.

Es braucht nur wenige Kapitel, bis man tief in die Handlung eingetaucht ist und diese einem nicht mehr loslässt. Der Thriller hat einen ungemein fesselnden Stil, so dass man ihn schlichtweg nicht mehr aus der Hand legen will und innerhalb kürzester Zeit gelesen hat. Die Todesfälle der Jugendlichen sind zunächst mysteriös und es dauert einige Zeit, bis die Ursache gefunden wurde. Dass einer der Ermittler selbst unmittelbare Verbindungen in die Drogenszene hat, ermöglicht zwar einerseits Insiderinformationen, bringt ihn aber auch in Gefahr. Auch die Figuren haben mir gut gefallen – individuell gezeichnet und trotz ihrer extreme wirken sie authentisch und überzeugend.

Es sind kurze Einschübe, die zunächst scheinbar ohne Bezug zur restlichen Handlung sind, die aber schnell erkennen lassen, dass es im Hintergrund noch eine ganz andere Geschichte gibt, die viel größer ist und die offenbar über den Einzelband der Reihe hinaus gespannt wird. Die Autoren haben dies geschickt eingebunden, ohne zu aufdringlich offensiv zu sein und um dennoch eine vage Ahnung der eigentlichen Story zu geben. Häufig entwickelt sich das Privatleben der Kommissare im Laufe der Bände einfach weiter, hier scheint etwas gänzlich Anderes angelegt zu sein, was mein Interesse an den anderen Bänden und vor allem auch an dem vierten Teil immens geweckt hat.

Fazit: ein Thriller, der den Titel wirklich verdient hat.

Bewertung vom 10.11.2018
Providence
Kepnes, Caroline

Providence


gut

13-year-old Jon Bronson only has one friend: Chloe. She is the only one he confides in and shares his dreams with. The other kids torture him that’s why he takes the long way to school. Until one morning when he is kidnapped in the woods. With Jon gone, the world seems to stop for Chloe. She knows that one day he will return. Four years later, Jon wakes up in a mall. He doesn’t remember what happened in the time he was gone, only that his former teacher Roger Blair was to one to kidnap him. But something has changed, even though Jon cannot really say what it is. In his presence, strange things start to happen: spontaneous nose bleeds and people passing out. Since he has become a serious threat to others, Jon withdraws from to world to figure out what this evil teacher did to him in those ominous four years of absence.

“Providence” is labelled a thriller, unfortunately, I didn’t really find any thrill in it. For me, it was first and foremost a kind of love story and some supernatural or sci-fi added that did not really make sense to me.

I really liked the beginning of the novel. Jon is a bit strange, but a likeable, intelligent boy. The fact that he is bullied by his classmates just raises more compassion for him. When he is abducted and we only get Chloe’s grief for the loss, the novel even becomes quite gloomy and admittedly, I really despised the adults who were absolutely ignorant about the girl’s loss. Jon’s return is a real mystery, there is an inexplicable aura surrounding him which is hard to grab and explain. Then, unfortunately, the novel becomes quite lengthy. It’s a kind of hunt for the kidnapper without real progress. Added to Jon and Chloe is an elderly detective with a “gut-feeling” who is chasing ghosts, too. In the end, there was some kind of solution that I couldn’t really believe.

Bewertung vom 09.11.2018
Sommerfrauen, Winterfrauen
Kraus, Chris

Sommerfrauen, Winterfrauen


ausgezeichnet

Jonas Rosen ist Filmstudent und zusammen mit fünf Kommilitonen und dem Professor Lila von Dornbusch will er im New York der 1990er Jahre einen Film über Sex drehen. Jonas fährt schon früher los, um für den Rest der Gruppe Unterkunft und eine Veranstaltung im örtlichen Goethe-Institut zu organisieren. Er kommt bei von Dornbuschs amerikanischem Kollegen Jeremiah Fulton unter, der nicht nur ein begnadeter Regisseur, sondern auch ein Messie schlimmster Sorte ist. Jonas hat noch eine zweite Mission im Big Apple: seine Tante Paula aufsuchen, die zwar nicht seine echte Tante, aber eng mit seiner Familie verbunden ist. Was als Abenteuer beginnt, artet in Jonas‘ härteste Prüfung aus: er wird überfallen, seine Freundin in Berlin versteht nicht, weshalb sie nicht nachreisen darf, er trifft auf die unkonventionelle Nele, die so ganz anders als seine Freundin ist, seine Untermiete bei Jeremiah stellt ihn täglich vor neue Herausforderungen. Und dann soll er ja auch noch einen Film über Sex drehen.

Chris Kraus‘ biografisch geprägter Roman basiert auf seinen realen Erlebnissen als Student von Rosa von Praunheim an der Deutschen Film- und Fernsehakademie. Auch sein vorhergehender Roman ist inspiriert von realen Begebenheiten, schildert es die SS-Vergangenheit seines Großvaters, die in „Sommerfrauen, Winterfrauen“ über Tante Paula ebenfalls wieder aufgegriffen wird. Der Roman ist als Tagebuch angelegt, was natürlich eine gewisse Perspektiveneinschränkung mit sich bringt, aber den Unterhaltungswert in keiner Weise schmälert, im Gegenteil: der subjektive Blick erlaubt Zynismus und Ironie, die beim Lesen unheimlichen Spaß machen.

Auch wenn der Roman viel von der Situationskomik und vor allem dem etwas naiven und unsicheren Jonas lebt, bietet er doch auch einige durchaus ernsthafte Themen. Die Gewalt, die die 90er Jahre in New York geprägt haben und ganze Zonen zu No-Go Areas werden ließ; die Auseinandersetzung mit der Nazi-Vergangenheit der eigenen Familie und der Umgang mit den überlebenden Opfern dieser Zeit; die Ausbeutung und der Missbrauch von Praktikanten, die sich nicht wehren können; und vor allem auch das Erwachsenwerden und über den eigenen Schatten springen, seine Grenzen überschreiten und Herausforderungen als junger Mensch annehmen.

Jonas Rosen ist kein Holden Caulfield, der verloren durch New York stromert und am Ende geläutert und erwachsen ist. Aber auch er durchlebt einen Prozess, der ihn am Ende ein anderer Mensch sein lässt. Er stellt sich nicht nur der unangenehmen Geschichte seines Großvaters, sondern muss auch seine Frauenbeziehungen in Frage stellen. Das Konzept von „Sommerfrauen“ und „Winterfrauen“, das seine aktuelle Freundin erfunden hat, dient dabei als Orientierungslinie.

Insgesamt ein lebendiger und vor allem sprachlich sehr gelungener Roman, der einem vielfach schmunzeln und das New York zum Ende des letzten Jahrhunderts wieder auferstehen lässt.

Bewertung vom 31.10.2018
Happy End
Nothomb, Amélie

Happy End


ausgezeichnet

Déodat ist das Wunschkind seiner Eltern, nur leider furchtbar hässlich, weshalb sie ihn kaum anzusehen wagen. Doch seine Intelligenz lässt ihn sein Äußeres richtig einordnen und schnell einen Modus Vivendi finden, der ihn auch die Schulzeit überleben lässt. Mit Menschen kann er wenig anfangen, Vögel hingegen faszinieren ihn unheimlich. Auch Trémière wächst zurückgezogen und ohne Freunde auf, bei ihr ist es jedoch die Schönheit, die man ihr neidet und aufgrund derer sie abgelehnt wird. Als Jugendliche haben sie beide erste amouröse Begegnungen, die jedoch letztlich eine Enttäuschung bleiben. Und da ein Buch mit dem Titel „Happy End“ kaum ohne ein solches auskommt, erzwingt das Schicksal eine Begegnung der beiden einsamen Seelen und schafft eine dieser seltenen zauberhaften Verbindungen, die die Welt außerhalb nur bewundern und bestaunen kann.

Einmal mehr sich hat sich Amélie Nothomb eines Märchens angenommen und daraus eine für sie ganz typische Geschichte geschrieben. „Töte mich“ und „Blaubart“ waren schon Exkurse in diese fantastische Welt, die sich jedoch, wie sie selbst in „Happy End“ schreibt, eigentlich weniger an Kinder denn an Erwachsene richtet. Den größten Unterschied zwischen Märchen und Erwachsenenliteratur sieht sie in der Akzeptanz eines glücklichen Endes, bei Geschichten für Kinder ein Muss, in der hohen Literatur eher verachtet.

Auch ohne die Handlung von Charles Perraults „Riquet mit der Locke“ zu kennen – das Märchen findet sich jedoch im Anhang abgedruckt - weiß man doch von Beginn an, welchen Verlauf die Geschichte nehmen wird. Aber darum geht es gar nicht, man schließt die beiden Sonderlinge sofort ins Herzen, auch wenn man erkennen muss, dass man vermutlich in der Realität eher bei den bösartigen Kindern gewesen wäre, die in der Schule die Außenseiter hänseln und wegen ihrer Andersartigkeit ausgrenzen. Nothomb versetzt die Handlung vorsichtig in die Gegenwart, ohne jedoch die märchenhafte Struktur anzugreifen und so verwundert es einem doch, wie die Geschichte einen packen kann, trotz oder gerade wegen der typischen Elemente des Märchens.

Die Autorin trifft auch den perfekten Ton für ihre Geschichte: eine gewisse naive Einfalt, die sich jedoch immer wieder als feine Ironie outet, kennzeichnet den Erzählton. Déodats und Trémières Liebe beschreibt sie:

Zur hypnotischen Ekstase des Anfangs gesellte sich die ruhige Gewissheit ihrer ewigen Liebe, die ohne Treuegelübde auskam, diesem verbalen Vorhängeschloss der Kleingläubigen.

Bisweilen klingt der Text etwas zu gekünstelt und manieriert, aber das ist nun einmal Amélie Nothomb und was könnte mehr zu einem Märchen passen als eine charmante Überzeichnung? Ein kurzer Text, der die märchenhafte Welt im Alltag erscheinen lässt und schlichtweg bezaubert.

Bewertung vom 26.10.2018
NSA - Nationales Sicherheits-Amt
Eschbach, Andreas

NSA - Nationales Sicherheits-Amt


ausgezeichnet

Helene Bodenkamp ist in den 1930er Jahren eine gute Schülerin, nur in den Haushaltsfächern zeigt sie sich nicht nur unwillig, sondern auch völlig talentfrei. Daher entscheidet sie sich für das Fach Programmieren, eine typische Frauenarbeit, ist das Erstellen von Programmen doch direkt vergleichbar mit dem Stricken nach Muster. Sie ist begabt und so bietet man ihr zum Ende der Schulzeit einen Job im NSA an, wo sie für die Analysten Abfragen erstellt und Daten aufbereitet. Bei der Entwicklung der Komputertechnik ist Deutschland führend und täglich werden Unmengen an Informationen über die Einwohner gesammelt – wenn diese ihr Handy benutzen oder bargeldlos bezahlen – die ausgewertet und für die Planungen und Sicherheit benutzt werden können. Lange Zeit sieht Helene ihre Arbeit unkritisch, bis ihr während des Zweiten Weltkrieges klar wird, dass die Statistiken, die sie erstellt, direkte Auswirkungen auf die Menschen haben und diese sogar in Lebensgefahr bringen können.

Andreas Eschbach hat ein heute realistisches Szenario – die globale Vernetzung und die quasi totale Überwachung der Menschen über das Internet und elektronische Geräte – in die Zeit der Nazi-Herrschaft verlegt. Ein interessantes Konstrukt, da er sich so von den gängigen Dystopien in diesem Themenrahmen unterscheidet und zudem noch viel realistischer die Auswirkungen der technischen Möglichkeiten herausstellen kann. Sehr überraschend für mich das Ende, das einen völlig unerwarteten Ausgang nimmt, der mich gänzlich unvorbereitet getroffen hat, wenn dieser auch im Rückblick konsequent angelegt war.

Die Figur Helenes kann den Roman leicht tragen. Dank ihrer Herkunft hat sie nicht nur Zugang zu höherer Bildung, sondern auch zu Wissen, das den Durchschnittsbürgern vorenthalten bleibt. Ihre zunächst eher unkritische Haltung wird durch persönliche Erfahrungen plötzlich auf die Probe gestellt und so mutiert sie zur Widerstandskämpferin im Kleinen, die das System unterwandert und doch zugleich stützt. Ihr Gegenspieler Eugen Lettke weist wenig positive Eigenschaften auf, kleinlich und rachsüchtig geht er seinen Weg und so hat man auch wenig Mitleid mit ihm als der Sturz droht.

Trotz der Länge des Romans bleibt die Handlung durchgängig spannend und wird wohldosiert mit neuen Ereignissen angetrieben. Eschbach hat die technischen Neuerungen, die historisch nicht existierten, überzeugend in den geschichtlichen Kontext integriert, so dass diese sich reibungslos einfügen und die Handlung authentisch wirkt. Es kann im Nazi-Regime keine Mächte-Gleichgewicht geben und doch sieht man, wie ein einziger Mensch einen Einfluss auf Entwicklungen haben und durchaus innerhalb seines Rahmens eine Gegenwehr erzeugen kann. Für mich ein runder Roman mit einer ausgewogenen Balance zwischen Spannung, Figurenentwicklung und dystopischen Elementen.

Bewertung vom 21.10.2018
Schneekönig
Bronski, Max

Schneekönig


sehr gut

Nach einem kalten Abend auf dem Münchner Christkindlmarkt ist Wilhelm Gossec auf dem Weg nach Hause zu seinem Trödelladen als er plötzlich angefahren wird. Zwischen Sein und Nichtsein schwebend scheint man ihm noch eine Chance zu geben und schickt ihn zurück auf die Erde, wo er vor seinem Laden ein Paar in Not findet. Er nimmt die beiden mit zu sich und kurz danach assistiert er Mariella auch schon bei der Geburt ihres Sohnes Joshua. Ein ungutes Gefühl hatte sie davon abgehalten in die Klinik zu gehen, in der just in dieser Nacht zwei neugeborene Jungen ermordet wurden. Mariella druckst herum, ihr Begleiter ist nicht der Vater des Kindes, schnell wird Gossec klar, dass die Frau in höchster Gefahr ist. Derweil bricht der Winter über die bayerische Hauptstadt herein und das Leben kommt zum Erliegen – nicht jedoch für Gossec, der neben der Findelfamilie auch noch seine eigene Bleibe retten muss und dann war da ja auch noch die Frage, ob er jetzt gen Himmel reisen darf oder doch noch ein paar Jahre irdisches Dasein genießen soll...

Max Bronskis sechster Fall um den Trödelhändler ist kein bierernster Krimi, sondern recht humorvoll in Handlung und Sprache und durch die schon wenig realistische Ausgangssituation eine eher unterhaltsame denn spannende Angelegenheit. Nichtsdestotrotz gibt es eine gut konstruierte und durchaus knifflige Krimihandlung, die nebenbei um das ernste Thema der Immobilienhaie und die schwierige Situation auf dem Münchner Wohnungsmarkt ergänzt wird.

Gossec ist als Figur kauzig angelegt und kann dank seiner Menschenkenntnis den Fall eher unkonventionell angehen. Vor dem Hintergrund der Ereignisse der vergangenen Tage erscheint mir auch das Vorgehen der saudischen Prinzen auch keineswegs mehr so abwegig wie das vielleicht noch vor Kurzem der Fall gewesen wäre. Dass Mariella und das Baby in ernsthafter Gefahr schweben, wenn ein Killerkommando nach ihnen sucht, ist leicht vorstellbar. Neben dieser Haupthandlung fand ich jedoch die Problematik um die alte Immobilie, in der Gossec und seine Nachbarn wohnen, nicht nur überzeugend eingebaut, sondern auch als reale Bedrohung der normalen Bürger gut gewählt. So entsteht eine gelungene und unterhaltsame Mischung aus Spannung und Humor, die man aufgrund der Kürze des Romans an einem entspannten Sonntagnachmittag genießen kann.

Bewertung vom 20.10.2018
A Spark of Light
Picoult, Jodi

A Spark of Light


ausgezeichnet

An ordinary day at the so called Center in Jackson, Mississippi. Women come there to get information about how to prevent a pregnancy, others to end an unwelcome one. Protesters outside belong to the everyday work as well as security measures before getting inside. But on this sunny days, things go wrong when a man with a gun walks in to revenge the grand-child he never had. How can these women dare to decide on another person’s life? George Goddard will teach them a lesson. Outside, Hugh McElroy will try everything to keep the number of victims low, especially since his sister and daughter are in the Center.

When I started the novel, I was fairly astonished even before getting to the first chapter: the novel is told from the end and starts in the late afternoon of that day. This is quite an interesting idea and admittedly I had some doubts if this might actually work out. But it does and suspense is not diminished at all, since there is still a lot to be revealed even when going through the story the wrong way around.

I read other novels of Jodi Picoult before and again, the author did completely fulfil my expectations. She once more chose a highly controversial topic to which you cannot find an easy solution. The women as well as the doctors who are in the Center at the moment the shooter enters all have their individual stories that led them there: a pro-life activist in disguise, a nurse who doubts her boyfriend’s motivation of marrying her and who wants to offer him the possibility of going on in life without her, another young woman who herself had to grow up knowing how it feels if you are not loved and only a burden, a girl who just wants to get a pill – you don’t feel like they didn’t think about what they do before they decided to go to the Center on that day. But the situation between life and death – their life and death – puts the decision they had taken to another test. Especially poignant is the constellation of having the detective in charge’s daughter in the clinic. This adds another very personal aspect to the whole story.

It is not a story about pro-life vs. abortion advocates. Even though this is the initial starting point, Picoult focuses on the individual characters and their respective situation. Neither does she put their decision to the test nor excuse any decision taken. It could have been another connecting element that brings those characters together, what they experience is the moment in life where all could be over and when you inevitably have to question yourself about what is important for you and if it has been worth living. I really like her style of wiring and particularly the characters she creates, thus for me, another remarkable novel not to be missed.

Bewertung vom 16.10.2018
Der Platz an der Sonne
Torkler, Christian

Der Platz an der Sonne


ausgezeichnet

Josua Brenner wird Ende der 1970er Jahre in eine schwierige Lage Berlins hineingeboren. Seine alleinerziehende Mutter weiß kaum die Kinder zu ernähren und so muss der aufgeweckte Junge schon früh mithelfen, Geld zu verdienen. An eine langjährige Schulbildung ist in der Neuen Preußischen Republik auch nicht zu denken, es geht um das Überleben. Aber mit Cleverness und Mut schafft er es als junger Vater für sich und seine kleine Familie ein verhältnismäßig ordentliches Leben aufzubauen, trotz aller Widrigkeiten. Immer wieder hört er von Bekannten, die dem Land den Rücken kehren und ihr Glück im Süden versuchen, in Afrika, wo stabile politische Verhältnisse herrschen, die Staaten nicht von korrupten Politikern geführt werden, die sich und ihren Familien die Taschen vollstopfen und zugleich das Volk ausbluten lassen. Doch der Weg dorthin ist weit und gefährlich. Nach zwei harten Schicksalsschlagen beschließt auch Josua, dass er nicht mehr zu verlieren hat und es das aktuelle Leben auch nicht wert ist, gelebt zu werden. Also bricht er auf.

Christian Torkler verkehrt die Welt in seinem Roman „Der Platz an der Sonne“: Europa hat sich vom Zweiten Weltkrieg nicht erholt, ist politisch und wirtschaftlich instabil und in unzählige Kleinstaaten zersplittert. Afrika ist der reiche Kontinent, der zum Sehnsuchtsort wird, wo sich die Träume vom guten Leben realisieren lassen. Doch die Grenzen sind dicht, scharfe Kontrollen überall verhindern den unkontrollierten Exodus gen Süden, was jedoch viele Lebensmüde und Mutige nicht davon abhält, die weite und riskante Reise zu wagen.

Im ersten Teil des Buchs erleben wir die schwierige Lage in Berlin. Dass es auch so hätte kommen können, ist durchaus vorstellbar. Das Leid der Leute, die korrupten Beamten, die Verschwendung und Veruntreuung von Aufbaugeldern reicher Staaten, die wiederholten Rückschläge, die Josua auf dem Weg zu seiner eigenen Kneipe erlebt – Torkler zeichnet ein glaubwürdiges Bild, das durchaus angelehnt an das ist, was für viele Menschen heute Alltag ist, wenn auch nicht in Mitteleuropa. Es braucht diese lange Vorgeschichte, um nachvollziehen zu können, weshalb Josua nichts mehr zu verlieren hat und die Flucht ergreift.

Der Weg ist geprägt von allerlei Beschwerlichkeiten durch Witterung, Grenzzäune oder auch Polizisten, schnell schon lassen die ersten Weggefährten ihr Leben. Die Brutalität und Sinnlosigkeit, mit der auf die Geflüchteten eingeschlagen wird, lässt einem manchmal an der Menschheit zweifeln. Umgekehrt schildert Torkler aber auch Episoden von Hilfsbereitschaft und Unterstützung, subversivem Unterwandern der Gesetze und dem gemeinsamen Bewältigen der unmöglichen Situation. Es gab und gibt eben immer beides auf der Welt. Die finale Überquerung des Mittelmeers wird zum Höhepunkt, ein unberechenbares Glücksspiel, das man überlebt oder nicht und das selbst im ersten Fall kein Garant für eine glückliche Zukunft ist.

Eine ungewöhnliche Geschichte von Flucht und Hoffnung auf ein besseres Leben. Das Buch ist ohne Frage politisch, stärker wiegt jedoch der menschliche Appel an das Verständnis für die Lage derjenigen, die ihre Heimat verlassen, weil es dort nichts mehr gibt, das sie hält. Niemand wird Zweifel daran hegen, weshalb Josua Brenner Berlin den Rücken kehrt. Warum kann man dieses Verständnis nicht auch in der Wirklichkeit aufbringen? Der ungehinderte Zugang zu wirtschaftlich und politisch stabilen Ländern kann nicht die Lösung sein, das geht auch aus „Der Platz an der Sonne“ hervor, denn eigentlich will niemand seine Heimat verlassen, sondern nur ein bescheidenes, aber sicheres Leben führen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.10.2018
Gangsterblues
Bausch, Joe

Gangsterblues


ausgezeichnet

JVA Werl – Anstalt des geschlossenen Vollzugs, drei Gebäude für Gefangene, ein separater Bereich für Sicherungsverwahrte. Knapp 1000 Straftäter können dort untergebracht werden und werden dabei von über 500 Vollzugsbeamten und unzähligen sonstigen Mitarbeitern betreut. Darunter auch von Anstaltsärzten, einer von ihnen ist Joe Bausch, besser bekannt als Dr. Joseph Roth, Gerichtsmediziner des Kölner Tatorts. In „Gangsterblues“ schreibt er über seine Arbeit in der JVA, über außergewöhnliche Begegnungen und unvorstellbare Fälle.

In zwölf Geschichten berichtet er von Mördern, die vielleicht gar keine waren; von Selbstjustiz in der JVA; von ungleichen Zwillingsbrüdern und ehrenhaften Senioren; von ernsthaft psychisch Kranken und von wiederholten Ablehnungen der Behandlung. Jede Geschichte ist ein Schicksal, das unter die Haut geht und das zeigt, dass kein Mensch nur gut oder nur böse ist, immer tragen die Menschen beides in sich – manchmal gewinnt das eine, dann das andere die Oberhand.

Es ist nicht der voyeuristische Blick hinter die Gefängnismauern, der den Reiz des Buches ausmacht, sondern die bewundernswerte Menschlichkeit, die Bausch seinen Patienten unter diesen besonderen Umständen entgegenbringt. Er begegnet ihnen neutral, unvoreingenommen. Mehr als die anzuwendenden Sicherheitsmaßnahmen weiß er oft nicht von ihnen, wenn er sie zum ersten Mal trifft. Ihre Geschichten berühren ihn, lassen ihn aber nicht die professionelle Distanz und Skepsis verlieren. Er glaubt nicht blind jede Story, ist aber bereit zuzuhören und mehr als einmal lohnt sich die Nachfrage und das Vertrauen, das er dem Gefangenen entgegenbringt. So verhält er sich als Arzt und auch als Autor, denn er missbraucht die Fälle nicht für sein Buch, sondern schildert bemerkenswerte Schicksale, die auch auf Schwächen im Justizsystem und der Gesellschaft hinweisen. Immer wieder wird deutlich, dass die Menschen, trotz der schwere der Taten, die sie verübt haben, auch Werte haben, die sie leben und dass ihr Charakter sich nicht ausschließlich aus diesen bildet.

Auch wenn das Buch als True-Crime angekündigt ist, stehen weniger die Taten als viel mehr die Menschen im Fokus, das, was nach der Gerichtsverhandlung und nach der Zeitungsmeldung kommt, wenn sich niemand mehr für den Täter interessiert. Und genau das wird von Joe Bausch unterhaltsam und lesenswert dargeboten.